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Ursprünglicher Zweck der Tierhaltung

Im Dokument Animal Hoarding (Seite 101-104)

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4.3 Angaben zu den Tierhalter/innen

4.3.7 Ursprünglicher Zweck der Tierhaltung

Als ursprünglicher Zweck der Tierhaltung wurde am häufigsten mit 38,5 % das Züch-ten und Handeln von Tieren durch die Tierhalter/innen angestrebt, teilweise ohne die notwendige Genehmigung durch das Veterinäramt. Es wurden Tiere für den Verkauf, die Schlachtung oder Ausbildungszwecke vermehrt. Andere gewinnorientierte Unter-nehmen wie Reit- oder Fahrbetriebe, Tierpensionen, Schauvorführungen, Schlitten-hundesport, Streichelzoos wurden genannt. Eine Dame hielt beispielsweise über 250 Tiere verschiedener Arten zum Zwecke eines Hobbyzoos, der durch Spenden von Besuchern, Sammeln in Kaufhallen, Schauvorführungen und den Verkauf von Wel-pen finanziert wurde. Auch tiergestützte Therapie oder Heilpädagogik mit Tieren als Gründe für gewinnbringende Tierhaltung wurden erwähnt.

33,2 % der Tierhalter/innen hatten Rettungsabsichten, teils in Form von privaten, tier-heimähnlichen Einrichtungen oder Gnadenhöfen, unabhängig von einer erteilten amt-lichen Genehmigung. Beispielsweise wurden zum Betreiben eines Gnadenhofes oder Tierheims von einer älteren Tierhalterin neben vielen Tieren aller Arten etwa 150 Hunde gehalten. An die Abgabe der Tiere wurden dabei unrealistisch hohe An-forderungen gestellt.

Die Haltung der Tiere als Hobby oder Freizeitbeschäftigung war in 20,6 % der Fälle erkennbar: Die Vorliebe oder Freude des Tierhalters an den Tieren, privates Eigen-tum- oder Besitzstreben als Haus-, Heim- oder Familientiere wurden als Haltungs-gründe genannt.

In 10,3 % der Fälle ließ sich die Haltung der Tiere mit dem Ersatz für Kinder, Partner, Familie oder Sozialkontakt begründen. Die Tiere stellten die Lebensaufgabe, den Le-bensinhalt oder Lebenssinn dar. Prestigegründe sind genannt worden, um Geltungs-bedürfnisse oder Macht auszuüben, wie die Kreation einer eigenen Rasse/Art oder das Halten von Tieren als Statussymbol. Die Tierhaltung diente auch dem Ersatz von Beschäftigungen, z. B. wurden die Tiere „krankhaft beobachtet“ (FB 11, 41, 202), „er-forscht“ (FB 129), „studiert“ (FB 256) oder für „biologische Experimente“ (FB 544) oder „wissenschaftliche Forschungszwecke“ (FB 449) benutzt. In nur 39 Fällen (8,2 %) sollten die Tiere vermittelt werden.

„Anderer Zweck“ für die Tierhaltung wurden in 8,4 % der Fälle genannt, diese waren meist unbekannt, unklar oder nicht nachvollziehbar. Auch das Sammeln selbst wurde als Begründung für die Tierhaltung benannt.

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Tab. 53: Ursprünglicher Zweck der auffälligen Tierhaltung (N = 476).

Zucht und Handel stehen als ursprünglicher Zweck der Tierhaltung im Vordergrund, wobei wirtschaftlicher Gewinn bedingt angestrebt oder erreicht wird. Fragwürdig ist, ob es sich dabei um das Bestreiten der Lebensgrundlage handeln soll oder die Tiere als Konsumgut verbraucht werden. Trotz hoher Motivation zur Rettung der Tiere wird die Vermittlung durch die Tierhalter/innen eher nicht angestrebt, die Tiere werden als vermeintliche Arbeitsgrundlage gebraucht oder als Daseinsberechtigung gesehen.

4.3.7.1 Das Züchten von Tieren

Eine Erteilung auf Zuchtgenehmigung (gewerblich oder Hobby) kann gemäß § 11 Tierschutzgesetz bei dem zuständigen Veterinäramt mit Nachweis der Sachkunde beantragt werden.94 Zum Schutz der Tiere kann die Erlaubnis unter Befristungen, Be-dingungen und Auflagen erteilt werden (Tierbestandsbuch, Beschränkung der Tiere nach Art, Gattung oder Zahl, regelmäßige Fort- und Weiterbildung, Verhinderung der Fortpflanzung, etc.). Die zuständige Behörde soll die Ausübung der Tätigkeit unter-sagen, wenn keine Erlaubnis vorliegt. In § 11b wird ausdrücklich verboten, unter be-stimmten Voraussetzungen Wirbeltiere zu züchten: Mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen und Haltungsbedingungen, welche zu Schmerzen, vermeidbaren Leiden oder Schäden führen, sind u. a. genannte Gründe für das Un-tersagen einer Zucht. Neben dem Tierschutzgesetz gelten für das gewerbsmäßige Züchten von Tieren die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Tierschutzgesetzes aus dem Jahr 2000.95

94 Tierschutzgesetz (wie Anm. 79).

95 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 09. Februar 2000, in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818).

