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Urbane Landwirtschaft: das FUI-Projekt

Im Dokument AgrAr forschung schweiz (Seite 32-40)

K u r z b e r i c h t

Abb. 1 | Urbane Landwirtschaft: Gemüseproduktion vor der Haus-tür in Lausanne. (Foto: Therese Haller, HAFL)

Serie ProfiCrops

Zwei Kernfragen standen im Zentrum von FUI: Kann urbane Landwirtschaft zu urbaner Lebensqualität bei-tragen und wenn ja, wie? Wie kann die urbane Land-wirtschaft geplant werden, damit sie zu «neuer städte-baulicher Qualität» beiträgt? Die Beantwortung dieser Fragen wurde im Rahmen verschiedener Arbeitspakete angestrebt. Die erarbeiteten Konzepte und Strategien zur neuen urbanen Qualität sollten an Beispielen der bestehenden Raum- und Stadtstruktur der Schweiz im Rahmen von Fallstudien exemplarisch überprüfbar sein.

Für die Fallstudie von FUI wurde die Stadt Lausanne aus-gewählt. Die neueren städtebaulichen Entwicklungen mit starkem Fokus auf Lebensqualität und auch prakti-sche Gründe der Erreichbarkeit und Sprache prädesti-nierten diese Agglomeration für eine exemplarische Fallstudie. In Lausanne existieren bereits Projekte des urbanen Gartenbaus, an die sich anknüpfen lässt. Seit 1996 betreibt die Stadt sogenannte «Plantages»,

kom-munale Grundstücke in der Innenstadt, auf denen die Anwohnerinnen und Anwohner in der unmittelbaren Nachbarschaft rund 20–30 m2 grosse Parzellen für den Gemüse-, Obst- und Kräuteranbau mieten können.

Zudem besteht Interesse und Kooperationsbereitschaft von Ämtern der Stadtverwaltung beim Thema Urbane Landwirtschaft. Die erarbeiteten Methoden und Strate-gien wurden für verschiedene kleinere Standorte in Lau-sanne, aber auch auf einem mehrere Hektaren grossen Standort vorerst modellhaft angewendet.

Anbau-Typologien: Wer kultiviert was, wo und wie?

Ein Forschungsteam von ProfiCrops übernahm im Rah-men von FUI zwei wesentliche Aufgaben: Zum einen entwickelte es unter Berücksichtigung von agrono-mischen Anbaukriterien sogenannte FUI-Typologien (Abb.  2), d. h. Anbautypen, deren Merkmale definiert und beschrieben wurden, verbunden mit Empfehlungen für den nachhaltigen Anbau geeigneter Gemüse- und Früchtearten. Tierhaltung und Ackerbau wurden im Rahmen von FUI nicht berücksichtigt, da diese Produkti-onszweige unter den gegebenen Rahmenbedingungen im Stadtgebiet nicht in Betracht kommen. Die Typolo-gien wurden im Speziellen charakterisiert nach Anbau-akteur (z. B. Hobbygärtner, Anbaukollektiv, professio-neller Gartenbauer etc.), Standort (Dachgarten, Industriebrache, Strassenrabatte etc.) und Management-modell (individuell, Gruppe, Stadt) (Crole-Rees et al.

2012). Zum anderen untersuchte ProfiCrops im Rahmen von FUI die geltenden gesetzlichen Grundlagen für die Produktion, die Verarbeitung und die Vermarktung von Nahrungsmitteln in urbanen Räumen. Diese Grundlagen bildeten neben den städtebaulichen und geographi-schen Aspekten die Basis für die Simulation und Evalua-ProfiCrops

Das Forschungsprogramm ProfiCrops (www.

proficrops.ch) von Agroscope will dazu beitra-gen und garantieren, dass die Pflanzenpro-duktion in der Schweiz in einem immer weiter liberalisierten Umfeld konkurrenzfähig bleibt, und das Vertrauen der Konsumenten in die Schweizer Produkte gestärkt wird.

