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unkörperlicher Gegenstände

Im Dokument Information als Gut (Seite 118-157)

Unkörperliche Güter waren nicht immer als Gegenstand der Zuweisung durch Ausschließlichkeitsrechte anerkannt. Es gab unterschiedliche Auffas-sungen zum Begriff des Gegenstands von Rechten, was Auswirkungen auf die Dogmatik der Güterzuordnung hatte. Auch die Frage, ob vorrechtliche Gegenstände oder nur einzelne Handlungen zugewiesen werden können, war Gegenstand der Debatte. Da Güter als bloße Handlungsbefugnisse auf-gefasst werden können, wäre auch eine rechtliche Güterzuordnung durch die bloße Zuweisung von Handlungen denkbar. Im Ergebnis haben aber vorrechtlich anerkannte Gegenstände einen erheblichen Einfluss auf die Güterzuordnung durch Ausschließlichkeitsrechte gewonnen.

Vorrechtlich anerkannten Gegenständen kommt vor allem eine Abgren-zungsfunktion zu, die – auch bei unkörperlichen Gütern – die rechtliche Abgrenzung erleichtern kann. Umgekehrt wird aber häufig erst durch die rechtliche Abgrenzung ein klarer Gegenstand definiert, was sich darin aus-drückt, dass in dieser Arbeit von einer Verdinglichung durch Ausschließ-lichkeitsrechte gesprochen wird.

Die Abgrenzungsfunktion des vorrechtlichen Gegenstands hat auch Aus-wirkungen auf die Verlautbarung bzw. Publizität von Ausschließlichkeits-rechten; ihnen kommt eine Publizitätsfunktion zu.

Schließlich wirken sich vorrechtliche Gegenstände auf die Frage aus, wie an ihnen bestehende Ausschließlichkeitsrechte übertragen werden können oder wie sonst über sie verfügt werden kann. Sie haben Einfluss auf den originären Rechtserwerb, auf den Bestand der Rechte und auf den Rechts-übergang (derivativer, insbesondere translativer Rechtserwerb).1 Da die translative Übertragung hierbei ein besonders wichtiger Aspekt ist, kann man pars pro toto von einer Übertragungsfunktion sprechen.

Hinsichtlich aller drei Funktionen weisen unkörperliche Gegenstände – und damit auch Information(sgüter)  – Besonderheiten auf, die im Fol-genden dargestellt werden. Vorab muss allerdings erst der historisch um-strittene Gegenstandsbegriff geklärt werden. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob unkörperliche vorrechtliche Gegenstände überhaupt im Recht

1 Vgl. Wolf, Lehrbuch des Sachenrechts, S. 4 ff.; Niehues, JZ 1987, 453 (454).

berücksichtigt werden und in welchem Verhältnis diese zum Güterbegriff stehen, der bereits im ersten Teil eingeführt wurde.

I. Begriff des Gegenstands von Ausschließlichkeitsrechten Mit der Anerkennung subjektiver Rechte kam auch die Frage auf, ob man neben dem Inhaber auch von einem Gegenstand dieser Rechte sprechen kann. Lange Zeit war umstritten, welche inhaltliche Bedeutung diesem Begriff zukommt.2

1. Formaler Gegenstandsbegriff

Formal lässt sich der Begriff des Gegenstands im Zivilrecht als Bezugs-punkt subjektiver Rechte auffassen.3 Betrachtet man ein subjektives Recht als Verknüpfung zwischen einem Rechtssubjekt und einer Erscheinung des Alltags durch einen Rechtssatz, so ist formaler Gegenstand dieses Rechts die Erscheinung des Alltags. Der Gegenstand eines Ausschließlichkeitsrechts ist dann ein – reales oder gedachtes – Objekt, auf das sich sämtliche dem Rechtsinhaber ausschließlich vorbehaltene Handlungen beziehen.

