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AN DER WIENER UNIVERSITÄT UND DIE BILDNISSE DES NIKOLAUS VON JACQUIN

Im Dokument der Universität Wien (Seite 37-49)

Maria Pötzl-Malikova

I

m späten 18. Jahrhundert begann eine neue Ära der Bildnissetzung an der Wiener Uni-versität. Der entscheidende Schritt dafür war das Ansuchen des Rektors und des Consisto-riums der Universität vom 27. September 1778 an die Kaiserin Maria Theresia um die Bewilli-gung, daß nach Gewohnheit anderer Universitä-ten, Porträts der um die Universität und Facultät besonders verdienten Männern in den gewöhnli-chen Hörsaale aufgehenget werden dürfen.1 Einen Monat darauf kam die Nachricht über die aller-höchste Erlaubnis, nach Wunsch der Kaiserin soll-te es aber lediglich auf Privatkossoll-ten der Profes-soren geschehen. Die erhaltenen Dokumente zu dieser Entscheidung demonstrieren nicht nur das neue Selbstwertgefühl des höchsten Bildungsin-stituts und die Hervorhebung der persönlichen Verdienste, sondern markieren in Wien zugleich eine Wende in der Denkmalsetzung, die immer mehr zum gesellschaftlichen Anliegen wurde. Bis dahin hatte nur der Herrscher das Recht dazu, im öffentlichen Raum einer verdienten Persön-lichkeit durch die Aufstellung ihres Bildnisses sei-ne „huldvolle Asei-nerkennung“ und den Dank für

die geleisteten Dienste auszudrücken. Durch ihre Entscheidung verzichtete die Kaiserin daher auf eines ihrer bisherigen herrscherlichen Privilegien.

In der Universität waren vorher Bildnisse nur im Consistorialsaal üblich, wo sie vor al-lem eine repräsentative Funktion hatten. Hier hing das Porträt des jeweiligen Herrschers für representatio in effigie und barocke ganzfigurige Bildnisse der Rektoren.2 Außerhalb dieses Rau-mes gab es nur eine Ausnahme: Im medizini-schen Hörsaal ließ Maria Theresia 1763 ein Port-rät des Gerard van Swieten aufhängen, und zwar für seine Verdienste um die Reorganisation der Universität im Sinne des aufgeklärten Absolu-tismus, als höchste staatliche Lehranstalt. Sechs Jahre danach, 1769, als die Kaiserin der Über-zeugung war, dass ihr van Swieten bei einer Po-ckeninfektion das Leben gerettet hatte, ließ sie an dieser Stelle eine Büste des Mediziners auf-stellen (Abb. 1).3 Dieses Denkmal war daher in erster Linie Ausdruck ihres persönlichen Dan-kes, die Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen war zweitrangig. Die Art der Aufstel-lung – eine schlichte schmucklose Nische ohne

1 Siehe die Antwort der Niederösterreichischen Regierung vom 23. Okt. 1778 (Universitätsarchiv Wien, weiter:

UAW), Consistorialarchiv, Fasz. I, Nr. 221 ex 1778 (CA 1.0.232) publiziert in: G. Natter, Icones Rectorum. Werden und Eigenart der Rektorengalerie an der Universität Wien, Ms. (Phil. Diss. an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck), Wien/Innsbruck 1988, S. 250–251, Nr. 4.3.1.1.

2 Ebenda, S. 12–21. Vgl. dazu auch: H. Rosenberg, Bilder der Magnifizenz. Zur Rektorengalerie der Wiener Univer-sität, im vorliegenden Band.

3 Die Büste, ein Werk F. X. Messerschmidts, befindet sich als Dauerleihgabe der Wiener Universität im Belvedere Wien (Inv. Nr. Lg. 18). Siehe auch M. Pötzl-Malikova, Franz Xaver Messerschmidt. Monographie und Werkverzeichnis, Belvedere (A. Husslein-Arco (Hg.). Werkverzeichnisse, Bd. 4), Wien 2015, S. 45–47, 237–240, Kat. Nr. 25.

zusätzliche Insignien – und das gewählte Mate-rial zeugen von der nach wie vor strikten Einhal-tung einer genauen Rangordnung bei einer sol-chen Denkmalsetzung.4

Die Initiative zum erwähnten Ansuchen im Jahre 1778 kam von der Juristischen Fakultät.

