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Grundsätzlich stellt sich die Frage ob eine Speziesidentifizierung von ubiquitär vorkommenden Bakterien sinnvoll ist. Viele Erkrankungen bei Fischen und anderen in Aquakultur produzierten Tieren, wie L. vannamei werden von ubiquitär vorkommenden, fakultativ pathogenen Bakterien ausgelöst. Somit ist es hier nicht ausreichend nur obligat pathogene Bakterienspezies identifizieren zu können. Gerade deshalb ist es wichtig eine gute Identifizierungsmöglichkeit auch für Bakterien der Normalflora zu finden, um primär die Gefahr für die Tiere einschätzen zu können.

Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass ein Nachweis einer potentiell pathogenen Vibrio sp. nicht bedeutet, dass Tiere zwangsweise erkranken müssen. Trotzdem kann eine sichere Identifizierung im Krankheitsfall helfen die Ursache schnell einzugrenzen bzw. präventiv helfen das System zu stabilisieren. Eine Identifizierung von Bakterien kann durch mehrere Möglichkeiten erfolgen.

Phänotypische Identifizierung

Die phänotypische Identifizierung von Bakterien umfasst ein großes Feld an Methoden die hier zum Einsatz kommen, wie Morphologie, Wachstum und Wachstumsbedingungen der Bakterien, sowie die Beurteilung von Stoffwechselvorgängen und die Zusammensetzung von z.B. Fettsäure- oder Eiweißmuster. Für dieses Projekt wurden zwei phänotypische Identifizierungsmethoden eingesetzt.

Die biochemische Identifizierung ist eine seit langem etablierte Methode. Hierbei werden die Bakterien hinsichtlich ihres Stoffwechsels untersucht. Die Fähigkeit bestimmte Stoffe (z.B. verschiedene Zuckerarten) als Energiegrundlage zu nutzen, der Nachweis einer bestimmten Enzymaktiviät oder die Bildung von Stoffwechselprodukten sind einige Charakteristika, die zur Identifizierung beitragen können (Rolle and Mayr, 2006). Für eine biochemische Identifizierung von zahlreichen Bakterienspezies gibt es bereits etablierte standardisierte Identifizierungssysteme. Für die Identifizierung von Vibrionen gibt es bislang zwar keine kommerziell erhältlichen Testsysteme, es gibt jedoch Empfehlungen für die Nutzung von kommerziellen

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Testsystemen, die in Kombination mit zusätzlichen Tests eine erfolgreiche Identifizierung erreichen sollen. So kann man z.B. das Schnellbestimmungssystem API 20E verwenden (Analytical Profile Index), das für die Identifizierung gramnegativer Bakterien, insbesondere Enterobacteriaceae entwickelt wurde (bioMerieux, Nürtingen, Deutschland). Außerdem können zusätzliche Tests (Buller, 2014) oder die Kombination verschiedener Einzeltests für bestimmte Vibrionen (Alsina and Blanch, 1994) Vorteile bringen. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn auch Reaktionsergebnisse von Vergleichsisolaten vorliegen. Da es hierfür keine zentrale Datenbank gibt wurden für diese Studie drei mögliche Identifizierungskombinationen verglichen (API 20E und die zugehörige Datenbank, die Empfehlungen nach Buller, 2014 und die Beurteilung der getesteten Reaktionsergebnisse in der Online-Datenbank www.microrao.com).

Eine neuere phänotypische Methode zur Identifizierung von Bakterien ist die Analyse anhand der jeweiligen Proteinmuster, die mittels Massenspektrometrie bestimmt und dann mit den in einer Datenbank hinterlegten Proteinmustern abgeglichen werden können. Hier kann das Verfahren der matrixunterstützten Laser-Desorptions- Ionisation mit Flugzeitmassenspektrometer-Detektion (MALDI-TOF: Matrix Assisted Laser Desorption Ionization-Time of Flight Mass Spectrometry) angewendet werden.

Die massenspektrometrische Identifizierung von Bakterien hat große Vorteile im Hinblick auf die praktische Durchführung, Schnelligkeit der Bearbeitung sowie der Anwendbarkeit bei großen Probenvolumina. Die Isolate müssen lediglich einige Stunden kultiviert werden um dann innerhalb von Minuten identifiziert werden zu können, sodass Ergebnisse bereits nach 12 – 24 Stunden nach Probenankunft vorliegen können (Wieser et al., 2012). Dies ist ein großer Vorteil gegenüber allen anderen Methoden zur Identifizierung. Bei der Identifizierung von Vibrionen ist jedoch zu bedenken, dass diese, um ein optimales Wachstum zu gewährleisten bei ca. 20 - 25 °C kultiviert werden sollten und ggf. eine längere Kultivierungsdauer benötigen als Bakterien, die bei 37°C kultiviert werden können. Nicht alle Vibrio-Spezies zeigen bei über 30°C ein gutes bzw. optimales Wachstum. Weiterhin kann es sein, dass die Kultivierungsdauer verlängert werden muss, da viele Vibrio-Spezies mindestens 48 Stunden oder länger benötigen, um eine deutliches Koloniewachstum zu zeigen

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(Buller, 2014). Das Vorliegen der Identifizierungsergebnisse kann somit bis zu 4 Tage betragen. Um Isolate nach massenspektrometrischer Analyse des Proteinmusters einer Bakterienspezies zuordnen zu können, ist es notwendig, dass in einer Datenbank Proteinspektren von relevanten Bakterienspezies vorliegen. Studien zeigten außerdem, dass auch die Anzahl der Spektren einer Bakterienspezies die Sicherheit einer Identifizierung erhöht. Je mehr Spektren, desto höher die Identifizierungsrate, bzw. die Qualität der Identifizierung (Erler et al., 2015).

