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2.2 Elektronendichteuntersuchung an Alkyllithiumverbindungen

2.2.4 Vergleich der Strukturen

Zu Beginn kann festgestellt werden, dass die jeweiligen Donorbasen (()-Spartein und Chinuchlidin) in der Analyse der ED der untersuchten Alkyllithiumverbindungen in unterschiedlichen Aggregaten vergleichbare Wechselwirkungen zeigen. Sowohl die relative Position der BCPe der Li-N-Bindung als auch der Wert der ED am BCP lassen auf eine überwiegend ionische Wechselwirkung schließen, bei der die wesentliche ED am donierenden Stickstoffatom lokalisiert ist. Die um ca. 0.05 eÅ-3 geringere ED am BCP in Verbindung 4‘ erklärt sich durch die höhere Koordinationszahl des beteiligten Lithiumatoms.

Tabelle 2-8 Ausgewählte topologische Parameter am BCP. (rBCP): ED am BCP, 2(rBCP): Laplace-Operator am BCP, dBP: Bindungspfadlänge, d1/2BCP: Abstand des Atoms 1/2 zum BCP. Alle aufgelisteten Werte sind aus Gründen der Übersichtlichkeit gerundet. Die ausführlichen Werte sind im Anhang, 7.5 zu finden.

Der Vergleich der Laplacefunktion im Li-N-Bereich der drei untersuchten Donorbase gebundenen RLi-Verbindungen und vor allem die Analyse der VSCCs auf Form, Ausrichtung und Ausprägung zeigt leichte Unterschiede. Gemeinsam ist die Ausrichtung der VSCCs. Diese befinden sich auf der direkten Kernverbindungsline und bestätigen damit, dass es sich um eine gerichtete 2z2e-Bindung handelt.

Abbildung 2-36 Darstellung der Laplacefunktion am Isowert -40 eÅ-5 im Li1-N1-Bereich. Sowohl bei Verbindung 2 als auch 3 besteht kein Unterschied zur Li2-N2-Bindung, weshalb nur die eine dargestellt wurde.

Die größte Ausprägung der VSCC ist am Stickstoffatom im Chinclidin in der tetrameren Struktur 4‘ (2(r)max  80 eÅ-5) zu finden. Anhand von Abbildung 2-36 wird klar, dass in 4‘ der Bereich der Ladungsakkumulation im VSSC bei einem Isowert von -40 am stärksten ausgedehnt ist. Die kleinste Ausprägung ist an den Stickstoffatomen der

Chinuclidin-Bindung (rBCP) [eÅ-3] dBP [Å] d2BCP/d1 BCP

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Ligaden in Verbindung 3 (2(r)max  63 eÅ-5) zu beobachten. Im mittleren Bereich liegt das am meisten symmetrisch geformte VSCC des ()-Spartein-Liganden in der monomeren RLi-Verbindung 2 (2(r)max  75 eÅ-5).

Bei den Li-C-Bindungen der untersuchten Alkyllithiumverbindungen lässt sich folgender Trend herausstellen. Es lassen sich zwei unterschiedliche Polarisierungen im Li-C-Bindungsbereich charakterisieren, wobei sie sich nach der Koordinationszahl des Lithiumatoms unterteilen lassen. So liegt in Verbindung 2, 3 und 4‘ (bei Li2) ein dreifach koordiniertes Lithiumatom vor. Die Bindungseigenschaften der untersuchten RLi-Verbindungen sind folgendermaßen:

Tabelle 2-9 Übersicht über die Anzahl der N/C-Kontakte der an das Lithiumatom koordinierenden Liganden in den untersuchten Strukturen.

