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4. Unternehmensbefragung – Herausforderungen durch Megatrends

4.1 Ziele und Inhalte der Befragung, Ablauf und Rücklaufquoten

4.1.1 Vorgehen bei der Unternehmensauswahl, Repräsentativität

Die Auswahl der Unternehmen erfolgte in mehreren Schritten. Im Rahmen mehrfacher Besuche des Untersuchungsgebietes wurden zunächst alle Industrie- und Gewerbegebiete angefahren und die dort ansässigen Betriebe erfasst. Barntrup wurde als zwölfte Kommu-ne erst zu eiKommu-nem späteren Zeitpunkt in die Untersuchung aufgenommen; der größte ansäs-sige Betrieb (KEB) ließ sich nicht in die Fragebogenaktion einbinden, auch lehnte man In-terviewanfragen ab.

Die Liste aller erfassten Betriebe in den Industrie- und Gewerbegebieten beinhaltete am Ende 528 Namen von Industrie-, Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen

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und kommunalen Einrichtungen. Neben großen und mittleren Industriebetrieben waren darunter ebenso Autohäuser, Handwerksbetriebe, Softwareunternehmen, Architekturbü-ros, aber auch Exoten wie Betriebe für Altfilmrecycling oder Imkereibedarf.

In einem zweiten Schritt wurden die größeren Industrie- und Handwerksbetriebe auf Basis der Sichtung von Gebäude- und Grundstücksgrößen herausgefiltert. Es ergaben sich 116 größere Industrie- und 184 Handwerksbetriebe. Diese wurden in einem dritten Schritt ei-ner genaueren Betrachtung auf Basis ihrer Internetauftritte unterzogen. Unter Berücksich-tigung von Kriterien wie Mitarbeiterzahl, Funktion als Ausbildungsbetrieb und Branchen-zugehörigkeit sowie unter Beachtung einer gewissen Ausgewogenheit der Anzahl zu befra-gender Betriebe pro Ort und Einwohner (ca. 1 Betrieb je 2.500 Einw.) konnten letztlich 66 Industrieunternehmen, 10 größere Handwerksbetriebe und – aufgrund ihrer lokalen Be-deutung – je ein Unternehmen aus dem Bereich Handel und Spedition ausgewählt werden.

Weitere drei Industriebetriebe außerhalb des engeren Untersuchungsgebietes in Holzmin-den (Symrise und Stiebel-Eltron) und Bromskirchen (Ante-Holz) wurHolzmin-den wegen ihrer regio-nalen Bedeutung als Arbeitgeber in unmittelbarer Nähe zu Orten des Untersuchungsgebie-tes (Holzminden - Höxter, Bromskirchen - Hallenberg) in die Befragung aufgenommen. Da bis zur Verteilung der Fragebogen ein Unternehmen Insolvenz anmelden musste (AKL in Warburg) und ein Unternehmen mit einem größeren vor Ort verschmolzen wurde (Roma-Plastik in Brilon mit Egger, Brilon), wurden unter Berücksichtigung des Ausfalls von KEB (Barntrup) letztlich von 81 geplanten Fragebogen 78 verteilt (Abb. 90).

Abb. 90: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, quantitativer Auswahlprozess, Angabe absolut, Quelle: eigene Erhebung

Mit den beiden Ausnahmen eines Transportunternehmens (Kleinwächter in Hallenberg) und eines Möbelherstellers, der vorzugsweise in Polen und Weißrussland fertigt (BEGA in Lügde), handelt es sich fast ausschließlich um größere, vor Ort produzierende Industrieun-ternehmen in den Branchen Metall, Elektro, Chemie- und Kunststoff, Papier, Glas, Nah-rung, Holzverarbeitung, Möbelfertigung und Textil sowie wenige größere Handwerksbe-triebe in den Bereichen Metall und Elektro. Die Grenzen zwischen industrieller und hand-werklicher Fertigung sind fließend und für die Betrachtungen in der Regel unerheblich, da fast alle ausgewählten Betriebe unter ähnlichen Rahmenbedingungen arbeiten und

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meist überregionale Absatzmärkte bedienen. Auch weisen die befragten größeren Hand-werksbetriebe zum Teil Belegschaftsstärken von über 50 Mitarbeitern auf. Daher werden in den nachstehenden Darstellungen die Beschäftigten beider Gruppen zusammengefasst.

Ebenfalls werden aus Gründen einer vereinfachten Darstellung und besseren Lesbarkeit die in Summe ca. 200 Beschäftigten des nicht am Standort produzierenden Möbelherstel-lers sowie des Transportunternehmens addiert.

