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Die verwendete Multi-Agenten Umgebung

Fußball als Anwendungszenario: Wie schon erw¨ahnt, wird als Anwen-dungsszenario f¨ur die Verhaltens-Modellierung das virtuelle Fußballspiel ver-wendet. Beim Fußball treffen zwei Teams mit entgegengesetzten Zielen aufein-ander. Die Spieler beider Teams stellen die IP dar. Als MA wird der Coach verwendet, der das Verhalten aller 22 Spieler auf dem Fußballfeld beobachtet.

Der Coach modelliert aber nur eines der beiden Teams (meist ein gegnerisches), d.h. 11 Spieler-Agenten werden modelliert. Diese Beziehungen sind in Abbil-dung 3.5 dargestellt.

Abbildung 3.5: Fußballspieler und Coach als spezielle Agenten

3.2 Die verwendete Multi-Agenten Umgebung 31

Damit l¨aßt sich der in Abbildung 3.1 auf Seite 25 dargestellte, allgemeine Modellierungsansatz f¨ur die virtuelle Fußballumgebung konkretisieren. Abbil-dung 3.6 zeigt den konkretisierten Modellierungsansatz. Die Fußballspieler in-teragieren mit der virtuellen Fußballumgebung und die Verhaltens-Modellierung wird vom Coach f¨ur eines der beiden Teams durchgef¨uhrt. Welches der beiden Teams modelliert wird, ist dadurch gegeben, ob ein kooperativer oder konku-renzbasierter Modellierungsansatz verfolgt wird.

Abbildung 3.6: Struktur des Modellierungsansatzes f¨ur die Fußball-Umgebung

DerSoccerServer: DieRoboCup Federationstellt mit demSoccerServer [46]

eine standardisierte Simulationsumgebung f¨ur das virtuelle Fußballspiel bereit.

Mit dem RoboCup [28, 30] wird das Ziel verfolgt, verschiedene Techniken der K¨unstlichen Intelligenz und der intelligenten Robotik durch die Bereitstellung eines standardisierten Problems zu erproben und zu evaluieren. Dazu werden mindestens j¨ahrlich stattfindende Workshops sowie Weltmeisterschaften, Euro-pameisterschaften und andere Turniere durchgef¨uhrt.

Mit dem SoccerServer wird ein Großteil der Probleme der realen Welt ab-gebildet. Die Welt-Situationen wechseln beim Fußball extrem schnell. Die Spieler haben h¨aufig nur unscharfe und unvollst¨andige Informationen ¨uber ihre Umgebung. Damit hat jeder Spieler unterschiedliche Ansichten ¨uber seine Um-gebung. Die Spieler m¨ussen schnell handeln und auch schnell auf unerwartete Ver¨anderungen reagieren k¨onnen. F¨ur ein effizientes Spiel m¨ussen die Spieler einer Mannschaft zusammenarbeiten und dabei die (m¨oglichen) Handlungen der gegnerischen Mannschaft ber¨ucksichtigen.

Grundlage f¨ur diese Arbeit ist der SoccerServer in den Versionen 7.xx der detailliert im SoccerServer-Manual [15] beschrieben ist. Die f¨ur diese Arbeit relevanten Eigenschaften desSoccerServer werden im folgenden dargelegt.

Allgemeine Informationen ¨uber den SoccerServer: Der SoccerServer bildet zusammen mit den Spieler-Agenten ein Client-Server-System. Der Soc-cerServer sendet den Spielern in festgelegten Intervallen Sicht- und H¨

orinfor-32 Der Modellierungsansatz

mationen, worauf die Spieler mit der ¨Ubermittlung von Aktionen reagieren.

Die Aktionen der Spieler werden vom Server ausgewertet und die Bewegungen des Balles und der Spieler werden auf einem virtuellen Fußballfeld (von der Gr¨oße eines richtigen Fußballfeldes) simuliert. Die Simulation folgt vereinfach-ten physikalischen Gesetzen von Krafteinwirkungen und langsam abklingenden Bewegungen. Es werden dabei auch zuf¨allige Abweichungen eingerechnet. Ein virtueller Schiedsrichter trifft Entscheidungen, wie Einwurf und Abseits.

Durch den SoccerServer wird ein diskreter Zeittakt vorgegeben, alle 100 Millisekunden werden die Aktionen der Spieler ausgewertet und eine neue Welt-Situation wird ermittelt. Die wichtigsten Aktionen der Spieler sind beschleu-nigen, drehen und den Ball kicken, die alle durch den Spieler parameterisiert werden k¨onnen. Ein Spiel dauert in der Regel 10 Minuten.

Die Beobachtungen der Spieler sind von deren Aktionsausf¨uhrung entkop-pelt. Die Spieler erhalten unter normalen Umst¨anden alle 150 Millisekunden eine neue lokale Sichtinformation und damit eine neue Beobachtung. Dabei nehmen sie alle Spieler und Objekte in einem Ausschnitt von 90 Grad wahr.