Die zu Beginn des Programms aufgestellten Hypothesen gingen davon aus, dass die Effizi-enz der Produktion verbessert werden muss, dass die Innovation und der Mehrwert erhöht werden sollten, dass das Vertrauen der Konsu-menten gestärkt und die Rahmenbedingun-gen angepasst werden müssen. Diese vier Aus-sagen wurden interdisziplinär in Form von Modulen (Effizienz, Innovation, Konsumenten und Rahmenbedingungen) erforscht. Weitere damit verbundene Projekte betrafen den Feu-erbrand, ProfiVar, ProfiGemüse CH, die Zusam-menarbeit in der Fruchtfolgeplanung, ProfiVi-ti, WIN4 und FUI. Mit der Serie von Artikeln

«Profi-Crops», die 2013 in der Zeitschrift Agrar-forschung Schweiz publiziert wurden, konnte eine Auswahl von Resultaten und Lösungen verbreitet werden, die der Erhaltung der Kon-kurrenzfähigkeit der schweizerischen Pflan-zenproduktion dienen. Es handelt sich um bei-spielhafte Resultate und Lösungen. Ein zusam-menfassender Bericht wird im April 2014 ver-fügbar werden.

In Anbetracht des öffentlichen Interesses und der Frage von ProfiCrops nach Zukunftschan-cen unter den heutigen Rahmenbedingungen des Pflanzenbaus lag es nahe, FUI mit Profi-Crops zu assoziieren. Der Artikel «Urbane Landwirtschaft: Das FUI-Projekt» gibt einen Überblick über das Projekt, in dessen Rahmen verschiedene Typen von urbaner Landwirt-schaft definiert und die bestehenden gesetz-lichen Rahmenbedingungen untersucht wur-den.

Kurzbericht | Urbane Landwirtschaft: das FUI-Projekt

tion von urbanen Szenarien und die Identifikation von potenziellen Standorten, Produzententypen und Pro-duktionseinheiten für Food-Initiativen.

Die Analyse des städtischen Potenzials am Fallbeispiel Lausanne ergab viele mögliche Standorte für die urbane Nahrungsmittelproduktion. Die meisten davon sind kleine, privat geführte Flächen. Für die traditionelle, professionelle Landwirtschaft bestehen zahlreiche Ein-schränkungen in städtischen Gebieten, sowohl im Hin-blick auf wirtschaftliche als auch auf produktions- technische Aspekte. Diese Einschränkungen führen dazu, dass die urbane Nahrungsmittelproduktion vor allem Anbau-Typologien zuzuordnen ist, die von Perso-nen ohne kommerzielle Ziele betrieben werden kön-nen. Die modellhafte Anwendung der Typologien auf kleineren Standorten in Lausanne und Erfahrungen anderer Projekte der urbanen Landwirtschaft deuten aber auch auf neue Anwendungsmöglichkeiten der urba-nen Landwirtschaft, die noch genauer zu prüfen sind.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Eine umfangreiche Recherche erlaubte ein umfassen-des Studium und die Dokumentation der gesetzlichen Grundlagen für die Produktion von Nahrungsmitteln in der Stadt. Mit Ausnahme der städtischen Bauern-höfe, die von professionellen Landwirten kommerziell betrieben werden, und zu denen auch die intensiven Produktionseinheiten vertikale Farm, Aquaponic- und Gewächshausfarm gezählt werden können, sind die FUI-Typologien keine Einheiten, die unter das Land-wirtschaftsgesetz fallen. Abgesehen von Gesetzen und Verordnungen, wie dem Raumplanungs- und dem Umweltschutzgesetz, die in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Sektors gelten, fehlen ein-deutige Regelungen weitestgehend. Dieses gesetzli-che Niemandsland wird teilweise durch die Entwick-lung von Chartas kompensiert (z. B. in Lausanne und Basel). Bei zunehmender Anwendung der urbanen Anbauformen drängt sich aber die Schliessung dieser Abb. 2 | Die FUI-Typologie «Dachfarm» als Fallbeispiel einer Interventionsstrategie für neue urbane Qualität an einem kleineren Standort innerhalb von Lausanne. (Grafik: VWA)