Große Probleme hat der Umstand bereitet, dass solche Bezugspunkte zum Teil vorrechtlich gegeben sind, zum Teil aber auch erst durch rechtliche Regelungen definiert werden. Beschränkt man sich auf die formale Defini-tion, so lassen sich beliebige Handlungsinhalte zu Gegenständen erklären.

Umgekehrt würden dann auch rechtliche Normen der Güterzuordnung ausschließlich aus handlungsbezogenen Ge- und Verboten an Rechtssub-jekte bestehen, wie es von der Imperativentheorie vertreten wurde.4

Dennoch ist es sinnvoll, den Gegenstandsbegriff auch inhaltlich mit Le-ben zu füllen. Während sich der Rechtsinhalt im Bereich der relativen sub-jektiven Rechte in einzelnen Handlungspflichten erschöpft, ist die Defini-tion des Rechtsgegenstands bei Rechten mit Wirkung gegenüber jedermann komplexer. Zudem beeinflusst das vorrechtliche Verständnis die Gestaltung subjektiver Rechte.5 Die Existenz vorrechtlicher Gegenstände ist daher für

2 Vgl. Haedicke, Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung, S. 55 ff.; Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 2 ff.; Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 90–103 Rn. 4 ff.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S. 37.

3 Zurückgehend auf Zitelmann, Internationales Privatrecht, S. 51, der vom „Bezie-hungspunkt“ subjektiver Rechte spricht. Ihm folgend Lehmann, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 230.

4 Vgl. dazu ausführlich Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 74 ff., die darauf hinweisen, dass das objektive Recht neben Gebotssätzen (Imperativen) auch andere „Geltungsanordnungen“ enthält.

5 Näher dazu sogleich unter II.2 (S. 102 ff.).

das Zivilrecht nicht irrelevant. Eine inhaltliche Bestimmung des Gegen-standsbegriffs ist unumgänglich.

2. Anerkennung unkörperlicher vorrechtlicher Gegenstände

Ein auf den Begriff der Sache (res) im klassischen römischen Recht seit Gaius zurückgehendes Problem, das lange Zeit dogmatisch nicht gelöst werden konnte, ist die Frage, ob auch Rechte selbst zu den Gegenständen zu zählen sind.6 Dies hat Auswirkungen auf die Anerkennung vorrechtlich existierender unkörperlicher Gegenstände und damit auch auf das Recht der Güterzuordnung.

Gaius setzte, um diesem Problem zu entgehen, unkörperliche Gegen-stände und Rechte gleich.7 Andere unkörperliche Gegenstände als Rechte erkannte er nicht an. Dieser Ansatz setzt sich fort im Gegenstandsbegriff von Sohm, der Sachen und an ihnen bestehendes Eigentum gleichsetzt und beide als „Gegenstände des verfügungsgeschäftlichen Verkehrs“8 betrachtet.

Ähnlich argumentiert auch Husserl, demzufolge das vorrechtliche Gut – die Sache – für das Eigentum keine Bedeutung habe, vielmehr Rechtsobjekt das Eigentum selbst sei.9

Das BGB löst das Problem mit dem vor allem auf v. Savigny zurück-gehenden, auf Sachen verengten Gegenstandsbegriff.10 Indem es nur Aus-schließlichkeitsrechte an körperlichen Gegenständen anerkennt, sich also auf das Sachenrecht beschränkt, vermeidet es zwar die Gleichsetzung von Gegenständen und Rechten, blendet aber – abgesehen vom Namensrecht des § 12 BGB11 – unkörperliche Gegenstände aus. Dennoch kann man fest-stellen, dass das BGB die beiden Ebenen von Gegenstand (in Gestalt der Sache) und an diesem Gegenstand bestehendem Recht trennt.12

6 Wendehorst, in: Alexy (Hrsg.), Juristische Grundlagenforschung, S. 71 (73 ff., 80 f.);

Gretton, RabelsZ 71 (2007), 802 (820 f.).

7 Vgl. Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 3 f.;

einen rechtsvergleichenden Überblick gibt Gretton, RabelsZ 71 (2007), 802 ff.

