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Das Verhalten der Lebensdauern der Minoritätsladungsträger ist ein wichtiger Indikator für die Auswirkungen eines Prozessschrittes auf die Solarzelle. Vor allem Hochtemperaturschritte sind Ursache für die Eindiffusion oder Umlagerungen von Verunreinigungen. Sind diese elektrisch aktiv, so führt dies meist zu einer Reduktion der Lebensdauern.

Im Folgenden wurde ein Prozessmonitoring anhand von Lebensdauermessungen gemäß den in Abbildung 4.12 dargestellten Sequenzen durchgeführt. Wie bereits in Abschnitt 3.2 erläutert, be-steht für sauerstoffreiche Materialien wie Tri-Si die Gefahr, dass sich bei Temperaturen zwischen

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600-900 °C Sauerstoffcluster wie zum Beispiel neue Donatoren bilden [71], und bereits dadurch die

Abbildung 4.12: Übersichtsschema eines Lebensdauermonitorings zur Ermittlung von Prozessschritten, die sich limitierend auf die Zellparameter auswirken.

Lebensdauern beeinflusst werden können. Um dies so weit wie möglich zu unterbinden und den kritischen Temperaturbereich rasch zu durchlaufen, wurden für die einzelnen Prozessschritte sehr schnelle Temperaturrampen gewählt. Für die Wafer d

er Messreihen 1 und 2 fand nach jedem Prozessschritt eine Messung der Lebensdauern statt. Hier-für wurden zunächst 10 µm/Seite mit CP6i entfernt, um Einflüsse des Emitters und des Al-BSFs auf die Messergebnisse auszuschließen. Eine Oberflächenpassivierung mit einer Iod/Ethanol-Lösung sorgt für eine Minimierung der Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit und erlaubt die Bestimmung der Volumenlebensdauer τb. Nach jeder Messung wurden zur Reinigung weitere 10 µm/Seite abgeätzt, und die Wafer wieder in den Prozess eingeschleust. Die Wafer der Messrei

i Vgl. Abschnitt 1.1.1.

TRI-SILIZIUM

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hen 1 und 3 wurden Al/P-codiffundierti, während Wafer der Messreihe 2 und 4 nur eine gewöhn-liche P-Diffusion erhielten. Die Lebensdauermessung an den Wafern der letzten Messreihe fand erst nach Beendigung aller Hochtemperaturschritte statt.

Es kamen vier runde 4″ große Tri-Si Parallelscheiben zum Einsatz, von denen zu Beginn zwei sauer (CP6) und zwei alkalisch (KOH) überätzt wurden, um den bei der Waferherstellung hervor-gerufenen Sägeschaden zu entfernen. Alle Lebensdauermessungen fanden unter Niedriginjekti-onsbedingungenii statt. Eine Messung in diesem Stadium zeigte einen drastischen Rückgang der Lebensdauern bei den in KOH geätzten Wafern. Während die CP6 geätzten Wafer Lebensdauern im Bereich von 350 µs aufwiesen, betrugen diese bei mit KOH überätzten Wafern nur noch 3 µs.

Dieses Verhalten wurde sowohl von anderen Instituten als auch von Shell-Solar bestätigt. Der Grund hierfür ist noch unklar. Eine mögliche Ursache ist eine nicht ausreichende Reinheit der KOH-Tabletten, wie sie für das Ansetzen der Ätzlösung Verwendung finden. Aufgrund der hier-für notwendigen, schnellen Diffusion bei niedrigen Temperaturen sind insbesondere Kupferatome geeignete Kandidaten für eine Verunreinigung. Eine andere Erklärung wäre eine Schicht auf der Oberfläche der mit KOH geätzten Wafer, die eine Passivierung der Oberfläche mit Iod/Ethanol bei der Lebensdauermessung verhindert. Da vor einer Passivierung jeder Wafer eine IMEC-Reinigungiii erhielt, und das Resultat immer eine oxidfreie, hydrophobe Oberfläche war, ist diese Möglichkeit allerdings auszuschließen. In Abbildung 4.13 sind die Lebensdauermessungen eines sauer und eines alkalisch überätzen Wafers graphisch dargestellt. Während der sauer geätzte Wa-fer einen Histogrammpeak von ca. 340 µs aufweist, sind beim alkalisch geätzen WaWa-fer mit Le-bensdauern von ca. 3 µs deutlich die Versetzungsnester an den gleichen Stellen zu beobachten, wie sie schon in Abbildung 4.7 gezeigt wurden. Offenbar gruppieren sich die Verunreinigungen entlang der Versetzungen und erniedrigen drastisch die Lebensdauern.

