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Risiko war jedoch nicht signifikant (OR=1,36; 95%-KI: 0,75-2,46). Es wurde ein Zusammenhang zwischen einer verlängerten „door-to-balloon-time“ und einer Zunahme der 7-Tage- und 28-Tage-Letalität beobachtet (s. 5.7.1.2).

Zu der Vermutung, dass Patienten aus Bremen-Nord aus Gründen der Entfernung im Durchschnitt eine deutlich längere „call-to-balloon-time“

haben, konnte aus statistischen Gründen, keine Aussage getroffen werden.

Ein Grund dafür war, dass viele Patienten gar nicht erst ins Klinikum LDW für eine Rekanalisation verlegt wurden oder erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Bei dem Vergleich von Patienten mit und ohne leitliniengerechte Behandlung war der Anteil der Patienten aus Bremen-Nord unter den Patienten mit nicht-leitliniengerechter Behandlung signifikant höher.

vielen klinischen Studien ausgeschlossen wird und daher für diese Patientengruppe hinsichtlich diagnostischer und therapeutischer Methoden nur wenige valide Daten vorliegen. Aus der Unsicherheit im Umgang mit diesem Patientenkollektiv resultiert eine Gefahr der Unterversorgung.

Nach heutigem Erkenntnisstand ist eine invasive Diagnostik bzw. Therapie auch für ältere Patienten mit AMI indiziert [Bach 2004]. Dennoch werden invasive Eingriffe bei über 75-jährigen deutlich seltener durchgeführt.

Ältere Patienten werden insgesamt zurückhaltender behandelt; dies betrifft nicht nur die diagnostischen Maßnahmen, sondern insbesondere auch die rekanalisierende Therapie und medikamentöse Begleittherapie. Zu diesem Ergebnis kamen auch Schuler et al. aufgrund von Daten des BHIR [Schuler 2006].

Dies zeigte sich ebenso in einer Analyse der GRACE-Studie. Die Untersucher forderten daher klinische Studien, die besonders ein älteres Studienkollektiv berücksichtigen [Avezum 2005].

Auch in dieser Studie wurden deutliche Unterschiede in der Behandlung von jüngeren im Vergleich zu älteren Patienten beobachtet. Wenn man die Inhalte der entsprechenden evidenzbasierten Leitlinien als Behandlungsstandard voraussetzte, musste man daher von einer Unterversorgung der älteren Patienten ausgehen. Ältere Patienten wurden deutlich seltener einer invasiven Diagnostik (31% vs. 73%; ORadj=0,2; 95%-KI: 0,11-0,23) bzw. Therapie (13,7% vs. 45,5%; ORadj=0,2; 95%-KI: 0,15-0,34) unterzogen. Dieses Ergebnis war von Bedeutung, da ältere Patienten mit PTCA eine geringere Sterblichkeit aufwiesen als Patienten ohne koronare Angioplastie (9,5% vs. 35,6%).

Neben altersabhängigen Unterschieden in der AMI-Versorgung waren in einigen Untersuchungen (meist basierend auf Registerdaten) vor allem geschlechtsspezifische Versorgungsunterschiede auffällig geworden [Löwel 1990].

Eine invasive Diagnostik etwa wurde nur bei 50,2% aller Frauen, aber bei 70% aller Männer durchgeführt (OR=2,3; 95%-KI: 1,7-2,3). Adjustiert für Alter und Infarkttyp war der Unterschied jedoch nicht mehr signifikant

(ORadj=1,38; 95%-KI: 0,96-1,98). Eine Reperfusionstherapie (PTCA) wurde in Bremen seltener bei Frauen im Vergleich zu Männern vorgenommen (25,9%

vs. 42,8%; OR=2,13; 95%-KI: 1,54-2,96). Nach Adjustierung war das Ergebnis auch hier nicht mehr signifikant (ORadj=1,44; 95%-KI: 0,98-2,11).

Nur Bypass-Operationen wurden signifikant häufiger bei Männern als bei Frauen durchgeführt (ORadj=2,6; 95%-KI: 1,3-5,4). Insgesamt betrachtet jedoch, wurden mehr Frauen nicht leitliniengerecht behandelt (47,8%;

Männer: 27,8%; ORadj=1,57; 95%-KI: 1,10-2,25).

