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4 Synthese von Fluorophor-/Quencher-markierter pre-miRNA-181a zur Lokalisation in Neuronen

1.1 Licht als Werkzeug

1.2.1 Vorstellung verschiedener Photoschalter

Photoschalter werden im Allgemeinen in zwei Klassen unterschieden. Während Azobenzole und Stilbene (b, c in Abb. 2) über die zentrale Doppelbindung im Molekül isomerisieren, findet im Fall von Spiropyranen, Diarylethenen und Fulgiden (a, d und e) eine perizyklische Ringschlussreaktion statt. Dabei findet bei Spiropyranen und Diarylethenen vor allem eine Änderung des sterischen Anspruchs statt. Fulgide hingegen gewinnen an Flexibilität.[2]

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Abb. 2: Übersicht über verschiedene, bekannte Photoschalter mit Photoisomeren – a) Spiropyran, b) Azobenzol, c) Stilben, d) Diarylethen und e) Fulgid.

Der prominenteste und am häufigsten genutzte Photoschalter ist das Azobenzol (2).[10] Dennoch hat es den Nachteil, dass aufgrund der Überlagerung der Absorptionsspektren von cis und trans (2 a/b) keine Spezies zu 100% entstehen kann. In der Literatur sind einige Ansätze zu finden, in denen durch Donor-Akzeptor-Substituenten versucht wird, den Grad der Isomerisierung zu erhöhen sowie Azobenzole auf Anwendungen maßzuschneidern.[10–12] Trauner et al.[6,7] prägten den Begriff der

„Azalogisierung“. Durch die Einführung von Azobenzolen in pharmakologische Wirkstoffe wird damit die Zugänglichkeit unter Photokontrolle gebracht.

Im folgenden Kapitel wird gesondert auf Spiropyrane eingegangen, die eine zentrale Rolle in dieser Arbeit spielen.

1.2.2 Spiropyrane

Die Alleinstellungsmerkmale der Spiropyrane (1) unter den Photoschaltern sind die unterschiedlichen Eigenschaften der beiden Isomere. Die meisten Spiropyran-Derivate liegen im

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thermodynamischen Gleichgewicht bevorzugt in der Spiropyran-Form (SP, 1a) vor, welche sich durch ein sterisch anspruchsvolles, orthogonales Ringsystem mit Spirozentrum auszeichnet. Der linke Teil wird Indolin, der rechte Chromen genannt (vgl. Abb. 3). Durch Belichtung mit UV-Licht öffnet sich das Spirozentrum unter Bildung des Merocyanins. Die offene Merocyanin-Form (MC, 1b) besteht aus einem planaren, konjugierten Elektronensystem, was auch der Grund für die intensive Färbung ist (siehe Abb. 3 gezeigt am 6-Nitrospirobenzopyran „NitroBIPS“). Durch Belichtung mit sichtbarem Licht schließt sich das Ringsystem wieder unter Rückgewinnung der Spiropyran-Form.[13]

SP MC

Abb. 3: Linke Seite – Darstellung von Spiropyran- und Merocyanin-Form, oben schematisch mit Bedingungen der Isomerisierung, unten mit Verbildlichung des räumlichen Anspruchs von SP und MC. Rechte Seite – Foto von SP- und

MC-Form gelöst in Wasser. Die MC-MC-Form zeigt die charakteristische rote Farbe.

Die Unterschiede in den Eigenschaften gehen über die räumliche Komponente hinaus. Während die SP-Form unpolar mit einem geringen Dipolmoment von 4-6 D ist, ist die MC-Form polar, ein Zwitterion und hat ein Dipolmoment von 18 D.[14] Das Absorptionsspektrum der SP-Form zeigt typischerweise zwei Maxima, eins im Bereich unter 300 nm, das den π –π* Übergang des Indolins wiedergibt und ein zweites bei ca. 350 nm des Chromenteils, durch welches bei Bestrahlung die Ringöffnung initialisiert wird. Dabei handelt es sich um einen Prozess erster Ordnung, der auch mit 2-Photonen-Anregung erzielt werden kann. Die MC-Form besitzt ein ausgeprägtes Absorptions-maximum im Bereich um 550 nm je nach Substituenten, welches durch die Delokalisierung über das komplette Molekül zustande kommt (siehe Abb. 4).[13]

Abb. 4: Charakteristische Absorptionsspektren der SP-Form (grau), der MC-Form (violett) und der protonierten MC-Form, MCH+ (gelb) am Beispiel von NitroBIPS 1 in MeCN. Entnommen aus Klajn et al.[13]

SP MC

UV, Δ VIS, Δ

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Beim Öffnen der SP-Form in die MC-Form entstehen drei konjugierte Doppelbindungen an der Methinbrücke. In Abb. 5 sind alle möglichen Konformationen der MC-Form gezeigt, die durch die Ringöffnung und freie Drehbarkeit der Bindungen zwischen Indolin- und Chromenteil entstehen können. Dabei werden cis-Doppelbindungen mit C und trans- mit T abgekürzt. Mit α, β und γ sind die Diederwinkel der einzelnen Bindungen beschreiben, die sich je nach Isomer anhand der Bindungswinkel in ein Koordinatensystem einordnen lassen.[15] Von den gezeigten Isomeren sind jedoch nur das bevorzugte TTC und TTT Isomer stabil. Die anderen Konformationen werden zum Teil bei der Ringöffnung/-schließung zur SP-Form gebildet, isomerisieren dann aber in die stabilste Form.[13]