Abbildung 4.13: Lebensdauermessungen eines mit CP6 (links) und mit KOH (recht) geätzten, 4″ großen Tri-Si Wa-fers.

Die vier Wafer wurden jeweils in vier gleichgroße Teile gesägt und anschließend gemäß

i Vgl. Abschnitt 1.1.4.

ii Vgl. Abschnitt 1.3.1.

iii Siehe Abschnitt 1.1.1

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dung 4.12 weiterprozessiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.2 zusammengestellt.

Lebensdauern τ [µs]

Tabelle 4.2: Zusammenstellung der Ergebnisse zum Prozessmonitoring. Angegeben sind die am häufigsten auftre-tenden Werte jeder Messung, also die Werte, die das Maximum der Histogrammverteilung bilden. Obwohl die Le-bensdauern nach allen Hochtemperaturschritten deutlich gesunken sind, liegen die daraus resultierenden Diffusions-längen immer noch weit über der Waferdicke.

Die Messungen nach der Phosphordiffusion zeigen bei den anfänglich CP6 geätzten Wafern kaum eine Veränderung der Lebensdauern. Die Werte der cogegetterten Wafer liegen zwar tendenziell etwas über denen nach reinem P-Gettern, allerdings bewegen sich die Differenzen im Bereich der Messgenauigkeit. Auffällig ist die Steigerung der Lebensdauern bei den anfänglich KOH geätzten Wafern. Nach dem ersten Hochtemperaturschritt (HT-Schritt) haben sich die Werte weitgehend an die der CP6 geätzten Wafer angeglichen. Auch hier weisen die cogegetterten Wafer eine höhe-re Lebensdauer auf.

Nach dem zweiten HT-Schritt klaffen die Werte stark auseinander. Ein Wafer erreicht mit einer mittleren Lebensdauer von 380 µs den höchsten Wert im Rahmen der gesamten Untersuchung, während ein anderer Wafer mit 26 µs die niedrigsten Lebensdauern aufweist. Im Schnitt sind die Lebensdauern gesunken, die mittlere Diffusionslänge liegt aber bei einer zugrundegelegten Diffu-sionskonstante der Minoritätsladungsträger von 28,3 cm²/s [95] immer noch weit über der Zelldi-cke. Schließlich wurde noch ein Al-Getterschritt durchgeführt, wodurch die gemittelten Lebens-dauern noch weiter abnahmen, doch reichen sie auch jetzt noch aus, um Diffusionslängen von über 400 µm zu erreichen. In Abbildung 4.14 sind die Mittelwerte nochmals in einem Diagramm zusammengefasst. Die cogegetterten Wafer wurden hier nicht gesondert berücksichtigt, sondern flossen in die Mittelung mit ein. Als Fehlerbalken ist der Standardfehler des Mittelwertes einge-zeichnet. Der zusätzlich eingetragene blaue Bereich entspricht Diffusionslängen, die kleiner sind als die Dicke der Zelle. Zugrundegelegt wurde dabei eine Zelldicke von 240 µm.

Diese Untersuchung hat gezeigt, dass bei Tri-Si auch nach den HT-Schritten des

Standardprozes-TRI-SILIZIUM

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ses Lebensdauern vorhanden sind, die weit über der Dicke der Solarzelle liegen. Die IV-Parameter von prozessierten Solarzellen sollten somit durch keinen Prozessschritt limitiert wer-den.

Abbildung 4.14: Übersicht der Lebensdauern nach verschiedenen Hochtemperaturschritten. Der blau markierte Be-reich beinhaltet alle Lebensdauern, die zu Diffusionslängen kleiner der Zelldicke führen.