Der Erste, der solche Porträts zur Verfügung ge-stellt hat, war auch ein Jurist, Joseph Valentin Eybel, Professor des Kirchenrechts. Die Namen der zehn Dargestellten sind bekannt, die Künst-ler jedoch nicht und bis auf ein Gemälde sind

die Bildnisse inzwischen verschollen.5 Nach dem Wortlaut des allerhöchsten Erlaubnisses scheint es, dass Maria Theresia an eine posthume Eh-rung gedacht hat.6 Die Ausgezeichneten waren aber meist Kollegen von Eybel, die noch an der Universität lehrten. Für Eybels zwiespältige Hal-tung bei der getroffenen Auswahl spricht in der erhaltenen Liste, dass an der ersten Stelle Papst Clemens XIV. figurierte, zugleich in ihr jedoch auch ein prominenter Aufklärer, der Professor für Zivilrecht Joseph von Sonnenfels, zu finden ist.

Die Widmung Eybels war sicher nicht ein-malig, aber über weitere umfangreichere private Geschenke von Ölporträts sind wir bisher nicht informiert. Bei Büsten wissen wir nur von we-nigen, einzelnen Aufträgen. Sie hatten mehr ei-ne offizielle Funktion und waren daher für den Consistorialsaal bestimmt. Für diesen Raum schuf 1802 Johann Martin Fischer die Metall-büste des Joseph von Quarin7 und 1826 fertig-te Franz Klein ebenfalls aus Metall (wohl einer Zinnlegierung) die Büste des Andreas Josef von Stifft.8 Beide Dargestellten waren Leibärzte der kaiserlichen Familie und bekleideten bedeuten-de öffentliche Ämter, darunter auch die eines Rektors. Der Anlass für ihre Ehrung mit einem dreidimensionalen Bildnis lag wohl noch immer außerhalb ihrer direkten Verdienste um die Uni-versität und bewegte sich in traditionellem Rah-men. Für die Entstehung der Büste von Qua-rin war sicherlich sein Anteil, als Rektor, an der Bildung des Ersten Wiener Aufgebots im Jahre

Abb. 1: Franz Xaver Messerschmidt, Gerard van Swieten, 1769, Blei-Zinn-Legierung, vergoldet, Galerie Belvedere Wien.

4 Siehe bei den Aufträgen Maria Theresias den Unterschied zwischen der Büste des Fürsten Joseph Wenzel I. von Liechtenstein aus feuervergoldeter Bronze und der des Van Swieten, die aus Blei-Zinn-Guss ist und die ursprünglich wahrscheinlich auch nicht vergoldet, sondern nur bronziert war. Lit.: Pötzl-Malikova (zit. Anm. 3), S. 239.

5 UAW, Consistorialarchiv, Fasz. I., Nr. 221 ex 1778, Verzeichniß A. Zitiert in: Natter, Icones (zit. Anm. 1), S. 251.

Das einzige bis heute erhaltene Bildnis aus dieser Stiftung stellt Joseph von Sonnenfels dar und wird von Natter als ein Werk des Anton Graff bezeichnet (Ebenda, S. 77–79, 150, Nr. R/g 21).

6 In der unter Anm. 1 zitierten Quelle heißt es: […] womit auch die Verwandschaft des verstorbenen dabey nichts einwen-de […] als ein solches Bildniß allenfalls gemißhandlet wereinwen-den könnte.

7 Näheres darüber in: I. Schemper-Sparholz, Ge(l)ehrte Köpfe in Wien. Zu den Anfängen ehrenhalber aufgestellter Büsten in Wien, in: F. M. Kammel (Hg.), Blickwechsel. Die Bildnisbüste in der Epoche der Aufklärung (im Druck, siehe S. 22).