Verbindung Anzahl an N-Kontakten

Anzahl an C-Kontakten

Summe der Li-Kontakte

2 2 2 3

3 1 2 3

4 / 4‘ (Li2) 0 3 3

4 / 4‘ (Li1) 1 3 4

Zusätzlich zeigt Verbindung 4 / 4‘ eine Li-C-Bindung, bei der eine vierfache Koordination des Lithiumatoms (Li1) vorliegt. Zur Übersichtlichkeit der erhaltenen Eigenschaften sind sie in Tabelle 2-10 nach der Art der Lithiumkoordination zusammengefasst. Abbildung 2-37 fasst die jeweilige Koordination der untersuchten Lithiumatome zusammen.

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Tabelle 2-10 Ausgewählte topologische Parameter am BCP. (rBCP): ED am BCP, 2(rBCP): Laplacefunktion am BCP, dBP: Bindungspfadlänge, d1/2BCP: Abstand des Atoms 1/2 zum BCP. Alle aufgelisteten Werte sind aus Gründen der Übersichtlichkeit gerundet. Die ausführlichen Werte sind im Anhang, 7.5 zu finden. In Grün hinterlegt sind die Li-C-Bindungen, bei denen das Li-Atom durch drei Liganden gebunden ist. In gelb hinterlegt sind die Li-C-Bindungen, bei denen das Li-Atom durch vier Liganden gebunden ist.

Bindung (rBCP) [eÅ-3] dBP [Å] Summe der

Abbildung 2-37 Molekularer Graph der untersuchten Verbindungen 2-4‘. Zur Übersichtlichkeit ist nur die Koordinationsumgebung der Lithiumatome dargestellt. Des Weiteren wurde auf die Darstellung der RCPs und CCPe verzichtet.

Der höchste Wert der ED am BCP (0.21 eÅ-3) ist in der monomeren Alkyllithium-Spezies [((–)-spartein)LitBu] (2) zu finden. Gleichzeitig wird hier auch die kürzeste Bindungspfadlänge von den untersuchten Strukturen beobachtet. Es handelt sich um eine 2z2e-Bindung. Im Vergleich dazu liegt die mittlere ED (0.14 eÅ-3) der Li-C-Bindungen in der dimeren Struktur (3) um ca. 0.08 eÅ-3 unter der der Li-C-Bindung, die in Verbindung 2

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festgestellt wurde. Diese Verringerung kann durch den Aggregationsgrad der Lithiumatome erklärt werden. Die für die Koordination verantwortliche Ladungsdichte ist zwar wie in 2 an der Spitze des tetraedrischen Carbanions im tBu-Rest konzentriert, dennoch bilden die BCPe nur einen Teil dieser Ladungskonzentration ab, da es hier eine 3z2e-Bindung ist. Die VSCCs zeigen auf den Mittelpunkt der Li∙∙∙Li-Kern-Kern-Verbindungslinie. Daher ist der Beitrag für den Ladungsausgleich der zwei positiv geladenen Lithiumatome der tBu-Reste gleichmäßig. In Form und Größe der VSCCs konnte kein Unterschied zu Verbindung 2 festgestellt werden. Der kleinste Wert in der ED am BCP (0.08 eÅ-3) wurde bei Verbindung 4‘ beobachtet. Hierbei handelt es sich um ein Li4-Aggregat. Jedes Carbanion des iPr-Restes besitzt 3 Bindungspfade mit entsprechenden BCPe zu den jeweiligen Lithiumatomen. Folglich muss die ED des carbanionischen Kohlenstoffatoms auf drei Lithiumatome aufgeteilt werden. Es handelt sich um eine 4z2e-Bindung. Zusätzlich sind die Lithiumatome in ihrer Umgebung nicht äquivalent zueinander. So besitzt das Li1-Atom vier Kontakte, drei iPr-Reste und einen zur Donorbase Chinuclidin und das Li2-Atom drei Kontakte, welche ausschließlich iPr-Reste sind. Diese Asymmetrie ermöglicht den unterschiedlich starken Elektronenzug der Lithiumatome in der ED sichtbar zu machen.

