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Vibrionen sind in Meer-, sowie Süß- und Brackwasser ubiquitär vorkommende gramnegative, fakultativ anaerobe, gekrümmte, stäbchenförmige Bakterien (Buller, 2014), die mit mindestens einer polaren Geißel ausgestattet sind (Thompson et al., 2006).

Das Genus Vibrio gehört zusammen mit sieben anderen Genera (Allomonas, Catenococcus, Enterovibrio, Grimontia, Listonella, Photobacterium, Salinivibrio) (Thompson et al., 2006) zur Familie der Vibrionaceae in der Klasse der Gammaproteobakterien (Gopal et al., 2005). Die bisher 106 Spezies im Genus Vibrio können in sog. Kladen eingeordnet werden (Buller, 2014). Dies sind Gruppierungen von sehr eng miteinander verwandten Vibrio spp., die oftmals den gleichen Lebensraum besiedeln, so dass diese große Ähnlichkeit als Anpassung an eine ökologische Nische interpretiert werden kann (Thompson et al., 2005). Gegenwärtig sind 17 Kladen innerhalb des Genus Vibrio beschrieben, wie z.B. die Harveyi- Klade mit neun sehr eng verwandten Vibrio sp., die 86,7 – 96,0 % Übereinstimmung in einer 8-Gen-Multilocus-Sequenz-Analyse zeigten (Sawabe et al., 2013).

Vibrionen können vor allem im Brack-, See- sowie Tiefseewasser einen großen Teil der Normalflora ausmachen. Hier kann ihr Anteil an der gesamten bakteriellen Mikroflora bis zu 40 % betragen. Sie gehören zur intestinalen und dermalen Normalflora von verschiedenen marinen Organismen. Bei der weißbeinigen Garnele (Litopenaeus vannamei) konnten Vibrionen aus dem Verdauungstrakt, aber auch aus dem Hepatopankreas und aus der Hämolymphe von gesunden Tieren isoliert werden.

Hierbei ist eine symbiotische Beziehung zwischen Wirt und Bakterium von Bedeutung (Urakawa and Rivera, 2006). Es gibt aber auch pathogene Spezies der Gattung Vibrio, die bei Tier und Mensch zu Erkrankungen führen können. Infektionen beim Menschen entstehen entweder durch Wasserkontakt oder über kontaminierte Lebensmittel (Buller, 2014).

Vibrionen kommen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Normalflora der Haut und des Verdauungstraktes von L. vannamei auch in Aquakultur-Kreislaufanlagen (recirculating aquaculture system - RAS) vor und haben hier grundsätzlich, als ubiquitär vorkommende Bakterien, die nützliche Aufgabe der Beseitigung von

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überschüssigen Nährstoffen bzw. zerfallender Biomasse (Ruderalstrategen) (Ho et al., 2017). Spätestens mit dem Tierbesatz werden Vibrionen in RAS eingebracht (Vandenberghe et al., 1999). Da in diesen Anlagen das biologische Gleichgewicht durch einen hohen Nährstoffgehalt und hohe Besatzdichten viel instabiler ist als in der Natur, können sie sich unter Umständen leicht massenhaft vermehren, sodass selbst nicht pathogene Spezies dann zu Infektionen führen können (Moriarty, 1997). Solche Infektionen können schnell zu Totalausfällen führen. Folgende Vibrionen sind in RAS von Bedeutung:

Die Harveyi-Klade

Viele für Riesengarnelen pathogene Vibrio-Spezies sind innerhalb der Harveyi-Klade eingeordnet. Zur dieser Klade gehören Vibrio alginolyticus, V. azureus, V. campbellii, V. communis, V. harveyi, V. mytili, V. natriegens, V. parahaemolyticus und V.

rotiferianus (Sawabe et al., 2013).

V. alginolyticus ist seit 1968 als eigenständige Spezies im Genus Vibrio anerkannt (Sakazaki, 1968) und nah mit V. parahaemolyticus verwandt. Es gibt sowohl Beschreibungen von Infektionen beim Menschen, als auch Infektionen von marinen Lebewesen. Bei Menschen reichen die Symptome von Wundinfektionen über Ohr- und Augeninfektionen bis hin zu sehr selten vorkommenden gastrointestinalen Infektionen und Sepsis (Schmidt et al., 1979, Blake et al., 1980, Uh et al., 2001, Lessner et al., 1985, Oksuz and Gurler, 2013). Meist sind Infektionen mit V. alginolyticus nicht lebensbedrohend (Blake et al., 1980). Infektionen sind sowohl bei Säugetieren (Delfine) (Schroeder et al., 1985), Muschellarven (Tubiash et al., 1970), Krabben (Lee et al., 1996) und Garnelen (Liu et al., 2004, Wang and Chen, 2005), aber auch bei anderen marinen Lebewesen beschrieben. Bei L. vannamei sind Infektionen mit hohen Verlustgeschehen v.a. in der extensiven Garnelenproduktion beschrieben (Jayasree et al., 2006). Jedoch kommt diese Spezies auch in der intensiven Produktion in RAS vor (Publikation 1: Bauer et al., 2018), sodass sie auch dort als Ursache für bakterielle Infektionen in Frage kommt. V. alginolyticus gilt als weltweit ubiquitär vorkommende Vibrio Spezies (Buller, 2014) und auch in RAS kommt diese Spezies als saprophytär lebendes Bakterium ubiquitär vor (Farmer and Hickman-Brenner, 2006).

