3 Prospektives Gedächtnis bei Patienten mit Schädel‐Hirn‐Trauma
2.3 Versuchsablauf
Aufmerksamkeit
• d2 Aufmerksamkeits‐Belastungs‐Test (Brickenkamp, 2002): Der Proband soll auf ei‐
nem Arbeitsblatt bestimmte Zielreize suchen und anstreichen. Diese Reize sind ein‐
gebettet in eine Vielzahl von Distraktoren und der Proband hat nur eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung.
Depressive Symptomatik
• Beck‐Depressions‐Inventar (BDI, Hautzinger, Bailer, Worall & Keller, 1995): In einem Selbstbeurteilungs‐Fragebogen soll der Proband bezüglich verschiedener depressi‐
ver Symptome angeben, ob bzw. in welcher Intensität diese vorliegen. Es werden sowohl somatische als auch psychische Symptome erfasst.
Alltagskompetenz
• Marburger Kompetenzskala (Gauggel, 1998; Gauggel, Peleska & Bode, 2000, siehe Anhang C): In einem Selbstbeurteilungs‐Fragebogen soll der Proband auf einer fünf‐
stufigen Skala für verschiedene Aktivitäten des alltäglichen Lebens angeben, ob er bei ihrer Durchführung beeinträchtigt ist und wenn ja, wie stark. Hierbei werden sowohl basalere ADL‐Fähigkeiten wie z.B. Körperhygiene, aber insbesondere auch instrumentelle ADL‐Fähigkeiten sowie kognitive und sozial‐emotionale Kompeten‐
zen erfasst.
Allgemeiner kognitiver Status
• DemTect (Kalbe et al., 2004): Erfasst wird die direkte und verzögerte Reproduktion einer Wortliste, das Transkodieren von Zahlen, die Ziffernspanne rückwärts und die semantische Wortflüssigkeit. Dieser Test stellte ein kurzes kognitives Screeningver‐
fahren dar, welches Anhaltspunkte zum allgemeinen kognitiven Status der Proban‐
den liefert.
erklärt, dass in der Studie ihr prospektives Gedächtnis sowie andere kognitive Fähigkeiten untersucht werden. Zusätzlich erhielten sie ein Informationsblatt, auf dem Zweck und Ab‐
lauf der Untersuchung beschrieben waren (s. Anhang D). Sowohl die Erläuterung durch den Versuchsleiter als auch das Informationsblatt betonten das prospektive Gedächtnis als den Fokus der Studie. Alle Probanden gaben ihre schriftliche Einwilligung zur Studienteilnahme (s. Anhang E). Die Untersuchungsdauer betrug bei den Kontrollpersonen ca. 90 Minuten, bei den Patienten erreichte sie bis zu zwei Stunden. Bei drei Patienten, die weniger belastbar waren, wurde die Untersuchung auf zwei einstündige Sitzungen verteilt. Bei manchen Pro‐
banden wurden einzelne Tests ausgelassen, z.B. wenn die Patienten zu erschöpft waren oder auch bei Kontrollpersonen, wenn diese zu wenig Zeit für die Untersuchung eingeplant hatten (vgl. Kapitel III 2.1).
Die Reihenfolge der Tests war wie folgt:
1. Instruktion und Selbsteinschätzung für die prospektiven Gedächtnisaufgaben E 1 und Z1 (vgl. Tabellen 4 und 5)
2. Erhebung demographischer Daten, Anamnese 3. Logisches Gedächtnis: direkte Abfrage
4. Rey‐Osterrieth‐Figur: Kopie
5. d2 Aufmerksamkeits‐Belastungs‐Test 6. Token Test
7. Visuelle Explorationsaufgabe (Wörter suchen). Eines der Worte war „Geige“ und diente als Hinweisreiz für die Aufgabe E1.
8. Ziffernspanne vorwärts 9. Ziffernspanne rückwärts 10. Corsi Blockspanne
11. Logisches Gedächtnis: verzögerte Abfrage 12. Rey‐Osterrieth‐Figur: verzögerte Abfrage
13. FAS‐Test (je nach verstrichener Zeit ggf. erst nach Punkt 16) 14. Stroop‐Test (je nach verstrichener Zeit ggf. erst nach Punkt 16)
15. Visuelle Explorationsaufgabe (Ziffernfolgen suchen). Während der Bearbeitung die‐
ser Aufgabe lief die Zeitspanne für die Aufgabe Z1 ab
16. Nachfrage bezüglich E1 und Z1 bei den Probanden, die mindestens eine der Aufga‐
ben nicht korrekt ausgeführt hatten
17. Instruktion und Durchführung für die Aufgabe E3 oder Z3 (vgl. Tabellen 4 und 5). Bei der Hälfte der Probanden wurde an dieser Stelle E3 durchgeführt, bei der anderen Hälfte Z3. Falls ein Proband kein einziges Kreuz gesetzt hatte, wurde am Ende der Aufgabe noch einmal nachgefragt, ob er sich noch erinnere, dass er etwas Zusätzli‐
ches tun sollte und was das gewesen sei.
