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Die Antwort kann an dieser Stelle knapp und einfach ausfallen:

Eine Monetarisierung externer Effekte ist notwendig und sinnvoll, weil nur sie den Einsatz von ökonomischen Internalisierungsstrategien ermög-licht. Solche ökonomische Strategien sind zwar nicht das einzige Instrument der Internalisierung. In einer Gesellschaft, die Märkten, Wettbewerb, Prei-sen und KostengrösPrei-sen eine bedeutsame Lenkungsfunktion zuspricht, sind sie aber unabdingbarer Bestandteil des anvisierten Lenkungsprozesses.

Eine ökonomische Internalisierung ohne Monetarisierung verliert jede Treff-sicherheit.

Externe Effekte bewirken aus ökonomischer Sicht generell eine Beeinträch-tigung, wenn nicht sogar die Zerstörung der Funktionsfähigkeit privatwirt-schaftlich organisierter Märkte. Die ökonomische Theorie geht davon aus, dass Märkte über den Preismechanismus die auf ihnen gehandelten Güter optimal allozieren. Unter der Bedingung freien Wettbewerbs (eine Be-dingung, die natürlich aus vielerlei Gründen unabhängig von der Frage der Externalitäten oft nicht erfüllt ist) führt der Preismechanismus zu einem optimalen Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Optimalität heisst hier, dass auf der Nachfrageseite – bei gegebenem Preis – ein Maximum an Nutzenstiftung erzielt wird. Auf der Angebotsseite sichert der Markt die volkswirtschaftlich kostenminimale Produktion der betreffenden Güter.

Voraussetzung hierfür ist, dass in dem in Frage stehenden System von Preisen tatsächlich alle Kosten enthalten sind. Ist dies nicht der Fall, geben die Preise eine falsche Auskunft über die tatsächlichen, volkswirtschaftlich notwendigen Kosten, die zur Produktion eines Gutes anfallen und verfäl-schen damit auch die Kaufentscheidungen der Konsumenten.

Die externen Kosten der Energieversorgung verursachen ein solches Defizit an wahren Marktinformationen: Der Preis für Erdöl, Erdgas, Strom etc.

blendet die externen Kosten, die letztlich von der Allgemeinheit oder völlig Unbeteiligten getragen werden müssen, aus. Der Konsument verbraucht aus der Sicht einer volkswirtschaftlich optimalen Allokation der knappen Ressourcen an Kapital, Arbeit, Energie und Umwelt mehr Energie als er beim Einbezug der externen Kosten verbraucht hätte. Er entscheidet sich für ein vermeintlich preiswertes Energiesystem oder einen günstig angebotenen Energieträger, obwohl unter Umständen ein anderes System oder ein anderer Energieträger beim Einbezug der jeweils entstehenden externen Kosten volkswirtschaftlich kostengünstiger wäre.

Der Versuch des vorliegenden Projektes besteht darin, die externen Kosten der Energieversorgung in Form von kalkulatorischen Energiepreiszuschlä-gen zu monetarisieren und damit letztlich der Versuch, die Verteilung der knappen Umweltgüter in einen «Marktmechanismus» einzufügen. Die theo-retische Begründung für die Bestimmung von kalkulatorischen Energiepreis-zuschlägen ist letztlich der Versuch einer Art Marktsimulation. Das Wie-dererreichen der Optimalität der Güterverteilung durch eine geeignete Internalisierung der kalkulatorischen Energiepreiszuschläge ist Hauptziel des ehrgeizigen Unterfangens, die Externalitäten der Energieversorgung in Rappen und Franken zu erfassen.

Gelingt dieses Unterfangen, – und es wird gezeigt werden, dass dies ein ausserordentlich schwieriger Prozess ist – so kann eine Internalisierung mit Hilfe des «Informationssystems kalkulatorische Energiepreiszuschläge»

ganz verschiedene Formen annehmen.

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Externe Kosten der Strom- und Wärmeversorgung

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In erster Linie sind kalkulatorische Energiepreiszuschläge eine entschei-dende Informationshilfe für Investoren (seien es private Energiekonsu-menten, Ingenieure oder staatliche Instanzen), die in einer Entscheidungs-situation stehen. Soll die Entscheidung unter Kostengesichtspunkten opti-mal ausfallen, so sind Entscheidungen ohne Einbezug der externen Kosten irrational. Sie begünstigen tendenziell solche Energiesysteme, deren (aus-geblendete) externe Kosten besonders hoch sind. Und sie benachteiligen solche Systeme, die keine oder nur geringe externe Kosten verursachen.

Dies wird besonders bei der Bewertung regenerativer Energiesysteme deutlich. Bei blosser Betrachtung der betriebswirtschaftlich ausgewiesenen Kosten schneiden diese Systeme gegenüber den konventionellen Energie-trägern Kohle, Erdöl, Erdgas, Kernenergie häufig schlecht ab. Bei Einbezie-hung der kalkulatorischen Energiepreiszuschläge für diese fossilen und nuklearen Systeme kann das Bild aber völlig anders aussehen. Aus volks-wirtschaftlicher Sicht können die regenerativen Energien dann trotz des vermeintlich hohen Marktpreises günstiger sein.