In der EU gelten gemäß der EU-Empfehlung 2003/361/EG Unternehmen >250 Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von >50 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme >43 Mio. Euro als Großunternehmen. Dagegen grenzt das Institut für Mittelstandsforschung in einer aktuel-len Definition die KMU (Kleine und Mittlere Unternehmen) von den Großunternehmen durch die Beschäftigtenzahl <500 Mitarbeiter) und Jahresumsatz ≤50 Millionen € ab.239 Da die befragten Unternehmen mit Ausnahme der berichtspflichtigen Aktiengesellschaften im Regelfall keine Umsatzzahlen nennen, werden hier die Beschäftigtenzahlen als alleiniges Abgrenzungskriterium herangezogen. Danach zählten zwei Betriebe zu Kleinstunterneh-men <10 Mitarbeitern und 18 zu den kleinen UnternehKleinstunterneh-men (in Summe 25 %). 50 Unter-nehmen (= 63 %) werden den mittleren UnterUnter-nehmen und 9 Betriebe (= 12 %) den Groß-unternehmen zugeordnet (Abb. 91).

Diese Verteilung entspricht nicht dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes 2015 in Deutschland, da bewusst größere Unternehmen für die Befragung ausgewählt wurden.240

Abb. 91: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015,

befragte Betriebe nach Mitarbeitergrößenklassen, Angabe in Prozent, Quelle: eigene Erhebung

Die Mehrzahl dieser Unternehmen sind familiengeführte Betriebe in der Rechtsform einer GmbH, einer GmbH & Co. bzw. einer GmbH & Co. KG. Lediglich drei Unternehmen sind Aktiengesellschaften (Delignit in Blomberg, Symrise in Holzminden, Centrotec in Brilon).

239 Zur Definition von KMU s. u. a. https://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_und_mittlere_Unternehmen, zuletzt abgerufen 27.05.2019.

240 Verteilung der Größenklassen im verarbeitenden Gewerbe in Dt. 2015: Kleinst- und Kleinunternehmen=

89 %, Mittlere Unternehmen= 8 %, Großunternehmen= 3 % (DESTATIS, Tab. 48121-0002).

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Einige Betriebe haben neben ihrem Stammsitz im Untersuchungsgebiet weitere Zweigwer-ke errichtet, ca. 15 % Betriebe gehören zu (meist internationalen) Unternehmensgruppen wie Benteler oder ABB. Einige dieser Tochterunternehmen besitzen eine eigene Geschäfts-führung vor Ort wie z. B. Bond Laminates GmbH (Brilon, Teil des deutschen Lanxess-Konzerns), Stelzer Rührtechnik International GmbH (Warburg, Teil der finnischen Vaahto-Gruppe) oder Wentus Kunststoff GmbH (Höxter, Teil des irischen Clondalkin-Konzerns).

Repräsentativität

Das Untersuchungsgebiet ist entgegen dem optischen Eindruck ein durch Industrieproduk-tion geprägter Landesteil. Insgesamt liegt der Anteil der sozialversicherungspflichtig Be-schäftigten im produzierenden Sektor im Mittel aller Kommunen des Untersuchungsgebie-tes mit ca. 44 % deutlich über dem NRW-Landesdurchschnitt von 26,9 %. (Abb. 92). Ledig-lich Höxter als Kreisstadt weist mit 30,5 % einen annähernd landesdurchschnittLedig-lichen Wert auf.241

Abb. 92: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im produzierenden Sektor an sozial-vers.pflichtig Beschäftigten gesamt, alle Orte im Untersuchungsgebiet zzgl. Holzminden (Niedersachsen) u. Bromskirchen (Hessen), Stand: 2017, Angabe in %, Quellen: IT.NRW (Kommunalprofile), Statistik-Hessen, IHK-Hannover.

In den ausgewählten Betrieben waren zum Zeitpunkt der Befragung knapp 23.000 Perso-nen beschäftigt (Abb. 93).242 Dies entspricht einem Anteil von ca. 30 % an allen sozialversi-cherungspflichtig Beschäftigten in den zwölf Kommunen des Untersuchungsgebietes zzgl.

Holzminden und Bromskirchen (in Summe ca. 76.000) und von ca. 66 % an allen Beschäf-tigten im produzierenden Gewerbe dieser Kommunen (in Summe ca. 35.000).

241 Weitere Informationen s. Kap. 1.2.

242 Angaben lt. Fragebogen oder nachträglich recherchiert (Internet, Nachfrage im Unternehmen)

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Abb. 93: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort, im produzierenden Sektor und in zu befragenden Betrieben, alle Orte im Untersuchungsgebiet zzgl. Holzminden (Niedersachsen) u. Bromskirchen (Hessen), Stand: 2017 u. 2015, Angabe absolut, Quellen: IT.NRW (Kommunal-profile), Statistik-Hessen, IHK-Hannover, eigene Erhebung

Die Rücklaufquote bei der Fragebogenaktion betrug 64,1 %. Von den 78 angesprochenen Unternehmen konnten 50 Fragebogen einzelnen Unternehmen zugeordnet und ausgewer-tet werden; ein Fragebogen wurde anonym zurückgeschickt (Abb. 94).