8 Sohm, Der Gegenstand, S. 6 f.; vgl. Haedicke, Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung, S. 59 ff.; Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 20.

9 Husserl, Der Rechtsgegenstand, S. 174 ff.; vgl. Haedicke, Rechtskauf und Rechts-mängelhaftung, S. 62; Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 11.

10 Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 6; ders., in:

Leible/Lehmann/Zech (Hrsg.), Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 33 (42 ff.); Wen-dehorst, in: Alexy (Hrsg.), Juristische Grundlagenforschung, S. 71 (73 ff.); Strack, JURA 2011, 5 (5 f.); Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 49 ff.

11 Zur Rechtsnatur des Namensrechts Klippel, Der zivilrechtliche Schutz des Namens, S. 487 ff.; Beverley-Smith/Ohly/Lucas-Schloetter, Privacy, Property and Personality, S. 109 ff., 129 ff.

12 Allerdings verwendet das BGB den Begriff Gegenstand sowohl für Sachen als auch

Neben dem BGB bestehen aber die Rechte des geistigen Eigentums (Immaterialgüterrechte) wie das Urheberrecht und das Patentrecht. Die Trennung von Recht und Gegenstand legt nahe, die Objekte dieser Rechte als unkörperliche Sachen bzw. Gegenstände zu bezeichnen.13 Damit kommt man zu der knappen von Beuthien/Schmölz gegebenen Definition:

„Gegenstand im Sinne des Zivilrechts ist alles, was als abgrenzbares Etwas außerhalb der Person besteht.“14

Unklarheiten kann es noch geben, weil Rechte in der Terminologie des BGB als „Gegenstand“ von Verfügungen, zum Beispiel in Form des Pfand-rechts an Rechten, in Betracht kommen. Als Schlusspunkt kann daher die Lehre von Larenz15 betrachtet werden, wonach es Gegenstände erster nung und zweiter Ordnung gibt, von denen die Gegenstände erster Ord-nung bereits vorrechtlich existieren. Bei einer Sache, die Gegenstand des an ihr bestehenden Eigentums und damit eines Ausschließlichkeitsrechts ist, handelt es sich um einen Gegenstand erster Ordnung. Bei einem Recht, das Gegenstand eines Rechts oder Rechtsgeschäfts ist, handelt es sich um einen Gegenstand zweiter Ordnung.

3. Gleichsetzung von Gegenstand und Gut

Trennt man Gegenstand und Recht, ohne den Gegenstandsbegriff auf kör-perliche Gegenstände zu begrenzen, so können – zumindest für den Bereich der Ausschließlichkeitsrechte – die Begriffe vorrechtlicher Gegenstand und Gut gleichgesetzt werden.16 Der Begriff des Gutes wurde bereits bei der Vorstellung von Informationsgütern genauer definiert.17 Hier ist jedoch noch auf den Begriff des Rechtsguts einzugehen.

Zum Rechtsgut wird ein Gut, wenn es durch die Rechtsordnung geschützt ist.18 Rechtsgüter können als Universalrechtsgüter abstrakte Erscheinungen sein und damit bloßen Schutzzwecken rechtlicher Regelungen entsprechen.

Sie können aber auch als Individualrechtsgüter konkret abgrenzbare

Er-für Rechte, vgl. Rüfner, in: Leible/Lehmann/Zech (Hrsg.), Unkörperliche Gegenstände im Zivilrecht, S. 33 (46); dazu sogleich.

13 Erstmals durch Ernst Immanuel Bekker, dem sich Bernhard Windscheid anschloss;

vgl. Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 6.

14 Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsschutz durch Persönlichkeitsgüterrechte, S. 19.

15 Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 285 f.; vgl. Haedicke, Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung, S. 65; Rüfner, in: Historisch-kritischer Kommen-tar zum BGB, §§ 90–103 Rn. 11; Wendehorst, in: Alexy (Hrsg.), Juristische Grundlagen-forschung, S. 71 (75 ff.).

