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Unterschiede machen Menschen einzigartig und unverwechselbar. Menschen sind alt oder jung, männlich oder weiblich, temperamentvoll oder zurückhaltend, dick oder dünn. Sie haben unter­

schiedliche Fähigkeiten, Interessen und Begabun­

gen. Manche sind körperlich, geistig oder seelisch behindert, andere sind in spezifischen Bereichen überdurchschnittlich oder hochbegabt und einige zeigen andere Besonderheiten in ihrer Entwick­

lung. Menschen sind auch ungleich mit ökonomi­

schen, sozialen und kulturellen Ressourcen aus­

gestattet, sie sprechen verschiedene Sprachen, haben verschiedene Hautfarben, kommen aus unterschiedlichen Ländern und gehören verschie­

denen Glaubensgemeinschaften an. Menschsein ist also durch Vielfalt gekennzeichnet.

Unterschiede werden oft zum Anlass für un­

gleich verteilte Chancen. Manche Menschen ha­

ben mehr, andere weniger, manche sind ausge­

grenzt, andere gehören dazu. Ungleichheit bedeu­

tet, dass Menschen auf Dauer der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie zum Beispiel Ge­

sundheitsversorgung, Bildung oder Teilhabe an Gemeinschaft versperrt ist, während andere die­

sen nutzen können.

Kinder erfahren Vielfalt, aber auch Auswirkun­

gen von Ungleichheit bei sich und anderen. Kin­

der leben mit Vorurteilen und Diskriminierungen.

In unterschiedlichen Lebenslagen werden ihre Potentiale gefördert oder beschränkt. So kommen sie mit ungleichen Voraussetzungen in die Tages­

einrichtung. Diese ist aber ein wichtiger Ort für Kinder, um Wertschätzung und Förderung ihrer Einzigartigkeit zu erleben. Hierzu gehört auch, Benachteiligungen abzubauen und Kindern so Chancen auf Teilhabe zu eröffnen – in der Gegen­

wart und für die Zukunft.

Zu den wichtigsten Bildungsprozessen der Kin­

der gehört die Auseinandersetzung mit ihrer geschlechtlichen Identität. Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Kindern lassen sich in Ausprägungen des Verhaltens, der Fähigkeiten

und vor allem der Interessen von Anfang an beob­

achten. Kinder können Menschen bereits im Alter von einem Jahr dem einen oder anderen Ge­

schlecht zuordnen, spätestens mit zwei Jahren auch sich selbst. Kinder lernen, sich in der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit zurechtzufinden. Im Spiel überbetonen sie oftmals geschlechtsspezifische Phänomene und sanktionieren bei anderen Kin­

dern Uneindeutigkeiten.

Pädagogische Fachkräfte entdecken im Zusam­

mensein mit Kindern deren vielfältige Ressourcen und individuellen Interessen, ihre Eigentümlich­

keiten und ihren Eigensinn. Sie respektieren die vielfältigen Wege, die Kinder in ihrer eigenen Ge­

schwindigkeit gehen. Aber sie nehmen auch Be­

lastungen wahr, die Kinder aus ihren Lebenswel­

ten mitbringen. Sie nehmen Kinder als Mädchen und Jungen wahr und respektieren deren Suche nach geschlechtlichen Rollenmustern. Pädagogische Fachkräfte weisen aber auch auf vielfältige Mög­

lichkeiten hin, sich als Junge und als Mädchen zu verhalten und vermeiden Ungleichheiten in den Handlungsbedingungen für beide Geschlechter.

Dabei ist es eine große Herausforderung für päd­

agogische Fachkräfte, jedem Kind in seiner Ein­

zigartigkeit gerecht zu werden.

Pädagogische Fachkräfte erkunden Möglichkeiten und erproben Wege, Bildungsprozesse bei jedem einzelnen Kind anzuregen und herauszufordern.

