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Vorwurf des Unterlassens erforderlicher diagnostischer Maßnahmen Der Vorwurf mangelhafter ärztlicher Diagnostik wurde 1300x als alleiniger Vorwurf oder

7. 3 Verneinte Behandlungsfehler

Gruppe 5 - Vorwürfe fehlerhafter Medikation

8.1 Vorwurf des Unterlassens medizinisch gebotener Maßnahmen

8.1.1 Vorwurf des Unterlassens erforderlicher diagnostischer Maßnahmen Der Vorwurf mangelhafter ärztlicher Diagnostik wurde 1300x als alleiniger Vorwurf oder

kombiniert mit anderen Vorwürfen erhoben. Hier sind alle Behandlungsfehlervorwürfe erfasst, bei denen bemängelt wurde, dass zum Beispiel Röntgenuntersuchungen nach einem Sturz

unterlassen wurden oder mangelhafte Untersuchungen durch im Bereitschaftsdienst zum Hausbesuch gerufene Ärzte vorgenommen wurden. Der Vorwurf der mangelhaften Diagnostik wurde auch dann erhoben, wenn Erkrankungen (z.B. Pneumonie, Herzinfarkt, maligne Erkrankungen) durch die beschuldigten Ärzte infolge angeblich oder tatsächlich unzureichender Diagnostik zu spät erkannt wurden. Auch hier waren, wie Tabelle 29 zeigt, die Krankenhausärzte vor den niedergelassenen Ärzten und den Notdienstärzten wie den Notärzten betroffen.

Tabelle 29: Adressaten des Vorwurfs der mangelhaften Diagnostik (n=1300)

Vorwurf mangelnder Diagnostik gegen Fallzahl

Krankenhausärzte 621

Niedergelassene Ärzte 417

Notdienstarzt 151

Mehrere Ärzte 38

Notarzt 35

Einen Arzt 21

Nicht zu klären 8

AiP/ÄiP 4 Belegarzt 1 Sonstige 1 Pflegepersonal 1 Heilpraktiker 1 Rettungssanitäter/-assistenten 1

Summe 1300 Das Ergebnis der Begutachtung jener Behandlungsfehlervorwürfe, die eine mangelhafte ärztliche

Diagnostik behauptet hatten, ist Tabelle 30 zu entnehmen. Die gutachterliche Problematik bei der mangelhaften ärztlichen Diagnostik liegt insbesondere in der Beantwortung der Frage, ob denn der Patient mit Sicherheit überlebt hätte, wenn die gebotene Diagnostik zeitgerecht erfolgt wäre. Gerade bei derartigen Fallkonstellation zeigt sich beispielhaft, dass im Einzelfall nicht zu vermeidende statistische Aussagen dazu führen können, dass eine Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgt, weil sich nicht mit der im Strafrecht erforderlichen Sicherheit nachweisen ließ, das der Patient bei rechtzeitiger und adäquater Diagnostik überlebt hätte. Gleichzeitig kann in einer Reihe derartiger Fälle aber davon ausgegangen werden, das eine auch statistisch hinreichend sichere Aussage im Behandlungsfehlergutachten von einem Zivilgericht akzeptiert worden wäre, mit der Folge, dass dem Patienten Schadensersatz und ggf. auch Schmerzensgeld zuzusprechen gewesen wäre, auch bei einer Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Häufig musste gutachterlich beispielsweise konstatiert werden, dass ärztliches Verhalten auch im Einzelfall zwar das Risiko eines letalen Verlaufes erhöht hatte, der strenge Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem ärztlichen Handeln bzw. Unterlassen und dem Eintritt des Todes war jedoch nicht zu führen. Einerseits konnte häufig nicht ausgeschlossen werden, dass autoptisch nachgewiesene konkurrierende Erkrankungen im Einzelfall nicht doch allein todesursächlich waren, andererseits blieb zweifelhaft, ob die bekannte letale Komplikation eines ebenfalls bekannten Grundleidens sich bei rechtzeitiger Diagnostik und Therapie hätte vermeiden bzw. beherrschen lassen.

Tabelle 30: Ergebnis der Begutachtung bei Behandlungsfehlervorwürfen, die medizinische Diagnostik sei mangelhaft gewesen

Ergebnis der Begutachtung Fallzahl

Behandlungsfehler verneint 787

Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach weiteren Ermittlungen/Zusatzinformationen etc.