16 So bereits Kohler, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, S. 449; Jickeli/Stieper, in:

Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 90–103 Rn. 7.

17 Siehe § 3 (S. 46 ff.).

18 Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 90–103 Rn. 5.

scheinungen der Rechtswirklichkeit darstellen, die durch rechtliche Re-gelungen mit Rechtssubjekten verknüpft sind:19

„Zu einem Rechtsgut werden […] Güter, wenn sie durch die Rechtsordnung ge-schützt sind; zum privaten Rechtsgut werden sie, wenn dieser Schutz im Interesse der Einzelperson erfolgt und seine Geltendmachung der Entschließung des Berech-tigten überlassen bleibt.“20

Bei dieser Definition scheinen auch die beiden Merkmale subjektiver Rechte durch, die bereits bei der Wirkungsweise von Ausschließlichkeitsrechten vorgestellt wurden: der Schutz eines individuellen Interesses und die Wil-lensfreiheit hinsichtlich der Geltendmachung. Bei der Zuweisung vorrecht-licher Gegenstände durch Ausschließlichkeitsrechte geht es nur um die Zuweisung von Individualrechtsgütern.

Kein konstitutives Merkmal von Individualrechtsgütern ist deren Über-tragbarkeit. Zum einen gibt es indisponible, sogenannte höchstpersönliche Rechtsgüter, wie Leben und Menschenwürde. Höchstpersönliche Rechts-güter erfüllen gerade nicht das Gütermerkmal der Existenz außerhalb der Person.21 Zum anderen gibt es aber Güter mit Persönlichkeitsbezug, die eigenständig bestehen und damit auch übertragen werden können. Dies sind die Persönlichkeitsgüter, die durch bestimmte Persönlichkeitsrechte, wie das Recht am eigenen Bild, geschützt sind.22

Auch die Frage, ob nur solche vorrechtlichen Gegenstände als Güter zu qualifizieren sind, die einen Vermögenswert besitzen, ist zu verneinen.

Zwar ist die Nützlichkeit Teil der Güterdefinition, diese setzt jedoch nicht zwingend einen Vermögenswert voraus. Auch die heute wohl herrschende auf Wieacker23 zurückgehende Definition für (vorrechtliche) Gegenstände als individualisierbare, vermögenswerte Objekte der natürlichen Welt24 enthält eine Vermögenskomponente. Diese Definition erkennt vorrecht-liche Gegenstände an und stellt damit den Bezug zwischen Gütern und Gegenständen her. Die Beschränkung auf vermögenswerte Gegenstände ist dafür jedoch nicht erforderlich.25 Vermögenswerte Gegenstände sind als geldwerte und verfügbare rechtlich geschützte Güter nur eine

Unter-19 In diesem Sinne bestimmt Kleinheyer, JZ 1970, 471 (475), ein Rechtsgut als Gut, bei dem die Rechtsordnung einer Person gestattet, über die Verwendung zu bestimmen und sich gegen Zugriffe zur Wehr zu setzen; vgl. Schwab, in: MüKo BGB, § 812 Rn. 246;

Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S. 442.

20 Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 90–103 Rn. 5.

21 Dazu S. 47 f.

22 Dazu § 13 (S. 207 ff.), insbesondere S. 209 f.

23 Wieacker, AcP 148 (1943), 57 (65).

24 Marly, in: Soergel/Siebert, BGB, vor § 90 Rn. 2; Holch, in: MüKo BGB, 5. Aufl., § 90 Rn. 1; Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB, § 90 Rn. 4; vgl. Wendehorst, in: Alexy (Hrsg.), Juristische Grundlagenforschung, S. 71 (73); Stresemann, in: MüKo BGB, § 90 Rn. 1.

25 Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 90–103 Rn. 7.

gruppe aller vorrechtlichen Gegenstände. Gleichwohl ist zuzugeben, dass vermögenswerte Güter eine besondere Kategorie darstellen. Wird der Ver-mögenswert auch rechtlich zugewiesen, kann sich daraus zum Beispiel eine bereicherungsrechtliche Zuweisung ergeben.