Eine geringe ED am BCP bedeutet, dass die ED des Carbanions lokalisierter am Kern des Carbanion befindet und sich weniger über den Li-C-Bereich erstreckt. Dieser Fall trifft für die Koordination von Li12/Li2-C1 zu. Hier wird weniger ED des Carbanions in den Li-C-Bereich polarisiert. Der Grund hierfür ist, dass zwei Li1-Atome einen zusätzlichen Kontakt zu der Donorbase Chinuclidin aufweisen, welche die positive Ladung ausgleicht.

Deshalb benötigen die Lithiumatome einen geringen Betrag an negativer Ladung der Carbanionen, da zusätzliche ED der Donorbase vorhanden ist. Der Einfluss der Lithium-Kationen auf den koordinierenden Alkylrest wird bei der Li-C-Koordination von C4 des i Pr-Restes deutlich.

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Abbildung 2-38 Schematische Darstellung der beobachteten Trends aus der ED-Analyse.

In diesem Fall liegt eine Koordination zu zwei Li2-Atomen (KZ=3) und eine zu Li1-Atom (KZ = 4) vor. Die ED am BCP ist im Vergleich zu den bei C1 beobachteten Werten signifikant höher ((rBCP) = 0.05 eÅ-3), sodass hier eine stärkere Polarisierung der Li-C-Bindung vorliegt. Unter Polarisierung ist hierbei gemeint, dass die Lithiumatome Li2/Li2a eine stärkere elektronenziehende Wirkung auf die ED des Carbanions ausüben als es bei Li1/Li1a der Fall ist. Dieser Befund kann durch die Orientierung der gefundenen VSCC an C4 als auch mithilfe der Abstände zu den Li-Atomen bestätigt werden. Diese zeigt eine deutliche Verschiebung zu den Li2/Li2a-Atomen, weshalb die VSCC nicht wie bei C1 mittig auf die Li3-Dreickecksfläcke zeigt, siehe Abbildung 2-39.

Der in Kapitel 3.1 herausgearbeitete Effekt der positiven Ladung der Aluminiumatome auf die C-C-Bindungsverlängerung im verbrückenden Alkylrest, konnte bei der Analyse der RLi-Verbindungen 2-4/4‘ nicht beobachtet werden.

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Abbildung 2-39 Darstellung der 3-Koordination der C-Atome auf die Li3-Dreiecksfläche aus der Strukturbeschreibung (a) und Elektronendichteanalyse (b).

Gründe hierfür sind zum einen die im Vergleich zum Al-Kation vergleichsweise geringe Ladung des Li-Kations (+2e bei Al zu +0.9e bei Li). Zum anderen wird ein Teil des Ladungsausgleichs von den N-donierenden-Liganden übernommen. Zudem kann keine Verlängerung der C-C-Bindung in den untersuchten Alkylresten beobachtet werden, da eine gleichmäßige Verteilung der ED am Carbanion gegeben ist. Es handelt sich bei diesen Strukturen um tertiäre oder sekundäre Alkylreste anstatt um einen primären Alkylrest, wie in Verbindung 1. Dies könnte die Folge haben, dass ein möglicher Effekt aufgrund der Anordnung des Alkylreste nicht sichtbar ist. Deshalb kann nur die gleichmäßige Verteilung der ED, welche anhand der visualisierten VSCCs und auch in der nahezu symmetrischen Koordination im Li-Dimer (3) sichtbar ist, beobachtet werden.

Allerdings zeigte das Ergebnis der CCDC-Datenbanksuche, dass eine C-C -Bindungsverlängerungen sowohl bei reinen Alkyllithiumverbindungen wie [LinBu]670

(d=0.007 Å) als auch beispielsweise bei donorstabilisierten dimeren [(DPE-6)LinBu]292

(d=0.009 Å) und tetrameren [(OtBu)LinBu]493 (d=0.03 Å) Alkyllithiumverbindungen auftreten kann.