Öffentliche Strasse

Zufahrt zur Strasse

Begrünte Fläche

Landmaschine Eisenbahnlinien

Umlaufender Flurweg

Frühjahrsaussaat

Parkhaus in den unteren Stockwerken

Das Projekt zeigte auch, dass die Zusammenarbeit von Fachleuten aus sehr unterschiedlichen Forschungsgebie-ten hohe Anforderungen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellt. Die bewusste Berücksichtigung der interdisziplinären Ausgangslage und deren ausdrückli-che und systematisausdrückli-che Bearbeitung sind zu empfehlen.

Ein Team der Universität Lausanne hat Ende 2013 das Swiss Urban Agriculture Network (SUAN) ins Leben geru-fen, das zum Ziel hat, die Forschungsaktivitäten der ver-schiedenen Institutionen im Bereich Urbane Landwirt-schaft in der Schweiz zu vernetzen.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Nationa-len Forschungsprogramms «Neue urbane Qualität» wird vom Schweizerischen Nationalfonds auf der Website

www.nfp65.ch publiziert. n

Gesetzeslücke auf. Die derzeitigen Bestimmungen för-dern implizit den integrierten beziehungsweise biolo-gischen Anbau.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

FUI hat Methoden und systematische Instrumente geschaffen, die interessierte Stellen aus Politik, Stadtver-waltung und Städteplanung sowie Interessentinnen, Interessenten und Fachleute der urbanen und nicht-urbanen Landwirtschaft unterstützen, die Anwendung der urbanen Landwirtschaft zur Verbesserung der inner-städtischen Qualität zu prüfen und sie zu planen. Auf Grund der modellhaften Anwendung der zahlreichen entwickelten Anwendungstypologien kann erwartet werden, dass die urbane Nahrungsmittelproduktion positive Auswirkungen auf die soziale und ökologische Qualität einer Stadt haben kann. Abgesehen von der Nahrungsmittelproduktion an sich tragen vor allem sozi-ale Aspekte der urbanen Landwirtschaft, beispielsweise pädagogische und integrative Funktionen, zu dieser Ein-schätzung bei. Die Betrachtung verschiedener Projekte der urbanen Landwirtschaft hat gezeigt, dass vereinzelt auch Kreise der professionellen Landwirtschaft Interesse an einer urbanen Produktionsform zeigen, wenn ein gewisses Marktpotenzial besteht.

Literatur

Crole-Rees A., Heitkämper K., Bertschinger L., Dumondel M., Haller Th. & Verzone C., 2012. Urban agriculture: an opportunity for farmers?

A Swiss case study. Paper presented at the SHE conference, Angers, July 2012.

wirtschaftlichen Produktion ermöglicht. Dieses Potenzial zu nutzen wird in Zukunft unumgänglich sein, wenn die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft in einem schwieriger werdenden internationalen Umfeld zur Disposition steht und es zudem entscheidend darum gehen wird, im zahlungskräftigen einheimischen Markt das Vertrauen der Schweizer Konsumenten in die hiesige Produktion zu erhalten und zu verbessern. Das Ziel von Win4 ist es, neue Ansätze zu entwickeln und zu prüfen, welche Ansätze eine profitable landwirtschaftliche Pro-duktion mit dem Erreichen der Umweltziele verbinden.

D a s K o n z e p t W i n

4

Win4 steht für das Konzept, durch die Optimierung aller Dimensionen der Nachhaltigkeit, nämlich Ökologie (Stoffflüsse und Biodiversität), Ökonomie und Soziales Synergien zu erzielen. Win4 geht dabei von der Hypothese aus, dass in einer besseren Nutzung multipler Synergien ein beträchtliches Optimierungspotenzial in der Schwei-zer Landwirtschaft liegt, welches mit geringen Kosten wesentliche Effizienzsteigerungen hinsichtlich des Res-sourcenverbrauchs und der Wirtschaftlichkeit der

land-Durch die Reduzierung der Stoffflüsse aus dem Agrar-Oekosystem heraus wird die Land-nutzung optimiert und die Biodiversität erhöht.