8 Ebenda.

1797 wesentlich, bei jener von Stifft, des Direk-tors des Allgemeinen Krankenhauses und Re-organisators des Sanitätswesens, war wohl vor allem die Genesung des Kaisers Franz I. von ei-ner schweren Krankheit ausschlaggebend. In den Akten des Unversitätsarchivs ist auch die private Stiftung einer Büste vermerkt.9 Der Landes-Pro-tomedicus Eduard Guldener von Leber widmete 1825 der Universität eine Gipsbüste des Obersten Kanzlers und Ministers Graf Franz von Saurau von Franz Klein. Der Grund für diese Schen-kung waren die Verdienste Sauraus beim Aufge-bot des Jahres 1797. Die Büste war daher eben-falls für eine Aufstellung im Consistorialsaal bestimmt, in dem bereits eine Art Gedenkstätte für dieses Aufgebot errichtet wurde, mit Fahnen und den Gemälden des kaiserlichen Ehepaares und eines weiteren Protagonisten des Aufgebots, des Herzogs Ferdinand von Württemberg.10 Zwei Jahre später verlangte der Bildhauer Franz Klein Sauraus Gipsbüste zurück, um nach ihr für die Universität eine Büste aus weißem Metall (Zinn) zu verfertigen.11 Nach dem Tod von Franz Anton von Zeiller, Professor des Naturrechtes, versuch-te man 1829 ihm ein Denkmal in der Univer-sitätskirche zu errichten, in der so ein Panthe-on für hervorragende Wissenschaftler entstehen sollte.12 Nachdem dies gescheitert war, plante man 1732 eine Büste Zeillers im großen Univer-sitätssaal aufzustellen. Damals überlegte man das erste Mal, alle weiteren, bis dahin existierenden Büsten (van Swieten, Quarin, Stifft, Saurau) in diesem Saal zu vereinigen, der besser zugänglich war als der Consistorialsaal. Das Ansuchen

wur-de jedoch von wur-der Niewur-derösterreichischen Lan-desregierung abgelehnt.13 Bis zum Jahre 1848, in dem das 1756 erbaute Universitätsgebäude auf-gehört hatte, der Lehre zu dienen, ist hier kein weiterer ähnlicher Versuch unternommen wor-den, in einem zugänglichen Raum die existie-renden Büsten gemeinsam aufzustellen. Welche Porträts, ob Gemälde oder Büsten sich im Jah-re 1722 in der Universität befanden, erfahJah-ren wir aus der Publikation von Franz Heinrich Böckh.14 Außerdem verzeichnet 1821 auch ein Inventar an die 30 Bilder in verschiedenen Räumen dieser Institution.15

Nach 1800 kam es bei der Widmung der Bild-nisse von verdienten Professoren für die einzelnen Hörsäle der Universität zu einem verstärkten En-gagement der Studenten. Um ein Denkmal ihrer innigsten Hochachtung und Dankbarkeit16 gegen-über ihrem Professor zu stiften, haben sich Hörer eines bestimmten Faches und bestimmten Jahr-gangs zusammengetan, ein Bildnis des verehrten Professors besorgt und der Universität gewidmet.

Bevor das Bild an die Wand des entsprechenden Hörsaales kam, wurde es mit einem kleinen Fest in einem der Festsäle präsentiert. Einer der Stu-denten hielt dabei die Lobrede und manchmal wurde auch eine dazu komponierte Kantate ge-spielt. Beliebt und verbreitet war diese Art beson-ders unter den Medizin- und Jurastudenten. Sie entspricht in vielem schon den im 19. Jahrhun-dert üblichen Gewohnheiten bei einer Denkmal-setzung, in der die Initiative meist „von unten“

kam. Im Universitätsarchiv sind mehrere Akten über solche Unterfangen erhalten geblieben, weil

9 UAW, Fasz. I., Nr. 602 ex 1825 (CA 1.0.615).

10 F. H. Böckh, Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und Dilettanten im Kunstfache. Ein Handbuch für Einheimi-sche und Fremde, Wien 1822, S. 332–333.

11 UAW, Fasz. III., Lit. K, Nr. 257 ex 1827 (CA 3.1783). Die Büste ist seit Langem verschollen.

12 UAW, Fasz. I. Nr. 626 ex 1832 (CA 1.0.639). Siehe dazu: Schemper-Sparholz (zit. Anm. 7).

13 Ebenda. Im Gesuch wurde vor allem darauf hingewiesen, dass bei Feierlichkeiten diese Büsten auch andere Besu-cher, vor allem aber die Studenten zum Nacheifern zu sehen bekamen.

14 Böckh (zit. Anm. 10), S. 332–333.

15 G. Natter, Die Gemälde der Universität Wien. Eine historische Dokumentation, Ms., Wien 1988, S. 7.

16 Ebenda, S. 133, Nr. P 107 (Zitat beim Porträt des Professors der Pathologie Karl Hartmann, das von den Studenten gestiftet wurde).