Genotypische Identifizierung

Die genotypische Identifizierung von Bakterien ist in der aktuellen Forschung sicherlich eine viel verwendete Methode. Es gibt eine Vielzahl genetischer Loci, die eine gute Identifizierung von Bakterien erlauben. Hierbei wird ein spezifischer Genabschnitt mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) vervielfältigt, anschließend wird die DNA- Sequenz ausgelesen und mit Sequenzen in einer Datenbank verglichen (z.B. NCBI, EZBioCloud). Hierbei spielen konstitutiv exprimierte Gene, sog. Haushaltsgene (eng.:

housekeeping genes) eine bedeutende Rolle. Es handelt sich hierbei um nicht-regulierte Gene, die für z.B. Strukturproteine oder Enzyme codieren und im Stoffwechselkreislauf der Zelle benötigt werden (Ganten et al., 2001). Weiterhin sind Haushaltsgene grundsätzlich stark konserviert und unterliegen wenigen Veränderungen durch spezifische Anpassungen bei bestimmten Bakterien.

Die Sequenzierung des 16S rRNA Genlokus ist eine für alle Bakterien etablierte Methode der Identifizierung (Rolle und Mayr, 2006) und ist der am meisten analysierte Genlokus zur Identifizierung von Bakterien. Dieser Genlokus ist Teil der ribosomalen RNA von Bakterien und Archäen. Bakterien können anhand der Übereinstimmung der Nukleotidsequenz dieses Gens in phylogenetische Gruppen eingeteilt werden. Die Angaben über interspezifische Unterschiede in der Sequenz dieses Genlokus zwischen verschiedenen Bakterienspezies variieren stark (Clarridge, 2004) im Bereich von 0,2 und 2 % Abweichung, sodass bei einer Übereinstimmung der Nukleotidsequenz von über 98 % bzw. 99,8 % eine Spezieszuordnung eines Isolats möglich sein soll. Die Zuordnung zu einem Genus wird ab 95 % Sequenzübereinstimmung als möglich angesehen. Studien zeigen, dass für bestimmte

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Bakterien eine sehr hohe Übereinstimmung der Nukleotidsequenzen nötig ist (99,8 %) um eine Spezies eindeutig zu identifizieren (Fournier et al., 2003).

Das 16S rRNA Gen ist etwa 1500 Basenpaare lang und ist in Abschnitte von stark konservierten und variablen Regionen gegliedert. Bei der Identifizierung von Bakterien sind die variablen Regionen von Bedeutung (V1-V9) (Harwood, 2017). Die Qualität der Identifizierung kann, je nachdem wie lang der sequenzierte Abschnitt des Gens ist und in welchem Bereich des Gens sequenziert wurde, variieren. Die Untersuchungen in Publikation 1 wurden mit zwei viel verwendeten Primerpaaren durchgeführt und führten zur Sequenzierung der Genabschnitte V5-V8 (570 bp) und V1-V8 (1420 bp).

Unterstützend zur 16S rRNA Sequenzierung können auch Nucleotidsequenzen weiterer spezifischer Genabschnitte untersucht werden. Bei Vibrionen gibt es eine Reihe weiterer Haushaltsgene, die zur Identifizierung geeignet sind, unter anderen das für die Uridylat-Kinase (syn.: Uridinmonophosphat- Kinase) kodierende Gen PyrH.

Haushaltsgene gelten als stark konservierte Gene, die wenig Änderungen erfahren, da sie für die Produktion von zelleigenen Stoffen dienen, die die Zellfunktion aufrechterhalten (Ganten et al., 2001). Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass dieser Genlokus zur Identifizierung genutzt werden kann (Pascual et al., 2010, Sawabe et al., 2013, Thompson et al., 2005), jedoch bei einigen Spezies (V. campbellii, V.

rotiferianus) keine Differenzierung ermöglicht. Davon abgesehen ist jedoch mit einer deutlich besseren Identifizierung zu rechnen, als mit der 16S rRNA Sequenzierung (Pascual et al., 2010). Eine Studie über die taxonomische Auflösekapazität (taxonomic resolution) (Pascual et al., 2010), bei der die intraspezifische Sequenzübereinstimmung der 16S rRNA Sequenzen mit 98,9 – 100 % und die interspezifische Sequenzübereinstimmung der 16S rRNA Sequenzen mit 97,6 – 99,9

% angegeben sind. Die Überlappung dieser Werte führt zu einer sehr ungenauen Identifizierungswahrscheinlichkeit. Für die Sequenzierung des PyrH Genlokus wurden hingegen Werte für die intra- bzw. interspezifische Sequenzübereinstimmung von 93,7 – 100 % bzw. 86,4 – 97,8 % angegeben, was eine höhere taxonomische Auflösekapazität bedeutet. Jedoch zeigt diese Studie auch, das andere Haushaltsgene, soweit sie in der jeweiligen Bakteriengattung exprimiert sind, eine viel

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bessere Identifizierung ermöglichen können (z.B. rpoD, toxR) (Pascual et al., 2010) als 16S rRNA oder PyrH- Sequenzierung.

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