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5. Diskussion

5.5 Volkswirtschaftliche Auswirkungen von Lebensmittelinfektionen

Bei der Betrachtung von lebensmittelbedingten Erkrankungen aufgrund von S. Enteritidis, S. Typhimurium, C. jejuni sowie C. coli muss ein Augenmerk auch auf den nicht zu vernachlässigenden volkswirtschaftlichen Schaden gelegt werden.

ROBERTS und SOCKETT (1994) bezifferten für England die staatliche Kostenbe-lastung durch Salmonellenerkrankungsfälle auf jährlich 220 bis 320 Millionen

Engli-sche Pfund. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten wurden für 1992 auf 350 bis 500 Millionen Englische Pfund geschätzt. TAM et al. (2003) fanden in ihren Untersu-chungen in England und Wales heraus, dass C. coli im Jahr 2000 für 25.000 Fälle lebensmittelbedingter Erkrankungen verantwortlich war. In 12.000 Fällen war der Be-such eines Arztes notwendig, in 1.000 Fällen kam es zu Krankenhauseinweisungen, verbunden mit fast 4000 Krankenhaustagen. Elf Todesfälle wurden verzeichnet. Die Kosten für die Patienten und das Gesundheitssystem wurden auf annähernd vier Millionen Englische Pfund geschätzt.

Nach TODD (1989) lagen in Kanada und in den Vereinigten Staaten von Amerika die Kosten, die jährlich durch bakterielle Lebensmittelinfektionen und -intoxikationen entstehen, bei einer geschätzten Anzahl erkrankter Personen von 1 Million bzw. 5,5 Millionen in der Größenordnung von 1 Milliarde bzw. 7 Milliarden Amerikanischen Dollar. Dabei waren für die durchschnittlichen Kosten pro Erkrankungsfall 1100 Ame-rikanische Dollar (Kanada) bzw. 1250 AmeAme-rikanische Dollar (Vereinigte Staaten von Amerika) angesetzt. 1999 veröffentlichte das NATIONAL CENTER FOR BIOTECHNOLOGY INFORMATION (NCBI) (1999) neuere Zahlen auf Basis der Auswertung von 1,4 Millionen gemeldeten Salmonellose-Erkrankungsfällen inklusive 600 Todesfällen. Demnach beliefen sich die Kosten aufgrund von Infektionen mit Salmonellen für die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika auf jährlich 2,3 Milliarden Amerikanische Dollar.

1983 wurde in Deutschland eine im Auftrag des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse der Salmonellosebe-kämpfung veröffentlicht. Bei der Berechnung der Häufigkeit des Auftretens von Sal-monellosen wurde bei 33.215 gemeldeten Fällen von einer 12-fach höheren Dunkel-ziffer ausgegangen. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch diese Erkrankungen entstand, wurde auf ca. 240 Millionen Deutsche Mark geschätzt (KRUG und REHM 1983). Im Jahr 2002 teilte das ROBERT KOCH-INSTITUT (2002) mit, dass die Kran-kenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes in den Jahren 1994 bis 1999 zwi-schen 110.000 und 130.000 Fälle angibt, in denen Menzwi-schen mit einer

Infektions-krankheit des Verdauungssystems hospitalisiert waren. Es wurden dabei im Durch-schnitt sechs Tage im Krankenhaus verbracht und insgesamt für 1999 über 750.000 Pflegetage abgerechnet. Gut die Hälfte der Krankenhauseinweisungen und Pflegeta-ge entfielen dabei auf Kinder unter fünf Jahren und Erwachsene ab 65 Jahren. Geht man von Kosten pro Pflegetag eines stationären Aufenthalts von 299,64 Euro im Jahr 1999 aus, betrugen die Kosten der stationären Versorgung für Patienten mit Infektionen des Verdauungssystems im Jahr 1999 insgesamt rund 225 Millionen Eu-ro (751.194 Pflegetage), auf Kinder unter fünf Jahren entfielen dabei rund 65 Millio-nen Euro (218.239 Pflegetage). Hinzu kamen noch Kosten aufgrund ambulanter Be-handlung und die Arbeitsausfallzeiten bei den stationär Behandelten, den ambulant Behandelten und den Patienten, die ohne zum Arzt zu gehen, ein bis zwei Tage zu Hause blieben sowie die Ausfallzeiten für die Betreuung von kranken Kindern oder Familienangehörigen. Für Deutschland waren keine Angaben möglich, wie viele tat-sächliche Erkrankungen durch Lebensmittelinfektionen pro Jahr auftreten, da ent-sprechende repräsentative bevölkerungsbezogene Studien fehlten. Die im Jahr 2007 gemeldeten 161.000 Fälle lebensmittelbedingter Infektionen dürften nur die „Spitze des Eisbergs“ darstellen (ROBERT KOCH-INSTITUT 2008).