Abb. 94: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Fragebogenrücklauf je Ort, Angabe absolut, Quelle: eigene Erhebung

In den meisten Kommunen lag die Verteilung der Rückantworten vergleichbar hoch zwi-schen 50 % und 75 %. Lediglich in Olsberg ergab sich eine deutlich negative Abweichung, so dass im Nachgang versucht wurde, mit Vertretern der angeschriebenen Unternehmen dieses Standortes ein leitfadengestütztes Interview zu führen, das sich an die Inhalte und die Struktur des Fragebogens anlehnen sollte. Im Ergebnis blieb es jedoch bei zwei kurzen Telefoninterviews, in denen die Komplexität des Fragebogens nicht nachgezeichnet

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den konnte. Die Aussagekraft der Unternehmensbefragung ist für Olsberg daher als gering anzusehen.

Die Betriebsgrößenstruktur im Rücklauf entspricht in etwa der Grundgesamtheit der für die Befragung ausgewählten Betriebe (Abb. 95).

Abb. 95: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Rücklauf nach Mitarbeitergrößenklassen, Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

In den 50 Unternehmen mit auswertbaren Rückantworten waren ca. 15.500 Mitarbeiter beschäftigt. Damit beziehen sich die Aussagen aus den Rückantworten der Fragebogenak-tion auf ca. 20 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Kommunen, auf ca.

44 % der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe und auf über 70 % der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe (Abb. 96).

Abb. 96: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Anzahl Beschäftigte in Betrieben mit Rückantwort und an Beschäftigten im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe an den Standorten der befragten Unternehmen, Angabe absolut, Quellen: IT.NRW, Statistik-Hessen, Statistik-Niedersachsen, eigene Erhebung.

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Die Antworten aus der Fragebogenaktion erlauben somit Schlussfolgerungen, die für grö-ßere Industrieunternehmen im Untersuchungsgebiet und ihre Beschäftigten Relevanz be-sitzen.

4.1.2 Fragebogenstruktur, Befragungsaktion

Um einen vertieften Einblick in die herausfordernden Situationen zu gewinnen, welchen sich die Unternehmen im Untersuchungsgebiet ausgesetzt sehen, wurde bewusst das Risi-ko eingegangen, einen umfangreichen Fragebogen bei den Geschäftsführungen zu platzie-ren (s. Anhang). Er umfasste neben einem separaten Anschreiben insgesamt acht Seiten mit 45 Fragen, die zu drei größeren Themenkomplexen zusammengefasst waren. Zur Er-höhung der Akzeptanz wurden, so weit möglich, geschlossene Fragen gestellt und ein im Regelfall fünfstufiges Bewertungsraster vorgegeben. Trotz der Länge des Fragebogens nutzten immerhin 36 Betriebe (= 72 % aller Rückmeldungen) die Möglichkeiten, freie For-mulierungen in zumindest einem Feld zusätzlich anzufügen. Dies lässt auf eine intensive Beschäftigung mit dem Fragebogen schließen.

Primär zielte die Befragung darauf, aktuelle Anforderungen durch sogenannte Megatrends und die unternehmerischen Reaktionen hierauf zu identifizieren. Der Fragebogen sprach folgende Aspekte an:

Standortbewertung mit den Unterpunkten verkehrliche Erreichbarkeit, Internetan-bindung, Gewerbeflächenangebot (Fragen 2.1 - 2.10),

Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern mit den Unterpunkten Erstausbildung, Fachkräftegewinnung, Mitarbeiterbindung, kommunale Attraktivität

(Fragen 3.1 - 3.15),

Globalisierungsanforderungen mit den Unterpunkten Forschung und Entwicklung, Industrie 4.0, Hochschulkooperationen (Fragen 4.1 - 4.9).

Der Fragebogen wurde mit einem Anschreiben an die jeweiligen Geschäftsführungen der Unternehmen (inkl. frankiertem Rückumschlag) persönlich bei den Betrieben im Untersu-chungsbiet abgegeben. Damit sollte die Ernsthaftigkeit des Anliegens untermauert und gleichzeitig die Möglichkeit gegeben werden, Nachfragen zum Hintergrund der Befragung unmittelbar zu beantworten. Drei Betriebe lehnten die Annahme ab.

Der Rücklauf betrug nach fünf Wochen ca. 50 %. 39 Betriebe, die noch nicht geantwortet hatten, erhielten den Fragebogen per Post erneut. Auf diese Aktion antworteten weitere zwölf Betriebe, wobei ein Betrieb keine Angaben zu Firmennamen, Standort u. ä. machte, so dass seine Zuordnung nicht möglich war. Im Regelfall wurden alle Fragen des Fragebo-gens beantwortet; Abweichungen werden in den nachfolgenden Auswertungen benannt.

