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Der experimentell zugängliche Druck- und Temperaturbereich für Copolymerisationen von Ethen mit (Meth)Acrylaten ist aufgrund folgender Aspekte beschränkt:

(1) Apparative Druck und Temperaturgrenze:

Der für die Synthesen eingesetzte Hochdruckautoklav ist inklusive der Anbauteile bis zu einem maximalen Druck von 3000 bar bei Temperaturen bis 300 °C einsetzbar.

(2) Phasenverhalten:

Der zugängliche Druck- und Temperaturbereich wird zu geringen p- und T-Werten durch die Inhomogenität der Reaktionsmischung begrenzt. Während der Synthese sollte Zwei-phasigkeit vermieden werden, da ansonsten die Reaktionsführung durch verstärktes Reaktorfouling erschwert und das Risiko einer thermischen Zersetzungsreaktion des Ethens [9] erhöht wird. Zudem ist im Rahmen dieser Arbeit geplant, die Zusammensetzungskinetik der Copolymerisationen zu untersuchen. Dies gelingt in der Regel nur für Systeme in homogener Phase, da in mehrphasigen Systemen die Monomere und Polymere in schwer messbarem Umfang in den verschiedenen Phasen vorliegen.

Literaturdaten von z.B. McHugh et al. [40] für die Systeme Ethen / Poly(Ethen-co-Methylacrylat) (E / E-MA) und Ethen / Poly(Ethen-co-Butylacrylat) (E / E-BA) belegen, dass im Zusammensetzungsbereich der Copolymere von ca. 0 - 50 mol-% bei Synthese-temperaturen von 150°C und höher für eine homogene Reaktionsführung Reaktionsdrücke von 1800 bar ausreichend sind. Dröge [10] hat die Druckabhängigkeit der Copolymeri-sationsparameter für die verwandten Copolymersysteme Ethen-Methylacrylat, Ethen-2-Ethylhexylacrylat und Ethen-Butylmethacrylat gemessen. Es zeigte sich, dass die Druck-abhängigkeit im untersuchten Bereich von 1500 - 2500 bar sehr gering ist, wobei die experimentelle Unsicherheit im Verhältnis zur Größenordung des Effekts groß ist. Es wurde daher für alle im Rahmen dieser Arbeit ausgeführten Copolymersynthesen ein Synthese-druck von 2000 bar gewählt und auf die Untersuchung der Druckabhängigkeit verzichtet.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass bei allen im Rahmen der vorliegenden Arbeit

durch-geführten Copolymersynthesen Einphasigkeit der Reaktionsmischung herrschte. Dies ist durch eine visuelle Überwachung der Reaktionsmasse im Reaktor (s. Abschnitt 3.1.2) geprüft worden3.

(3) Initiierungskinetik:

Bei den Copolymersynthesen wurde darauf abgezielt, den jeweiligen Gesamtumsatz möglichst gering zu halten. Der überwiegende Teil der Experimente wurde daher ohne Einsatz von Initiatoren durchgeführt. Dies ist möglich, da bei der Hochdruckpolymerisation von Ethen sowie bei allen bisher untersuchten Ethen-(Meth)Acrylat-Copolymerisationen bei Temperaturen oberhalb von ca. 165°C eine Selbstinitiierung auftritt [10, 29]. Der Umfang dieser Selbstinitiierung nimmt mit der Temperatur und der (Meth)Acrylatkonzentration zu.

Entsprechend findet die Synthese von Ethen-(Meth)Acrylat-Copolymeren bei höheren Syn-thesetemperaturen dort eine Beschränkung, wo die Selbstinitiierung der Monomermischung einen Umsatz größer als die im Rahmen dieser Arbeit gewählte Obergrenze von 10 % bewirkt. Der maximale Comonomergehalt der hergestellten Copolymerproben wird somit bei hohen Synthesetemperaturen durch die Initiierungskinetik begrenzt. Bei niedrigeren Temperaturen beschränkt die Auslegung der dritten Kompressionsstufe (flüssiger Anteil im Dosierstrom ≤ 10 Vol.-%) die Synthese von Ethen-(Meth)Acrylat-Copolymeren auf Produkte mit weniger als 60 mol-% (Meth)Acrylat.

