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5.1 Entmischungsverhalten von PolymerSolvensSystemen -Phänomenologie

In diesem Abschnitt werden die zum Verständnis der Arbeit benötigten theoretischen Grundlagen zum Entmischungsverhalten von Polymeren in überkritischen Fluiden erläutert.

Zunächst wird in Abschnitt 5.1.1 auf generelle Aspekte von Phasendiagrammen binärer Mischungen eingegangen. In Abschnitt 5.1.2 werden die phänomenologischen Besonderhei-ten von Mischungen aus Polymer und Lösungsmitteln behandelt. Ausführliche Dar-stellungen der Theorie der Thermodynamik von Polymer-Solvens-Systemen finden sich in [1, 2, 3].

5.1.1 Phasendiagramme binärer Mischungen

Die Beschreibung des Phasenverhaltens (quasi)binärer Mischungen erfordert eine (wenigstens) dreidimensionale Darstellung der Abhängigkeit des Drucks (p) von der Temperatur (T) und vom Stoffmengenanteil (x) einer Komponente. Zusätzlich können Abhängigkeiten von der mittleren Polymermolmasse, der Molmassenverteilung und von mikrostrukturellen Charakteristika der Polymere betrachtet werden. Im Rahmen der vor-liegenden Arbeit wurden Messungen des Phasenverhaltens bei konstantem Stoffmengen-anteil von Polymer und Solvens durchgeführt. Daher werden im folgenden lediglich zwei-dimensionale p vs. T-Projektionen der Raumdarstellung behandelt. Detaillierte Beschrei-bungen und Klassifizierungen von Phasendiagrammen von Polymer-Solvens-Systemen finden sich in der Literatur bei McHugh [2], Scott [3] und Chen und Radosz [4].

In Abbildung 5.1 wird in Diagramm a) ein generalisiertes Phasendiagramm vom Typ III [2]

einer binären Mischung niedermolekularer Stoffe gezeigt. Die durchgezogenen, unbezeich-neten Linien stellen jeweils die Dampfdruckkurven der Komponenten dar. Die Kurven enden in den kritischen Punkten C1 und C2. Komponente 1 ist die flüchtigere der beiden.

Die gestrichelt gezeichnete, steile Kurve bei niedriger Temperatur trennt den Bereich in dem die beiden Komponenten als nicht mischbare Flüssigkeiten vorliegen (LL) vom homogenen Bereich (Fluid) ab. Diese Linie wird als upper-critical-solution-temperature curve (UCST) bezeichnet. Die sehr geringe Druckabhängigkeit des LL-Fluid-Übergangs entlang dieser Linie beruht darauf, dass die betrachteten Phasen als wenig kompressible Flüssigkeiten

vorliegen. Zu geringeren Drücken trifft die UCST-Kurve auf eine mit LLV bezeichnete Linie. Unterhalb dieser liegt das System in Form zweier Flüssigkeiten und einer Dampfphase vor. Eine zweite gestrichelt dargestellte Linie beginnt bei C2 und endet auf einer weiteren LLV-Linie.

Abbildung 5.1: Schematische p/T-Diagramme von (quasi)binären Mischungen aus: a) niedermolekularen Stoffen mit Typ III-Verhalten, b) Polymer und Lösungsmittel mit Typ III-Verhalten, c) niedermolekularen Stoffen mit Typ IV-Verhalten, d) Polymer-Fluid mit Typ IV-Verhalten.

Die gestrichelte Linie ist die Grenze zwischen dem Bereich der homogenen Mischung (Fluid) und dem Bereich der Koexistenz einer flüssigen und einer Dampfphase (LV). Diese beiden Phasen besitzen in der Nähe des kritischen Punktes C1 flüssigkeitsähnliche Dichten.

Daher führt ein Anstieg der Temperatur bei konstantem Druck in diesem Bereich quasi zu einem Zerfall der homogenen Phase in zwei koexistierende flüssige Phasen. Experimentell wird dabei entlang der als lower-critical-solution-temperarture curve (LCST) bezeichneten Grenzlinie eine Eintrübung beobachtet.

Das entsprechende Phasendiagramm vom Typ III für Mischungen aus Polymer und Solvens ist in Abbildung 5.1 mit b) gekennzeichnet. Es wird deutlich, dass nur ein Ausschnitt des Diagramms a) aus dem Bereich geringer Temperaturen dargestellt ist. Dies liegt daran, dass

sich das Polymere weit unterhalb der zu erwartenden kritischen Temperatur zersetzt.

Weiterhin ist der Dampfdruck des Polymeren vernachlässigbar gering. Die LLV-Linien aus Diagramm a) (Übergang zur Koexistenz von drei Phasen) fallen für Polymerlösungen mit der Dampfdruckkurve des Lösungsmittels zusammen und bilden die durchgezogene LLV-Linie. Unterhalb dieser Linie existiert in einem weiten Temperaturbereich ein Zweiphasen-gebiet (LV) aus Dampf und Flüssigkeit. Die gestrichelt gezeichnete UCST- und LCST-Linie trennen jeweils den homogenen Bereich (Fluid) von den aus zwei flüssigen Phasen beste-henden Bereichen (L+L) ab. Die beiden Linien stellen entgegengesetzte Phasengrenzlinien dar. Im Falle der UCST-Linie führt eine isobare Temperaturabsenkung zur Zweiphasigkeit, im Falle der LCST-Linie zur Einphasigkeit.