- 152 - 4.2 Auswertung der Befragung

Ein erstes zusammenfassendes Ergebnis über die Einschätzung möglicher Herausforderun-gen, die durch die Lage des Standortes, den demografischen Wandel oder Aspekte der Globalisierung für die jeweilige Wirtschaftsregion entstehen könnten, lieferten die Ant-worten auf die Fragen 5.1 - 5.3: Wie hoch schätzen Sie die Risiken für Ihre Wirtschaftsregi-on ein, die durch die „periphere Grenzlage“ bzw. „demografischen Wandel“, „die Globali-sierung“ entstehen? (Abb. 97).

Abb. 97: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Einschätzung von Risiken aufgrund Lage und Megatrends für die Wirtschaftsregion durch befragte Unternehmen im Untersuchungsgebiet (Fragen 5.1-5.3), Angabe in %, Quelle:

eigene Erhebung

Die beiden Faktoren »Lage des Unternehmensstandortes« und »Globalisierungsaspekte«

wurden von lediglich 40 % bzw. 50 % der Unternehmen und somit als deutlich weniger risikobehaftet beurteilt als das Thema »demografischer Wandel«.

Dieses Thema wurde von 70 % der befragten Unternehmen als ein sehr (12 %) bzw. eher hohes Risiko (58 %) eingeschätzt. Im Wesentlichen wurde hierunter – so die Auswertung der weiteren Fragen und der Tenor der später geführten Interviews – ein »Weniger« an Nachfragenden im Bereich der beruflichen Erstausbildung und bei den technischen Fach-kräften (Facharbeitern, Meistern, Technikern, Ingenieuren) verstanden. Der Aspekt »älter«

und mit ihm die zwangsläufig künftige Verstärkung des Aspektes »weniger« oder »anders«

(z. B. bzgl. Arbeitsorganisation, Aufgabenverteilung, Gesunderhaltung, Qualifizierung), wurde zwar rational nachvollzogen, aber als Problem einer noch undeutlichen Zukunft und vor dem Hintergrund aktuell dringender zu lösender Probleme eher verdrängt oder wie es ein Interviewpartner aus einem Großbetrieb auf den Punkt brachte:

„Kurzfristige Entscheidungen stehen immer noch über strategischen Entscheidungen (bei kleineren Unternehmen, Anm. d. Verf.) im Kreis Höxter“ (Interview U 12, Z. 347 f.).

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Folgt man zeitlich der Entwicklung des Risikofaktors »Demografie«, z. B. in aktuellen Um-fragen der verschiedenen Kammern (IHK, HWK), so hat sich dieser Aspekt in den Jahren bis 2019 kontinuierlich verstärkt, so dass auf ihn, bei den im Anschluss an die Fragebogenakti-on geführten Interviews, ein besFragebogenakti-onderer Schwerpunkt gelegt wurde. In diesen Interviews, die zu großen Teilen 2017 und 2018 geführt wurden, kam ebenfalls deutlich zum Ausdruck, dass sich im Rückblick auf die Jahre 2014 / 2015 die Arbeitsmarktsituation für die Unter-nehmen weiter verschlechtert hat:

„Also, es ist schwieriger geworden, ja. Wir haben uns früher die Auszubildenden ausgesucht, heute suchen sich die Auszubildenden die Betriebe aus“ (Interview U 2, Z. 134 f.).

„Da muss man unterscheiden. Für den kaufmännischen Bereich liegen uns viele Bewerbungen vor, deutlich mehr, als wir Plätze haben. Im technischen Bereich ist es in der Tat schwieriger geworden, aber bislang konnten wir noch alle Plätze besetzen“ (Telefoninterview U 4, Z. 9 ff.).

„Also, es ist extrem schwierig geworden im Bereich Facharbeiter, Werker. Also dazu muss man wis-sen, wir haben ja hier Vollbeschäftigung, ich glaub, die Arbeitslosenquote ist bei 3,5 % oder so (…) es ist extrem schwierig, Facharbeiter zu kriegen. Deswegen, wir bilden dann ja auch ganz normal Facharbeiter aus. Also, das ist wirklich deutlich schwieriger geworden in den letzten Jahren“ (Inter-view U 6, Z. 148 ff.)

„Ich würde sagen, aber das, vielleicht sagen das auch alle, vielleicht ist es aber auch einfach nur, weil man älter wird, ich glaube, zumindest nach dem Papier, die Qualität hat nachgelassen“ (Inter-view U 1, Z. 123 ff.).

„Also der Bedarf bei uns ist nicht so hoch an Masse, sondern an Qualität“ (Interview U 12, Z. 356 f.).

