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Verdienstausfallentschädigung

Im Dokument Lohn- und Verdienstersatzordnung (Seite 159-179)

Die eidgenössische Mai 1945 Lohn- und Verdienstersatzordnung

5. Verdienstausfallentschädigung

Nr. 463: Zusätzliche Verdienstausfallentschädigung; Feststellung der tatsäch-lichen Aufwendungen.

vgl. Nr. 462: zusätzliche Versetzungsentschädigung: eigene Einkünfte.

6. Nachzahlung geschuldeter Beiträge.

Nr. 464: Erlaß der Nachzahlung: guter Glaube.

Nr. 465: Erlaß der Nachzahlung: große Härte.

7. Rechtspflege.

vgl. Nr. 461: Zuständigkeit der Schiedskommission und der AKV.

Nr. 466: Beginn der Beschwerdefrist.

Vorbemerkungen zu den Entscheiden Nr. 459-466.

Dem Entscheid Nr. 459 lag folgender Tatbestand zu Grunde:

Eine Druckerei hatte ein Torfmoor gepachtet, dessen Ausbeutung sie dem Beschwerdeführer übertrug. Dieser mußte sich verpflichten, jährlich eine bestimmte Menge Torf zu fördern, die ihm die Druk-kerei zum amtlich festgesetzten Höchstpreis abnahm. Alle weiteren Auslagen trug die Pächterin des Grundstückes. Die AKV erkannte, daß der Beschwerdeführer seiner Auftraggeberin, der Pächterin des Torfmoores, nicht in so unabhängiger Stellung gegenüber steht, wie dies zwischen Selbständigerwerbenden üblich ist. Durch den abgeschlossenen Vertrag mußte er sich zu Leistungen verpflichten, denen keine Risikoübernahme gegenübersteht, sodaß sein Ver-hältnis einem DienstverVer-hältnis gleicht, was seine Unterstellung un-ter die Verdiensun-tersatzordnung ausschließt.

AVEO Art. 8, Abs. 3, bestimmt, daß eine spätere Aenderung in der Bezeichnung des Betriebsleiters nur aus triftigen Gründen

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und nur mit Zustimmung der zuständigen Ausgleichskasse erfol-gen darf. Die AKV hat an die Gründe, die eine Aenderung in der Bezeichnung des Betriebsleiters herbeiführen können, immer stren-ge Anforderunstren-gen stren-gestellt, da mitunter versucht wurde, z. B. an Stelle des alten, aber noch rüstigen Vaters, dessen militärdienst-pflichtigen Sohn als Betriebsleiter zu bezeichnen, damit dieser in den Genuß der Betriebsbeihilfe gelange (vgl. auch das Kreis-schreiben Nr. 60 vom 19. Juli 1944). Ist der Besitzer eines bäuer-lichen Heimwesens aber unheilbar krank und führt sein Sohn, wie im Fall Nr. 460, tatsächlich den Betrieb, so ist, auch wenn ihm der Vater noch gelegentlich mit Rat beisteht, eine Aenderung in der Bezeichnung des Betriebsleiters vorzunehmen und der Sohn als Betriebsleiter zu betrachten.