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Vibrio parahaemolyticus wurde erstmals 1950 als Pasteurella parahaemolytica, von Patienten mit Lebensmittelvergiftung (durch gekochte und halb getrocknete Sardinen) in Osaka, Japan isoliert. Die Patienten zeigten Übelkeit und blutige Gastroenteritis.

272 Patienten verstarben bei diesem Krankheitsausbruch. Pasteurella parahaemolytica wurde dann 1963 in das Genus Vibrio als V. parahaemolyticus eingeordnet (Buller, 2014, Iida et al., 2006, Thompson et al., 2006). Grundsätzlich ist V. parahaemolyticus wegen der starken Humanpathogenität einzelner Isolate bekannt und erforscht, es ist jedoch auch als Krankheitserreger bei verschiedenen Tierarten beschrieben. Bei der Blaukrabbe (Callinectes sapidus) wurde dieses Bakterium bei offensichtlich gesunden Tieren nachgewiesen. Bei Krebstieren (z.B. Litopenaeus vannamei, Penaeus monodon), Seeohren (Halotis diversicolor) einigen Fischarten und dem südlichen Flussotter (Lontra provocax) ist es jedoch als pathogen beschrieben.

Eine Infektion kann zu hohen Mortalitäten, v.a. bei Larvenstadien von P. monodon (Buller, 2014), oder bei Seeohren zum sog. „Withering-syndrome“ mit vermindertem Wachstum und hohen Mortalitäten führen (Huang et al., 2001). Bei L. vannamei sind Nekrosen des Hepatopankreas mit erhöhten Mortalitäten (Soto-Rodriguez et al., 2015), aber auch Massenverluste durch nicht primär als pathogen eingestufte Isolate (opportunistische Pathogene) beschrieben (Kumar et al., 2014).

Vibrio harveyi wurde aufgrund des Erstnachweise bei einem Hai früher V. carchariae genannt (Grimes et al., 1984) und es ist ein für viele marine Lebewesen potentiell pathogenes Bakterium. Es kommt, wie auch V. alginolyticus, ubiquitär im marinen Ökosystem vor. V. harveyi ist bei einer Vielzahl von Tieren, die im Seewasser leben als Ursache von Infektionen beschrieben (Nishibuchi, 2006). Bei Krebstieren kommen Infektionen häufig vor. Durch eine Infektion mit V. harveyi können v.a. initial sog. „black spots“, stark melanisierte Stellen des Exoskeletts, auftreten, z.B. bei L. vannamei oder Penaeus japonicus. Bei L. vannamei tritt auch das „bright red syndrome“ als eine symptomatische Ausprägung einer Infektion mit diesem Erreger häufig auf. Hier steht eine, meist fleckige Rotfärbung der abdominalen Kutikula im Vordergrund. Bei anderen Arten, wie Penaeus monodon oder L. schmitti sind eine Beteiligung des Hepatopankreas und hämorrhagische Septikämien beschrieben. Bei der chinesischen weißen Garnele (Fenneropenaeus chinesis) und Schwimmkrabben (Portunus

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tuberculatus) sind Massenverluste bzw. Entwicklungsstörungen der Zoealarven beschrieben. V. harveyi- Infektionen sind auch bei vielen Fischarten beschrieben.

Hierbei steht oftmals eine Augensymptomatik, mit Exophthalmus, Trübung und Hämorrhagien, aber auch systemische Infektionen mit hohen Mortalitäten im Vordergrund (Buller, 2014). Systemische Infektionen mit V. harveyi führen bei vielen marine Lebewesen oft zu hohen Mortalitäten (Nishibuchi, 2006, Thompson et al., 2006).

Vibrio campbellii wurde erstmals aus Meerwasser vor der Küste Hawaiis isoliert und Benecka campbellii benannt (Baumann et al., 1971). Später wurde es dann in Vibrio campbellii umbenannt (Baumann et al., 1980). Aufgrund von Nachweisen in der Hämolymphe von gesunden Seespinnen (Maja brachydactyla) und in Umweltproben galt V. campbellii lange als nicht pathogen. Jedoch ist mittlerweile eine Pathogenität für Garnelen, Riesengarnelen (L. vannamei, P. monodon), Hummer (Panulirus ornatus) und Barramundi (Lates calcarifer) nachgewiesen (Cano-Gomez et al., 2011, Buller, 2014).

