2 Kindertageseinrichtungen als Bildungsraum
2.9 Kooperation und Netzwerke
Zum Auftrag von Tageseinrichtungen gehört es, sich zu vernetzen. Die Tageseinrichtung tritt mit Institu
tionen und Personen außerhalb der Tageseinrich
tung in Kontakt und Austausch und klärt, welche Angebote diese in der Tageseinrichtung machen können. Solche Angebote bereichern und ergänzen die pädagogische Arbeit und erweitern die Bil
dungsprozesse der Kinder. Sie ersetzen aber nicht die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte.
Netzwerke und Kooperationen umfassen Service
partner und Akteure, die über spezifisches Wissen und Können verfügen sowie professionelle Ko
operationspartner.
Die pädagogischen Fachkräfte, die Leitung und der Träger wägen mit Blick auf die Bildungspro
zesse der Kinder und im Austausch mit den Eltern sorgfältig Sinn und Nutzen einzelner externer Angebote in der Tageseinrichtung ab, wobei Ent
scheidungen für, aber auch gegen diese Angebo
te jeweils pädagogisch begründet werden. Ein wesentliches Auswahlkriterium betrifft die Teilnah
memöglichkeit der Kinder. Jedem Kind muss es möglich sein und frei stehen, an einem Angebot teilzunehmen.
Die Verantwortung für die Auswahl und Koordi
nation solcher Angebote, die Pflege des Kontakts, das Auslegen von Flyern und Aufhängen von Pla
katen, die inhaltliche Abstimmung mit der päd
agogischen Konzeption und die Überwachung der Angebotsqualität trägt die Leitung der Tagesein
richtung oder eine speziell dafür bestimmte päd
agogische Fachkraft. Sie trägt Sorge, dass jegliche Person, die in der Tageseinrichtung tätig wird, mit den Inhalten der Einrichtungskonzeption vertraut ist und ihr Handeln darauf abstimmt. Sie achtet darauf, dass sich diese Personen zum Wohle der Kinder und orientiert an deren Bildungsprozessen in die alltäglichen Strukturen und Abläufe der Ta
geseinrichtung einfügen. Die verantwortliche päd
agogische Fachkraft überprüft stets, ob die Ange
bote flexibel auf Kinder und ihre Familien reagie
ren, die wachsen, sich verändern, neue Interessen
herausbilden und mit sich wandelnden Herausfor
derungen konfrontiert sind. Angebote, die sich nicht an die Bildungsprozesse der Kinder anpas
sen, werden abgelehnt.
Die pädagogischen Fachkräfte sind über alle Personen, die zusätzlich in die Tageseinrichtung kommen und deren Tätigkeiten genau informiert und geben Informationen darüber an die Familien weiter. Die pädagogischen Fachkräfte sind dafür verantwortlich, dass Personen von außen Kindern und deren Familien sowie dem Team respektvoll und wertschätzend begegnen. Ihre Aufsichtspflicht gegenüber den Kindern und ihr pädagogischer Auftrag bleiben von den Tätigkeiten dieser Perso
nen unberührt und bestehen auch während eines durch andere Personen gestalteten Angebots fort.
2.9.1 Angebote von Servicepartnern
Servicepartner sind all jene Fremdanbieter, die in der Tageseinrichtung Dienstleistungen erbringen und dafür bezahlt werden.
Manche dieser Serviceanbieter sind in vielen Ta
geseinrichtungen unerlässlich, wie der Hausmei
sterservice und der Essenanbieter. Sie gehen mit dem Träger und den Familien der Tageseinrichtung Dienstleistungsverträge ein, in denen sie die Art und die Form ihrer Leistungen beschreiben. Ver
treter dieser Serviceanbieter, die regelmäßig in der Tageseinrichtung arbeiten, kennen und berück
sichtigen die pädagogische Konzeption der Ein
richtung und sind in die Kommunikationsstruktu
ren des Teams eingebunden.
Andere Serviceanbieter ergänzen die Arbeit des Teams durch gezielte Förderangebote für einzelne Kinder, wie Physiotherapeuten, Logopäden oder Frühförderstellen. Bei diesen Angeboten achten die Leitung der Tageseinrichtung und die pädago
gischen Fachkräfte darauf, dass sie die Bildungs
prozesse der Kinder ergänzen. Es gilt, in jedem Fall genau zu prüfen, ob eine Behandlung inner
halb der Tageseinrichtung nötig ist. Sie ist dann in die Abläufe des Alltags zu integrieren und darf diese nicht bestimmen. Die pädagogischen Fach
kräfte sind dafür verantwortlich, dass therapeuti
sche Behandlungen weitgehend in die Aktivitäten der Kinder eingebunden sind, so dass die betrof
fenen Kinder nicht in ihrem Tun unterbrochen und von ihren Spielpartnern isoliert werden.