Dabei knüpfen sie an dessen Stärken, seinen In­

teressen und seiner Begeisterung für bestimmte Themen an. In der Tageseinrichtung stehen Kin­

dern hierfür reichhaltige Materialien und Räum­

lichkeiten zur Verfügung, die an ihren unter­

schiedlichen Bedürfnissen ausgerichtet sind und ihren jeweiligen Interessen entsprechen.

Begegnungen mit anderen Kindern und Erwach­

senen können Irritationen und Abwehr auslösen.

Pädagogische Fachkräfte helfen Kindern dabei, mit diesen Menschen in Kontakt zu kommen. So erweitert sich der Horizont der Kinder, ihre The­

men werden bereichert, ihre Haltung verändert sich und ihre Persönlichkeit wird gestärkt.

Dabei widmen sich pädagogische Fachkräfte gera­

de Kindern mit Belastungen, Behinderungen, spezi­

fischen Bedürfnissen oder besonderen Begabungen in angemessener Weise und sorgen für eine best­

mögliche Förderung, so dass alle Kinder gleichbe­

rechtigt an Gemeinschaft teilhaben können.

Pädagogische Fachkräfte und Kinder erarbeiten gemeinsam Regeln, um die Vielfalt in der Tages­

einrichtung zu schützen und Ungleichheit zu be­

kämpfen. Kein Kind wird bloßgestellt, beschämt, verurteilt und ausgegrenzt – weder durch Taten noch durch Worte.

1.7 Nachhaltigkeit

Menschen sind mit der Vergangenheit verbunden, handeln in der Gegenwart und richten ihr Denken und Tun in die Zukunft. Menschen können nur über das verfügen, was andere vor ihnen erhal­

ten, geschützt und erschaffen haben. Aber ihre Möglichkeiten werden auch wesentlich dadurch bestimmt, was Generationen vor ihnen zerstört haben. Jedes Tun hat also nachhaltige Folgen im Jetzt und für die Zukunft. Menschen tragen somit Verantwortung für andere, die jetzt und nach ihnen geboren werden. So sind Menschen auf der ganzen Welt und über Generationen voneinander existenziell abhängig.

Menschen sind lebensnotwendig auf ihre natürli­

che Umwelt mit Wasser, Luft, Pflanzen, Lebewesen und Bodenschätzen angewiesen, deren Qualität die vorherigen Generationen erhalten haben.

Menschen sind auch abhängig von gesellschaftli­

chen Ressourcen, von dem Wissen und der Kultur der Generationen vor ihnen. Jeder Mensch hat von Geburt an persönliche Ressourcen, also unver­

wechselbare Besonderheiten, die seine Entwick­

lung und Bildung auf bestimmte Weise beeinflus­

sen und lenken. Individuelle Ressourcen berei­

chern das gesellschaftliche Zusammenleben und halten Kultur lebendig. Natürliche, gesellschaftli­

che und individuelle Ressourcen sind Vorausset­

zungen für das Leben in der Gegenwart und in der Zukunft.

Nachhaltiges Denken richtet die Aufmerksamkeit auf vorhandene Ressourcen im gesamten Lebens­

raum von Menschen und fragt danach, wie diese zu erhalten und zu stärken sind.

Wer Verantwortung für Kinder übernimmt, ist zu nachhaltigem Denken und Handeln verpflichtet.

Pädagogische Fachkräfte denken und handeln nicht nur in der Gegenwart, sondern zugleich in beson­

derer Weise mit Blick auf die Zukunft. Nachhaltiges Denken und Handeln sind demnach grundlegend für die Gestaltung der Lebensbedingungen und Bil­

dungsprozesse in Tageseinrichtungen.

Alles, was Kinder stärkt, aber auch was sie schwächt, hat nicht nur Auswirkungen auf ihre gegenwärtigen Lebenslagen, sondern immer auch auf ihre zukünftigen Chancen. In Tageseinrichtun­

gen werden Bildungsprozesse von pädagogischen Fachkräften so gestaltet und ermöglicht, dass Kin­

der in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden, dass ihr Wohlbefinden gepflegt wird und dass sie Erkenntnisse über die Welt gewinnen. So werden individuelle Ressourcen von Kindern erhalten und für die Zukunft weiterentwickelt.