Durch die Gleichsetzung von Gütern und vorrechtlichen Gegenständen wird schließlich auch die Bedeutung der Ausschließlichkeitsrechte deutlich.

Diese ordnen Güter rechtlich bestimmten Personen zu und schaffen so eine statische Güterzuordnung. Ausschließlichkeitsrechte haben damit eine güterzuordnende Funktion.26

4. Ergebnis

Ausschließlichkeitsrechte bestehen an Gegenständen erster Ordnung. Diese besitzen eine vorrechtliche Existenz und können daher als vorrechtliche Gegenstände bezeichnet werden. Unabhängig von der Frage, ob sie einen Vermögenswert besitzen, sind vorrechtliche Gegenstände und Güter gleich-zusetzen. Ausschließlichkeitsrechte haben damit eine güterzuordnende Funktion.

II. Abgrenzungsfunktion: Zuweisung eines Gegenstands und Zuweisung einzelner Befugnisse

Vorrechtliche Gegenstände grenzen einerseits an ihnen bestehende Aus-schließlichkeitsrechte ab, andererseits kann aber auch erst das Recht durch die genaue Ausgestaltung eines Ausschließlichkeitsrechts dem vorrechtlich nur unscharf umrissenen Gegenstand Konturen verleihen. Die Abhängig-keit des Rechts vom Gegenstand in Bestehen, Inhalt und Umfang lässt sich als Dinglichkeit bezeichnen,27 die Abgrenzung und ggf. Schaffung von Gegenständen durch das Recht als Verdinglichung. Diese Wechselbeziehung hat Grenzen, so kann das Recht nicht beliebig neue Güter schaffen, ist aber auch nicht an vorrechtliche Verhältnisse gebunden. Besonders schwierig ist die Abgrenzung unkörperlicher Gegenstände. Hier tritt im Gegensatz zum Sachenrecht die Dinglichkeit in den Hintergrund, während die

Verding-26 Vgl. Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 7.  Aufl., § 2 II 1 (8.  Aufl.,

§ 1 Rn. 4: Zuordnung eines Objekts); Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S. 56.

Dies gilt auch für das Urheberrecht, das aber wegen seiner persönlichkeitsrechtlichen Prägung Besonderheiten aufweist, vgl. Schack, in: Depenheuer/Peifer (Hrsg.), Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel?, S. 123 (130): „Im Urheberrecht geht es nicht um die Monopolisierung bestehender Güter, sondern um neu geschaffene, die ohne die schöpferische Persönlichkeit ihres Urhebers nicht existieren würden.“

27 Wolf, Lehrbuch des Sachenrechts, S. 4 ff.

lichung – also die Rolle des Rechts bei der Abgrenzung von Gegenständen – größeres Gewicht bekommt. Das Recht „schafft“ unkörperliche Güter.

Die Besonderheit unkörperlicher Güter liegt, wie noch ausführlich dar-zustellen sein wird,28 darin, dass sie nicht-exklusiv sind, d. h., dass andere nicht oder nur schwer von ihrer Nutzung ausgeschlossen werden können.

Dies ist unmittelbare Folge der fehlenden Verkörperung.29 Bis heute gilt jedenfalls für die Konstruktion von Ausschließlichkeitsrechten an unkör-perlichen Gegenständen die Mahnung Kohlers, die zugleich die Bedeutung vorrechtlicher Gegenstände unterstreicht:

„Hiernach kann die Konstruktion des geistigen Eigentums weder für das Autor- und Erfinder-, noch weniger für das Markenrecht wissenschaftlich aufrecht erhalten werden; und zwar deshalb, weil sie den Eigenthumsbegriff so sehr ausdehnen und verflüchtigen würde, daß er wenig mehr geeignet wäre, die juristische Erkenntnis zu fördern und ihr Halt und Stärke zu geben […].“30