In Verbindung 4‘ kann dagegen trotz vorhandener Donorbase eine stärkere Wechselwirkung ausgehend von den Lithium-Kationen festgestellt werden. Diese zeigt sich vor allem in dem Koordinationsmotiv des iPr-Restes zu den zwei Lithiumatomen Li2, welche ausschließlich durch die Wechselwirkung des carbanionischen C-Atoms der i Pr-Reste dominiert sind. Dies äußert sich in einer breiteren Verteilung der ED des Carbanions

- 53 - C4, da formal drei positive Ladungen ausgeglichen werden müssen. Allerdings kann auch hier keine C-C-Bindungsverlängerung in dem iPr-Rest beobachtet werden. Allein die Verschiebung des VSCCs und die relativ hohen Werte in der ED lassen diesen Rückschluss zu.

Abschließend kann aus der Elektronendichteanalyse zusammengefasst werden, dass es sich sowohl bei der Li-N- als auch bei der Li-C-Bindung um eine überwiegend ionische Bindungswechselwirkung handelt, wobei ein schwach kovalenter Anteil in Form einer Ladungsdichtendelokalisierung vorhanden ist. Der kovalente Anteil wird in diesem Zusammenhang mit der Ausdehnung / Polarisierung der ED im Bindungsbereich zwischen dem Lithiumatom und dem jeweiligen Bindungspartner, nämlich dem Stickstoffatom der Donorbase oder dem C-Atom der carbanionischen Einheit, interpretiert.

Als ergänzende Methode zur Charakterisierung der carbanionischen Einheit im Li-C-Bindungsbereich wurde eine Energiezerlegungsanalyseanalyse (engl: energy-decomposition analysis - EDA-NOCV) durchgeführt.7 Tabelle 2-11 fasst die aus der EDA erhaltenen Energien zusammen. Für die Analyse wurde folgende Fragmentierung gewählt: (C4H9) und [((−)-spartein)Li]+ in 2, (C4H9)22− und [(ABCO)Li]22+ in 3 und (C3H7)44−

und [(ABCO)2Li4]4+ in 4. Anhand der erhaltenen Energien aus der EDA kann folgender Trend beobachtet werden. Je höher der Aggregationsgrad des Lithiumatoms ist, desto geringer ist der Anteil der elektrostatischen Wechselwirkungsenergie Eel (73% in 2 und 38% in 4) bzw. desto größer ist die stabilisierende Orbitalwechselwirkungsenergie Eorb

(21% in 2 und 60% in 4) im Li-C-Bindungsbereich.

Tabelle 2-11 Energiezerlegunganalyse (EDA-NOCV) von 2 – 4/4‘ auf B86-D3BJ/augTZ2P Theorielevel.

Energien sind in kJmol-1 angegeben, der prozentuale Anteil steht in Klammern. Es wird der prozentuale Anteil der Energie zur attraktiven Gesamtenergie angegeben.

2 3 4/4‘

Die Ergebnisse der EDA bestätigen den Trend der Polarisierung im Li-C-Bindungsbereich in Abhängigkeit der Aggregation, welche in der experimentellen und theoretischen Elektronendichtenanalyse beobachtet wurde.

7 Experimentelle Details zu dieser Untersuchung sind in Kapitel 4 zusammengefasst.

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Abschließend kann nun folgender Trend in der Polarisierung der Lithium-Kohlenstoff-Bindung im Lithium-Kohlenstoff-Bindungsbereich festgehalten werden, siehe Abbildung 2-40. Dieser bekräftigt die in Kapitel 2.1 aufgestellte Hypothese der polarisierenden Wirkung des Metall-Kations auf das freie Elektronenpaar.

Abbildung 2-40 Schematische Darstellung des Polarisierungsgrades in Abhängigkeit des RLi-Strukturmotivs.

Li1: dreifach koordiniertes Lithium-Kation, Li2: vierfach koordiniertes Lithium-Kation; N1: (−)-Spartein; N2 -Chinuclidin; R1: C3H9, R2 C2H7.