das Professorenkollegium seine schriftliche Zu-stimmung dazu geben musste. Die erste solche Widmung ist aus dem Jahr 1804 bekannt. Das Bildnis stellt den Juristen Joseph Anton Petzek dar, der in diesem Jahr gestorben war.17 Es ist das einzige bekannte Bild, bei dem man eine post-hume Ehrung voraussetzten kann. Sonst feierten die Studenten mit diesen Porträts ihre damaligen Lehrer. Einzelne dieser Bildnisse sind bis heute noch in verschiedenen Räumen der Universität vorhanden.18 Im Jahre 1823 wurden solche Ehrun-gen der Studenten verboten, besonders wenn es um einen aktiv wirkenden Professor ging (man erklärte sie als eine Art von Bestechung).19 Der Stein des Anstoßes, bei dem wahrscheinlich per-sönliche Rivalitäten eine Rolle spielten, war ein

Bildnis des Professors der klassischen Philologie Anton Stein von Leopold Kupelwieser. Die Stu-denten legten gegen das Verbot eine Beschwerde bei der Landesregierung ein, wurden aber abge-wiesen. Man sah in diesem Aufbegehren die Wir-kung eines von den fremden Universitäten herü-berwehenden verderblichen Zeitgeistes.

Unter jene Professoren, die eine solche Wür-digung erlebt haben, gehörten auch der berühm-te Botaniker und Professor der Chemie an der Medizinischen Fakultät Nikolaus von Jacquin (1727–1817) und sein Sohn und Nachfolger Joseph von Jacquin (1766–1839). Wir erfahren darüber aus einem Umlaufbogen aus dem Jah-re 1812.20 Das Professorenkollegium war einstim-mig dafür. Differenzen schienen nur darüber

be-Abb. 2: Unbekannter Maler: Nicolaus von Jacquin, nach 1806, Öl auf Leinwand, Bibliothek des Botanischen Instituts der Universität Wien.

Abb. 3: Heinrich Friedrich Füger, Joseph von Jacquin, 1811, Öl auf Leinwand, Bibliothek des Botanischen Instituts der Universität Wien.

17 Ebenda, S. 241, Nr. P 207.

18 Ebenda, an verschiedenen Orten.

19 Die erhaltenen Akten im UAW, Consistorialarchiv und im Allgemeinen Verwaltungsarchiv des Österr. Staatsarchivs sind in extenso wiedergegeben und kommentiert in: Natter, Icones rectorum (zit. Anm. 1), S. 252–256, Nr. 4.3.1.2 und 4.3.1.3.

20 UAW, Consistorialakten, Fasc. I, Nr. 418 ex 1812 (CA 1.0.430). Der Umlaufbogen über das Gesuch der Medizinstu-denten ist ohne Datum, man kann ihn aber in das Jahr 1812 datieren.

standen zu haben, ob dabei Musik gespielt oder eine Lobrede, begleitet von Pauken und Trom-peten, gehalten werden soll.

In der Bibliothek des Botanischen Institutes der Wiener Universität befinden sich – bisher kaum beachtet – zwei gleich große Bildnisse des Vaters und des Sohnes Jacquin in gleichem Rah-men, die man meiner Meinung nach mit den Bildern identifizieren kann, die 1812 die Studen-ten der medizinischen Fakultät der Universität feierlich gewidmet haben.21 Sie wurden bisher nicht mit diesem Ereignis in Verbindung ge-bracht. Das eine Bild – des Sohnes – ist ein so gut wie unbekanntes Porträt von Friedrich Hein-rich Füger, signiert und datiert mit 1811 (Abb.

3).22 Das andere – des Vaters – ist unsigniert und entstand wahrscheinlich früher (Abb. 2). Der terminus post quem ist das Jahr 1806, denn in diesem Jahr erhielt dieser den Stephansorden, der auf der Kleidung Jacquins zu sehen ist.23 Von Günter (Tobias) Natter wird dieses Porträt von einem bisher nicht näher bestimmten Maler ebenfalls als ein Werk Fügers bezeichnet,24 was sicher nicht zutrifft. Von beiden Porträts existie-ren Kopien von Adelheid Kerner, der Tochter des Professors Anton Kerner von Marilaun.25

Im Jahr 1811 malte Friedrich Heinrich Füger tatsächlich ein Porträt des Nikolaus von Jacquin in etwa ähnlicher Größe, das aber nach der

angege-benen Provenienz in der Literatur im Familienbe-sitz blieb (Abb. 4).26 Dieses Bildnis wurde ein Jahr später, 1812, von Vinzenz Kininger als Schabblatt herausgegeben und ist dadurch bald sehr populär geworden. Für die Wiener Universität ist es inso-fern von Bedeutung, als es ein beliebtes Vorbild für spätere Porträts des Nikolaus von Jacquin wurde.