Ursprünglicher Zweck der Tierhaltung Prozent Fälle

Zucht/Handel 38,5 % 183

Rettung 33,2 % 158

Hobby 20,6 % 98

Ersatz 10,3 % 49

Anderer Zweck 8,4 % 40

Vermittlung 8,2 % 39

Ergebnisse

99 Folgende Absatzmengen werden zugrunde gelegt:

• 3 oder mehr fortpflanzungsfähige Hündinnen oder 3 oder mehr Würfe pro Jahr

• 5 oder mehr fortpflanzungsfähige Katzen oder 5 oder mehr Würfe pro Jahr

• Kaninchen, Chinchillas: mehr als 100 Jungtiere als Heimtiere pro Jahr

• Meerschweinchen: mehr als 100 Jungtiere pro Jahr

• Mäuse, Hamster, Ratten, Gerbils: mehr als 300 Jungtiere pro Jahr

• Reptilien: mehr als 100 Jungtiere pro Jahr, bei Schildkröten: mehr als 50 Jungtiere pro Jahr

• Vögel: Regelmäßiger Verkauf von Jungtieren. Mehr als 25 züchtende Paare von Vogelarten bis einschließlich Nymphensittichgröße (Ausnahme Kakadu und Ara: 5 züchtende Paare).

• Bei einem zu erwartenden Verkaufserlös von mehr als 2.500,00 Euro jährlich.

Einkünfte und Gewinne müssen gemäß eines Urteils des Bundesgerichtshofes dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt werden: „ (U) auch die nicht auf Gewinnerzielung gerichtete Zucht ist als gewerblich einzustufen, und jeder Züchter insofern als Unter-nehmer anzusehen.“96

Eine unübersichtliche und nicht erfassbare Anzahl von Züchtern ist in Deutschland gemeldet, hinzu kommen Zuchtvereine und Zuchtverbände. „Eine gewerbliche Tä-tigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (U), wobei eine Gewinnerzie-lungsabsicht nicht erforderlich ist (U). Bei der Frage, welches Maß an Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit die Verkaufstätigkeit insoweit erreichen muss, ist auch die Funk-tion der Abgrenzung zwischen privater und gewerblicher Tätigkeit zu beachten.”97 Somit ist das Züchten von maximal 2 Würfen pro Jahr als nicht gewerblich einzu-stufen. Im Hinblick auf das Horten von Tieren werden große Ansammlungen nicht vermieden, es verlängert sich lediglich die Zeitspanne, in welcher der Tierbestand über Jahre wächst, oder die Tiere werden auf andere Weise beschafft.

Empfehlenswert wäre ein Datenbanksystem ähnlich dem Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Ziegen, Schafe, Rinder, Schweine und Equiden zur zentralen Erfassung seriöser Züchter aller Tierarten. Grundsätzlich bleibt nämlich die Frage be-stehen, wie hoch die Nachfrage nach den gezüchteten Tieren ist, angesichts der ca.

500 gemeldeten Tierheime, die besonders zur Ferienzeit in Deutschland vermehrt Tiere aufnehmen.

96 BGH VIII ZR 173/05 vom 29.03.2006.

97 OLG HH 5 W 7/07 vom 27.02.2007.

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In 9 Fällen wurde Inzucht bei der Haltung von Katzen dokumentiert. Bei gemeinsa-mer Unterbringung der Tiere beider Geschlechter und ausbleibender Kastration ist in Verbindung mit unkontrollierter Vermehrung die Dunkelziffer des Anteils der Tiere, die durch Inzucht vermehrt wurden, als sehr hoch einzuschätzen. Eine Inzestzucht ist ein Verstoß gegen § 11b Tierschutzgesetz, da Erbkrankheiten und Anomalien auf-treten können, die in der Regel zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen.

Veraltete, ungenaue und fehlende gesetzliche Vorgaben für das Züchten von Tieren erscheinen eine Erweiterung der Bestimmungen erforderlich zu machen.

4.3.8 Kenntnis der Tierhalter/innen über den eigenen

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