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4 METHODEN

In die Untersuchung wurden alle Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz in der Stadt Bremen mit Verdacht auf ACS aufgenommen. Die Studie ermöglichte eine lückenlose Dokumentation der Versorgung dieser Patienten, und somit Qualitätsdaten von allen an der Versorgung beteiligten Institutionen zu erheben. Die erhobenen Versorgungsdaten ließen sich dann wiederum mit den empfohlenen Behandlungsstrategien nationaler und internationaler Leitlinien vergleichen.

Die Bremer MONICA-Daten zeigten eine (nicht-altersadjustierte) OR von 1,62 für Frauen gegenüber Männern, innerhalb der ersten 28 Tage an einem AMI zu versterben [Herman 1997]. Die altersadjustierte 28-Tage-Letalität im Augsburger MONICA-Register 1996/98 betrug für Männer 8,4% [Löwel 2002]. Die benötigten Fallzahlen (Hypothese III, s. S. 48) bei einem Geschlechterverhältnis eines AMI von 2:1, einem Fehler 1. Art von 5% und einer Power von 80% sind in Tabelle 6 aufgeführt. Erst ab einem RR von ungefähr 2 ist diese Studie ausreichend gepowert, um einen Geschlechterunterschied zwischen Männern und Frauen aufzudecken, während für die Aufklärung von Geschlechtsunterschieden bei einer erwarteten RR von 1,6 für die 28-Tage-Letalität eine einjährige Rekrutierungsdauer erforderlich wäre, d. h. die Studie hat keine ausreichende statistische Power, den erwarteten Geschlechtsunterschied der 28-Tage-Letalität aufzudecken.

Bei einem Verhältnis von STEMI- zu NSTEMI-Patienten von 1:2 errechnen sich bei einer Power von 80% und einem Į-Fehler von 5% die in Tabelle 6 dargestellten Fallzahlen (Hypothese I, s. S. 48). Die 28-Tage-Letalität für NSTEMI-Patienten wurde mit 15% angenommen [BHIR 2003].

Bezüglich der Ergebnisqualität lässt sich mit einer erwarteten Anzahl von 750 Patienten in sechs Monaten ein Unterschied in der Frühletalität für STEMI- vs. NPatienten ab einer 60%igen Erhöhung des Risikos für STEMI-Patienten aufklären.

In einer Untersuchung des Berliner Herzinfarktregisters wurde der Einfluss einer leitliniengerechten Behandlung auf die Krankenhaussterblichkeit unter AMI-Patienten untersucht. Diese Untersuchung ergab eine OR von 0,48 für die Krankenhaussterblichkeit von Patienten, die eine leitliniengerechte Reperfusions-Therapie erhalten haben, gegenüber denen, die leitliniengerecht behandelt wurden. Dabei lag der Anteil der nicht-leitliniengerecht Behandelten bei etwa 30% [Maier 2007]. Bei der Kalkulation der Fallzahlen gingen wir für die Hypothese IV (s. S. 48) von einem Verhältnis von leitliniengerecht- zu nicht-leitliniengerecht behandelten Patienten von 2:1 und von einer 28-Tage-Letalität von 13% bei

leitliniengerecht und 25% bei nicht-leitliniengerecht behandelten Patienten aus.

Tabelle 6: Benötigte Fallzahlen zur Untersuchung der 28-Tage Letalität für verschiedene Risiken bei einem Typ I Fehler von 5% und einer Power von 80%

Einflussfaktor Benötigte Stichprobengröße (beide Gruppen gemeinsam)

Power 80%

Weibliches Geschlecht

RR=1,3 4.950 RR=1,5 1.938 RR=1,6 1.398 RR=2,0 579 RR=2,5 297 STEMI

RR=1,3 2.550 RR=1,5 993 RR=1,6 714 RR=2,0 291 RR=2,5 147 Leitliniengerecht behandelt