Der Entscheid Nr. 456 (ZLV 1945, Heft 4, S. 121) befaßt sich mit der Frage der Erbenhaftung. Da die Forderungen der Kasse gegenüber dem Beitragspflichtigen weder zur Aufnahme ins öffent-liche Inventar angemeldet, noch darin aufgenommen wurden und auch nicht aus den Papieren des Erblassers ersichtlich waren, war die Haftung der Erben nicht gegeben. Da es fraglich ist, ob die Bücher der Kasse zu den öffentlichen Büchern zählen, deren For-derungen nach ZGB Art. 583 von Amtes wegen ins öffentliche In-ventar aufzunehmen sind, empfahl die AKV den Kassen, dem Rech-nungsruf bei öffentlichen Inventaren Beachtung zu schenken und die Beitragsforderungen anzumelden. Einen Schritt weiter geht nun der Entscheid Nr. 461, weil nach diesem die Kassen verpflichtet sind, ihre Forderungen zur Aufnahme ins öffentliche Inventar anzu-melden. Dieser Entscheid ist vom Entscheid Nr. 456 insofern noch verschieden, als hier die Rückforderungsverfügung sich in den Papieren des Erblassers befand, trotzdem aber nicht ins Inventar aufgenommen wurde. Da ZGB Art. 583 ausdrücklich bestimmt, daß Forderungen, die aus den Papieren des Erblassers ersichtlich sind, von Amtes wegen ins Inventar aufgenommen werden müssen, glaubte die Kasse darauf verzichten zu dürfen, ihre Forderung noch-mals anzumelden. Der Erbe, der die Erbschaft unter öffentliche In-ventur angenommen hat, haftet jedoch grundsätzlich nur für die Schulden, die im Inventar verzeichnet sind. Die Mehrheit der Kom-mentatoren (vgl. Zitate im Text des Entscheides) ist nun der An-sicht, daß für Forderungen, die aus den Papieren des Erblassers ersichtlich waren und die von Amtes wegen nicht aufgenommen wurden, der Erbe nur im Umfange der Bereicherung haftet. Zu die-

sem Schluß dürften sie in Auslegung von ZGB Art. 590, Abs. 2, gekommen sein, wo bestimmt wird, daß für Forderungen, die trotz Anmeldung in das Verzeichnis nicht aufgenommen wurden, der Erbe haftet, soweit er aus der Erbschaft bereichert ist. Bei sol-venten Erbschaften besteht ja auch in diesem Fall für die Forde- rungen der Kasse keine Gefahr. Bleiben nach Tilgung der Schuld aber keine Aktiven mehr übrig, oder ist die Erbschaft gar verschul-det wie im vorliegenden Fall, so muß die Kasse ihre Forderung abschreiben. Daher sind die Kassenforderungen zur Aufnahme ins öffentliche Inventar immer anzumelden.

Wie der Entscheid Nr. 462 ausführt, entspricht der Art. 1, Abs. 2, der Verfügung Nr. 2 des EVD vom 26. Februar 1941 (setzungsentschädigungen) den Bestimmungen der Lohn- und Ver-dienstersatzordnung (VW Art. 3, Abs. 2, und AVEO Art. 13bis, Abs. 2). Darnach werden in der Landwirtschaft eingesetzte Ar-beitskräfte, die bisher weder der Lohn- noch der Verdienstersatz-ordnung unterstanden, wie Arbeitslose nach Maßgabe der Lohn-ersatzordnung entschädigt, mit dem Beifügen, daß dies aber nicht gilt für Studenten, Hausfrauen usw. (vgl. Kreisschreiben Nr. 80 zur Vfg. Nr. 5 des EVD vom 15. März 1945).

Im Entscheid Nr. 457 )ZLV 1945, Heft 4, S. 122) stellte die AKV fest, daß Verdienstausfallentschädigungen grundsätzlich mit Verdienstersatzbeiträgen verrechnet werden können. Diesen Grundsatz bringt die AKV nun auch auf Versetzungsentschädigun-gen zur Anwendung, wobei für das betreibungsrechtliche Exi-stenzminimum der gleiche Vorbehalt gemacht wird.

Das Zivilrecht unterscheidet zwischen Unterhalts- und Unter-stützungspflicht. Die Unterhaltspflicht gilt primär, die Unterstüt-zungspflicht dagegen nur sekundär, d. h. sie kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn keine Unterhaltspflicht besteht oder die unterhaltspflichtigen Angehörigen zur Erfüllung ihrer Pflicht nicht herangezogen werden können. Unter sich und gegen-über unmündigen Kindern sind die Eltern unterhaltspflichtig, die Kinder sind den Eltern gegenüber nur unterstützungspflichtig (vgl.

Egger, Kommentar zum Familienrecht, 2. Auflage, Nr. 19 und 21 zu ZGB Art. 328). In ihrem Entscheid Nr. 462 geht die AKV von dieser Unterscheidung aus, indem sie feststellt, daß zur Be-rechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums eines Ehe-paares zuerst das Einkommen des Ehemannes und erst in zweiter Linie Unterstützungsleistungen der Kinder heranzuziehen sind.

