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5. Diskussion ___________________________________________________83

5.2. Veränderung des Kulturmediums hinsichtlich des

Beim zweiten Hauptversuch sollte durch die Modifikation der Energiesubstrate im Kulturmedium auf die besonderen Bedürfnisse frühembryonaler Stadien des Schweins, insbesondere von Kerntransferembryonen, eingegangen werden. Dazu wurde die Glucose als Energielieferant aus dem bisherigen Kulturmedium NCSU 23 entfernt und durch Laktat und Pyruvat ersetzt, das modifizierte Medium wurde „mNCSU 23“ genannt.

Die Glucose wurde 58 Stunden nach Beginn der In-vitro-Kultur in Form einer Lösung in

die Kulturschalen mit mNCSU 23 und darin enthaltenen Embryonengruppen hineinpipettiert.

Die durchschnittlichen Zellzahlen in Blastozysten aller Embryonengruppen veränderten sich im modifizierten Kulturmedium im Vergleich zum Kontrollmedium nicht. Bei der Blastozystenrate kam es bei den in mNCSU 23 kultivierten Kerntransferembryonen zu einer signifikanten Erhöhung im Vergleich zu den in NCSU 23 kultivierten Embryonen (31,5%± 11,0 vs. 21,8%± 7,6). Bei den Gruppen der IVF- und parthenogenetischen Embryonen waren die Blastozystenraten in beiden Kulturmedien nahezu identisch.

Wenn man die in der Arbeit erreichten Blastozystenraten der Kerntransferembryonen unabhängig von Kulturbedingungen, Spenderzelltypen etc. mit Blastozystenraten geklonter Embryonen anderer Arbeitsgruppen vergleicht, so ist festzustellen, dass dieses Ergebnis von 31,5% im oberen Bereich liegt (siehe Tabelle 6) und sogar den Raten von IVF- und parthenogenetischen Blastozysten ähnlich ist.

Ausschlaggebend für die Art der Modifikation war die Vermutung, dass Glucose von Schweineembryonen in der frühembryonalen Phase nur minimal verstoffwechselt werden und sogar mit schädigenden Effekten in diesen frühen Stadien verbunden sein kann. So ist beobachtet worden, dass beim Schweineembryo die Glucoseverstoffwechselung von 8-Zellstadien massiv erhöht wird und bis zum Stadium der kompaktierten Morula bzw. Blastozyste auf den 300fachen Wert ansteigt (FLOOD u.

WIEBOLD 1988). Die Ursache hierfür liegt im gesteigerten Energiebedarf des Embryos, der auf dem Weg in ein differenziertes Stadium (ICM- und TE-Zellen) „Tight Junctions“

zwischen den Zellen ausbildet (FLOOD u. WIEBOLD 1988). Die ohnehin niedrige Glucose-verstoffwechselung läuft in den ersten Teilungsstadien hauptsächlich über den Pentosephosphatweg mit ineffizienterer Energieausbeute ab und wird nach dem Anstieg mit dem 8-Zellstadium über die Glykolyse geleitet (FLOOD u. WIEBOLD 1988).

Bedenkt man weiterhin, das die embryonale Genexpression beim Schweineembryo erst ab dem späten Vierzellstadium beginnt (MADDOX-HYTTEL et al. 2001), so erklärt sich,

warum bestimmte Stoffwechselmechanismen und die dazu benötigten Enzyme erst ab diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Der toxische Effekt frühzeitiger Glucosesupplementation während der In-vitro-Kultivierung hängt wesentlich mit einem Nebenprodukt der Glykolyse, dem Methylglyoxal, zusammen (ANKRAH u. PPIAH-OPONG 1999). Hierbei handelt es sich um ein Substrat, das das Enzym Glutathion-Peroxidase deaktiviert, was einen Anstieg an freien Sauerstoffradikalen in der Zelle zur Folge hat (PARK et al. 2003). Das Enzym Glyoxalase I, das normalerweise das toxische Methylglyoxal inaktiviert (INOUE et al.

1998), wird in so frühen Stadium noch nicht ausreichend exprimiert, so dass Glyoxalase nur in geringen Mengen vorhanden ist (MEDVEDEV et al. 2004). Somit hat eine zu frühe Glucosezugabe eine oxidative Belastung zur Folge, die nicht kompensiert werden kann und möglicherweise zu einer verzögerten Entwicklung führt (MADDOX-HYTTEL et al. 2001).