Abb. 5: Darstellung der möglichen Isomere durch Rotation der zentralen Bindungen der Methinbrücke. α, β, γ beschreiben den Diederwinkel der cis- und trans-Orientierung der einzelnen Bindungen von Merocyanin 1b.[12,14]

In Abb. 6 ist der Mechanismus der photochemischen und der thermischen Isomerisierung anhand von NitroBIPS gezeigt, der sich nur in der Initialisierungsart unterscheidet. Beim photochemischen Prozess (Abb. 6 links) kommt es durch Bestrahlung zum C-O- Bindungsbruch gefolgt von einer Öffnung zum CCC-Isomer. Der thermische Weg beginnt mit einer 6π-zyklische Ringöffnung, wodurch kein Zwitterion entsteht, gefolgt von einer Rotation zu CCC.[13] Aufgrund von Instabilität erfolgt in beiden Fällen anschließend eine Rotation in die stabile Form TTC, in der das Merocyanin bevorzugt vorliegt.[16] Dieser Prozess wird im Fall eines Elektronen-ziehenden Substituenten am Chromenteil beschleunigt, da die Aktivierungsenergie des Bindungsbruchs sinkt und damit die Rotation in das TTC-Isomer. Ein elektronenschiebender Substituent hat einen entgegengesetzten Einfluss auf die Isomerisierung.[16]

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Abb. 6: Darstellung des Isomerisierungsmechanismus photochemisch oder thermisch initialisiert. Beide Wege gehen über ähnliche Zwischenstufen von der Spiropyran-Form 1a in die Merocyanin-Form 1b über. Angelehnt an Klajn.[13,15]

Die Isomerisierung der Spiropyrane ist stark abhängig von ihrer Umgebung in Bezug auf Lösungsmittel und pH-Wert. Je nach Lösungsmittel werden unterschiedliche Isomere stabilisiert, was zu einer Änderung des Abstands der Energieniveaus führt und damit zu einer Änderung des Absorptionsspektrums („Solvatochromie“ genannt).[9,17] Ein Beispiel ist die Stabilisierung der chinoiden MC-Form durch unpolare Lösungsmittel, was zu einer Energieminimierung und einer bathochromen Verschiebung führt.[18] Brixner und Mitarbeiter[19] haben untersucht, welchen Einfluss die Umgebung auf das Verhältnis der TTC/TTT-Isomere ausübt. Über Ultrakurzzeitspektroskopie konnten sie zeigen, dass die beiden MC-Isomere unterschiedliche Absorptionsmaxima im sichtbaren Bereich haben und normalerweise im Verhältnis 10:1 (TTC/TTT) vorliegen. Am Beispiel von NitroBIPS (1) in MeCN und DinitroBIPS (11) in CHCl3 ist zu erkennen, dass das Absorptionsmaximum der TTT-Form eine bathochrome Verschiebung von ca. 50 nm hat (siehe Abb. 7). Für DinitroBIPS wurde außerdem gezeigt, dass die beiden Isomere in die SP-Form mit vergleichbarer Quantenausbeute (35-40%) übergehen können. Einzig die Lebensdauer der TTT-Form ist im angeregten Zustand mit 900 ps im Vergleich zu 95 ps deutlich länger.[20] In einer weiteren Studie an NitroBIPS (1) wurde außerdem gezeigt, dass sich 18% von TTC innerhalb von 200 fs in TTT umwandeln, in die andere Richtung jedoch nicht. Der Übergang in den Grunzustand erfolgt durch Abgabe der selben Energie aus den angeregten Zuständen von TTC und TTT.[21]

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Abb. 7: Vergleich der MC-Isomere TTC und TTT. Links - Darstellung der Struktur der Isomere mit Markierung der entscheidenden Bereiche für TTT blau und TTC rot. Rechts – Absorptionsspektren der Spiropyran-Derivate NitroBIPS

(X=H) oben und DinitroBIPS (X=NO2) unten. Das Absortionsmaximun der TTT-Form ist im Vergleich zu TTC Rot-verschoben. Entnommen aus Nuernberger et al.[19]

In Abb. 8 ist eine allgemeine Übersicht der möglichen Isomerisierungen, Protonierungen und Reaktionspfade der SP- und MC-Form gezeigt. Photochemisch lassen sich SP- und MC-Form durch Bestrahlung im Bereich ihrer charakteristischen Absorptionsmaxima (350 nm/550 nm) isomerisieren, aber auch thermisch ist eine Isomerisierung mit der Reaktionsrate k möglich.

Abb. 8: Schematische Übersicht von möglichen Isomerisierungs- und Protonierungszustände der SP- und MC-Form. Außer der photochemisch induzierten Isomerisierung lassen sich SP- und MC-Form pH-Wert-abhängig protonieren, einhergehend mit einer Änderung des Absorptionsspektrums. Ausgehend von der MC-Form ist Hydrolyse in Anwesenheit

von Wasser möglich. Angelehnt an Kaiser et al.[22]

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Beide Formen können protoniert werden, was im Fall der SP-Form (SPH+) zu einer hypsochromen Verschiebung des Absoprtionsmaximums zu 300 nm führt, sich aber nicht photochemisch isomerisieren lässt. Die protonierte MC-Form (MCH+) lässt sich dagegen durch Bestrahlung mit blauverschobenen, sichtbarem Licht bei 400 nm in die SP-Form umwandeln. Ausgehend von der offenen MC-Form kann durch Wasseranlagerung eine Retro-Aldolreaktion eingeleitet werden, die zur Hydrolyse in die Produkte Indolin und Hydroxybenzaldehyd führt.[22,23]