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Erstellung porziner parthenogenetischer Embryonen und deren

2.2. Biotechnologische Grundlagen

2.2.3. Erstellung porziner parthenogenetischer Embryonen und deren

Parthenogenese ist definiert als Reproduktion ohne genetische Beteiligung einer Spermienzelle. Im Gegensatz zu einigen Amphibien und Fischen kommt die parthenogenetische Entwicklung bei Säugern nicht vor (NIEMANN u. MEINECKE 1993). Untersuchungen haben ergeben, dass nicht nur ein diploider Chromosomensatz, sondern sowohl ein maternales als auch ein paternales Genom für den ungestörten Ablauf einer Embryonalentwicklung erforderlich ist; diese Erkenntnisse haben zur Entwicklung der sogenannten Imprinting-Theorie geführt (SURANI et al. 1984; BARTON et al. 1984; MONK 1987; NIEMANN u. MEINECKE 1993).

Um eine parthenogenetische Entwicklung artifiziell auszulösen, ist die Aktivierung der Oozyte erforderlich, die normalerweise durch das Spermium induziert wird (s.o.). Bei Säugeroozyten kann eine parthenogenetische Entwicklung durch eine Vielzahl physiologischer und chemischer Stimuli, wie Calciumionophor, elektrischen Impuls, osmotischer Schock, Ethanol oder abrupte Temperaturveränderung sowie auch durch Fusion zweier Eizellen induziert werden (PRATHER et al. 1991; NUSSBAUM u.

PRATHER 1995; WANG et al. 1998; GRUPEN et al. 1999). Hierbei sollte die Abfolge der physiologischen Vorgänge simuliert und eingehalten werden. In der Regel werden hierzu gereifte Oozyten entkumuliert, durch einen elektrischen Impuls aktiviert, dem anschließend noch eine chemische Aktivierung folgen kann (JILEK et al. 2001;

GRUPEN et al. 2002; BING et al. 2003). Weiterhin muss die Ausschleusung des zweiten Polkörpers verhindert werden, damit die Eizelle ihren diploiden Chromosomensatz behält (KAUFMAN u. SACHS 1976). Dies kann durch chemische Substanzen, die die Struktur der Spindel stören, sodass es zwar zur Entstehung von zwei Chromosomensätzen kommt, nicht aber zur Zellteilung (z.B. Cytochalasin B,

6-Dimethylaminopurin), gewährleistet werden. Auf diese Weise kann auch beim Schwein eine parthenogenetische Entwicklung herbeigeführt werden (JOLLIFF u. PRATHER 1997; KURE-BAYASHI et al. 2000). Derartige Embryonen können sich nach Embryotransfer auf synchronisierte Empfängertiere bis zum 30. Trächtigkeitstag entwickeln, zeigen aber ein deutlich reduziertes Körpergewicht (ZHU et al. 2003) oder schwere Missbildungen und Abnormalitäten und die Trächtigkeit wird abgebrochen (KURE-BAYASHI et al. 2000).

Die Erstellung parthenogenetischer Schweineembryonen kann in Kernstransferversuchen eine wichtige Rolle haben, da auch die durch Kerntransfer erstellten Spenderzell-Oozyten-Komplexe aktiviert werden müssen, um eine geregelte Entwicklung durchlaufen zu können (KOO et al. 2000). Parthenogenetische Embryonen lassen sich mit geringem Arbeits- und Zeitaufwand in großer Anzahl erzeugen, und werden deshalb bei Kerntransferversuchen oft als Kontrollgruppen zur Bewertung Qualität der Oozyten, Kultur- und Aktivierungskonditionen eingesetzt (BETTHAUSER et al. 2000). Daher haben sich in den letzten Jahren viele Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Möglichkeiten zur Optimierung der parthenogenetischen Entwicklung beschäftigt. Da physiologisch bei der Befruchtung die intrazytoplasmatischen Ca2+ -Oszillationen eine zentrale Rolle einnehmen (BEN-YOSEF u. SHALGI 1998), führen die meisten Aktivierungsprotokolle zur einer intrazytoplasmatischen Ca2+-Erhöhung, die die Befruchtung durch ein Spermium simulieren soll (zum Überblick über die Entwicklungsraten parthenogenetischer Schweineembryonen siehe HÖLKER (2003)).