Pädagogische Fachkräfte stellen die unmittelba­

re personale Umwelt für die Kinder in Tagesein­

richtungen dar. Ihre persönlichen und professio­

nellen Kompetenzen sind wichtige Ressourcen, eine Art »Rohstoff« für die Bildungs- und Ent­

wicklungsprozesse der Kinder. Diese Ressourcen werden deshalb gestärkt und weiterentwickelt.

Dies geschieht durch Wertschätzung und gesund­

heitsfördernde Arbeitsbedingungen, aber auch durch Fort- und Weiterbildungen der pädagogi­

schen Fachkräfte.

Tageseinrichtungen wirken sich auch als mate­

rielle Umwelt auf Kinder und pädagogische Fach­

kräfte aus. Räume und Materialien sind so be­

schaffen, dass sie weder kurzfristig noch langfri­

stig Gesundheit und Wohlbefinden stören, son­

dern diese befördern. Die Speisen und Getränke von Kindern und pädagogischen Fachkräften ent­

sprechen Erkenntnissen über gesunde Ernährung.

Tageseinrichtungen sind als Organisationen in der Gesellschaft zu Nachhaltigkeit verpflichtet.

Hierzu gehört der verantwortliche Umgang mit Energie und Wasser, aber auch die Bevorzugung regionaler Produkte und sozial gerechter Service­

anbieter.

Die Bildungsprozesse der Kinder dürfen durch den verantwortlichen Umgang mit Ressourcen jedoch nicht eingeschränkt werden. Kinder gehen ihren Bedürfnissen – zum Beispiel mit Wasser zu plantschen oder riesige Bilder zu malen – nach und haben entsprechende Materialien zur Verfü­

gung. Hierfür beobachten pädagogische Fachkräf­

te bewusst den Verbrauch und bevorzugen wie­

derverwendbare Materialien oder abbaubare Stof­

fe.

Nachhaltiges Denken und Handeln ziehen sich so durch den gesamten Alltag der Tageseinrich­

tung, durch die pädagogische Arbeit und die Organisation. Insbesondere Leitung und Träger tragen hierfür Verantwortung.

fig unmittelbaren Kontakt zur Natur haben. Dar­

aus entstehen Anlässe für Kinder und pädagogi­

sche Fachkräfte, sich gemeinsam Gedanken zu machen über die Verantwortung, die auch schon Kinder für den Schutz natürlicher Ressourcen tra­

gen und über praktische Konsequenzen, die dar­

aus erwachsen.

Pädagogische Fachkräfte haben Wissen über die grundlegenden Fragen von Nachhaltigkeit, über

Nachhaltiges Denken und Handeln sind aber auch Themen von Bildungs- und Forschungsprozessen von Kindern. Sie beschäftigen sich mit Fragen, die ihre Zukunft, die Zukunft der Menschen, der Natur, der Kultur und der Welt betreffen. Sie ergründen Zusammenhänge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Ursache und Wirkung, sie for­

schen danach, wie etwas entsteht, aber auch wie man es zerstört. Kinder wollen wissen, wie die Welt funktioniert. Sie kommen zu Fragen der Nachhaltigkeit insbesondere dann, wenn sie

häu-Konsequenzen für die Gestaltung des Alltages und darüber, wie sie mit Kindern diese Fragen bear­

beiten, ohne dabei die Forderung nach Nachhal­

tigkeit gegenüber den Kindern wie einen »morali­

schen Zeigefinger« einzusetzen.

Tageseinrichtungen öffnen sich so für Themen der Nachhaltigkeit, die im Sozialraum und der Region wichtig sind, aber auch für globale The­

men und schaffen in vielfältiger Weise Raum für Nachdenken und für verantwortungsvolles Han­

deln im Sinne nachhaltiger Entwicklung.

2 Kindertageseinrichtungen