148 Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach Erstellung eines

empfohlenen Fachgutachtens

128 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod verneint oder fraglich 122 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod bejaht 64

Gutachten bleibt vorbehalten 31

Behandlungsfehlervorwurf nicht zu klären bzw. keine Stellung genommen 20

Summe 1300

8.1.2 Vorwurf der verspäteten Reaktion auf postoperative Komplikationen

Von besonderer gutachterlicher Brisanz sind Behandlungsfehlervorwürfe, die sich beziehen auf das verspätete Erkennen meist bekannter postoperativer Komplikationen. Tabelle 31 gibt insgesamt 233 Fälle an und deren Verteilung auf verschiedene Arztgruppen. In dieser Gruppe von Behandlungsfehlervorwürfen mit zunächst postoperativem Überleben des Patienten muss insbesondere die klinische Symptomatik und Diagnostik betrachtet werden und ob danach eine frühzeitigere ärztliche Intervention nach medizinischem Standard geboten gewesen war. Auch hier kann die strafrechtlich relevante Frage, ob der Patient bei rechtzeitiger ärztlicher Reaktion mit Sicherheit überlebt hätte, regelmäßig nicht mit der im Strafrecht erforderlichen Sicherheit beantwortet worden.

Tabelle 31: Adressaten des Vorwurfs, es sei verspätet auf postoperative Komplikationen reagiert worden (n=233)

Vorwurf der verspäteten Reaktion auf postoperative Komplikationen Fallzahl

Krankenhausärzte 214

Niedergelassene Ärzte 12

Einen Arzt 2

Belegarzt 2 Pflegepersonal 1

Mehrere Ärzte 1

Nicht zu klären 1

Summe 233 In Einzelfällen war jedoch auch mit der strafprozessual erforderlichen Sicherheit die Kausalität

zwischen der verspäteten ärztlichen Reaktion und dem Eintritt des Todes zu bejahen (Tabelle 32).

Tabelle 32: Ergebnis der Begutachtung der Vorwürfe, es sei auf postoperative Komplikationen verspätet reagiert worden

Ergebnis der Begutachtung Fallzahl

Behandlungsfehler verneint 130

Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach Erstellung eines empfohlenen Fachgutachtens

40 Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach weiteren

Ermittlungen/Zusatzinformationen etc.

28 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod verneint oder fraglich 16 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod bejaht 15

Gutachten bleibt vorbehalten 3

Behandlungsfehlervorwurf nicht zu klären bzw. keine Stellung genommen 1

Summe 233

8.1.3 Sonstiges Unterlassen

In dieser Gruppe finden sich insgesamt 1070 alleinige oder kombinierte Vorwürfe des Unterlassens medizinisch gebotener Maßnahmen. In diese Rubrik fallen auch alle Fälle, in denen zum Beispiel bemängelt wurde, dass ein Bereitschafts- oder Hausarzt nicht zum Hausbesuch erschienen ist oder eine Einweisung in ein Krankenhaus unterlassen wurde, obwohl eine solche Krankenhauseinweisung nach Ansicht des Anzeigeerstatters erforderlich und unter Umständen lebensrettend gewesen wäre. Bei detaillierterer Betrachtung der Vorwürfe des sonstigen Unterlassens kann die in Tabelle 33 angegebene Differenzierung vorgenommen werden.

Tabelle 33: Differenzierung der Vorwürfe, es seien sonstige gebotene medizinische Maßnahmen unter Verstoß gegen anerkannte Regeln der ärztlichen Sorgfalt unterlassen worden

Differenzierung der Vorwürfe des sonstigen Unterlassens Fallzahl Vorwurf der unterlassenen Krankenhauseinweisung 208

Unzureichende Überwachung des Patienten 115

Zu frühe Entlassung 67

Ungenügende Behandlung 67

Unterlassene Krankenhausaufnahme 61

Nichterscheinen nach Ruf 52

Unterlassene Behandlung 51

Verspätete Krankenhauseinweisung 40

Mangelhafte Pflege 39

Verspätetes Erscheinen nach Ruf 38

Verspätete Operation 26

Unterlassene Operation 23

Mangelhafte Thromboseprophylaxe 22

Verspätete Verlegung 18

Mangelhafte Ernährung 16

Mangelnde Sorgfalt 14

Mangelhafte Aufklärung 12

Unterlassene Verlegung 11

Zu frühe Verlegung 9

Sonstige Einzelfälle 181

Summe 1070

Auch in dieser Rubrik sind als Adressaten die Krankenhausärzte vor den niedergelassenen Ärzten, den Notdienstärzten und den Notärzten zu nennen (Tabelle 34).