Untersuchungen zur Glucose-, Pyruvat- und Lactat-Verstoffwechselung haben gezeigt, dass die Menge des umgesetzten Substrates wie auch der Weg der Verstoffwechselung von der Zusammensetzung des In-vitro-Kulturmediums, d.h. vom Substratangebot abhängen (SWAIN et al. 2001; GANDHI et al. 2001). Ausgehend von diesen Erkenntnissen hat es bereits vielfach Bemühungen gegeben, dem porzinen Embryo als „zusätzliche“ Energieträger Pyruvat und Lactat anzubieten ( z.B. G1.2/G2.2-Medium (GANDHI et al. 2001)) bzw. diese statt Glucose einzusetzen, z.B. in PZM (YOSHIOKA et al. 2002) oder Glucose-freiem NCSU 23 (LEE et al. 2003b). Die Kultivierung von IVF-Embryonen in PZM unter 5% Sauerstoff ergab Blastozystenraten von 65,9% verglichen mit 32,6% bei Kultivierung in NCSU 23 (YOSHIOKA et al. 2002);

nach Embryotransfer in PZM kultivierter Embryonen lag die Abferkelrate bei 83,3%. Der Vergleich von PZM und NCSU 23 bei der Kultivierung parthenogenetischer und Kerntransferembryonen ergab sowohl höhere Blastozystenraten als auch höhere durchschnittliche Kernzahlen für die Kerntransfer- und parthenogenetischen Embryonen aus PZM (IM et al. 2004). Auch die In-vitro-Kultivierung geklonter Schweineembryonen in glucosefreiem NCSU 23 (+ Pyruvat/Lactat) erhöhte die Blastozystenrate von 6%

(„normales“ NCSU 23) auf 17%. Da Glucose für die zeitgerechte Differenzierung in ICM- und TE-Zellen jedoch unabdingbar ist (FLOOD u. WIEBOLD 1988), wurden in Anlehnung an den Übergang vom Eileiter in den Uterus am Tag 2 der Trächtigkeit zweiphasige Kultursysteme entwickelt. Einer zweitägigen Kultivierung in einem pyruvat- und lactathaltigen Medium folgte ein Mediumwechsel in ein glucosehaltiges Kulturmedium für die restliche Dauer (4-5 Tage) der In-vitro-Kultur. Hierzu liegen Arbeiten über die Entwicklung von IVF-Embryonen vor, in denen mit Hilfe der zweiphasigen Kultursysteme die Blastozystenraten und -qualitäten verbessert werden konnten (KIKUCHI et al. 2002) bzw. in anderen Arbeiten bisher dagegen unverändert blieben (KIM et al. 2004).

Im Vergleich mit den o.g. Arbeiten über zweiphasige Kultursysteme bestand in der vorliegenden Arbeit der Unterschied darin, dass das Kulturmedium nicht gewechselt wurde, sondern die Embryonen in ihrer Kulturschale belassen und dem vorhandenen Kulturmedium (mNCSU 23) die Glucose in einem möglichst geringen Volumen per Eppendorfpipette zugesetzt wurde. Der Grund für diese Vorgehensweise liegt darin begründet, dass Schweineembryonen zwischen Tag 2 und 3 aufgrund der beginnenden Genexpression (MADDOX-HYTTEL et al. 2001) besonders empfindlich sind und daher die Vermutung bestand, dass ein Umsetzen der Embryonen in neues Medium dem positiven Effekt der modifizierten Kulturbedingungen entgegenwirken könnte. Als Anhaltspunkt für den Zeitpunkt der Glucosesupplementation dienten die Ergebnisse von MEDVEDEV et al. (2004), die gezeigt hatten, dass der Embryo die Glucose am effizientesten nutzen kann, wenn sie 58 Stunden nach Beginn der Fertilisation supplementiert wird (in Form eines Medienwechsels). Da der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der Verbesserung der In-vitro-Kultur der Kerntransferembryonen lag, wurde die Glucose 58 Stunden nach Beginn der In-vitro-Kultur zugesetzt. Das bedeutete für die IVF-Embryonen einen Zusatz der Glucose insgesamt ca. 70 Stunden nach Beginn der Fertilisation, was erklären könnte, warum bei den vorliegenden Ergebnissen im Vergleich zur Kultivierung in NCSU 23 keine positiven Effekte beobachtet werden konnten. Für parthenogenetische Embryonen gilt vermutlich Ähnliches, da auch hier die Aktivierung bereits ca. 4½ Stunden vor der

In-vitro-Kultur erfolgte. Gerade dieses Zeitfenster und die Zeitspanne zwischen Fusion und Aktivierung ermöglichten den rekonstruierten Embryonen vermutlich einen ungestörten Ablauf des „Nuclear Reprogramming“, das in diesem Fall nicht durch frühzeitige Störfaktoren, wie z.B. Methylglyoxal (s.o.) gestört wird, während die IVF- und parthenogenetischen Embryonen einem zeitlich begrenzten Glucosemangel ausgesetzt waren.

5.3. In-vivo-Potential auf Empfängertiere transferierter Embryonen