Der Vorteil niedriger Umsätze liegt darin, dass unter diesen Bedingungen Copoly-mermaterial erhalten wird, welches eine eher schmalere Molekulargewichtsverteilung sowie eine bestmögliche chemische Einheitlichkeit (d.h. eine nahezu gleichartige Zusammen-setzungsverteilung in den Copolymermolekülen) aufweist. Derartige Proben sind für experimentelle Trübungsdruckmessungen besonders geeignet, da die Präzision von Trübungsdruckmessungen mit schmaler werdender Molekulargewichtsverteilung steigt.

Darüber hinaus - und dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit vorgesehenen modellierenden Beschreibung der Ergebnisse der Trübungsdruckmessungen (vgl. Abschnitt 6) - ist es sinnvoll mögliche Unterschiede in der Einheitlichkeit der unter-suchten Copolymere, welche prinzipiell einen Einfluss auf das Entmischungsverhalten haben können [38], zu vermeiden.

3 Das Auftreten von Inhomogenität wäre neben der optischen Überwachung zudem auch bei der inline-NIR/IR-spektroskopischen Kontrolle der Reaktionsmischung in Form einer zunehmenden Basislinie auf-gefallen.

3.1.4 Durchführung von Copolymerisationsexperimenten Vorbereitung eines Syntheseexperiments

Vor jedem Experiment werden der Reaktor und alle nachfolgenden Komponenten der Anlage zerlegt und gründlich gereinigt. Hierzu werden eventuelle Copolymeranhaftungen nach Aufweichen bei Temperaturen bis 180°C in flüssigem Isododekan mechanisch entfernt und Lösungsmittelreste mit Aceton abgespült. Copolymerreste in zugesetzten Hochdruck-bauteilen und Kapillaren werden ebenfalls auf bis zu 300°C erhitzt und mit komprimiertem Kohlendioxid oder Heptan ausgetragen. Spätestens am Vortag des Experiments wird die Anlage mehrfach mit Ethen gespült und mindestens 12 Stunden unter einem Ethendruck von 2000 bar belassen. Dies dient zum einen als Test der Dichtigkeit, zum anderen können sich während dieser Zeitspanne Sauerstoffspuren und andere Verunreinigungen im über-kritischen Ethen lösen und anschließend mit diesem ausgetragen werden.

Durchführung eines Syntheseexperiments

Unmittelbar vor dem Versuch wird der Druck in der Anlage abgelassen. Der Dosierzweig für Comonomere, Molmassenregler und Initiatoren wird mit den jeweiligen Substanzen gespült. Der Kühlwasserkreislauf der Kompressoren und des Rührantriebs wird geöffnet.

Alle heizbaren Komponenten werden auf die jeweils gewählte Temperatur gebracht. Sobald die Analysenzelle ihre Solltemperatur erreicht hat, wird ein Referenzspektrum der Zelle aufgenommen. Nun wird nach dem Start der Comonomerdosierung bei geöffnetem Ventil des Massenflussreglers in den Kapillaren bis unmittelbar vor dem Reaktor Druck aufgebaut.

Sobald der gewünschte Reaktionsdruck erreicht ist, wird das Absperrventil G4 zwischen Reaktor und der dritten Kompressionsstufe (vgl. Abb. 3.1) geöffnet und der Rührmotor eingeschaltet. Anschließend wird der Ethenfluss mit Hilfe des Massenflussreglers ein-geregelt. Der Reaktionsdruck wird manuell mit Hilfe des Feinventils reguliert. Der gewählte Massenfluß der Meth)Acrylate beträgt bei dem für alle Experimente eingestellten Ethen-durchsatz von 1 kg/h zwischen 4 und 260 g/h.

