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Vom Balltransfer zum Paß

4.2 Das Verhaltens-Muster Paß

4.2.3 Vom Balltransfer zum Paß

Der in Abschnitt 4.2.1 eingef¨uhrte Balltransfer von einem Kicker zu einem Empf¨anger dient als Grundlage f¨ur die Spezifikation von Paß-Verhalten. Es liegt sogar nahe, den eingef¨uhrten Balltransfer bereits als Paß zu bezeichnen.

F¨ur einen Paß sollen sich jedoch beide Spieler aktiv am Transfer beteiligen.

Dies bedeutet, daß das in Abbildung 4.3 auf der n¨achsten Seite dargestellte Szenario nicht als Paß angesehen wird. Hier entfernt sich der Spieler p1 vom Ball b, der Spieler p2 bewegt sich auf den Ball zu, und der Ball selber bewegt sich nicht oder nur wenig. Bei diesem Szenario hat p1 nicht aktiv am Transfer teilgenommen.

Um solche Szenarien f¨ur P¨asse auszuschließen, wird eine neue Bedingung

4Die Genauigkeiten f¨ur Positionen und Geschwindigkeiten von Ball und Spieler sind nahezu exakt. Damit kann auch die Geschwindigkeits¨anderung des Balles sehr genau ermittelt werden.

Diese wird aber auch durch zuf¨allige Abweichungen beeinflusst. Eine Bewegungs¨anderung des Balles durch einen Spieler innerhalb der Variationsbreite der zuf¨alligen Abweichungen kann damit nicht erkannt werden. Diese Variationsbreite ist jedoch relativ gering.

5Bei Beobachtung durch einen Spieler-Agenten ist eventuell die Verwendung der passiven Ballkontrolle zu bevorzugen.

6Beide Varianten wurden auch implementiert und dessen Ergebnisse verglichen. F¨ur mehre-re Spiele wurden die Verhalten unter Verwendung beider Varianten ermittelt und miteinander verglichen. Bei der Analyse der unterschiedlich erkannten Verhalten stellte sich heraus, daß die bei der Verwendung der aktiven Ballkontrolle ermittelten Verhalten immer korrekt waren.

4.2 Das Verhaltens-Muster Paß 49

p

2

p

1

b

Abbildung 4.3: Beispiel eines Balltransfers der keinen Paß darstellt eingef¨uhrt: der Ball muß sich mindestens anf¨anglichvom Spielerp1 mit einer Mindest-Geschwindigkeit7 entfernen. Diese Bedingung wird mit dem Aus-druck

ballFastDeparting (p1, t2, ballSpeed),

bezeichnet, wobeit2 der erste Zeitpunkt ist, bei dem der Kicker den Ball nicht mehr kontrolliert. Die Variable ballSpeed ∈ V bezeichnet den Geschwindig-keitsvektor des Balles zum Zeitpunktt2.

Desweiteren soll bei einem Paß der Balltransfer von seiten des Kickers gezielt erfolgen, d.h. der Kicker soll sich f¨ur einen Empf¨anger des Passes entscheiden.

Leider ist diese Bedingung nicht ¨uberpr¨ufbar, da dem MA die ¨Uberlegungen der IP verschlossen sind. So k¨onnte es sein, daß der Kicker den Ball einfach nur in eine bestimmte Richtung kicken will ohne die Absicht zu haben, einen Paß auszuf¨uhren. Ein Spieler der selben Mannschaft der sich dort aufh¨alt, k¨onnte dann den Ball abfangen und unter seine Kontrolle bringen. Als Beobachter w¨urden wir einen Paß wahrnehmen, da wir dem Kicker die Absicht unterstellen, den Ball gezielt zum Empf¨anger gekickt zu haben.

Bei einem Paß muß also dem Kicker die Absicht unterstellt werden k¨onnen, gezielt zu einem Empf¨anger gekickt zu haben. Eine notwendige Bedingung daf¨ur ist, daß sich mindestens einpotentieller Empf¨anger(beliebiger Spieler8 des gleichen Teams wie der Kicker) in dem Bereich aufh¨alt in den der Ball gekicktwurde. Diese Bedingung wird mit

teammateInKickRegion (p1, t2)

bezeichnet, wobeit2der erste Zeitpunkt ist, bei dem der Kickerp1den Ball nicht mehr kontrolliert. Der besagte Bereich ist dabei durch ein Kreissegment9 mit

7Als Mindest-Geschwindigkeit f¨ur den Ball wird ein Wert von 0.95 Meter pro Takt verwen-det. Dieser empirisch bestimmte Wert stellt eine gute Abgrenzung f¨ur P¨aße dar.

8Der Spieler muß nicht mit dem tats¨achlichen Empf¨angerp2 ¨ubereinstimmen.

9Der Radius und der Winkel des Kreissegments sind von der aktuellen Ballgeschwindigkeit abh¨angig, um so schneller der Ball, um so gr¨oßer der Radius und so kleiner der Winkel. Die

50 Die Verhaltens-Bestimmung

dem Kicker als Zentrum gegeben. Balltransfers, f¨ur die diese Bedingung nicht zutrifft, werden nicht als P¨asse angesehen, auch wenn am Ende des Transfers ein Spieler des gleichen Teams den Ball kontrolliert. Solche Transfers werden dann entweder als Kl¨aren-Verhalten10 (Abschnitt 4.4.3 auf Seite 70) oder Dribbel-Verhalten (Abschnitt 4.4.1 auf Seite 67) wahrgenommen.