Otto Daniel1, Anna Crole-Rees1, Lukas Bühler1, Flavia Geiger1, Hans-Ulrich Gujer2 und Lukas Bertschinger1

1Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8020 Wädenswil

2Bundesamt für Umwelt BAFU, 3003 Bern Auskünfte: Otto Daniel, otto.daniel@agroscope.admin.ch

Win 4 in der Landwirtschaft: Verbesserungen in den Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie

Serie ProfiCrops

K u r z b e r i c h t

Betrieb A Betrieb B Erosion,

Phosphor

Nitrat Pflanzenschutzmittel

Optimierte Landnutzung Stoffflüsse Biodiversität

Win4 als Forschungsprojekt

Im Rahmen von ProfiCrops wurde ein vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanziertes Forschungsprojekt gestartet mit dem Ziel, praktisch umsetzbare Ziele für Landwirtschaftsbetriebe zu definieren. Wegen ihrer vergleichsweise grossen Bedeutung für die Ziele des Pro-jekts fokussierte es zunächst auf die Rolle der sogenann-ten «beitragenden Flächen» für den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in Oberflächengewässer und untersuchte folgende Fragestellungen:

1. Kann die überbetriebliche Kooperation bei der optimierten Bewirtschaftung von «beitragenden Flächen» helfen? Die Fragestellung wurde mittels Literaturanalyse und Interviews untersucht.

2. Wie bestimmt man «beitragende Flächen» und wie kann man PSM-Stoffflüsse konkret reduzieren?

Werkzeuge und Prozeduren sollten entwickelt werden.

Win-Win-Situationen durch überbetriebliche Organisa-tion

Überbetriebliche Organisationsformen in der Land-wirtschaft können als Katalysator für Optimierungen in mehreren Dimensionen wirken (Geiger et al. 2011).

Unterschiedliche Formen der überbetrieblichen Zusam-menarbeit wie Betriebs- und Betriebszweiggemein-schaften oder die gemeinsame Nutzung der Maschi-nen senken Fixkosten und variable Kosten, und könMaschi-nen die Arbeitsproduktivität steigern (Mann und Muziol 2001). Aus sozialer Sicht wichtig ist eine Abnahme von Risiken und der Arbeitsbelastung. Eine reduzierte Arbeitszeit führt zu mehr Freizeit und Zeit für die Fami-lie (Pavillard 2005). Die Zusammenarbeit vergrössert jedoch auch die gegenseitige Abhängigkeit der Betriebsleiter, die Notwendigkeit von Absprachen und erhöht das Risiko für Konflikte.

Es liegen wenige vertiefte wissenschaftliche Studien vor, welche die Auswirkung der überbetrieblichen Orga-nisation auf die ökologische Nachhaltigkeit der Betriebe untersucht haben. Die Vergrösserung von Betrieben und vor allem von Parzellen führte in der Vergangenheit oft zu einer Abnahme der Biodiversität auf landwirtschaftli-chen Betrieben (Belfrage et al., 2005). Wichtig sind aber auch die Stoffflüsse aus einer landwirtschaftlichen Par-zelle heraus. Hier spielen oft «beitragende Flächen», das heisst Flächen, welche überproportional zum Stoffver-lust aus einer Parzelle beitragen, eine wichtige Rolle (Frey et al. 2011). Im Prinzip können bei einer überbe-trieblichen Landnutzung «beitragende Flächen» eher angepasst bewirtschaftet werden, weil die Flexibilität bei der Wahl der Nutzungsart höher ist als auf einem

einzelnen Betrieb. 

ProfiCrops

Das Forschungsprogramm Proficrops (www.

proficrops.ch) von Agroscope will dazu beitra-gen und garantieren, dass die Pflanzenproduk-tion in der Schweiz in einem immer weiter liberalisierten Umfeld konkurrenzfähig bleibt und das Vertrauen der Konsumentinnen und der Konsumenten in die Schweizer Produkte gestärkt wird.