Die Anwendung dieses Grundsatzes hat aber weitreichende Folgen bei der Frage nach der Verrechnungsmöglichkeit von Entschädigun-gen mit BeiträEntschädigun-gen. VersetzungsentschädigunEntschädigun-gen sind beschränkt pfändbare Ansprüche (SchKG Art. 93), d. h. sie können nur soweit gepfändet werden, als sie nicht nach dem Ermessen des Betrei-bungsbeamten dem Schuldner und seiner Familie unumgänglich notwendig sind. Das Einkommen des Ehemannes, die Versetzungs-entschädigung, ist daher bei der Berechnung des Existenzminimums vor den Unterstützungsleistungen der Kinder heranzuziehen. Da der Betrag der Versetzungsentschädigung aber meistens innerhalb des Existenzminimums liegen dürfte, kann diese Entschädigung nicht mit Beiträgen an die Kasse verrechnet werden, gleichgültig, ob die Unterstützungsleistungen der Kinder eine große Summe aus-machen oder nicht.

Die Höhe einer zusätzlichen Entschädigung hängt von den tat-sächlichen Aufwendungen des Wehrmannes ab. In jenen Fällen, in denen z. B. ein Sohn seiner Mutter eine bestimmte Summe für ihren Unterhalt oder für den Unterhalt beider übergibt, lassen sich die Aufwendungen für die Mutter leicht errechnen. Wie steht es aber um die Feststellung der tatsächlichen Aufwendungen, wenn der Sohn im Haushalt der Mutter lebt und einen handwerk-lichen Betrieb führt, der ihm und seiner Mutter gemeinsam ge-hört? Die AKV ging in ihrem Entscheid Nr. 463 davon aus, daß sie als Verdienst des Sohnes den Betrag des Lohnes einsetzte, den eine familienfremde Arbeitskraft im Betrieb erhält. Von diesem Betrag wurde ein Taschengeld für den Sohn und die Auslagen für dessen Unterkunft und Verpflegung abgezogen; der Rest stellt die.

Unterstützung des Sohnes an die Mutter dar.

Die Entscheide Nr. 464 und Nr. 465 befassen sich mit dem Erlaß der Nachzahlung geschuldeter Beiträge. Während im ersten Entscheid das Vorliegen des guten Glaubens zur Beurteilung vor-lag, war im zweiten Entscheid die Voraussetzung der großen Härte zu prüfen. Im Entscheid Nr. 465 berief sich ein Beitrags-schuldner gegenüber einer Nachforderung der Kasse darauf, daß ihm nach der Verordnung des Bundesrates über vorübergehende rechtliche Schutzmaßnahmen für die Hotel- und Stickerei-Industrie vom 19. Dezember 1941 die Steuern, Abgaben und Gebühren ge-stundet seien. Die AKV hat aber mit Recht festgestellt, daß eine solche Stundung weder einer Feststellung des Bestandes einer For-derung noch der Verweigerung des Erlasses der Nachzahlung ge-

schuldeter Beiträge entgegenstehe. Ob die geschuldeten Verdienst-ersatzbeiträge unter den Begriff der «Abgaben» fallen und damit ebenfalls von der Stundung betroffen werden, hat die AKV dabei nicht entschieden.

Wie die AKV in ihrem Entscheid Nr. 466 ausdrücklich wie-derholt, beginnt die Beschwerdefrist erst an dem Tag zu laufen, an dem die Kassenverfügung der beschwerten Partei selbst zugestellt wurde.

In der einer Kassenverfügung beiliegenden Rechtsmittelbeleh-rung darf, wie die AKV mit Nachdruck ausführt, der Wehrmann nicht beeinflußt oder gar unter Druck gesetzt werden, keine Be-schwerde zu erheben. Die Kasse darf in der Rechtsmittelbelehrung den Beschwerdeführer nur auf die zu treffenden Vorkehren auf-merksam machen und hat sich z. B. der Bemerkung, daß sie die Beschwerdeführung als aussichtslos erachte, zu enthalten.