Bei einem Paß muß der Empf¨anger im allgemeinen gezielte Bewegungen ausf¨uhren um die Kontrolle ¨uber den Ball zu erlangen. Wenn der Ball direkt auf den Empf¨anger zurollt, k¨onnen diese Bewegungen unter Umst¨anden entfal-len (wenn kein Gegner die M¨oglichkeit hat den Ball vorher abzufangen), dann h¨alt der Empf¨anger gezielt seine Position. Die Bewegung des Empf¨angers wird mit dem Ausdruck

movement (p2, t2, tn, playerM ovement)

festgehalten, wobei playerM ovement ∈ V der resultierende Bewegungsvektor des Empf¨angersp2im Zeitraum von der Beendigung der Ballkontrolle durch den Kicker (t2) bis zur ersten Ballkontrolle durch den Empf¨anger (tn) ist. Dieser Ausdruck ist keine notwendige Bedingung zum Erkennen eines Passes, da die Bewegung des Empf¨angers implizit durch die Differenz seiner Position zum Zeit-takt t2 von seiner Position zum Zeittakt tn gegeben ist. Mit diesem Ausdruck wird eine weitere Eigenschaft des Passes mit der Variablen playerM ovement extrahiert.

Um von einem erfolgreichen Paß sprechen zu k¨onnen, muß derEmpf¨anger zum gleichen Team wiederKickergeh¨oren. Diese Bedingung wird mit dem Ausdruck

sameTeam (p1, p2)

dargestellt. Desweiteren m¨ussen Empf¨anger und Kicker unterschiedliche Spieler sein. Wir kennzeichnen diese Bedingung mit dem Ausdruck

notSame (p1, p2).

Außerdem gibt es einige Umst¨ande, die den Abbruch eines Paß-Verhaltens kennzeichnen. Das Paß-Verhalten wird unter anderem abgebrochen, wenn

– der Ball das Spielfeld verl¨aßt,

– der gegnerische Torwart den Ball f¨angt, oder – das Spiel zu Ende ist.

Diese und andere Umst¨ande werden dem Coach durch eine ¨Anderung des Spiel-zustandes (siehe Abschnitt 3.2 auf Seite 31) mitgeteilt. P¨asse finden nur im Spielzustand play on (im Spiel) statt, sie k¨onnen aber auch mit Freist¨ossen etc. begonnen werden. Das bedeutet, daß außer im ersten Takt immer der Spielzustand play on gelten muß, damit von einem Paß gesprochen werden kann. Diese Bedingung wird mit dem Ausdruck

virtuallyPlayOn (t0, tn),

bezeichnet, wobeit0der Startzeitpunkt undtnder Endzeitpunkt des Verhaltens ist. Ein Wechsel des Spielzustandes zum Spielzustand play on ist also nur vom ersten zum zweiten Takt erlaubt.

zur Bestimmung von Radius und Winkel ben¨otigten Werte wurden empirisch ermittelt.

10Kl¨aren im Sinne des Kickens des Balles in den freien Raum

4.2 Das Verhaltens-Muster Paß 51

F¨ur ein Paß-Verhalten m¨ussen alle eingef¨uhrten Bedingungen gelten. Damit ergibt sich die Definition f¨ur das Verhaltens-Muster Paß (Verhaltens-Muster 2).

Verhaltens-Muster 2: Paß von Spielerp1 zu Spieler p2

pass (p1, p2, t0, tn, ballSpeed, playerM ovement) :− XBallControl2(p1, t0, t1), ballFree (t2, t3), XBallControl1(p2, tn, tn), follow (t1, t2),

follow (t3, tn), ballFastDeparting (p1, t2, ballSpeed), teammateInKickRegion (p1, t2),

movement (p2, t2, tn, playerM ovement), sameTeam (p1, p2), notSame (p1, p2), virtuallyPlayOn (t0, tn).

Abbildung 4.4 auf der n¨achsten Seite zeigt eine Sequenz von Beobachtungen der Zeittakte 150 bis 158. Jede Beobachtung zeigt die Position des Balles und die Positionen der vier Spieler mp8, mp9, mp11 und op2 mit ihren jeweiligen Einflußsph¨aren11. Die Beobachtungssequenz stellt einen Paß dar. Im folgenden wird die G¨ultigkeit der verschiedenen Bedingungen des Verhaltens-Musters Paß anhand dieses Beispiels erl¨autert.

Zum Zeitpunkt 150 (Abb. 4.4(a)) hat der Spieler mp11die alleinige Kontrolle

¨uber den Ball, es gilt die Bedingung XBallControl2(mp11,150,150); zwischen den Zeitpunkten 151 und 157 (Abb. 4.4(b)–(h)) hat kein einziger Spieler die Kontrolle ¨uber den Ball, es gilt ballFree (151,157); und zum Zeitpunkt 158 (Abb. 4.4(i)) kontrolliert der Spieler mp9 als einziger den Ball, es gilt die Be-dingung XBallControl1(mp9,158,158). Die follow-Bedingungen gelten, da die Zeitpunkte 150 und 151 bzw. 157 und 158 direkt aufeinander folgen. Der Ball hatte zum Zeitpunkt 151 (Abb. 4.4(b)) eine relativ hohe Geschwindigkeit und der Spieler mp9 hat sich zu diesem Zeitpunkt auch im Kickbereich von Spieler mp11 aufgehalten. Beide Spieler geh¨oren zum selben Team und sind verschie-den. Die anderen Bedingungen sind auch erf¨ullt, es handelt sich also bei der Beobachtungssequenz aus Abbildung 4.4 um ein Paß-Verhalten.