• Keine Ergebnisse gefunden

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Im Dokument Animal Hoarding (Seite 135-138)

Das Ziel der vorliegenden Studie ist, die aktuelle Situation des Hortens von Tieren in Deutschland und die Bedeutung für Tierhalter/innen, Amtsveterinäre/innen und Tiärzte/innen mittels einer umfangreichen Befragung darzustellen, ihre Ursachen zu er-gründen, ggf. relevante Beurteilungskriterien für Schwachstellen aufzuzeigen und die Entwicklungstendenzen zu erörtern. Vergleichbare Erhebungen beschränken sich auf die Veröffentlichung von Patronek (1999), der die Situation in den Vereinigten Staaten untersuchte, so dass Vergleiche nur unter Vorbehalt angestellt werden kön-nen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit der soziologischen, epidemiologischen oder komplexen rechtlichen Komponenten wird nicht erhoben. Dennoch wurde versucht, den Themenkomplex möglichst vielseitig zu betrachten, um intervenierende Folge-maßnahmen und Verbesserungsmöglichkeiten ableiten zu können.

Deutschlandweit ist das Horten von Tieren ein amtsbekanntes Problem, was die hohe Beteiligung der Amtsveterinäre/innen bestätigte sowie die Tatsache, dass mindestens jedes zweite Veterinäramt betroffen war, unabhängig von der Dunkelziffer. Eine jahrelange Bearbeitungszeit durch die Amtsveterinäre und Amtsveterinärinnen ist nicht selten notwendig.

Die Definition des Animal Hoarding ist haltbar. Fehlende und falsche Nah-rungsversorgung, unhygienische Zustände sowie weitgehende fehlende tier-ärztliche Versorgung sind Kriterien des Hortens von Tieren. Ein schlechter Pflegezustand der Tiere sowie Verhaltensauffälligkeiten untermauern die Be-urteilung des übermäßigen Haltens von Tieren. Betroffen waren landwirt-schaftliche Tierhaltungen sowie Haus-, Heim-, Zoo- und Wildtiere in privater oder gewerblicher Tierhaltung. Katzen, Hunde, Kaninchen, Ziervögel und Meerschweinchen waren die am häufigsten gesammelten Tierarten. Andere Merkmale für ein übermäßiges Halten von Tieren kann ein fehlendes Platzan-gebot der Tiere sein. Unkontrollierte Vermehrung, vor allem bei Auftreten von Inzest, ist ein Hinweis auf das Entgleiten der Situation durch die Tierhalter/in-nen. Ein Verlust der Kenntnis über die Anzahl oder Identität der gehaltenen Tiere sind fortschreitend festzustellen. Die Typologie und das Persönlich-keitsprofil der Tierhalter/innen konnte in der vorliegenden Untersuchung be-stätigt werden. Für die Amtsveterinäre/innen bedeutet das eine Auseinander-setzung mit komplexen Charakteren, was neben dem erforderlichen tierme-dizinischen und juristischen Fachwissen besonderes psychologisches Einfüh-lungsvermögen voraussetzt.

Frauen sammeln häufiger Tiere als Männer, diese dafür extremer. Paare als gemeinsame Halter sowie Familien, in denen jedes Mitglied sammelt, sind auf-fällig gewesen. Die häusliche Situation kann besonders für anwesende Kin-der dramatisch sein. Die Wahl des Wohnortes ist für die Tierhaltung nicht

ent-Schlussfolgerungen und Empfehlungen

132

scheidend. Es waren alle Bildungsschichten in der Untersuchung vertreten.

Scheinbar kann jeder Tierhalter von Animal Hoarding betroffen sein, was eine individuelle Herangehensweise an die Fälle durch die Amtsveterinäre und Amtsveterinärinnen erfordert.