Insofern ist derzeit nur eine hypothetische Beurteilung der durch Infektionen mit Sal-monellen bzw. Campylobacter entstehenden volkswirtschaftlichen Kosten in Deutschland möglich.

DIE WELT (2007) schätzt die Kosten für einen Tag Arbeitsunfähigkeit auf durch-schnittlich 500 Euro. Dies würde für eine angenommene Krankheitsdauer von einem Tag bei Salmonellen 500 Euro Ausfallkosten bedeuten, bei Campylobacter mit sie-ben Tagen Ausfallkosten 3500 Euro. Legt man die Inzidenz bundesweit übermittelter Salmonellosen von 69 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner für das Jahr 2007 (ROBERT KOCH-INSTITUT 2008) und eine Bevölkerungszahl von 80 Millionen zu Grunde und veranschlagt durchschnittlich 500 Euro Kosten pro Erkrankungsfall, dann würde sich eine Summe von ca. 27,6 Millionen Euro ergeben. Bei der 1983 an-genommenen 12-fach höheren Dunkelziffer würde das einen volkswirtschaftlichen

Schaden von 331 Millionen Euro allein durch salmonellenbedingte Erkrankungen bedeuten. Mit einer Inzidenz von 80 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner für Cam-pylobacter (ROBERT KOCH-INSTITUT 2008) beliefe sich die Summe bei veran-schlagten Kosten von 3500 Euro auf ca. 224 Millionen Euro. Allein durch die beiden häufigsten Ursachen lebensmittelbedingter Erkrankungen wäre folglich mit 555 Mil-lionen Euro volkswirtschaftlicher Belastung aufgrund von Arbeitsausfallzeiten zu rechnen.

NOTERMANS und HOOGENBOOM-VERDEGAAL (1992) kamen in einer Pilotstudie für ein Sentinel Surveillance System in den Niederlanden zu dem Ergebnis, dass Salmonellen und Campylobacter jedes Jahr 2500 bzw. 1200 Krankheitsfälle pro 100.000 Einwohner verursachen. Würde man dieses Ergebnis auf Deutschland über-tragen, müsste die Dunkelziffer von einer 12-fach höheren Erkrankungszahl bei Sal-monellen in eine 36-fach höhere umgewandelt werden. Gleichzeitig müsste man bei Campylobacter von einer 15-fach höheren Dunkelziffer ausgehen. Das würde bedeu-ten, dass der volkswirtschaftliche Schaden aufgrund von Salmonellosen bei 993 Mil-lionen Euro und aufgrund von Campylobacter-Enteritiden bei 3,4 Milliarden Euro lä-ge. Der Gesamtschaden aus beiden Krankheiten wäre für Deutschland für das Jahr 2007 mit 4,4 Milliarden Euro zu beziffern. Im Vergleich dazu veranschlagte BYRNE (2003) die Kosten durch lebensmittelbedingte Salmonellosen auf bis zu 2,8 Milliarden Euro jährlich für die gesamte Europäische Union.

Durch Maßnahmen für einen konsequenten und effektiven Gesundheitsschutz könn-ten auch die ökonomischen Auswirkungen, die Erkrankungen infolge von Infektionen mit Salmonellen und Campylobacter nach sich ziehen, minimiert werden. Der volks- und betriebswirtschaftliche Schaden durch Arbeitsausfall und Krankenpflege auf der einen Seite sowie durch Rückrufaktionen von Waren und aufwendigen Reinigungs-maßnahmen auf der anderen, würde begrenzt und im Idealfall verringert werden.