Als physikalischer Reiz wirkt ein elektrischer Gleichstrom-Impuls auf die Eizelle, der eine Öffnung von Membranporen in der Eizelle induziert (ZIMMERMANN u. VIENKEN 1982; PRATHER et al. 1989). In Medien mit hohen Ca2+-Konzentrationen ermöglichen diese Poren einen Ca2+-Influx, der die Aktivierung von Oozyten verschiedener Spezies bewirkt (TARKOWSKI et al. 1970; PRATHER et al. 1989). Des weiteren vermutet man, dass durch den elektrischen Impuls aus den intrazellulären Speichern Calcium freigesetzt wird, was zu einer Erhöhung des Calciumspiegels in Schweineoozyten führt (ZIMMERMANN u. VIENKEN 1982; MACHATY et al. 1999). Eine Hitzebehandlung

(KOMAR 1973) kann ebenso wie ein Kälteschock (CHANG 1954; LONGO 1975) artifiziell eine Eizelle aktivieren, nach der eine Entwicklung bis zum Blastozystenstadium möglich ist. Als Erklärung werden im Falle der Temperaturerhöhung Strukturveränderungen der Zellmembran vermutet (WHITTINGHAM 1980), während beim Kälteschock eine Umorganisation der Meiosespindel zur Aggregation der Chromosomen führt, die sich anschließend in einem neuen Kern reorganisieren (LONGO 1974).

Unter chemischen Reizen versteht man den Einsatz von Ca2+-Ionophor A23187, Ethanol oder Thimerosal, die über unterschiedliche Mechanismen eine Aktivierung ermöglichen. A23187 transportiert intrazellulär Ca2+-Ionen über Membrankompartimente in das Zytoplasma und löst so die Ausschleusung kortikaler Granula und des zweiten Polkörpers sowie eine weitere Entwicklung aus (KLINE u.

KLINE 1992; WANG et al. 1998; WANG et al. 1999). Thimerosal mobilisiert die Ausschüttung von intrazellulärem Calcium, indem es an Rezeptoren Sulfhydrylgruppen oxidiert (SWANN 1991). Jedoch kann hierbei die meiotische Spindel zerstört werden, wenn die Wirkung von Thimerosal nicht nach ~10 Minuten von seinem Antagonisten Dithiolthreitol wieder aufgehoben wird (MACHATY et al. 1997; TAO et al. 2000). Ethanol stimuliert als zeitlich begrenzter Medienzusatz die Bildung von Inositol-3-phosphat (IP3), was ebenfalls durch Ca+-Freisetzung aus den Speichern zu einer präimplantativen Entwicklung führt (CUTHBERTSON 1983; NAGAI 1987).

Für biochemische Reize werden Enzyme oder andere Triggersubstanzen verwendet, die über die Aktivierung von Reaktionskaskaden entsprechende Mechanismen in Gang setzen. So stimuliert z.B. die Injektion von Guanosintriphospat (GTP) in Schweineoozyten intrazelluläre G-Proteine, in deren Folge die Phospholipase C (PLC) stimuliert wird, die Synthese von IP3 zu katalysieren (MACHATY et al. 1995).

MACHATY et al. (2000) und SAUNDERS et al. (2002) konnten aus Eberejakulaten den sogenannten „Cytosolic Sperm Factor” (CSF) isolieren. Eine Injektion von CSF in Schweineoozyten führte zu ähnlichen Verhältnissen wie bei einer physiologischen Aktivierung mit einer Induktion der Ca2+-Freisetzung, wiederholten Ca2+-Oszillationen,

Exozytose kortikaler Granula, Wiederaufnahme der Meiose und Bildung von Vorkernen.