Abb. 4: Heinrich Friedrich Füger, Nicolaus v. Jacquin, 1811, Öl auf Leinwand, Privatbesitz.

21 Ich danke Herrn Mag. Mathias Svojtka, Mitarbeiter der Bibliothek des Botanischen Institutes der Wiener Universi-tät, für den Hinweis auf diese Werke und für seine vielseitige Unterstützung bei meinen Nachforschungen.

22 Natter, Die Gemälde (zit. Anm. 15), S. 154, Nr. P 126, mit Abb. Die Angaben zum Bild sind hier sehr knapp, die Signatur wird zwar erwähnt, das Bild ist jedoch in das Jahr 1812 datiert. Seine Maße sind nach Natter: 69 x 54 cm.

Über die mögliche Identifizierung dieses Bildes mit jenem, das die Studenten 1812 gewidmet hatten, wird hier nicht diskutiert.

23 Für die Bestimmung dieses unauffälligen Zeichens danke ich Frau Dr. Sabine Grabner.

24 Natter, Die Gemälde (zit. Anm. 15), S. 157, Nr. P 129, mit Abb. Seine Maße sind nach Natter: 69 x 54 cm, also gleich dem Bild des Sohnes, Joseph von Jacquin. Die Zuweisung dieses nicht signierten Bildes an Füger wird hier nicht begründet und die Möglichkeit, dass dieses Porträt mit jenem identisch sein kann, das die Studenten 1812 der Universität gewidmet haben, wird hier nicht diskutiert.

25 Natter, Die Gemälde (zit. Anm. 15), S. 155, Nr. P 127, mit Abb. und S. 158, Nr. 130, mit Abb. Die Bilder befanden sich 1988 im Sitzungssaal der Philosophischen Fakultät.

26 R. Keil, Heinrich Friedrich Füger 1751–1818, Wien 2009, S. 382, VW 557. Das von Füger signierte und mit 1811 datierte Bild, das sich heute in Privatbesitz befindet, ist mit 61 x 49,5 cm etwas kleiner als die beiden erwähnten Bild-nisse von Vater und Sohn Jacquin in der Bibliothek des Botanischen Institutes in Wien.

Nikolaus von Jacquin wurden am Beginn des 19. Jahrhunderts zwei weitere Ehrungen gewid-met, die unser Interesse verdienen. Sie scheinen einmalig zu sein. Sie illustrieren anschaulich, wie unterschiedlich solche Feiern in der Wiener Uni-versität in dieser Zeit sein konnten und zugleich welche wesentliche Rolle dabei Werke bildender Kunst gespielt haben.

Die erste dieser Ehrungen war mit der Toten-feier des im Oktober 1817 verstorbenen Nikolaus von Jacquin verbunden. Wir erfahren über sie aus einer Beschreibung dieses Ereignisses, die in einer als selbständiges Bändchen publizierten Trauer-rede zu finden ist.27 Danach nahmen am 9. Juni 1818 der Senat, die Mitglieder der vier Fakultäten und eine große Anzahl von Trauergästen an einer Seelenmesse in der Universitätskirche teil und be-gaben sich dann in den großen Saal der Universi-tät, um die Trauerrede anzuhören. Dort stand auf einem großen, neun Schuh hohen Sarkophag mit einer Inschrift eine angeblich sehr ähnliche Büs-te des Verstorbenen, die der geschickBüs-te Bildhauer Herr Leonhard Posch, vor mehreren Jahren verfer-tigte. Stufen, die dorthin führten, waren mit exo-tischen Blumen geschmückt. Rechts stand eine Statue der Hygieia, links waren Jacquins Werke – 36 Prachtbände – aufgetürmt. Das ganze Ar-rangement war mit weiteren Blumen, die Bezug zu Jacquin hatten, geschmückt. Sie wurden vom Gärtner Schott aufs Zierlichste geordnet. Aus der Publikation erfahren wir auch, wer diese ganze Aufstellung auf Aufforderung des damaligen De-kans entworfen hat – es war Joseph Fischer der k. k. Kammerkupferstecher und Vorsteher der fürstl. Esterházy’schen Kunstsammlungen.