Die zu Beginn des Programmes aufgestellten Hypothesen gingen davon aus, dass die Effizi-enz der Produktion verbessert werden muss, dass die Innovation und der Mehrwert erhöht werden sollten, dass das Vertrauen der Konsu-menten gestärkt und die Rahmenbedingun-gen angepasst werden müssen. Diese vier Aussagen wurden interdisziplinär in Form von Modulen erforscht, nämlich in den Modulen Effizienz, Innovation, Konsumenten und Rah-menbedingungen. Weitere damit verbundene Projekte betrafen den Feuerbrand, ProfiVar, ProfiGemüse CH, die Zusammenarbeit in der Fruchtfolgeplanung, ProfiViti, WIN4 und FUI.

Mit der Serie von Artikeln «ProfiCrops», die dieses Jahr in der Zeitschrift Agrarforschung Schweiz publiziert wurden, konnte eine Aus-wahl von Resultaten und Lösungen verbreitet werden, welche der Erhaltung der Konkur-renzfähigkeit der schweizerischen Pflanzen-produktion dienen. Es handelt sich um bei-spielhafte Resultate und Lösungen. Ein zusam-menfassender Bericht wird Anfang 2014 ver-fügbar werden.

Der Artikel «Win4 in der Landwirtschaft: Ver-besserungen in den Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie» stellt das Projekt Win4 vor, welches eine Optimierung dieser Nachhal-tigkeitsdimensionen anstrebt. Der Artikel weist auf den aktuellen Mangel an verfügba-rem Wissen und an Werkzeugen hin und be-schreibt erste Ergebnisse des Projekts zu den Aspekten Pflanzenschutzmittel-Stoffflüsse.

Kurzbericht | Win4 in der Landwirtschaft: Verbesserungen in den Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie

Die Pflanzenschutzmittel (PSM) sind neben den Düngern die wichtigsten Produktionsmittel, die die aquatische Flora und Fauna schädigen können, wenn sie als «Stoff-fluss» aus einer landwirtschaftlichen Parzelle heraus in Oberflächengewässer gelangen (Schäfer et al. 2007). Auf regelmässige Meldungen zu PSM in Grund- und Trink-wasser reagieren Konsumenten sensibel, was die Gefahr eines nachhaltigen Vertrauensverlustes in die Schweizer Landwirtschaft beinhaltet. Eine Reduktion von PSM-Ein-trägen in Oberflächengewässer dürfte in den kommen-den Jahren als eine wichtige Herausforderung auf die Schweizer Landwirtschaft zukommen.

Das vorliegende Projekt möchte einen praktischen Lösungsbeitrag zur Reduktion der PSM-Einträge in Ober-flächengewässer leisten, indem es aufzeigen will, wie

«beitragende Flächen» erkannt werden können, und ob die PSM-Einträge in die Oberflächengewässer mit geeig-neten Massnahmen, beispielsweise dem Einrichten von ökologischen Ausgleichsflächen, gezielt reduziert wer-den können.

Win-Win-Situationen durch das Erkennen von «beitra-genden Flächen»

Auf mehreren Pilotbetrieben wurde untersucht, wie

«beitragende Flächen» erkannt werden können, und mit welchen Massnahmen die PSM-Einträge in

Oberflächen-gewässer verringert werden können (Daniel und Bühler, 2013). Als wichtig für eine gute Einschätzung der lokalen Gegebenheiten und der Situation auf einem Betrieb erwies sich die effiziente Nutzung bestehender Informa-tionsquellen wie der Erosionsrisikokarten, Bodenkarten, Drainageplänen, usw. (Abb. 1). Wesentlich war aber auch ein Interview mit dem Betriebsleiter und eine Feld-begehung vor Ort (Abb. 2). Erst dadurch war es möglich, die Bewirtschaftung der Parzellen mit einzubeziehen und sich ein vollständiges Bild über das Potential von PSM-Einträgen in Oberflächengewässer aus den einzel-nen Parzellen zu machen. Bei kritischen Parzellen wur-den Massnahmen vorgeschlagen, mit welchen der PSM-Eintrag in Oberflächengewässer verkleinert werden kann. Dazu gehört unter anderem die Wahl einer geeig-neten Fruchtfolge, die geeignete Platzierung von ökolo-gischen Ausgleichsflächen und Pufferstreifen sowie die Wahl der Bodenbearbeitungsmethoden.