Die Daten ¨uber die Spieler und Objekte sind fehlerbehaftet. Der Fehler ist umso gr¨oßer, je weiter die Distanz zu den Spielern bzw. Objekten ist.

Der Coach ist ein weiterer Client des SoccerServer, der eine globale Sicht auf das Spielfeld hat und der den Spielern seines eigenen Teams Anweisungen und Ratschl¨age geben kann. Diese Kommunikation unterliegt Einschr¨ankungen hinsichtlich der zu verwendenden Sprache und der Kommunikationsh¨aufigkeit (Frequenz).

Abbildung 3.7: Anwendungsm¨oglichkeiten der Fußballumgebung

Die virtuelle Fußballumgebung desSoccerServer kann auch zur Wiedergabe von aufgezeichneten Spielen verwendet werden. Diese Beziehung ist in Abbil-dung 3.7 dargestellt. Der Coach kann damit die Aufzeichnungen fr¨uherer Spiele auswerten, anstatt ein gerade stattfindendes Spiel zu beobachten. Mit den Auf-zeichnungen aller bedeutenden Turniere stehen gen¨ugend Daten f¨ur diese Arbeit zur Verf¨ugung.

Spielzust¨ande: Die Arbeitsweise des SoccerServer h¨angt davon ab, in wel-chem Spielzustand er sich gerade befindet. Nach einem Schuß des Balles ins Aus ist es z.B. nur einer Mannschaft erlaubt, den darauf folgenden Einwurf durchzuf¨uhren. Es k¨onnen grunds¨atzlich drei Gruppen von Spielzust¨anden un-terschieden werden.

3.2 Die verwendete Multi-Agenten Umgebung 33

Im Spiel: Dies ist der Spielzustand, in dem das eigentliche Spiel stattfindet, die Spieler beider Mannschaften sich also aktiv um die Kontrolle des Balles bem¨uhen. ImSoccerServer wird dieser Spielzustand mitplay on bezeich-net.

Freistoß etc.: Mit Freistoß etc. werden alle Spielzust¨ande beschrieben, in de-nen nur ein Team die M¨oglichkeit hat, den Ball zu kicken, sei es weil der Ball ins Aus geschossen wurde, ein Torwart den Ball gefangen hat, der Ball ins Tor geschossen wurde oder eine Mannschaft einen Freistoß ausf¨uhren darf (z.B. als Folge von Abseits).

Aufstellungen: Die Spielzust¨ande dieser Gruppe sind f¨ur die Positionierun-gen der Spieler beider Mannschaften gedacht. Den Mannschaften soll Zeit gegeben werden, damit sie ihre Stellungen einnehmen k¨onnen. Bei Aufstellungen darf kein Spieler den Ball kicken.

Beobachtungen durch den Coach: Im Gegensatz zu den Spielern hat der Coach eine globale Sicht, er beobachtet das Spiel aus einer Art Vogelperspekti-ve. Der Aufbau einer Beobachtung des Coaches ist in Abbildung 3.8 dargestellt.

In der Abbildung sind nur die auch vom Coach f¨ur die Verhaltens-Modellierung verwendeten Daten von Spieler und Ball aufgef¨uhrt. Eine Beobachtung des Coaches besteht aus 22 Spielern, einem Ball, dem aktuellen Spielzustand und dem nicht in der Abbildung dargestellten Zeittakt. Ein Spieler ist dabei durch seine Position, seine Nummer und sein Team, der Ball durch seine Position und seine Geschwindigkeit beschrieben. Es ist auch m¨oglich auf die Geschwindigkeit des Balles zu verzichten, da diese direkt aus der Positionsdifferenz des Balles ermittelt werden kann. Weitere Daten ¨uber die der Coach zwar verf¨ugt, die aber nicht f¨ur die Verhaltens-Modellierung verwendet werden, sind Informa-tionen ¨uber die Spieler und zwar deren Geschwindigkeit, K¨orperrichtung und Blickrichtung.

Abbildung 3.8: Bestandteile einer Beobachtung eines Coaches beim Fußball Im Gegensatz zu den Beobachtungen der Spieler sind die Beobachtungen des Coaches sehr genau. Diese Beobachtungen enthalten mit den 22 Spielern und dem Ball fast alle spielrelevanten Daten ¨uber die derSoccerServer verf¨ugt.

34 Der Modellierungsansatz

Lediglich die vom SoccerServer verwalteten Daten bzgl. der Kraftreserven der Spieler sind durch den Coach nicht beobachtbar. Neuere Beobachtungen er-setzen die Daten ¨alterer Beobachtungen vollst¨andig. Daher muß der Coach neue Beobachtungen nicht in bestehende Situationen integrieren, sondern kann die Beobachtung direkt als Grundlage f¨ur die Verhaltens-Modellierung nutzen.

Die Begriffe Beobachtung und Situation werden daher im folgenden synonym verwendet.