Der Entwurf von Fischer ist leider bisher verschollen. Neuerdings wurde von Dr. Johann

Kräftner jedoch eine unsignierte Metallbüste des Nikolaus von Jacquin entdeckt, die man mit der damals aufgestellten Büste von Leonhard Posch identifizieren kann (Abb. 5). Sie befindet sich in der Bibliothek des klassizistischen Schlosses Kačina bei Kuttenberg (Kutná Hora), das der Graf Johann Rudolf Chotek in den Jahren 1802–

1822 nach den Plänen des Dresdner Architekten Schuricht hat erbauen lassen.28 Über die Entste-hungsgeschichte dieser Büste sowie ihr weiteres Schicksal ist bisher nichts bekannt.29 Man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass sie in Wien noch zu Lebzeiten Jacquins entstanden ist.

Wahrscheinlich nicht auf eine offizielle Bestel-lung hin, denn darüber hätten wir

Informatio-Abb. 5: Leonhard Posch (zugeschrieben), Nicolaus von Jacquin, vor 1803, Metallbüste (Blei-Zinn-Legierung), Schloss Kačina bei Kutná Hora (Kuttenberg).

27 Rede zur Gedächtnissfeyer des Hoch- und wohlgebornen Herrn Nic. Jos. Freyherrn v. Jacquin, gehalten im Saale der Hohen Schule am 9. Juni 1818 von Joh. Nep. Raimann, Wien, o. J. [1818], S. 28.

28 I. Cerman, Chotkové. Příběh úřednické šlechty, Praha, o. J. [2008], S. 448–458. Für die freundliche Aufnahme im Schloss, in dem sich heute ein volkskundliches Museum befindet, und die vielseitige Unterstützung meiner Recher-chen danke ich dem Museumsdirektor Dr. Pavel Novák und dem Kurator der Gemäldesammlung des Schlosses Kačina Mag. Martin Vlček.

29 In der tschechischen Fachliteratur wurde diese Büste bisher kaum zur Kenntnis genommen. Nur eine lokale

Traditi-nen aus der zeitgenössischen Presse, es war eher ein Privatauftrag der Familie. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges befand sie sich offenbar in Wien,30 dann verlieren sich ihre Spuren. Inte-ressant ist in diesem Zusammenhang ein erhal-tener undatierter Brief aus Wien, adressiert wohl an den Grafen Chotek, in dem die Jacquin-Feier im Jahre 1818 mit ähnlichen Worten beschrieben wurde wie in der genannten Broschüre.31

Der aus Tirol stammende Bildhauer Leon-hard Posch (1750–1831) war ein Schüler und Mit-arbeiter von Johann Baptist Hagenauer, der mit ihm 1774 nach Wien kam. Er ist bisher vor allem als Schöpfer veristischer Wachsbüsten bekannt, die er zusammen mit Joseph Graf Deym alias Müller für die kaiserliche Familie und für das Wachskabinett Deyms verfertigt hatte.32 Gele-gentlich hat er jedoch auch konventionelle Por-trätbüsten geschaffen. Ein Beweis dafür ist eine Büste des Erzherzogs Carl aus patiniertem Gips, die 1801 entstanden ist.33 Später widmete er sich vor allem der Modellierung von Porträtmedail-lons. Begonnen hat er mit diesen schon in Wien, die meisten schuf er aber außerhalb Wiens, vor allem in Berlin, wo er sich 1814 endgültig nie-derließ.34

Während seiner Wiener Zeit war Posch mit der Familie Jacquin mehrmals in Kontakt. 1792, in der Zeit der Mitarbeit von Deym, entstand das erste, naturalistisch aufgefasste Porträtme-daillon von Nikolaus von Jacquin. Mit 1802 da-tiert ist eine grafische Wiedergabe einer Medail-le, auf der Vater und Sohn Jacquin idealisiert,

mit schönen Locken und antikisierendem Um-hang dargestellt sind.35 Die Büste in Kačina wäre die einzige bisher bekannte Büste von Posch aus Metall (Blei-Zinnguss) und müsste vor 1803 ent-standen sein. Danach war der Bildhauer dauernd auf Reisen, die ihn nach Hamburg, Berlin, Paris und zuletzt wieder nach Berlin führten.

Posch war kein Metallbildhauer, sondern ein ausgesprochener Wachsbossierer und das ver-rät auch die Büste Jacquins. Ihre Wände sind zu massiv, zu schwer und haben das Einknicken des

Posch war kein Metallbildhauer, sondern ein ausgesprochener Wachsbossierer und das ver-rät auch die Büste Jacquins. Ihre Wände sind zu massiv, zu schwer und haben das Einknicken des

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