Die Bedeutung, die unternehmensseitig dem demografischen Wandel zugemessen wurde, äußerte sich ebenfalls in den Antworten auf die Fragen 3.1 und 3.2 (Abb. 98 u. 99). Hier hielt fast die Hälfte der Antwortenden das Thema zum Zeitpunkt der Befragung bereits für wichtig und weitere 30 % für eher wichtig:

Abb. 98: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Bedeutung des Themas demografischer Wandel für das eigene Unternehmen 2015 (Frage 3.1), Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

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Und ebenfalls über 80 % vermuteten, dass die Bedeutung dieses Themas für das eigene Unternehmen in Zukunft weiter (stark) zunehmen werde, sei es bei der Quantität oder der Qualität:

Abb. 99: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Bedeutung des Themas demografischer Wandel für das eigene Unternehmen in 5-10 Jahren (Frage 3.2), Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

Über die konkreten Herausforderungen für die Unternehmen und deren Reaktionen wird an anderer Stelle in einem eigenen Kapitel berichtet (Kap. 5.). Im Folgenden werden die weiteren Ergebnisse der Unternehmensbefragung dargestellt.

4.2.1 Periphere Lage

Aus Sicht der Rheinachse oder des Ruhrgebietes liegt das Untersuchungsgebiet in periphe-rer Lage am Ostrand von NRW an der Grenze zu Hessen bzw. Niedersachsen und abseits von Agglomerationsräumen und Metropolregionen. Da in den auswertbaren Fragebogen-rückläufern lediglich drei Unternehmen (= 6 %) eine ausschließlich regionale Ausrichtung ihrer Absatzmärkte genannt hatten, dagegen 30 (= 61 %) im Wesentlichen international und global tätig sind, bedeutet die Lage der Standorte im Untersuchungsgebiet, dass Kon-takte zu Lieferanten und Kunden, Bezugsquellen und Absatzmärkten nur mit erhöhtem Aufwand (Entfernung, Zeit, Kosten) zu realisieren sind. Obwohl einige Unternehmen weite Strecken z. B. bis zum nächsten Autobahnanschluss in Kauf nehmen müssen, so wird ein hierdurch ausgelöstes Standortrisiko selbst von der Hälfte der Unternehmen in deutlicher Abseitslage (>30 km bis zu einem Autobahnanschluss) als eher gering bzw. sehr gering ein-geschätzt (Abb. 100).

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Abb. 100: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Risikoeinschätzung durch periphere Lage (Frage 5.1) nach Entfernung zum nächstgelegenen Autobahnanschluss, Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

Diese schwache Wirkung des Faktors Distanz findet eine Erklärung darin, dass die Mehr-zahl der Unternehmen in der Region aus Handwerksbetrieben oder kleineren Betrieben der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte oder der Holzwirtschaft hervorge-gangen ist. Sie werden meist nach wie vor durch die Gründerfamilie geführt und sind am jeweiligen Standort über die Jahre hinweg gewachsen. Alleine 19 der befragten Betriebe befinden sich bereits seit weit über 40 Jahren, teilweise seit dem 19. Jahrhundert in der Region (Abb. 101).

Abb. 101: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Gründungszeitpunkte der Unternehmen, Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung, Homepages der Unternehmen

An ihren Standorten sind die Inhaberfamilien verwurzelt und den Kontakten und Bindun-gen sind sie treu geblieben, trotz sich verändernder wirtschaftlicher RahmenbedingunBindun-gen, Vergrößerungen der Produktionsanlagen oder Anpassungen des Produktportfolios, wie viele Beispiele zeigen:

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„Wir sind und das steht halt auch nicht umsonst auf der Internetseite, wir sind hier wirklich in der Region verwurzelt. Familienunternehmen, aber auch wirklich durch und durch. Viele Unternehmen sagen das, sind aber trotzdem ein internationaler Konzern, aber bei uns ist es wirklich so, dass sie hier Generationen von Familien finden, dass sie, was viele Unternehmen sogar ablehnen, verheira-tete Ehepaare im Unternehmen finden (…) Das ist hier mehr als überdurchschnittlich der Fall.

Dadurch ist natürlich auch wiederum die Möglichkeit, doch noch Mitarbeiter- oder Verwandtenkin-der zu bekommen (…)“ (Interview U 13, Z. 32 ff.).