Zunächst sollen daher die beiden Auffassungen von Ausschließlichkeits-rechten als Rechte an einem Gegenstand und als Zuweisung eines Bündels von Befugnissen näher dargestellt werden. Sodann soll die Bedeutung, die unkörperlichen vorrechtlichen Gegenständen bei ihrer rechtlichen Zu-weisung durch Ausschließlichkeitsrechte zukommt (also Dinglichkeit und Verdinglichung), untersucht werden. Schließlich sollen die Befugnisse im Umgang mit Information genauer analysiert werden, d. h., Informations-güter werden in ihre Rechtebündel zerlegt. Daraus ergeben sich umgekehrt die einzelnen Befugnisse, die durch Ausschließlichkeitsrechte an Informa-tion zugewiesen werden können.

1. Recht am Gegenstand und Rechtebündel

Informationsgüter gehören zu den unkörperlichen Gegenständen. Diese zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie vorrechtlich weniger klar abgegrenzt sind als körperliche Güter. Sie lassen sich auch als bloßes Bündel von Befugnissen auffassen. Vor allem in der Ökonomik werden Güter auch ganz allgemein als bloße „Rechtebündel“31 bezeichnet, was wiederum zu einer entsprechenden Diskussion im Recht Anlass gegeben hat. Dabei lassen sich die beiden Extrempositionen kennzeichnen als Herrschaft über einen Gegenstand auf der einen Seite und als Bündel von zugewiesenen Einzel-befugnissen auf der anderen Seite. Die vermittelnde Position wird sowohl

28 Siehe S. 117 ff.

29 Durch die fehlende Rivalität vieler Befugnisse im Umgang mit Information stellt sich darüber hinaus die Frage nach der Rechtfertigung von Ausschließlichkeitsrechten an Informationsgütern; vgl. S. 149 ff.

30 Kohler, AcP 82 (1894), 141 (161).

31 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 98.

der Bedeutung vorrechtlicher Gegenstände, die teilweise als beherrschbare oder zumindest umfassend zuweisbare Objekte anerkannt sind, gerecht als auch der ökonomischen Funktion von Ausschließlichkeitsrechten, die in der Zuweisung der einzelnen Befugnisse besteht.

a) Herrschaft über Gegenstände

Der Begriff der Herrschaftsrechte32 (ebenso Beherrschungsrechte33) setzt einen beherrschbaren vorrechtlichen Gegenstand voraus.34 Die Beherr-schung eines Gegenstands wird daher teilweise als entscheidendes Kenn-zeichen absoluter Rechte verstanden, zumindest, soweit sie nicht zu den Persönlichkeitsrechten gehören.35 Teilweise werden auch die Persönlich-keitsrechte zu den Herrschaftsrechten gezählt.36 Damit wäre das Bestehen einer Herrschaftsstruktur Kennzeichen aller Ausschließlichkeitsrechte. Der Verdacht drängt sich auf, dass dabei vom Sacheigentum, dessen Befugnisse tatsächlich als umfassende Herrschaft über einen körperlichen Gegenstand definiert sind, auf andere absolute Rechte geschlossen wird. Rechtspolitisch besteht das Problem der Annahme einer Herrschaftsstruktur darin, dass da-mit automatisch die Zuweisung einer großen Anzahl von Befugnissen, eben der umfassenden Herrschaft, legitimiert wird. Der Streit um den Begriff des

„geistigen Eigentums“ im deutschen Recht37 zeigt dies deutlich.

Rechtstechnisch ist jedoch vor allem die Beherrschbarkeit unkörperlicher Gegenstände fraglich.38 Zwar lassen sich auch unkörperliche Gegenstände denken, die beherrschbar sind,39 die umfassende Zuweisung eines

Gegen-32 v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Band I, S. 13.

33 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 279.

34 Zur Trennung von Rechtswirkung des Eigentums und faktischer Sachherrschaft Lepsius, Besitz und Sachherrschaft im öffentlichen Recht, S. 20 ff.