Nr. 459.

Wer sich gegenüber dem Pächter eines Torffeldes zur Ausbeutung des letz-tern verpflichtet hat, eine Mindestmenge Torf zum festgesetzten Höchstpreis ab-liefern muß, weder einen Pachtzins noch Gebühren bezahlt und kein finanziel-les Risiko trägt, ist nicht Selbständigerwerbender und untersteht daher nicht der Verdienstersatzordnung.

Mit Vertrag vom 5. Juni 1942 übernahm der Beschwerdeführer die Aus-beutung eines Torffeldes auf Rechnung einer Druckerei, die das Torffeld ge-pachtet hatte. Er garantierte, jährlich mindestens 15 «bauches» (_—_-,c.45 m3) gu-ten, normal getrockneten Torf zu liefern. Die Druckerei bezahlte für den ge-lieferten Torf den amtlich festgesetzten Preis und übernahm die Entrichtung des Pachtzinses und der Gebühren. Die Kasse unterstellte den Beschwerdeführer als Selbständigerwerbenden der Verdienstersatzordnung. Eine gegen diese Ver-fügung erhobene Beschwerde wurde von der Schiedskommission abgewiesen.

Gegen diesen Entscheid rekurriert der Beschwerdeführer an die AKV. In der Beschwerde führt er aus, er besitze keinen Rechtsanspuch über das auszubeu-tende Land, verfüge über keine eigenen Betriebseinrichtungen und sei eher wie ein Taglöhner oder Holzhauer zu behandeln.

Die AKV heißt die Beschwerde aus folgender Erwägung gut:

In ihrem Entscheid Nr. 371 (ZLV 1943, S. 494) hat die AKL ausgesprochen, daß die Torfausbeutung durch die Gebrüder H., die diese auf dem Grundeigen-tum der damaligen Rekurrentin betrieben, als selbständige Erwerbstätigkeit an-zusehen sei. Es handelte sich aber damals um einen Grenzfall. Für die An-nahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit sprach immerhin, daß die Gebrüder H. der Grundeigentümerin, der sie sämtlichen ausgebeuteten Torf zu einem bestimmten Preis liefern mußten, ein bestimmtes Entgelt pro ausgebeutete Fläche zu entrichten hatten. Gerade in diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Fall vom vorerwähnten. Die Druckerei ist nicht Eigentümerin, sondern Päch-terin des Grundstückes. Sie kann daher nur innerhalb der beschränkten Rechte einer Pächterin über die Sache verfügen. Der Beschwerdeführer ist nicht Un-

terpächter, sondern hat überhaupt keinen Rechtsanspruch auf das Land. Sein Verhältnis zur Druckerei erscheint daher als ein Dienstverhältnis im weitern Sinn. Daran ändert nichts, daß die Vergütung, die ihm bezahlt wird, im Vertrag als Preis bezeichnet wird. Die offiziellen Torfpreise, die nach dem Vertrag ge-schuldet sind, stellen der Höhe nach zugleich eine angemessene Vergütung für die Arbeitsleistung dar. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer kein finan-zielles Risiko trägt.

(Nr. 1144 i. Sa. E. Jeanneret vom 24. Januar 1945) Nr. 460.

Ein Sohn, der den landwirtschaftlichen Betrieb seines unheilbar kranken Vaters führt und die leitenden Verfügungen trifft, ist anstelle des Vaters als Betriebsleiter zu bezeichnen (AVEO Art. 8, Abs. 3).