Die Firmengeschichte eines anderen ebenfalls größeren Unternehmens, das heute im We-sentlichen in der Kunststoff- und Systemtechnik tätig ist und mit einem anderen Zweig in der Büroeinrichtungsbranche arbeitet, begann mit der Herstellung von Käsehordenwagen:

(…) das hat etwas mit unserer Geschichte zu tun (…). Familie S. kommt aus der Landwirtschaft und Familie V. aus der Käserei. (…) Und mein Großvater mütterlicherseits hatte eine recht, recht große Käserei in Bad Driburg und hat damals schon, in 50er, 60er Jahren, seinen Käse bis Washington D.C.

verfrachtet. Und zwar hatte die Familie V. damals ein Rezept, das jetzt nicht mehr geschützt ist, aber früher, und zwar für die Herstellung von Kochkäse. Und Leute, die eine gewisse Affinität zu Kochkäse haben, die kennen das noch, das war die Marke »Heideröslein«, und die war damals der Verkaufsrenner in der Familie und mein Vater ist ja der S., kommt aus der Landwirtschaft, und die beiden haben zusammen dann die Firma gegründet. Und da ist mein Großvater als erstes natürlich hingegangen und hat gesagt: ‚Was bräuchte ich eigentlich?‘, und so kam das“ (Interview U 9, Z. 6 ff.).

Ein weiteres Unternehmen stellte bis nach dem Zweiten Weltkrieg Zigarren her und richte-te seine Produktion dann auf die Hersrichte-tellung von Kupferdraht um, blieb aber trotz der Um-stellung durch völlig neue Bezugs- und Absatzmärkte am Standort:

„Dass wir zum Elektrodraht gekommen sind, ist mehr den Zufällen des Krieges zu verdanken (…), weil mein Vater und mein Onkel der Meinung waren, es sind ja so viele Häuser zerstört, da brau-chen die Leute auch überall wieder elektrische Klingeln. Und in jeder Klingel saß früher so ne kleine Spule und also müsste das eigentlich ein gutes Geschäft sein. Also nichts, sagen wir mal, wo man eine Marktanalyse gemacht hat, so wie man das heute machen würde, sondern einfach aus dem Bauchgefühl heraus. Und das Zigarrendrehen, also unser „Wickeln“ hieß das ja, also der Wickel war ja so der innere Kern, die Rohzigarre, und unser Produkt, Kupferlackdraht, heißt auch Wickeldraht, im Englischen »winding wire«. Also von daher ist da Kontinuität im Wort“ (Interview U 15, Z.21 ff.).

Die Bedeutung des persönlichen Faktors bei der Standortentscheidung sogar jenseits be-triebswirtschaftlicher Maßstäbe wird vor allem in einem Beispiel deutlich, das aus dem Umfeld des Untersuchungsgebietes stammt:

„Die haben hier ein Riesenlogistikzentrum aufgebaut, in Detmold investiert. Tolle Sache. Warum?

Nicht weil das Management das so wollte, sondern weil der Firmenchef, der ist seit 1000 Jahren in Detmold, gesagt hat, ich will’s aber hier machen. Das Management (…) sagt, wenn wir das rein nach betriebswirtschaftlichen Kriterien entschieden hätten, hätten wir das ganz woanders hin ge-baut, weil ein Logistikzentrum in Detmold ist falsch. Jetzt haben wir, Gott sei Dank, das Thema Fa-milienunternehmen und Mittelstand. Die machen das dann eben nicht nach rein betriebswirtschaft-lichen Kriterien, sondern die sind schon auch standorttreu“ (Interview IHK 3, Z. 339 ff.).

Knapp 50 % der befragten Unternehmen gaben als Begründung für ihre Standortwahl an, dass es sich um den Wohnort des Unternehmensgründers, eines Geschäftsführers oder um

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einen »unternehmenshistorischen« Standort handele (Abb. 102). Fast Zweidrittel der be-fragten Unternehmen schätzen den eigenen Standort als sehr gut oder gut erreichbar für die eigenen beruflichen Kontakte ein (Frage 2.7). Dies spricht ebenfalls für eine gelebte Verwurzelung der Unternehmen und ihrer Führungskräfte in der Region, so dass die zu-sätzlichen Anstrengungen, die z. B. für Messe-, Kongressbesuche und Dienstreisen auf-grund der Entfernungen anfallen, auch nur bei knapp der Hälfte der Unternehmen (48 %) eine eher negative Beurteilung nach sich zieht.

Abb. 102: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Gründe der Standortwahl (Frage 1), Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

Die generelle Lage der Unternehmensstandorte im Untersuchungsgebiet wird eher in der Mitte Deutschlands verortet (69 %), denn am Rande von NRW (Frage 2.10, Abb. 103).243

Abb. 103: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015,

Gefühlte Lage des Unternehmensstandortes (Frage 2.10), Angabe in %, Quelle: eigene Erhebung

243 Selbstkritisch ist hier zu fragen, ob bereits die Wahl des Begriffes „Rand“ in der Fragestellung Einfluss auf das Antwortverhalten genommen hat: Wer sieht sich schon gerne am »Rand«!?

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„Verglichen mit früher ist natürlich die Situation insoweit erst mal besser geworden. Geographisch, weil mit dem Fall der Mauer wir ja plötzlich zentral in Europa liegen“ (Interview U 15, Z. 49 ff.).