Nicht alle biochemischen Substanzen zielen bei der artifiziellen Aktivierung direkt auf die Freisetzung von Calcium ab. Es besteht auch die Möglichkeit, über die Steuerung des Zellzyklus eine Aktivierung zu stimulieren. Die Steuerung des Zellzyklus der Oozyte erfolgt über den „Maturation Promoting Factor“ (MPF), der aus einer Cyclin-abhängigen Kinase (CdK) und dem regulatorischen Cyclin besteht. Nur bei einer kontinuierlichen Produktion von Cyclin ist ein hoher Plasmaspiegel an aktivem MPF gewährleistet.

Dieser erlaubt den Übergang aus der G2-Phase in die mitotische M-Phase; dabei sinkt die MPF-Konzentration, und die Eizelle gelangt in die Interphase (ALBERTS et al.

1995). Proteinsyntheseinhibitoren wie Cycloheximide und Puromycin hemmen die Synthese von Cyclin und führen so zu einem Abfall des MPF-Spiegels. Die Cycloheximide und Puromycin aktivieren zwar Eizellen von Mensch und Maus (SIRACUSA et al. 1978), nicht jedoch solche von Rind und Schwein (NUSSBAUM u.

PRATHER 1995). Ein zusätzlicher elektrischer (NUSSBAUM u. PRATHER 1995;

TANAKA u. KANAGAWA 1997; MARTINEZ DIAZ et al. 2002) oder chemischer (PRESICCE u. YANG 1994) Stimulus zur Erhöhung der intrazytoplasmatischen Ca2+ -Konzentration ist jedoch wirksamer als die Aktivierung durch biochemische Reize allein.

Wird die sogenannte „Mitogen-activated-protein“-Kinase (MAPK), die die Fortsetzung der zweiten Reifeteilung steuert (KUBELKA et al. 2002; LE BEUX et al. 2003), gehemmt, werden die Oozyten aktiviert (ITO et al. 2003). Eine Substanz zur Hemmung allgemeiner Proteinkinasen ist z.B. 6-Dimethylaminopurin (6-DMAP) (FULKA, JR. et al.

1991; JILEK et al. 2001). Außerdem gibt es noch spezielle Inhibitoren der CdK, wie Roscovitine und Butyrolactone, die durch die spezifische Hemmung ebenfalls eine Aktivierung hervorrufen (LE BEUX et al. 2003; BING et al. 2003). Auch hier ergab eine Kombination aus Ca2+-Ionophor und 6-DMAP (ROH u. HWANG 2002; BOQUEST et al.

2002) bzw. Elektrostimulation (GRUPEN et al. 2002; HÖLKER 2003) und 6-DMAP bessere Ergebnisse als die chemische oder elektrische Stimulation allein.

Es ist allerdings anzumerken, dass die Ergebnisse unterschiedlicher Arbeitsgruppen nur bedingt miteinander vergleichbar sind, da diese auch durch die Quelle und Qualität der

Eizellen, der gewählten Aktivierungsmethode und dem In-vitro-Kulturmedium beeinflusst werden. Durch die stetige Verbesserung der Kulturbedingungen können mittlerweile hohe parthenogenetische Blastozystenraten (z.B. 49,6% (Tag 6); 46,0%

und 68,0% (Tag 7)) erreicht werden (NGUYEN et al. 2003; ZHU et al. 2003; BING et al.

2003). Während die Teilungsraten parthenogenetischer Embryonen mit denen von Kerntransfer-Embryonen durchaus vergleichbar sind (~70-90%), liegen die Blastozystenraten parthenogenetischer Embryonen mit ~20-45% deutlich über dem von geklonten Embryonen (KOO et al. 2000; PARK et al. 2001b; ZHU et al. 2002; GRUPEN et al. 2002). Verglichen mit Embryonen, die mittels IVF erstellt wurden, ist die durchschnittliche Kernzahl der Blastozysten bei parthenogenetischen Embryonen geringer (WANG et al. 1998; KOO et al. 2000). Dieser Unterschied beruht vermutlich u.a. auf dem Fehlen des paternalen Genoms (Imprinting-Theorie, s.o.) oder auch dem möglicherweise haploid gebliebenen Chromosomensatz. Daher können parthenogenetische Embryonen zwar in Versuchen eingesetzt, die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich jedoch nur in beschränktem Maße auf Kerntransferembryonen bzw. -versuche übertragen.