Eine Auswertung von AOK Daten von Versicherten aus Westfalen und Thüringen zeigte, dass für Frauen mit einer AMI-Diagnose im letzten Lebensjahr weniger finanzielle Mittel für Krankenhausaufenthalte ausgegeben werden als für Männer [Brockmann 2002].

Im BHIR kam man zu dem Ergebnis, dass eine initiale Reperfusions-Therapie häufiger bei Männern durchgeführt wurde (68,8%) als bei Frauen (49,7%): Thrombolyse (Männer 33,7%; Frauen 25,3%), PTCA (Männer 35,1%; Frauen 24,4%) [Theres 2004]. In den am MIR-Register beteiligten Kliniken etwa erhielten Frauen im Vergleich zu Männern seltener eine rekanalisierende Therapie (Thrombolyse bzw. Primär-PTCA) nach AMI [Wagner 1999]. In vielen deutschen und internationalen Studien wurden geschlechtsspezifische Unterschiede auch bei der Diagnostik beobachtet.

Männer wurden beispielsweise häufiger einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung zugewiesen (Männer 17%, Frauen 8%) [Miller 2001]. Steingart et al. kamen zu dem Ergebnis, dass nach einer Herzkatheteruntersuchung genauso häufig Männer und Frauen operativ mit einem Bypass versorgt wurden [Steingart 1991].

Viele Untersuchungen wiesen darauf hin, dass Frauen, trotz meist schlechterem Allgemeinzustand, seltener einer rekanalisierenden Therapie zugeführt wurden. Vielleicht war aber auch gerade das die Ursache für die zurückhaltendere Therapie bei Frauen.

Frühere Ergebnisse der KORA-Studie bestätigten zunächst diese Ergebnisse, doch wurden in Augsburg mittlerweile keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Durchführung invasiver Diagnostik mehr nachgewiesen [Löwel 2002, Härtel 2002].

Compliance zu Therapieleitlinien und stellte fest, dass Frauen weniger häufig gemäß den Behandlungsempfehlungen in Leitlinien behandelt wurden.

Frauen bekamen als medikamentöse Begleittherapie signifikant seltener Beta-Blocker (Frauen 66%, Männer 76%), jedoch häufiger ACE-Hemmer (54,1% vs. 51,1%). Bei der Entlassungsmedikation wurden Frauen seltener Beta-Blocker (79,7%, Männer 88,6%) und CSE-Hemmer (Lipidsenker) (48%, Männer 63,4%) verordnet [Theres 2004].

Im Gegensatz dazu lagen hier nach Adjustierung für das Alter und den Infarkttyp nur wenige signifikante Unterschiede bezüglich des Geschlechts hinsichtlich einzelner interventioneller und medikamentöser Maßnahmen vor.

Bei der Stratifizierung nach Infarkttyp fiel jedoch auf, dass Frauen mit einem NSTEMI seltener ACE-Hemmer (68% vs. 82%), Beta-Blocker (79% vs. 84%) und Lipidsenker (66% vs. 78%) im Krankenhaus verordnet bekamen als Männer mit der selben Diagnose. Unter den STEMI-Patienten erhielten mehr Frauen ACE-Hemmer (77% vs. 72%), jedoch weniger Frauen Lipidsenker (72% vs. 81%) als Männer.

Neben den Analysen zur Versorgung von Frauen und älteren Patienten, sollten weitere Untergruppen identifiziert werden, die ein höheres Risiko aufwiesen, nicht leitliniengerecht behandelt zu werden.

Das Leitsymptom des akuten Koronarensyndrom (ACS) ist ein charakteristischer Vernichtungsschmerz, welcher einfach zu erkennen ist;

doch nicht jeder ACS-Patient weist eine derartige Schmerzsymptomatik auf.

In der Literatur wird berichtet, dass etwa 20% der Betroffenen, meist ältere Patienten, Diabetiker und Frauen, atypische Symptome aufweisen oder sogar symptomfrei sind. Eine untypische Symptomatik kann dazu führen, dass der AMI zu spät erkannt und/oder falsch therapiert wird.