Der Beschwerdeführer ist 68 Jahre alt und Besitzer eines landwirtschaft-lichen Betriebes. Er leidet an einer unheilbaren Krankheit (Biemersche Anae-mie) und kann nur durch ständige ärtliche Behandlung am Leben erhalten blei-ben. Jede strenge Arbeit ist ihm untersagt, da sich sonst sein Zustand wesent-lich verschlimmern könnte. Am 17. März 1944 stellte er bei der Kasse das Ge-such, um Bezeichnung seines Sohnes Hermann als Betriebsleiter. Die Kasse lehnte das Gesuch und ein Wiedererwägungsgesuch ab. Daraufhin erhob der Re,kurrent Beschwerde bei der Schiedskommission. Diese nahm an, der Be-schwerdeführer erteile immer noch die Befehle und treffe die entscheidenden Anordnungen auf dem Hofe. Trotz seines Zustandes, der sich in letzter Zeit scheinbar nicht verschlimmert habe, müsse angenommen werden, der Beschwer-deführer sei noch imstande den Betrieb zu leiten, weshalb er mit seinem Be-gehren abgewiesen wurde. In der Beschwerde an die AKV ersucht der Rekurrent erneut um Anerkennung seines Sohnes Hermann als Betriebsleiter. Er macht geltend, ein Bauernhof mit einer Ertragenheit von 121/2 Kühen (offenbar Groß-vieheinheiten, was der 5. Beitragsklasse entsprechen würde) könne nicht von der Stube aus rationell bewirtschaftet werden. Neben seinem Sohn Hermann seien zwei Knechte, darunter ein 14-jähriger Bursche, beschäftigt. Die AKV heißt die Beschwerde aus folgenden Gründen gut:

Es steht unzweifelhaft fest, daß der Sohn die körperliche Hauptarbeit lei-stet. Allein darauf darf bei der Bezeichnung des Betriebsleiters nicht abgestellt werden. Als Betriebsleiter darf nur jene Person bezeichnet werden, die dem Be-trieb tatsächlich vorsteht und die entscheidenden Anordnungen trifft. Soll eine Aenderung in der Bezeichnung des Betriebsleiters vorgenommen werden, ohne daß eine Aenderung in den rechtlichen, sondern bloß in den tatsächlichen Ver-hältnissen erfolgt, so sind an den Beweis strenge Anforderungen zu stellen (vgl.

den Entscheid Nr. 177, ZLV 1942, S. 292).

Der Sohn Hermann ist 30 Jahre alt. Von keiner Seite wurde ihm die Fähig-keit abgesprochen, dem väterlichen Landwirtschaftsbetrieb vorzustehen. Er ist von Beruf Metzger, kehrte aber im Jahre 1941 auf das väterliche Gut zurück, da sein Bruder sich verheiratete und wegzog. Es ist daher verständlich, wenn der Vater dem Sohne noch mit Rat und Tat beisteht. Dies genügt aber nicht, daß er auch als Betriebsleiter gelten könnte (vgl. den Entscheid Nr. 376, ZLV 1944, S.

165). Der Betriebsleiter muß sich auch aktiv im Betriebe betätigen können, dies umsomehr in kleinen und mittleren Betrieben, wo es wesentlich auf die tat-

kräftige Mithilfe des Betriebsleiters ankommt, wenn er auch nicht bedeutende Arbeiten selbst auszuführen braucht. Der Beschwerdeführer hat nun aber die Betriebsleitung in diesem Sinne nicht mehr inne. Er ist unheilbar krank und darf keine strenge Arbeit mehr verrichten. Vater und Sohn stehen in einem Alter, wo ein Uebergang in der Leitung erfahrungsgemäß oft stattfindet. Auch der Leiter der Gemeindestelle bezeichnet den Sohn als Betriebsleiter. Wenn daher der Vater noch gewisse Geschäfte unter Beiziehung seines Sohnes selbst tätigt, so ergibt sich doch. unter Berücksichtigung aller Umstände, daß der Sohn als Betriebsleiter zu gelten hat. Auch besteht offenbar keinerlei Umgehungsab-sicht, z. B. die AbUmgehungsab-sicht, eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Entschädigung beziehen zu können.

(Nr. 1186 i. Sa. J. Schöpfer vom 5. Februar 1945) Nr. 461.

1. Die Beschwerdeinstanzen der Verdienstersatzordnung sind auch dann zur Beurteilung von Forderungen der Kasse gegenüber Personen, die zur Rück-erstattung von zu Unrecht bezogenen Entschädigungen verpflichtet sind, sowie gegenüber deren Rechtsnachfolgern zuständig, wenn der Entscheid in der Hauptsache die Erledigung einer zivilrechtlichen Vorfrage voraussetzt.