Die Pilotstudien haben gezeigt, dass die erarbeiteten Werkzeuge und Prozeduren eine gute Basis sind, um auf landwirtschaftlichen Betrieben die Bewirtschaftung so zu optimieren, dass die PSM-Einträge in Oberflächengewäs-ser verringert werden. In den untersuchten Pilotbetrie-ben hatten die Betriebsleiter selber zum Teil schon gezielt Massnahmen ergriffen, um PSM-Einträge in Oberflächen-gewässer gering zu halten. Mit den entwickelten Werk-Abb. 1 | Möglicher Anschluss der Parzellen auf dem Versuchsbetrieb Tänikon an benachbarte Oberflächengewässer.

Regenwasser kann über Drainagen oder an der Oberfläche über Fliesslinien, Schächte und entwässerte Strassen in benachbarte Oberflächengewässer gelangen. (Karte © swisstopo)

Lützelmurg

Dorfbach

Löhrenbach

0 200 400 Meter Legende

Ökologische Ausgleichsfläche Fliesslinie

Permanente Wiese o. Weide Drainierte Fläche Entwässerte Strasse Gewässer

Schacht

ten zusammenwachsen und in einer Art permanenter Werkstatt durch on-farm-Projekte weiterentwickelt werden. Zurzeit werden bisher erarbeitetes Wissen und Methoden in zwei Folgeprojekten eingesetzt und wei-terentwickelt.

Im Projekt «Win4: Umsetzung auf Pilotbetrieben», wel-ches von Agrofutura und Agridea bearbeitet wird, sollen nun durch einen gesamtbetrieblichen Ansatz Schwach-stellen der aktuellen agrarpolitischen Ökologisierungs-massnahmen eliminiert werden, welche auf Einzelmass-nahmen beruhen. Im Zentrum des Ansatzes steht ein Beratungsprozess, in dessen Verlauf das konkrete Opti-mierungspotenzial an Umweltleistungen auf dem Betrieb analysiert und entsprechende Verbesserungs-massnahmen vereinbart werden. Das zweite, flächenbe-zogene Pilotprojekt Alberswil-Mauensee am Rande der Wauwiler Ebene (LU) wird durch die Ö+L GmbH durch-geführt. Es wird durch die Stiftung Agrovision und den Kanton Luzern begleitet. Ziel ist die Anwendung der Methodik zur Bestimmung und Bewirtschaftung von beitragenden Flächen auf Einzelbetrieben und die Erar-beitung der Grundlagen für eine Umsetzung auf der Landschaftsebene.

Das Projekt Win4 konnte im Rahmen von ProfiCrops erste fachliche Grundlagen bereitstellen und einen wich-tigen Impuls für Folgeprojekte geben, insbesondere die on-farm-Forschung und die Umsetzung in die Praxis. n zeugen ist es möglich, weitere Betriebe zu untersuchen

und parzellenspezifische Massnahmen vorzuschlagen, um PSM-Einträge in Oberflächengewässer zu verkleinern.

Es zeigte sich, dass ein grosser Teil der möglichen Massnahmen in den Entscheidungsbereich des Landwir-tes auf Betriebsebene fällt. Die entwickelten Werkzeuge setzen jedoch auf der Parzellenebene an. Zur effektiven Verbesserung der Oberflächengewässerqualität wird es auch nötig sein, Massnahmen unter Einbezug sozialer und ökonomischer Aspekte zu prüfen und in die Strate-gien eines Betriebes oder einer überbetrieblichen Orga-nisation zu integrieren und die Bemühungen in regiona-len Vernetzungsprojekten zu koordinieren.