RR=0,8 2.523 RR=0,7 1.087 RR=0,6 591 RR=0,5 365 RR=0,3 169

4.1.4 Einschlusskriterien der Studienteilnehmer

In die Untersuchung eingeschlossen wurden alle Personen, die innerhalb des Untersuchungszeitraumes einen AMI erlitten und die daher in einem der Bremer Krankenhäuser oder von Bremer Notärzten untersucht bzw.

behandelt wurden. Dabei wurden ausschließlich Patienten eingeschlossen, die wohnhaft in Bremen waren. Ausgeschlossen wurden somit Patienten aus dem Umland und die Patienten, die ausschließlich für eine elektive

Weser (LDW) oder ins LDW eingewiesen wurden, sowie prävalente Fälle.

Die Diagnose eines AMI galt als gesichert, wenn typische EKG-Veränderungen auftraten (wie z.B. ST-Hebungen von mindestens 1 mm in zwei oder mehreren peripheren EKG-Ableitungen oder von mindestens 2 mm in mindestens einer Brustwandableitung) oder eine Erhöhung der Enzyme Troponin I oder T vorlag. Auch Patienten ohne typische Ischämiezeichen im EKG bei denen jedoch im Sinne eines Nicht-ST-Streckenhebungs-Infarkt (NSTEMI) eine Troponin-Erhöhung vorlag, wurden in die Untersuchung eingeschlossen.

Ausgeschlossen waren jedoch Patienten, bei denen dieser infarkttypische Enzymanstieg vermutlich durch folgende Diagnosen zustande gekommen war: Myokarditis, septischer Schock mit Multiorganversagen, Aortenstenose.

Die Schmerzsymptomatik eines AMI wurde in der Untersuchung zwar erfasst, sie wurde jedoch nicht als alleiniges Merkmal eines Infarktes betrachtet, da diese eine sehr unterschiedliche Ausprägung haben oder sogar gar nicht auftreten kann. Die Schmerzsymptomatik wurde jedoch genau dokumentiert, um Unterschiede innerhalb des Patientenkollektivs zu analysieren.

• Re-Infarkt:

Bereits dokumentierte Patienten wurden bei Re-Infarkt nur erneut gezählt, wenn der letzte Infarkt länger als 28 Tage zurücklag. Wenn der erste Infarkt noch nicht 28 Tage zurücklag, wurde der erneute Infarkt nur als Komplikation gewertet.

• Stationärer Erstinfarkt:

Patienten, die während eines stationären Aufenthaltes einen AMI erlitten, wurden in die Erhebung eingeschlossen.

• Prähospitale Thrombolyse:

Patienten, die prähospital im Notarztwagen lysiert wurden, wurden ebenfalls mit aufgenommen.

• Reanimation:

Akute Infarkte mit Reanimation vor oder bei Aufnahme wurden ebenfalls dokumentiert. Auch wenn die kardiopulmonale Reanimation

erfolglos war, wurde der Fall mit aufgenommen. Es wurden also auch Infarkt-Patienten erfasst, die unter Reanimation vor oder bei Aufnahme verstarben.

• Prähospitale Todesfälle:

Es wurden auch prähospitale Todesfälle mit kardialem Hintergrund in die Untersuchung eingeschlossen.

4.1.5 Patientenbefragung

Da die Ergebnisqualität nicht allein durch den Endpunkt Mortalität beschrieben werden kann, sondern auch die Einschätzung der Patienten zu ihrer subjektiven Leistungsfähigkeit und Lebensqualität erfordert, ist eine Patientenbefragung nach überstandenem AMI von großer Wichtigkeit zur Beurteilung und Verbesserung der Versorgungsqualität von Akutpatienten.

Bei der Patientenbefragung wurden die eingeschlossenen Patienten ein Jahr nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus befragt. Dabei wurde nicht nur die Lebensqualität und subjektive Leistungsfähigkeit erfragt, welche ein Kriterium der Ergebnisqualität der Versorgung darstellen, sondern es wurden auch Fragen zur Zufriedenheit mit der notärztlichen Versorgung und zum Risikoprofil (Rauchverhalten, SES etc.) gestellt.