Für binäre Mischungen bestimmter niedermolekularer Stoffe wird z.T. ein von Diagramm a) abweichendes Phasenverhalten beobachtet. Dieses Typ IV [2] genannte Verhalten ist in Diagramm c) dargestellt. Anstelle der UCST-Kurve und der weiteren, das homogene Gebiet abgrenzenden, Kurve (siehe Diagramm a)) wird nur eine kritischen Entmischungskurve beobachtet. Diese weist oft, wie in c) dargestellt, ein Druckminimum auf.

Diagramm d) zeigt das entsprechende Typ IV-Verhalten von Polymer-Solvens-Mischungen.

Für diese Systeme findet man ebenfalls nur eine kritische Entmischungs- auch als U-LCST- bezeichnete Kurve [4], welche aus der Überlagerung der UCST-, LCST- und LLV-Kurve resultiert. Typischerweise zeigen alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Solvens- Polymer-Mischungen ein derartiges Verhalten. Der Phasenübergang an dieser Grenzlinie findet ähnlich demjenigen an der UCST-Linie statt. Bei isobarer Absenkung der Temperatur tritt ebenso wie bei isothermer Absenkung des Drucks ein Zerfall der homogenen Fluid-phase in eine polymerreiche, schwere GelFluid-phase und eine polymerarme, leichte SolFluid-phase ein.

5.1.2 Phasenverhalten von Mischungen aus Polymer und Solvens

Eine Mischung aus einem Polymeren und einer niedermolekularen Komponente stellt im strengen Sinne kein binäres sondern ein multinäres System dar. Die Ursache dafür ist, dass Polymere in der Regel nicht aus einem einheitlichen Stoff bestehen, sondern polydispers d.h. aus einer Mischung verschieden großer, homologer Kettenmoleküle aufgebaut sind.

Erwähnenswert ist, dass bei vielen Polymeren neben der Polydispersität bezüglich der Kettenlänge weitere, die Mikrostruktur betreffende Eigenschaften, wie z.B. die Häufigkeiten von Verzweigungen, an der Polymerkette polydispers verteilt vorliegen. Copolymere können zudem eine Verteilung bezüglich der Häufigkeit der Comonomeranteile in

verschie-denen Polymermolekülen aufweisen. Wenn die Anteile der verschieverschie-denen Comonomer-bausteine in allen Molekülen identisch sind, spricht man von einem chemisch einheitlichen Copolymeren.

Die Ursache für den oft komplexen Aufbau der Mikrostruktur von Polymeren liegt in der Vielzahl der während der Synthese zumeist parallel ablaufenden Reaktionen wie z.B.: das Kettenwachstum, der Transfer der radikalischen Funktion auf das Monomer bzw. das Polymer und die sogenannten Backbiting- [5], Scission- und Terminierungsreaktionen.

Im Folgenden wird lediglich die Polydispersität bezüglich der Kettenlänge berücksichtigt.

Die chemisch-physikalischen Eigenschaften eines einzelnen Polymermoleküls ändern sich nur geringfügig und kontinuierlich mit der Kettenlänge. Da sich darüber hinaus die makro-skopischen Eigenschaften eines Polymeren aus einem Mittel über alle Spezies ergeben, kann die Polymerkomponente einer Mischung dennoch näherungsweise als einheitlicher Stoff betrachtet werden. Man bezeichnet daher Mischungen aus einem Polymer und einem niedermolekularen Reinstoff auch als pseudo- oder quasibinär.

Unter dieser Vereinfachung ist es möglich die Phasengleichgewichte von Polymer-Lösungsmittel-Systemen in üblicherweise für binäre Mischungen verwendeten Diagramm-typen darzustellen. Als Polymerkonzentration wird dazu die Summe aller Polymerkom-ponenten aufgefasst, ungeachtet ihrer Kettenlänge. Trägt man das Entmischungsverhalten von Polymerlösungen in einem klassischen T-x-Diagramm auf, so kann dabei keine Infor-mation über die in den einzelnen Phasen vorhandenen Molmassenverteilungen dargestellt werden. Mittels der Konstruktion von sogenannten Schattenkurven (s.u.) wird dies er-möglicht.

In der Regel beeinflusst die Polydispersität das Entmischungsverhalten von Polymer- Lösungsmittel-Systemen. Die Gleichgewichtsphasen zu einem Druck und einer Temperatur können bei gegebener Ausgangsverteilung des Polymers verschiedene Konzentrationen auf-weisen. Dies führt dazu, dass mehr als eine Entmischungsgrenzkurve existiert. In Abbildung 5.2 ist schematisch ein generalisiertes T-x-Diagramm einer Mischung aus Polymer und Lösungsmittel dargestellt.

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