Vibrio rotiferianus wurde erstmals aus einer Rädertierchen-Kultur (Brachionus plicatus) in Gent, Belgien isoliert (Gomez-Gil et al., 2003). V. rotiferianus scheint zur Normalflora bei einigen aquatischen Lebewesen zu gehören und wurde z.B. in der Hämolymphe von gesunden Seespinnen (Maja brachydactyla) nachgewiesen. Auch in Aquakultursystemen konnte dieses Bakterium bereits nachgewiesen werden. Die Pathogenität ist noch nicht genau erforscht. Es wurde bei erkrankten Tieren nachgewiesen, allerdings zusammen mit einer Vielzahl anderer Vibrio spp. In Infektionsversuchen zeigten sich hohe Mortalitäten bei Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) nach intramuskulärer Applikation und bei Artemia (Artemia nauplii) nach Badinfektion (Buller, 2014, Austin et al., 2005).

11 Weitere Spezies anderer Kladen

Vibrio tubiashii wurde erstmals in Japan von erkrankten Muschel- und Austernlarven isoliert. Diese Bakterien verursachen Nekrosen, aber auch systemische Infektionen (Vibriosen) bei juvenilen Weichtieren oder deren Larven. Infizierte Larven zeigen u.a.

abnormes Schwimmverhalten und Nekrosen (Thompson et al., 2006). In Infektionsversuchen konnten bei Regenbogenforellen nach intramuskulärer Injektion, Mortalitäten von bis zu 100 % beobachtet werden, je nachdem welche Infektionsdosis eingesetzt wurde. Auch bei Artemia nauplii ist V. tubiashii als pathogen beschrieben (Buller, 2014, Austin et al., 2005). V. tubiashii konnte in Haltungsanlagen für weißbeinige Riesengarnelen (L. vannamei) (Rebouças et al., 2011, Bauer et al., 2018), und aus der Hämolymphe von gesunden Seespinnen (Maja brachydactyla) isoliert werden (Gomez‐Gil et al., 2010). V. tubashii kann der Orientalis Klade zugeordnet werden und ist unter anderem eng verwandt mit V. orientalis, V. brasiliensis und V.

hepatarius (Sawabe et al., 2013).

Weitere Vibrio Spezies, wie V. xuii oder V. pelagius, werden oft aus Haltungssystemen oder von Tieren isoliert, jedoch seltener im Zusammenhang mit deutlichen Krankheitsanzeichen. V. pelagius wurde erstmals aus Seewasser von der Küste Hawaiis isoliert, ursprünglich Beneckea pelagia benannt (Baumann et al., 1971a) und ist nachweislich pathogen für Steinbutte (Thompson et al., 2006). V. xuii wurde erstmals aus einer Garnelen Aquakultur in China isoliert und ist bisher nicht als pathogen beschrieben (Thompson et al., 2003).

12 Humanpathogene Vibrionen

Einige Vibrio spp. sind als humanpathogen beschrieben. Hierzu gehören u.a. V.

cholerae, V. fluvialis, V. vulnificus und V. parahaemolyticus. Vibrio cholerae, V. fluvialis und V. parahaemolyticus sind als Verursacher von Gastroenteritiden, mit starken, oft blutigen Durchfällen und Erbrechen bekannt (Allton et al., 2006, Bellet et al., 1989, Ramamurthy et al., 2014). In schweren Verläufen kann eine Infektion zur Sepsis und zum Tode führen. V. vulnificus wird als „fleischfressendes Bakterium“, aufgrund seines bereits häufigen Nachweises bei Wundinfektionen (nekrotisierende Fasziitis und Zellulitis) beschrieben. Eine Infektion kann jedoch auch zur Septikämie mit schweren Verläufen führen (Inoue, 2006, Oliver, 2005, Oliver, 2013). Häufige Ursache für eine Infektion ist der Kontakt mit kontaminiertem Wasser, wie das Baden in kontaminierten Gewässern oder das Arbeiten in Aquakultur-Anlagen ohne Hautschutzmaßnahmen.

Besonders gefährdet sind hierbei Menschen mit bestehenden Hautverletzungen.

Gerade immunsupprimierte Menschen (Kinder, ältere Menschen, schwangere Frauen, Menschen mit Krankheiten, die das Immunsystem schwächen) sind für Infektionen grundsätzlich besonders anfällig. Somit können die meisten Wundinfektionen durch Vibrionen als Sekundärinfektion nach Verletzung bzw. durch Vorerkrankungen begünstigt eingestuft werden.

Auch durch V. cholerae, V. fluvialis und V. parahaemolyticus und anderen Vibrio spp.

sind Wundinfektionen beschrieben (Andersson and Ekdahl, 2006, Johnson et al., 1984, Varghese et al., 1996, Blake et al., 1980).

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