Bei all denen, die sich eher am Rand von NRW sehen, war der Anteil derer, die in der peri-pheren Lage auch ein Risiko sahen (Frage 5.1) mit 55 % höher als im Durchschnitt aller Be-fragten (40 %). Ob es sich dabei aber eher um ein Gefühl der Nichtbeachtung oder um eine nüchterne, betriebswirtschaftliche Beurteilung des Standortes handelt, kann aus den Ant-worten nicht abgeleitet werden.

„Also im Zentrum Deutschlands auf keinen Fall. Es ist eher am Rande und man kriegt‘s nicht direkt mit, aber es wird schon so‘n bisschen hinter der vorgehaltenen Hand wird dann schon so gesagt,

‚Ihr habt ja eure Kühe, ihr habt ja euren Tourismus, euch geht’s doch gut‘. Der Rest wird nicht so richtig gesehen. (…) wenn sie jetzt die Straße langgefahren sind und sie im alten Zustand nicht ken-nen (...), die war über Jahre hinweg in einem katastrophalen Zustand und es hat Jahre gedauert, bis was passiert ist. Also von daher ist man hier schon am Ende der Welt. Das muss man schon sa-gen“(Interview U 1, Z. 360 ff.).

4.2.2 Gewerbeflächen

Bei der Begründung der Standortwahl folgten mit deutlichem Abstand auf das Hauptargu-ment des historisch gewachsenen Standortes weitere Begründungen wie z. B. das günstige Gewerbeflächenangebot (Frage 1). Nach Ansicht vieler Unternehmensvertreter stehen auch heute noch genügend Flächen zur Ansiedlung und Erweiterung zur Verfügung (Frage 2.9, Abb. 104). Über 80 % der Befragten waren sich sicher, bei Bedarf weitere Gewerbeflä-chen am Standort zu bekommen. Dabei mag auch eine Rolle spielen, dass sich einige grö-ßere Unternehmen bereits frühzeitig mit ausreichenden Erweiterungsflächen versorgt hat-ten und sie ihre komfortable Situation nun unreflektiert auf die Gesamtlage übertrugen.

Abb. 104: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Verfügbarkeit von Gewerbeflächen aus Sicht der Betriebe (Frage 2.9), Angabe in %, Quelle:

eigene Erhebung

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Zwar bewerteten 72 % der Befragten die Attraktivität ihres Standortes für Unternehmens-gründer unter dem Aspekt der Gewerbeflächen (Frage 3.14) als sehr (18 %) bzw. eher at-traktiv (54 %), doch muss diese insgesamt positive Einschätzung mit Blick auf einzelne Kommunen (Abb. 105) und den weniger optimistischen Beurteilungen der Wirtschaftsför-derer für die gesamte Unternehmenslandschaft differenziert betrachtet werden.

Abb. 105: Ergebnisse einer Befragung von Unternehmen im Untersuchungsgebiet 2015, Einschätzung der Attraktivität des Standortes hins. Gewerbeflächen für Unternehmensgründer (Frage 3.14), Angabe in % für die Orte des Untersuchungsgebietes, Quelle: eigene Erhebung

Dabei spielen zum einen die restriktiven Neuflächenausweisungen eine Rolle, wie sie in den Vorgaben der Landesregierung durch das 5-ha-Flächenverbrauchsziel im Landesent-wicklungsplan NRW von 2016 vorgesehen waren. Diese Zielsetzung wurde durch die neue Landesregierung im LEP 2019 zwar »aufgeweicht«, aber auch langwierige Planungsverfah-ren im Zuge der Regionalplanerstellung und die Aktualisierung von Flächennutzungsplänen können künftig die Neuausweisung von Gewerbeflächen zumindest hinauszögern, zumal der Flächenverbrauch nach Aussagen der Landesregierung insgesamt weiterhin restriktiv gehandhabt werden soll. In Warburg sind von ca. 1,5 Mio. qm Gewerbe- und Industrieflä-che derzeit nur noch 110.000 qm verfügbar.

„Also, das ist auf jeden Fall ein Punkt. Wir sind mittlerweile relativ knapp. Man sucht natürlich noch, aber ich sag mal, eine große Nachfrage wird schon schwieriger zu bedienen“ (Interview WF 5, Z. 55ff.).

„Die gesamte Entwicklung soll mal in diesem Bereich weitergehen. (…) Das heißt direkt hier am … Weg ist nichts, wir müssen ein Stück weiter nach hinten und da ist dann das Problem, der Flächen-nutzungsplan hört genau an dieser Kante auf, man muss Planung betreiben, man muss Düsseldorf überzeugen, warum, wieso, weshalb, die sagen, ihr habt doch noch Fläche, die sagen dann auch, hier sind doch noch Flächen, nehmt die doch erstmal – das ist nicht einfach! Und da sind Planungs-horizonte von fünf, sieben, acht Jahren überhaupt kein Thema. Aber erklären Sie mal einem Unter-nehmen, das heute hier sitzt, ich brauch ‘ne neue Halle, ja, kannste in acht Jahren haben. Wissen Sie, was die Ihnen sagen“ (Interview WF 2, Z. 276 ff.).