Therapeuten, die häufig und regelmäßig in der Tageseinrichtung arbeiten, sind als Mitglieder des Teams zu betrachten. Sie arbeiten auf der
Grund-dagogischen Fachkräfte prüfen, ob diese Angebo
te zur pädagogischen Konzeption der Tagesein
richtung passen und in die Abläufe des Alltags integriert werden können. Die Tageseinrichtung nutzt deren Angebote nur, wenn sie für alle Kin
der der Einrichtung realisiert werden. Um soziale Benachteiligung zu reduzieren und Ausgrenzung zu verhindern, ist es Ziel der Tageseinrichtung, alle Angebote kostenfrei oder so kostengünstig bereitzustellen, dass jedem Kind die Teilnahme möglich ist.
lage der pädagogischen Konzeption der Einrich
tung und stehen in fachlichem Austausch mit den pädagogischen Fachkräften. Pädagogische Fach
kräfte nehmen sie ihrerseits als Teammitglieder wahr, begegnen ihnen respektvoll und binden sie in die Kommunikationsstrukturen der Tagesein
richtung ein.
Serviceanbieter sind auch Musikschulen, Anbie
ter von Fremdsprachkursen oder Sportvereine, für deren Leistungen die Eltern bezahlen. Die pä
2.9.2 Ressourcen anderer Akteure
Im Umfeld einer Tageseinrichtung gibt es zahlrei
che Menschen mit spezifischem Wissen und Kön
nen, die die Bildungsprozesse der Kinder ent
scheidend bereichern können. Dies kann inner
halb der Tageseinrichtung geschehen oder auch außerhalb.
Einen Kreis solcher Personen bilden die Familien
mitglieder der Kinder. Es gibt Eltern, Großeltern
Kooperation und Netzwerke
oder Geschwister mit handwerklichen Berufen oder kreativen Fähigkeiten, solche, die fremde Sprachen sprechen oder spezifische Werkzeuge besitzen. Die Tageseinrichtung kann deren Res
sourcen einbinden – sei es in Form von Projekten, Arbeitseinsätzen oder als gemeinsam mit Kindern gestaltete Zeit. Familienangehörige können auch gemeinsam mit den Kindern und pädagogischen Fachkräften Orte aufsuchen, um ihnen ihr Wissen und Können zugänglich zu machen – sie mit in ihre Werkstatt nehmen oder in ihr Atelier.
Auch Menschen ohne familiäre Bindung an die Tageseinrichtung unterstützen diese mit ihrem spezifischen Wissen und Können. Manche tun dies als engagierte Freiwillige, andere sind orga
nisiert in gemeinnützigen Vereinen. So besucht vielleicht ein Musiker aus dem benachbarten Theater die Kinder in der Tageseinrichtung oder die Imkerei aus dem Nachbarort lädt die Kinder zu sich ein.
Im Umkreis einer Tageseinrichtung gibt es auch Institutionen, die freie Angebote bereithalten, etwa der pädagogische Bereich des Museums, Theaters oder Opernhauses, örtliche Bibliotheken oder Universitäten sowie diverse Vereine. Tages
einrichtungen suchen nach solchen Angeboten in
ihrer Umgebung, die sie als Erweiterung der Ange
bote für Bildungsprozesse erkennen und bauen Netzwerke mit diesen Institutionen auf.
Die pädagogischen Fachkräfte binden diese Ak
teure in die Tageseinrichtung ein und achten dar
auf, dass sie alle Aktivitäten mit Kindern so ge
stalten, dass die Grundsätze kindlicher Bildungs
prozesse beachtet werden. Sie begleiten und un
terstützen die Akteure in ihren Tätigkeiten mit den Kindern.
2.9.3 Professionelle Kooperationspartner Professionelle Kooperationspartner einer Tages
einrichtung sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Institutionen, die sich mit Belangen von Fami
lien und Kindern befassen. Dazu gehören Jugend
ämter, Amtsärztinnen und Amtsärzte, Familienhe
bammen, Familienbildungsstätten, Beratungsstel
len, Integrationsnetzwerke und Migrantenselbstor
ganisationen sowie Schulen und andere Tagesein
richtungen.
Pädagogische Fachkräfte erweitern in Zusam
menarbeit mit dem Team kontinuierlich ihr Wissen über Angebote potentieller Kooperationspartner.
Sie nehmen Kontakt zu ihnen auf, laden sie in die Tageseinrichtung ein oder besuchen sie vor Ort.