Während des Betriebs registriert das FT-IR-Spektrometer automatisch Spektren in einem Zeitabstand von 2 Minuten, wobei für jedes Absorbanzspektrum 64 Interferogramme zwischen 1400 und 6500 cm–1 innerhalb von 25 Sekunden aufgenommen werden. Die Ein-kanalspektren werden nach Fouriertransformation der Interferogramme unter Anwendung einer Blackmann-Harris 3-Term Apodisierungsfunktion berechnet. Für die Spektren-aufnahme finden folgende optische Komponenten Anwendung: Globar-Lichtquelle,

Siliciumbeschichteter Calciumfluorid-Strahlenteiler und ein mit flüssigem Stickstoff gekühlter MCT-Detektor. Anhand der IR-Spektren lässt sich die Änderung der (Meth)-Acrylat-Konzentration sowie die Änderung der Konzentration des entstehenden Copolymers verfolgen [10]. Nach Erreichen stationärer Betriebsbedingungen, erkennbar an der Konstanz der aufgenommenen IR-Spektrenserie, wird mindestens 5 Verweilzeiten abgewartet (ca.

15 min.). Hiernach wird innerhalb eines definierten Zeitraums eine Polymerprobe in der Abscheideeinheit [6] genommen. Anschließend kann der Comonomerfluss oder die Reak-tortemperatur variiert und eine neue Synthesebedingung angefahren werden.

Im Unterschied zur Ethen-(Meth)Acrylat-Copolymerisation bei der durch den thermischen Umsatz (s.o.) keine zusätzliche Initiierung erforderlich ist, muss bei der Copolymerisation von Ethen und Methacrylsäure ein Initiator zur Erzielung von Umsatz eingesetzt werden.

Der Initiatorverbrauch hängt aus bisher nicht geklärten Gründen erheblich von der Konzentration des Comonomers Methacrylsäure in der Reaktionsmischung ab. Auch bei den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Ethen-Butylmethacrylat-Terpolymerisationen zeigte sich eine Verknüpfung des Umsatzes mit dem Methacrylsäure-dosierstrom bei konstanter Dosierung des eingesetzten Initiators (DtBP). Um die Synthesen bei gleichem Umsatz auszuführen, muss daher mit zunehmender Säureförderung auch die Initiatordosierung gesteigert werden. Aufgrund der starken Wechselwirkung von Methacryl-säurekonzentration, Initiatorverbrauch und Umsatz können Schwankungen in der Initiator- oder Säuredosierung (wie z.B. durch kurzeitigen Ausfall der Dosierpumpe) schnell zum Verlust der Kontrolle über die Reaktion führen. Entsprechend ist bei diesen Copolymerisationen eine besonders sorgfältige Kontrolle der Synthesebedingungen mit der

„inline“-Spektroskopie erforderlich. Details hierzu finden sich bei Wittkowski [6].

Beendigung eines Experiments

Zur Beendigung der Copolymersynthese wird, falls Initiator verwendet wurde, zunächst die Initiatordosierung ausgestellt und abgewartet bis anhand der „inline“-Spektroskopie kein weiterer Umsatzrückgang erkennbar ist. Anschließend wird die (Meth)Acrylatdosierung ausgestellt. Sobald spektroskopisch bestimmt wird, dass die (Meth)Acrylatkonzentration im Feedstrom vollständig abgesunken ist, werden die Kompressoren auf Bypass-Förderung geschaltet und die Anlage über das Feinventil druckentlastet. Die Heizungen und Kom-pressoren werden abgeschaltet. Die (Meth)Acrylat-Dosierpumpen und die Motorspindel-presse werden bei hohem Fluss mit einer Mischung aus Aceton und Heptan für mindestens eine Stunde gespült.