In unserer Untersuchung zeigten nur 42% eine typische Angina pectoris-Symptomatik. Die Analysen getrennt nach Infarkttyp zeigten, dass insgesamt betrachtet der Anteil der Patienten mit atypischer Symptomatik unter den NSTEMI-Patienten höher war. Das Alter und eine Diabeteserkrankung hatten bei den NSTEMI-Patienten keinen Einfluss auf die Schmerzsymptomatik, wobei mehr als die Hälfte dieser Patienten eine atypische Symptomatik

aufwiesen, ebenso wie die STEMI-Patienten über 75 Jahre. Die jüngeren STEMI-Patienten sowie die Nicht-Diabetiker der STEMI-Patienten wiesen jeweils zu fast 80% eine typische Symptomatik auf. Der Anteil der Patienten mit atypischer Symptomatik war bei beiden Infarkttypen unter den Frauen höher. Diabetes, das weibliche Geschlecht, das Alter (•75 Jahre) und ein NSTEMI waren Faktoren, die einen unabhängigen Einfluss darauf hatten, eine untypische Symptomatik aufzuweisen (s. Tabelle 28).

Eine atypische Symptomatik ist meist mit einer verlängerten Versorgungszeit und einer nicht-leitliniengerechten Behandlung assoziiert. Dabei kommen zwei Faktoren zusammen. Die Patienten alarmieren nicht sofort den Notarzt und die Ärzte erkennen den Infarkt oft zu spät. Für die Diagnosestellung bei diesen Patienten können in erster Linie EKG und Laborparameter herangezogen werden. Da jedoch die einzelnen Elemente oft nicht aussagekräftig sind (z.B. 40% der EKGs sind bei einer akuten Ischämie negativ und die meisten Herzinfarktmarker sind im Blut erst einige Stunden nach Ischämieereignis nachweisbar), kann auch daraus eine weitere Verzögerung resultieren.

Vergleich der Patienten mit leitliniengerechter und nicht-leitliniengerechter Versorgung. Können vermutete Unterschiede bezüglich der Letalität durch andere Faktoren erklärt werden?

Bei den Analysen getrennt nach leitliniengerecht und nicht-leitliniengerecht behandelten Patienten fiel auf, dass 75% der Patienten, die nicht nach den Leitlinien behandelt wurden, eine atypische Symptomatik aufwiesen. Bei den Patienten mit leitliniengerechter Behandlung traf dies nur auf 30,5% der Patienten zu. Auch in anderen Studien wurde erkannt, dass eine atypische Symptomatik das Risiko für verlängerte Versorgungszeiten und eine nicht-leitliniengerechte Therapie erhöhte.

Eine nicht leitliniengerechte Behandlung könnte aus der fehlenden Compliance von Leitlinien unter den Ärzten resultieren. Die EUROASPIRE und COSIMA Studien haben deutlich gemacht, dass die Leitlinien der Fachgesellschaften, die den neuesten Stand der Wissenschaft widerspiegeln, im medizinischen Alltag oft nicht umgesetzt wurden [Euroaspire 2001; Heidrich 2005].

of Unstable Angina Patients Suppress Adverse Outcomes with Early Implementation of the ACC/AHA Guidelines) wurde die hospitale Versorgung und das klinische Outcome von über 80.000 NSTEMI-Patienten analysiert, um zu bestimmen, ob eine Assoziation mit dem BMI der Patienten vorlag.

Dabei wurde beobachtet, dass übergewichtige Patienten eine aggressivere Therapie erhielten und im Vergleich zu Normal- oder Untergewichtigen (ausgenommen extrem Übergewichtige (BMI • 40)) ein besseres Outcome hatten [Diercks 2006]. Es scheint also, dass Übergewicht zwar ein Risikofaktor für die Entwicklung einer ACS im jüngeren Alter ist, jedoch auch verbunden ist mit einer intensiveren Therapie und daraus resultierend mit einem verbesserten Outcome.

In Bremen lag die 28-Tage-Letalität in unserem Untersuchungszeitraum unter den adipösen (BMI • 30) im Vergleich zu nicht adipösen Patienten etwas niedriger (14,8% vs. 17,4%) jedoch war der Unterschied nicht signifikant. Der Anteil der leitliniengerecht behandelten unter den adipösen Patienten lag im Vergleich zu den nicht adipösen Patienten höher (66,4% vs. 63,0%), jedoch ebenfalls nicht im signifikanten Bereich (OR=1,16;

95%-KI: 0,8-1,7).