2. Forderungen gegenüber verstorbenen Rückerstattungspflichtigen hat die Kasse zur Aufnahme ins öffentliche Inventar anzumelden (ZGB Art. 582).

3. Die Erben eines verstorbenen Rückerstattungspflichtigen, die die Erb-schaft unter öffentlichem Inventar angenommen haben, haften für die Forde-rungen der Kasse, die nicht ins Inventar aufgenommen wurden, trotzdem sie aus den Papieren des Erblassers ersichtlich waren, nur im Umfange ihrer Be-reicherung (ZGB Art. 590, Abs. 2).

Die Kasse machte gegenüber E. eine Rückforderung von Fr. 139.75 für zu viel bezogene Kinderzulagen geltend. Nach seinem Tode wurde über den Nach-laß ein öffentliches Inventar aufgenommen. Mit Entscheid vom 23. September 1944 hat die AKV die Angelegenheit der Rückforderung an die Schiedskom-mission zurückgewiesen, damit diese die Frage der Haftung der Erben trotz Inventar näher untersuche. Der Präsident der Schiedskommission wies Be-schwerde und Erlaßgesuch mit folgender Begründung ab: Beim Rechnungsruf für das öffentliche Inventar habe die Kasse wohl die Forderungen für verfal-lene, laufende und künftige Beiträge, nicht aber die Rückforderung der Ent-schädigung eingegeben. Diese Rückforderung habe aber aus den Papieren des Erblassers ersichtlich sein müssen, denn die Rückerstattungsverfügung der Kasse vom 22. Oktober 1943 habe sich unter diesen Papieren befunden. Die Voraus-setzungen —von ZGB Art. 583 (Aufnahme von Amtes wegen) seien daher er-füllt. Eine verbindliche Abklärung der Haftung ließe sich übrigens nur auf dem Wege des Zivilprozesses erzielen. Zur Frage des Erlasses habe sich die AKV nicht ausgesprochen. Es komme hier darauf an, ob der Erblasser gutgläubig gewesen sei, was aber nicht zugetroffen habe. Gegen diesen Entscheid erheben die Erben des E. Beschwerde bei der AKV, die diese aus folgenden Gründen gutheißt:

1. Die Annahme der Schiedskommission, nur der Zivilrichter könnte end-gültig entscheiden, ob die Erben für die Rückforderung haften, ist irrtümlich.

Die Zivilgerichte sind nicht zuständig, öffentlichrechtliche Forderungen der 166

Kassen gegenüber Beitragspflichtigen und Wehrmännern oder ihren Rechts-nachfolgern zu beurteilen. Die Beurteilung obliegt vielmehr den Rekursinstan-zen der Verdienstersatzordnung als Spezialverwaltungsgerichten; dies auch dann, wenn sich Streitfragen des Zivilrechtes als Vorfragen stellen (BGE 59 II 316).

2. Die AKV hat freilich in ihrem frißern Entscheid nicht näher begründet, sondern einfach vorausgesetzt, daß zur Aufnahme in ein öffentliches Inventar auch ein Anspruch der Kasse anzumelden sei. Nun ist zuzugeben, daß die An- meldepflicht der öffentlichrechtlichen Ansprüche, besonders der Steuerforde-rungen, in Literatur und Judikatur umstritten ist (vgl. den Entscheid des Zür- cher Obergerichtes in SJZ Bd. 26, S. 154; Esche r, Kommentar Nr. 10 zu ZGB Art. 582 und die Aufsätze von Gautschi und P 1 a t t n e r in SJZ Bd. 19, S. 343 und Bd. 25, S. 96, ferner SJZ Bd. 23, S. 106). Im allgemeinen wird ange-nommen, daß es Sache des öffentlichen Rechtes sei, zu bestimmen, ob und welche öffentlichrechtliche Forderungen angemeldet werden müssen. Für die Ansprüche der Kassen muß die Anmeldepflicht bejaht werden. Die AKV hat wiederholt erkannt, daß trotz Fehlens einer Abgabesubstitution die Forderun-gen der Kasse, wenn der Schuldner stirbt, geForderun-gen die Erben geltend gemacht werden können, selbst wenn zu Lebzeiten des Schuldners noch keine Unter-stellung stattgefunden hatte. Gerade aus diesem Grund muß dann aber verlangt werden, daß die Kasse ihren Anspruch in einem öffentlichen Inventar geltend mache; die Erben eines Erblassers, der eventuell zu Lebzeiten noch. gar nicht der Verdienstersatzordnung unterstellt war, sollen nicht Gefahr laufen, die Erb-schaft in Unkenntnis solcher Schulden anzunehmen, weil die Kasse keine An-meldepflicht beim Rechnungsruf hatte.