18. Instruktion und Selbsteinschätzung für die Aufgaben Z2 und E2 (vgl. Tab. 4 und 5) 19. Trailmaking‐Test
20. Modified Card Sorting‐Test
21. Marburger Kompetenzskala. Während der Bearbeitung dieses Fragebogens lief die Zeitspanne für Z2 ab.
22. DemTect
23. Beck‐Depressions‐Inventar. Während der Bearbeitung dieses Fragebogens stand der Versuchsleiter auf, was als Hinweisreiz für die Aufgabe E2 diente.
24. Nachfrage bezüglich E2 und Z2 bei den Probanden, die mindestens eine der Aufga‐
ben nicht korrekt ausgeführt hatten
25. Instruktion und Durchführung für die Aufgabe E3 oder Z3 (in Abhängigkeit davon, welche der beiden Aufgaben noch nicht durchgeführt worden war). Falls ein Pro‐
band kein einziges Kreuz gesetzt hatte, wurde am Ende der Aufgabe noch einmal nachgefragt, ob er sich noch erinnere, dass er etwas Zusätzliches tun sollte und was das gewesen sei.
26. Instruktion und Selbsteinschätzung für die Aufgaben E4 und Z4 (vgl. Tab. 4 u. 5)
Wie aus dem Versuchsablauf ersichtlich wird, wurden die Instruktionen für die prospektiven Aufgaben nicht alle gleichzeitig gegeben, sondern immer nur paarweise (jeweils für die Paa‐
re aus einer ereignis‐ und einer zeitbasierten Aufgabe zugleich). Bei den kurzfristigen Aufga‐
ben wurde sogar immer nur für die jeweils zu bearbeitende Aufgabe die Instruktion gege‐
ben. Dies sollte die Belastung des retrospektiven Gedächtnisses minimieren. Um zu erfas‐
sen, ob das Nicht‐Umsetzen einer Intention dennoch möglicherweise auf das Versagen der retrospektiven Komponente (also auf das Vergessen des Intentionsinhalts) zurückging, wur‐
den alle Probanden, die eine Aufgabe nicht ausgeführt hatten, im Nachhinein noch einmal befragt, ob sie sich noch an eine zusätzliche Aufgabe erinnerten, die sie ausführen sollten und wie diese ausgesehen hätte. Für den Fall, dass die Probanden noch vor der expliziten Nachfrage von alleine bemerkten, dass sie den Ausführungszeitpunkt verpasst hatten, so wurde dies zusätzlich vermerkt. Bei den langfristigen Aufgaben erfolgte keine Nachfrage, da zu diesem Zeitpunkt kein Kontakt mehr zu den Probanden bestand. Bei den kurzfristigen Aufgaben erfolgte die Nachfrage nur dann, wenn die Probanden kein einziges der erforderli‐
chen drei Kreuze richtig setzten. Setzten sie wenigstens ein Kreuz richtig, wurde davon aus‐
gegangen, dass der Inhalt der Intention korrekt abgespeichert worden war. Um Reihenfolge‐
Effekte zugunsten der ereignisbasierten oder der zeitbasierten Aufgaben auszuschließen, wurde variiert, ob von den parallelen Aufgabenpaaren zuerst die ereignisbasierte oder die zeitbasierte Aufgabe auszuführen war. Beim ersten Aufgabenpaar war zuerst die ereignisba‐
sierte Aufgabe auszuführen, beim zweiten Aufgabenpaar zuerst die zeitbasierte und bei den beiden anderen Aufgabenpaaren wurde interindividuell variiert.
Um die Parallelität der ereignis‐ und zeitbasierten Aufgaben zu gewährleisten, musste für die zeitbasierten Aufgaben sichergestellt werden, dass die Probanden mit der vorgesehenen Fülltätigkeit beschäftigt sind, wenn die Zeitspanne abläuft. Da die Probanden aber unter‐
schiedlich schnell arbeiteten, mussten bei den schnelleren Probanden zusätzliche Aufgaben vor den entsprechenden Tätigkeiten eingeschoben werden. Als zusätzliche Füllaufgaben dienten hier die Subtests 1, 2 und 9 des Leistungs‐Prüf‐Systems (Horn, 1983).
Bei den drei Patienten, bei denen die Untersuchung auf zwei Sitzungen verteilt wurde, wur‐
de die erste Sitzung nach der visuellen Explorationsaufgabe zum Suchen von Ziffernabfolgen und der anschließenden Frage nach den prospektiven Gedächtnisaufgaben (Punkt 16) been‐
det.