Sie informieren sich über Inhalte und Qualität ihrer Arbeit und bauen so ein Netzwerk zur Unter
stützung von Kindern und deren Familien auf.
Tageseinrichtungen für Kinder haben den Auf
trag, mit Einrichtungen der Jugendhilfe und Schu
len, in die die von ihnen betreuten Kinder wech
seln werden, zu kooperieren. Tageseinrichtungen bauen ebenfalls Kooperationen zu Tagespflege
personen auf, wenn Kinder aus deren Betreuung in die Tageseinrichtung wechseln oder von beiden parallel betreut werden. Kooperationen dieser Art dienen der gelingenden Übergangsgestaltung der Kinder beim Wechsel von einer Institution zur nächsten. Die Kooperationspartner öffnen ihre Einrichtungen füreinander und besuchen sich gegenseitig. Sie organisieren gemeinsame Veran
staltungen zur Planung und Realisierung einer guten Übergangsgestaltung für die Kinder und ihre Familien.
Die pädagogischen Fachkräfte, die mit der Gestaltung des Übergangs in die Schule beauf
tragt sind, machen ihre Informationen über die Kooperationspartner den Familien zugänglich und ermöglichen ihnen somit eine gute Orientierung in der Vielfalt der Bildungseinrichtungen. Die Koope
rationen verschiedener Einrichtungen der Jugend
hilfe und des Bildungswesens signalisieren den Familien, dass die Verantwortung für die Kinder im Sozialraum mit ihnen gemeinsam getragen wird.
Es liegt in der Verantwortung einer jeden päda
gogischen Fachkraft der Tageseinrichtung, Lebens
lagen von Kindern und Familien zu kennen, Pro
bleme und Schwierigkeiten zu erkennen und bei Bedarf professionelle Unterstützung anzubieten.
Um Bedarfe zu erkennen, beobachten und doku
mentieren pädagogische Fachkräfte die Bildungs
prozesse der Kinder, pflegen den regelmäßigen Austausch mit den Familien in kurzen Tür- und Angelgesprächen, in Entwicklungsgesprächen und vielleicht auch mit Fragebögen. Werden Bedarfe bei Kindern und Familien erkannt, so bezieht die
pädagogische Fachkraft das gesamte Team und die Ressourcen der Tageseinrichtung, wie auch Netzwerk- und Kooperationspartner in die Mobili
sierung von Unterstützungsangeboten ein.
Eine besondere Notwendigkeit für Netzwerkar
beit tritt dann auf, wenn pädagogische Fachkräfte die Gefährdung des Kindeswohls aufgrund von gewichtigen Anhaltspunkten vermuten. Dies erfor
dert den zügigen und professionellen Austausch mit Leitung und Team unter Einbeziehung einer Kinderschutzfachkraft bzw. einer insoweit erfahre
nen Fachkraft. Die Eltern oder die Sorgeberechtig
ten werden in spezifischen Gesprächen darüber informiert, in angemessener Weise auf Angebote des »Lokalen Netzwerkes Kinderschutz« aufmerk
sam gemacht und bei der Kontaktaufnahme zu entsprechenden Beratungsstellen unterstützt. Schät
zen die pädagogischen Fachkräfte und die Leitung der Tageseinrichtung die Gefährdung eines Kindes als akut für dessen physische und psychische Gesundheit ein, sind sie verpflichtet, das Jugend
amt in Kenntnis zu setzen.
Wie im Fall des Kinderschutzes geraten pädago
gische Fachkräfte manchmal an Grenzen ihrer Pro
fessionalität, die die Kooperation mit anderen Professionen notwendig macht. Die Reflexion der eigenen Arbeit sowie der fachliche Austausch im Team und mit der Leitung ermöglichen pädagogi
schen Fachkräften, solche Grenzen rechtzeitig wahrzunehmen, zu respektieren und passende Kooperationspartner zu mobilisieren.
Jede Tageseinrichtung ist aufgrund ihres Stand
ortes Teil eines bestimmten Sozialraums – einer Gemeinde, eines Stadtteils oder Wohnbezirks. Sie wird in ihrem Sozialraum als Expertengruppe
»ihrer« Kinder aktiv. Die Tageseinrichtung mischt sich aktiv für die Belange von Kindern im Sozial
raum ein. Sie zeigt sich in der Lokalpresse, ver
netzt sich mit anderen öffentlichen Einrichtungen und engagiert sich für die kindergerechte Gestal
tung des Sozialraums – sowohl baulich als auch inhaltlich, hat also Teil an Planungen, Entschei
dungen und Beschlüssen, die die Interessen der Kinder berühren.