3. Im vorliegenden Fall ist anerkannt, daß die Kasse die Rückforderung im Gegensatz zu den Ansprüchen auf verfallene, laufende und künftige Beiträge nicht angemeldet hat. Die Schiedskommission hat sich darauf gestützt, daß nach ZGB Art. 583, Abs. 1, Forderungen, die aus den Papieren des Erblassers er-sichtlich sind, von Amtes wegen aufzunehmen sind; die Rückerstattungsverfü-gung habe sich bei den Papieren des Erblassers befunden. Selbst wenn man als bewiesen annehmen wollte, daß die Rückerstattungsverfügung sich noch unter den Papieren des Erblassers befand, als das Inventar aufgenommen wurde, könnte der Auffassung der Schiedskommission nicht beigepflichtet werden. Es ist nämlich nicht nur nicht bewiesen, daß bei Erstellung des Inventars entspre-chend ZGB Art. 583, Abs. 1, der Rückforderungsanspruch der Kasse von Am-tes wegen aufgenommen wurde, sondern das Gegenteil steht fest; der Anspruch wurde nicht aufgenommen, er steht nicht im Inventar. Grundsätzlich ließe sich die Haftung der Erben aber nur damit begründen, daß die Forderung von Am-tes wegen ins Inventar aufgenommen wurde, nicht damit, daß sie hätte aufge-nommen werden sollen. Wenn eine Aufnahme von Amtes wegen unterblieb, frägt es sich, wie es mit der Haftung der Erben stehe. Diese Frage ist wiederum sehr umstritten (vgl. Esche r, Kommentar Nr. 8 zu Art. 589/90, T u o r,

3. Im vorliegenden Fall ist anerkannt, daß die Kasse die Rückforderung im Gegensatz zu den Ansprüchen auf verfallene, laufende und künftige Beiträge nicht angemeldet hat. Die Schiedskommission hat sich darauf gestützt, daß nach ZGB Art. 583, Abs. 1, Forderungen, die aus den Papieren des Erblassers er-sichtlich sind, von Amtes wegen aufzunehmen sind; die Rückerstattungsverfü-gung habe sich bei den Papieren des Erblassers befunden. Selbst wenn man als bewiesen annehmen wollte, daß die Rückerstattungsverfügung sich noch unter den Papieren des Erblassers befand, als das Inventar aufgenommen wurde, könnte der Auffassung der Schiedskommission nicht beigepflichtet werden. Es ist nämlich nicht nur nicht bewiesen, daß bei Erstellung des Inventars entspre-chend ZGB Art. 583, Abs. 1, der Rückforderungsanspruch der Kasse von Am-tes wegen aufgenommen wurde, sondern das Gegenteil steht fest; der Anspruch wurde nicht aufgenommen, er steht nicht im Inventar. Grundsätzlich ließe sich die Haftung der Erben aber nur damit begründen, daß die Forderung von Am-tes wegen ins Inventar aufgenommen wurde, nicht damit, daß sie hätte aufge-nommen werden sollen. Wenn eine Aufnahme von Amtes wegen unterblieb, frägt es sich, wie es mit der Haftung der Erben stehe. Diese Frage ist wiederum sehr umstritten (vgl. Esche r, Kommentar Nr. 8 zu Art. 589/90, T u o r,

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