Win4 im gesamtbetrieblichen Kontext

Win4 will die Zukunftsfähigkeit der Schweizer Land-wirtschaft mit interdisziplinären on-farm-Projekten unterstützen. Das bestehende Wissen aus verschiede-nen Dimensioverschiede-nen muss zu neuen praktikablen

Konzep-Literatur

Anonym 2005: Millenium Ecosystem Assessment. Zugang:

http://www.maweb.org/en/index.aspx. [November, 2011].

Belfrage K., Björklund J. & Salomonsson L. 2005. The effects of farm size and organic farming on diversity of birds, pollinators, and plants in a Swedish landscape. Ambio 34, 582–588.

BLW 2011. Klimastrategie Landwirtschaft. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel für eine nachhaltige Schweizer Land- und Ernäh-rungswirtschaft. 46 S.

Daniel O. & Bühler L. 2013. Pflanzenschutzmitteleintrag aus ackerbau-lich genutzten Parzellen in Oberflächengewässer: Analyse und Redukti-onsmassnahmen auf Ebene Betrieb. Studie im Auftrag des BAFU. 51 S.

Frey M., Konz N., Stamm C. & Prasuhn V. 2011. Machbarkeitsstudie Kartierung beitragender Flächen. Studie im Auftrag des BAFU. 91 S.

Abb. 2 | Feldbegehung mit dem Ziel, die Informationen aus Erosi-onsrisikokarten, Bodenkarten, Drainageplänen usw. zu verifizieren und zu ergänzen. (Foto : Lukas Bühler, Agroscope)

Geiger F., Crole-Rees A. & Daniel O. 2011. Zwischenbericht Vorprojekt Win4. Studie im Auftrag des BAFU. Wädenswil. 27 S.

Mann K. H. & Muziol O. 2001. Darstellung erfolgreicher Kooperationen und Analyse der Erfolgsfaktoren. Betriebsgesellschaften in der Landwirtschaft – Chancen und Grenzen im Strukturwandel. Frankfurt/M., Rentenbank.

Pavillard N. 2005. Innovative Bewirtschaftungsformen und Strukturan-passungen in der Schweizer Landwirtschaft. Institut für Agrarwirtschaft.

Zürich, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich.

Schäfer R. B., Caquet T., Siimes K., Mueller R., Lagadic L., Liess M. 2007.

Effects of pesticides on community structure and ecosystem functions in agricultural streams of three biogeographical regions in Europe. Science of The Total Environment 382, 272–285.

P f l a n z e n b a u

Der HOLL Raps ist ein schönes Beispiel für eine Innovation zu der Agroscope direkt beigetragen hat.

E i n l e i t u n g

In Europa zeichnet sich seit einigen Jahrzenten ein neues ökonomisches, soziales, politisches und umwelt-mässiges Umfeld ab. Die wirtschaftliche Liberalisie-rung, der zunehmende Druck auf die natürlichen Res-sourcen sowie die Umsetzung der neuen Agrarpolitik 2014 – 2017 beeinflussen die Konkurrenzfähigkeit des schweizerischen Pflanzenbaus. Die neue Agrarpo-litik fördert die Innovation im Lebensmittelbereich und unterstützt gezielt die Leistungen zum Wohle der Öffentlichkeit. Die von der Forschung entwickel-ten Innovationen zielen darauf ab, die Effizienz der pflanzlichen Produktion und das Einkommen der

Pro-duzentinnen und Produzenten zu verbessern sowie das Vertrauen der Konsumentenschaft in die Schweizer Produkte zu stärken (BLW 2012). Das Forschungspro-gramm ProfiCrops, das von Agroscope 2008 begonnen

Pro-duzentinnen und Produzenten zu verbessern sowie das Vertrauen der Konsumentenschaft in die Schweizer Produkte zu stärken (BLW 2012). Das Forschungspro-gramm ProfiCrops, das von Agroscope 2008 begonnen

Im Dokument AgrAr forschung schweiz (Seite 32-40)