35 Raiser, JZ 1961, 465 (467); Wendehorst, in: Alexy (Hrsg.), Juristische Grundlagen-forschung, S. 71 (87 f.); Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 10 Rn. 66.

36 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 15 Rn. 4; dagegen zum Recht am eigenen Bild Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 50: „Die Vorstellung einer tatsächlichen Herrschaftsmacht des Betroffenen über sein Eigenbild oder gar eines Besitzes hieran ist daher verfehlt.“

37 Dazu Ohly, JZ 2003, 545 (546 ff.); Götting, GRUR 2006, 353 (354); Pahlow, UFITA 2006, 705 (707 f.). Zum Begriff auch Ahrens, GRUR 2006, 617.

38 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band I, S. 52 f.; Redeker, CR 2011, 634 (638);

Moura Vicente, in: Leible/Lehmann/Zech (Hrsg.), Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 75 (87). Für eine Beherrschbarkeit unkörperlicher Gegenstände Westermann/Gur-sky/Eickmann, Sachenrecht, 7.  Aufl., § 2 II 2 (Stellung des Patentinhabers als „Herr-schaftsverhältnis“); Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 10 Rn. 66 („Beherrschung einer Erfindung“). Von Herrschaftsrechten an geistigen Schöpfungen bzw. Immaterialgütern sprechen Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 627; Köhler, BGB, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 3.

39 So zum Beispiel für Energie Holch, in: MüKo BGB, 5. Aufl., § 90 Rn. 5; Stresemann, in: MüKo BGB, § 90 Rn. 5.

stands wie bei § 903 BGB ist bei fehlender Körperlichkeit aber nicht ohne Weiteres möglich. Die Abgrenzung des zugewiesenen Bereichs – und damit des Schutzgegenstands selbst – muss eben erst durch das Recht präzisiert werden. Dies kann man zwar als rechtliche Herrschaft bezeichnen, dadurch wird aber die besondere Funktion des Rechts bei der Zuweisung unkörper-licher Güter eher verschleiert.

Bei Informationsgütern lässt sich die Beherrschbarkeit nicht generell verneinen. Strukturelle Information kann wegen ihrer untrennbaren Ver-knüpfung mit der (bzw. Bestimmung durch die) Verkörperung beherrscht werden, soweit die Verkörperung, insbesondere als körperlicher Informa-tionsträger, beherrschbar ist. Syntaktische Information lässt sich zumindest in Form des geheimen Umgangs mit den die Information repräsentierenden Zeichen beherrschen. Besonders schwer beherrschbar ist dagegen seman-tische Information, da sich Aussagen besonders leicht verbreiten lassen und als Gedanken „frei“ sind. Syntaktische und semantische Information zeichnen sich, wie bereits dargestellt, durch fehlende Exklusivität aus. Dies bedeutet automatisch eine eingeschränkte Beherrschbarkeit, die nur noch in Form der Geheimhaltung gewährt werden kann.

b) Rechtebündel

Der Vorstellung von Ausschließlichkeitsrechten, insbesondere des Eigen-tums, als Herrschaftsrecht steht die Vorstellung von einem Bündel zu-gewiesener Befugnisse gegenüber. Diese stammt aus dem amerikanischen Rechtsdenken, wo die Auffassung von property as ownership, die unserem Eigentum an einem Gegenstand entspricht, ausgehend von den Unter-suchungen Hohfelds40 durch das bundle of rights-Konzept verdrängt wor-den ist:41

„Not only is ownership a concept that is not much used: it is regarded as a primitive, pre-legal concept.“42

Hauptgrund der auch in Deutschland rezipierten Kritik an einem Herr-schaftsverständnis ist, dass Rechtsverhältnisse nur zwischen Personen

Hauptgrund der auch in Deutschland rezipierten Kritik an einem Herr-schaftsverständnis ist, dass Rechtsverhältnisse nur zwischen Personen

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