Das gleiche gilt für die wirtschaftliche Bewertung von Energiesparmass-nahmen und MassEnergiesparmass-nahmen zum effizienten Energieeinsatz. Viele Ein-sparpotentiale erscheinen als «nicht wirtschaftlich», weil die Marktpreise für Energie aus volkswirtschaftlicher Sicht zu niedrig sind. Zur Beseitigung dieser Missstände kann das in letzter Zeit verstärkt geforderte Least-Cost-Plannig (LCP) eingesetzt werden. Mit LCP wird versucht, vor allem im Vergleich von angebotsorientierten Massnahmen (z.B. dem Bau eines neuen Kraftwerks) und nachfrageorientierten Massnahmen (z.B. Inve-stitionen in Energiesparmassnahmen) das volkswirtschaftliche Optimum zu finden. LCP ist zwar keine Strategie, die notwendigerweise eine Inter-nalisierung der Energiepreiszuschläge erfordert. Sie erweitert aber den Blick in Richtung auf die externen Effekte der verschiedenen Technologien und kann so dazu beitragen, dass beim Wirtschaftlichkeitsvergleich kon-kurrierender Technologien diese Effekte über Preiszuschläge internalisiert werden.

In der ökonomischen Literatur wird seit Jahrzehnten eine zweite mögliche Funktion von Energiepreiszuschlägen diskutiert: Das Heranziehen der Energiepreiszuschläge als Basis für die monetäre Kalibrierung von Energie-steuern oder Energieabgaben. Die Grundidee ist hier, die oben angespro-chene «Marktsimulation» durch staatliches Handeln anzustossen. Der Ener-gieverbraucher wird als Emittent von Schadstoffen mit einer Abgabe belegt, die gerade den externen Kosten der Energienutzung entspricht. Durch die Abgabe werden die Emittenten veranlasst, Massnahmen zur Emissions-vermeidung zu ergreifen. Aus Kostenüberlegungen werden sie diese Massnahmen gerade soweit treiben, bis die Kosten für zusätzliche Vermei-dungsmassnahmen höher ausfallen würden als die zusätzlich eingesparten Abgabenbeträge.

Ohne hier auf die theoretischen Komplikationen dieser Strategie eingehen zu können, soll nicht unerwähnt bleiben, dass Lösungsansätze dieser Art in der wirtschaftstheoretischen Literatur umstritten sind. Aber auch aus prak-tischer Sicht gibt es durchaus Komplikationen: Wie noch zu zeigen sein wird, sind die einzelnen Energieträger oder Energienutzungstechnologien mit den verschiedensten externen Kosten verbunden. Eine Abgabe müsste konse-quenterweise nach zahlreichen Anwendungsarten differenziert werden, um den errechneten Energiepreiszuschlägen entsprechen zu können. Durch technischen Wandel werden sich die Zuschläge zudem laufend ändern, so dass eine ständige Anpassung der Abgaben vorgenommen werden müsste.

Ein in der Praxis kaum realisierbares Vorhaben.

Dennoch liefert die Berechnung von kalkulatorischen Energiepreiszuschlä-gen wichtige Informationen für die möglichen Bandbreiten bei der

Dimen-Externe Kosten der Strom- und Wärmeversorgung

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sionierung einer eher allgemein ansetzenden Abgabe. Sie vermittelt eine Vorstellung über die quantitative Relevanz der externen Kosten und gibt der Politik wichtige Informationen, in welche Richtung und in welcher Grössen-ordnung Abgabeninstrumente eingesetzt werden könnten.

Diese zuletzt genannte Informationsfunktion spielt auch für die öffentliche Diskussion über das heute vorherrschende Energiesystem eine Rolle.

Allgemeine oder nur qualitativ begründete Aussagen darüber, dass unser Energiesystem mit zahllosen Beschädigungen von Mensch, Natur und Umwelt verbunden ist, bleiben in einer in vielen Bereichen materiell einge-stellten Gesellschaft auf merkwürdige Weise konturenlos. In einer Gesell-schaftsordnung, die Preisen und Einkommen einen hohen Stellenwert einräumt, sind Informationen über «harte» Kostengrössen ein wichtiges Informations- und Bewertungsinstrument. Auch wenn man die konsequen-te Monetarisierung zum Beispiel des menschlichen Lebens oder der unbe-rührten Fauna und Flora als «ökonomistisch» zurückweisen würde, geht dieser Informationswert von kalkulatorischen Energiepreiszuschlägen nicht verloren.

Daneben liefern die Informationen aus der Berechnung von kalkulatorischen Energiepreiszuschlägen wichtige Grundlagen für die Analyse von Kosten und Nutzen der Energie- und Umweltpolitik sowie einzelner zur Diskussion stehender Massnahmen.

Dimensionen externer Effekte

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3.1 Die verschiedenen Dimensionen der externen