4.1.6 Erhebungszeitraum

Für diese Dissertation gab es eine Vorbereitungs- bzw. Planungsphase von etwa sechs Monaten. Zum Jahresbeginn 2005 wurden anhand einer Feasibility-Studie die Instrumentarien erprobt und an die Gegebenheiten im Krankenhaus bzw. Herzkatheterlabor angepasst und finalisiert.

Die Datenerhebung der Studie begann am 1. März 2005. Der Beobachtungszeitraum wurde für diese Arbeit auf sechs Monate beschränkt (1.3.-31.8.2005). Die Erhebung aus den Notarztprotokollen war Ende September 2005 abgeschlossen. Es lagen für den Untersuchungszeitraum Daten aus ca. 1.400 Notarztprotokollen vor. In diesen Protokollen wurde ein Verdacht eines ACS geäußert.

Die Erhebung aus den Krankenakten in den 7 beteiligten Kliniken wurde im Februar 2007 beendet. Die Eingabe der Klinik-Dokumentationsbögen und der Plausibilitäts-Check dieser Daten waren zwei Monate später ebenfalls

Patientenfragebögen gesammelt und in eine Access-Datenbank eingegeben.

Der Mortalitäts-Follow up, d.h. der Datenabgleich mit dem Bremer Mortalitätsindex (BreMI), um die 7-Tage-, 28-Tage- und 1-Jahres-Letalität zu bestimmen, konnte erst im Oktober 2007 durchgeführt werden, da die Eingabe der Totenscheine in die Datenbank des BreMI erst zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war. Die statistische Analyse und Auswertung der Daten wurden August 2007 bis April 2008 durchgeführt.

4.1.7 Abgleich mit Bremer Mortalitätsindex

Um den Vitalstatus der AMI-Patienten, die eine der Bremer Kliniken erreicht haben, über ein Jahr nach zu verfolgen und somit die 7-Tage-, 28-Tage- und 1-Jahres-Letalität der Krankenhaus-Patienten mit AMI und die prähospitale Mortalität möglichst genau zu bestimmen, wurde ein Abgleich mit den Daten des BreMI durchgeführt.

Beim BreMI handelt es sich um eine Datenbank, in der die Todesursachen aller Verstorbenen ab 01.01.1998 mit erstem Wohnsitz im Bundesland Bremen erfasst werden. Die in der Datenbank gespeicherten Informationen beinhalten alle Eintragungen auf den Todesbescheinigungen, soweit sie lesbar sind. Der BreMI beruht auf §9 des Gesetzes über das Leichenwesen (s. Anhang E).

Durch den BreMI ist die Möglichkeit des Mortalitäts-Follow-up in Kohortenstudien gegeben. Ist der erste Wohnsitz eines Kohortenmitglieds im Bundesland Bremen, kann in regelmäßigen Abständen der individuelle Vitalstatus elektronisch überprüft werden (Link der Bremer Kohortenmitglieder mit dem BreMI). Ist ein Kohortenmitglied verstorben, kann der BreMI die Todesursache sowohl im Klartext als auch die Verschlüsselung des Grundleidens gemäß ICD-10 liefern, die Eingang in die offizielle Mortalitätsstatistik gefunden hat.

Für jeden genannten Patienten wurde der Vitalstatus in der Datenbank recherchiert und gegebenenfalls der Todeszeitpunkt und die registrierte Todesursache im Wortlaut und als ICD Schlüssel ermittelt. Die Ergebnisse wurden dem BIPS in pseudonymisierter Form anhand der ID-Nummer übersandt. Das BIPS erhielt nicht die personenbezogenen

Identifikationsmerkmale. In Abbildung 9 wird der Datenfluss der Untersuchung schematisch dargestellt.