Tabelle 34: Adressaten des Vorwurfs, es seien sonstige medizinisch gebotene Maßnahmen unterlassen worden (n=1070)

Vorwurf des sonstigen Unterlassens Fallzahl

Krankenhausärzte 512

Niedergelassene Ärzte 277

Notdienstarzt 131

Notarzt 63

Mehrere Ärzte 25

Einen Arzt 19

Rettungssanitäter/-assistenten 18

Nicht zu klären 9

Pflegepersonal 7 Sonstige 5 Heilpraktiker 3 AiP/ÄiP 1 Summe 1070 Wie in den anderen Gruppen ist das Ergebnis der Begutachtung bei den Vorwürfen sonstigen

Unterlassens dargestellt (Tabelle 35).

Tabelle 35: Ergebnis der Begutachtung bei Vorwürfen, es seien sonstige medizinisch gebotene Maßnahmen unterlassen worden

Ergebnis der Begutachtung Fallzahl

Behandlungsfehler verneint 657

Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach weiteren Ermittlungen/Zusatzinformationen etc.

118 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod verneint oder fraglich 112 Behandlungsfehler gutachterlich möglich, Klärung erst nach Erstellung eines

empfohlenen Fachgutachtens

77 Behandlungsfehler bejaht, Kausalität für den Tod bejaht 57 Behandlungsfehlervorwurf nicht zu klären bzw. keine Stellung genommen 28

Gutachten bleibt vorbehalten 21

Summe 1070

8.1.4 Unterlassene Überwachung von Berufsanfängern

Lediglich bei zwei Behandlungsfehlervorwürfen wurde eine unzureichende Überwachung von Berufsanfängern behauptet. In einem Fall misslang einem Arzt im Praktikum (AIP) während der Narkoseeinleitung die Intubation, die anschließend aber auch einem erfahrenen Anästhesiepfleger und dem anästhesiologischen Chefarzt nicht gelingen wollte. Dennoch wurde der Vorwurf erhoben, der Einsatz des unerfahrenen AIP habe entscheidende Zeit gekostet und zum Tode des Patienten geführt. Auch im zweiten Fall wurde angegeben, der AIP habe aus

Unerfahrenheit eine Infusionsflasche nicht fachgerecht angeschlossen. Nachdem sich der Verschluss gelöst hatte, war der bewusstlose Patient, da ohne Aufsicht, verblutet. In beiden Fällen waren die Ärzte im Praktikum als Krankenhausärzte betroffen, in beiden Fällen wurde im Ergebnis ein Behandlungsfehler verneint.

8.1.5 Ergebnisse der Behandlungsfehlerbegutachtung bei den Vorwürfen des Unterlassens medizinisch gebotener Maßnahmen

Die nachfolgende Tabelle 36 gibt einen Überblick über das Ergebnis der Behandlungsfehlerbegutachtung in jenen 2158 Fällen, in denen der Vorwurf erhoben wurde, es seien medizinisch gebotene Maßnahmen unter Verstoß gegen anerkannte Regeln der ärztlichen Sorgfalt unterlassen worden. Dabei wird deutlich, dass die Quote bejahter Behandlungsfehler hier mit 13,5% etwas überdurchschnittlich ist (Durchschnitt 10%). Der Anteil jener Fälle, in denen ein kausaler Zusammenhang zwischen der unterlassenen, aber medizinisch gebotenen Maßnahme und dem Eintritt des Todes bejaht wurde, ist jedoch mit 4,8% nicht deutlich abweichend erhöht gegenüber der Gesamtquote von 4,2%.

Tabelle 36: Übersicht der Ergebnisse der Behandlungsfehlerbegutachtung bei den Vorwürfen des Unterlassens medizinisch gebotener Maßnahmen

Art des Vorwurfs Gesamt- anzahl der