„Und auch aktuell ist es so, dass wir uns bemühen und, das wissen Sie auch, dass es nicht so einfach ist, heutzutage zusätzliche neue Flächen zu entwickeln in Gewerbegebieten und wenn, dann muss

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man woanders was wegnehmen (…) Wir sind momentan dabei, das Gewerbegebiet trotzdem zu erweitern, erweitern zu wollen. Wir haben erst vor kurzem noch diverse Flächenverkäufe gehabt.

Auch ein Großunternehmen unten im Gewerbegebiet überlegt, womöglich ein zusätzliches Werk noch zu bauen“ (Interview WF 1, Z. 32 ff.).

„Wir sehen sehr wohl, dass die Gewerbeflächen entlang der A 44 langsam volllaufen und dass auch die Großen, die dort Interesse haben, die VWs dieser Welt, dass wir bei denen auf dem Schreibtisch liegen und dass wir sagen, wir telefonieren, wir sprechen mal, wie sind denn die Konditionen. Also, ich sehe im Moment mehr Bewegung, als das ich die bedienen könnte (…)“ (Interview WF 4, Z. 113 ff.).

Nach Angaben von NRW.Invest244 standen in den zwölf Kommunen des Untersuchungsge-bietes Mitte 2019 ca. 980.000 qm an Gewerbe- und Industriefläche zur Verfügung (s.

Übersicht verfügbare Gewerbeflächen in den Kommunen). Diese Angaben müssen aller-dings – folgt man den kommunalen Homepages – um ca. 30 % reduziert werden. Mögliche Gründe sind fehlende Aktualisierungen oder das Zurückziehen von Verkaufsabsichten pri-vater Anbieter. Insbesondere in Orten mit einer in den vergangenen Jahren dynamischen Wirtschaftsentwicklung wie Medebach, Brilon, Warburg und Blomberg, in denen die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 2012-2017 deutlich stärker als im NRW-Landesdurchschnitt wuchs, macht sich die Gewerbeflächenknappheit als Folge der starken wirtschaftlichen Entwicklung der jüngsten Vergangenheit bemerkbar.

In Marsberg hat sich die Situation insoweit entspannt, als Bodendenkmalfunde im Gewer-be- und Industriegebiet Westheim II die Stadt 2016 ausbremsten, die hier einen produzie-renden Betrieb mit einem Flächenbedarf von ca. 40.000 qm und bis zu 100 neuen Arbeits-plätzen ansiedeln wollte. Die Grabbungen sind 2018 abgeschlossen worden.245 Bereits 15 Jahre zuvor, als die Firma Centrotec sich in diesem Industriegebiet vergrößern wollte, ver-hinderten Grabungen des Amtes für Bodendenkmalpflege, die dort eine frühmittelalterli-che Siedlung vermuteten, die Umsetzung dieses Erweiterungsvorhabens. Die Firma wan-derte angesichts unsicherer Planungshorizonte nach Brilon ab.246 Eine neue Stadtführung wies dieselbe Fläche anscheinend in Unkenntnis der vergangenen Ereignisse erneut als Gewerbefläche aus.

244 Online: https://germansite.de/GermanSite/main.xhtml#, zuletzt abgerufen 28.05.2019.

245 Nach Abschluss der Arbeiten beschrieben Bürgermeister und die Wirtschaftsförderer des Kreises und der Stadt die Situation im November 2018 erleichtert: „„Es war keine einfache Entscheidung“, gestand Bür-germeister Klaus Hülsenbeck. Aber ohne die für die Kommune sehr kostspieligen Grabungen hätte die Stadt das Vorhaben aufgeben müssen, dort Flächen an Investoren zu veräußern. Ausschlaggebend waren die potentielle Kaufkraft und die rund 100 zusätzlichen Arbeitsplätzen, welche durch den Investor in Aus-sicht stehen. „Wir haben großes Glück, dass der Investor immer noch bei der Stange steht“, so Hülsen-beck. (…) Auch für andere Flächen im Gewerbegebiet gebe es Interessenten, mit denen Gespräche geführt würden, berichtete Wirtschaftsförderin Michaela Schröder.“ In: Sauerlandkurier vom 2.11.2018, online:

https://www.sauerlandkurier.de/hochsauerlandkreis/marsberg/ausgrabungen-westheim-erkenntnisgewinn-archaeologen-10432936.html, zuletzt abgerufen 26.10.2019.

246 Westfalenpost vom 11.02.2017, online: https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/industriebetrieb-kann-sich-noch-nicht-in-marsberg-ansiedeln-id209568977.html, zuletzt abgerufen 28.05.2019.