Tierhorter/innen sind meist nicht berufstätig und versuchen nicht selten, die Tierhaltung als Erwerbstätigkeit zu nutzen. Dies stellt eine Möglichkeit zur Ein-bindung der Amtsveterinäre in die Tierhaltung dar, in dem die Tierhalter be-gleitet und kontrolliert werden können. Dazu sind jedoch einerseits Selbster-kenntnis sowie eine Verhandlungsbereitschaft von Seiten des Tierhalters vo-raussetzend. Andererseits sind konkrete gesetzliche Regelungen für das Halten, Züchten und Handeln aller Tierarten notwendig, um allgemeingültige Handlungsweisen für die Amtsveterinäre und Amtsveterinärinnen ableiten zu können.

Ein weitgehende gesellschaftliche Isolation und wenig ausgeprägte soziale Kontakte der Tierhalter/innen sind in dieser Untersuchung kennzeichnend.

Vielfach wurden zwanghafte Störungen der Persönlichkeit oder des Verhal-tens der Tierhorter/innen vermutet. Nicht nur in diesen Fällen sollte eine psy-chologische, psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung an-gestrebt werden. Internetplattformen und Foren werden vermehrt für diese Zwecke unter dem Deckmantel des Tierschutzes genutzt. Das bedeutet für die Bearbeitung durch die Amtsveterinäre und Amtsveterinärinnen eine stärkere Berücksichtigung der sozialen Netzwerke im Internet mit teilweise weitrei-chenden Recherchen bis ins Ausland (Frankreich, Niederlande, Spanien, Tschechien, usw.). Zu überdenken wäre eine interne deutschlandweite Daten-bank, die von den Amtsveterinären und Amtsveterinärinnen genutzt werden kann, um auf Informationen wie einem bestehenden Tierhalteverbot oder Wohnortwechsel schnellen Zugriff zu ermöglichen.

Im Rahmen der Bearbeitung von Fällen sind Gespräche und Auflagen grund-sätzlich erfolgversprechender hinsichtlich der Beugung der Tierhalter/innen als Zwangsgelder und Zwangsenteignungen. Zum Aufrechterhalten des Vertrau-ensverhältnisses zwischen Amtsveterinär und Tierhalter können je nach Tier-art eine überschaubare Anzahl Tiere belassen werden (beispielsweise ein gleichgeschlechtliches, kastriertes adultes Paar). Je nach Härte des Falls sind Zwangsenteignungen jedoch nicht selten unausweichlich. Die nachfolgende Situation ist nicht nur im Hinblick auf die Kapazitäten und Kosten für die Tier-heime im Falle von Tierwegnahmen oftmals nicht tragbar. Hier besteht weite-rer Handlungsbedarf, der aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung war.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

133

Für notwendige regelmäßige und zeitnahe Nachkontrollen durch Amtsve-terinäre und Amtsveterinärinnen dieser zukünftig vermehrt zu erwartenden Tierschutzfälle wäre mehr Personal an den Veterinärämtern, besonders im Tierschutzbereich, sinnvoll. Es ist nicht auszuschließen, dass zukünftig eine Erweiterung der Tierschutzabteilungen erforderlich ist. Dies könnte auch in Form von spezialisierten Organisationen oder Institutionen stattfinden, die zur Entlastung der Veterinärämter ausschließlich die tierschutzrelevanten Härte-fälle bearbeiten.

Die anfallenden Kosten der Fälle für die Veterinärämter sind unüberschaubar, aber immens und mit einer sehr hohen finanziellen Dunkelziffer versehen. Zu-dem ist häufig eine Mitarbeit aus vielen verschiedenen Zuständigkeitsberei-chen notwendig, was weitere Kosten verursacht. Eine Vernetzung der Zu-ständigkeiten kann aber auch zur konstruktiven Konfliktlösung beitragen. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden die Tierhalter/innen rückfällig. Bei le-benslanger Wiederholungstäterschaft bedeutet das ein konstantes Ansteigen der Kosten für die Veterinärämter und andere beteiligte Institutionen.

Abb. 8: Fenster mit Kratz- und Beißspuren von Hunden, die den Freiheitsdrang der eingesperrten Tiere demonstrieren.105

105 Quelle: Beschützerinstinkte e.V.

Zusammenfassung

134

Im Dokument Animal Hoarding (Seite 135-138)