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Dieses Kapitel untersucht Muster und Trends auf dem Gebiet der menschlichen Entwick-lung, der Ungleichheit und der wichtigsten Umweltindikatoren. Anhand neuer Belege zeigen wir, die Verschlechterung der Umwelt-bedingungen sowie Ungleichheiten innerhalb der Länder und zwischen ihnen den Fort-schritt gefährden. Es sind die am stärksten benachteiligten Gruppen, die heute und künf-tig die Folgen der Umweltdegradation tragen, selbst wenn viele von ihnen kaum etwas zu den Ursachen beitragen.

fortschritte und aussichten Wie der Bericht über die menschliche Entwick-lung 2010 zeigte, wurden in den vergangenen 40 Jahren bei vielen Aspekten menschlicher Entwicklung substanzielle Fortschritte erzielt.

Dagegen hat sich die Einkommensverteilung verschlechtert und die Umweltdegradation gefährdet die Aussichten für die Zukunft.

Fortschritte bei der menschlichen Entwicklung

Heute leben die meisten Menschen länger, sind besser gebildet und haben größeren Zugang zu Gütern und Dienstleistungen als je zuvor.

Selbst in wirtschaftlich schwachen Ländern hat sich der Gesundheits- und Bildungsstand der Bevölkerung erheblich verbessert. Hinzu kommt, dass den Menschen heute verstärkt die Möglichkeit offensteht, Führungsperso-nen auszuwählen, öffentliche Entscheidungen zu beeinflussen und an Wissen teilzuhaben.

Betrachten wir die Verbesserungen beim Index der menschlichen Entwicklung (HDI).

In diesem einfachen, zusammengesetzten Maß für Entwicklung werden Gesundheit, Schul-bildung und Einkommen erfasst. Im Welt-durchschnitt legte der HDI zwischen 1990 und 2010 um 18  Prozent zu (seit 1970 um

41 Prozent). Dies spiegelt die großen Verbes-serungen auf den Gebieten Lebenserwartung, Schulbesuch, Alphabetisierung und Einkom-men wider.1 Fast alle Länder haben von die-sen Fortschritten profitiert. Unsere Stichprobe für den Zeitraum 1970 bis 2010 umfasste 135 Länder (mit 92  Prozent der Weltbevölke-rung), von denen 2010 nur drei einen niedri-geren HDI hatten als im Ausgangsjahr 1970.

Arme Länder schließen bezüglich des HDI zu den reichen Ländern auf, eine Kongenz, die ein weit optimistischeres Bild ver-mittelt als die weiterhin stark divergierenden Einkommenstrends.

Aber nicht in allen Ländern gab es rasche Fortschritte und die Unterschiede sind frap-pierend. Im südlichen Afrika und in der ehe-maligen Sowjetunion kam es zeitweilig zu Rückschlägen, vor allem bei der Gesundheit.

Länder mit gleicher Ausgangsposition mach-ten ganz unterschiedliche Erfahrungen. In den 40 Jahren wuchs das Pro-Kopf-Einkom-men in China um erstaunliche 1.200 Prozent, während es in der Demokratischen Republik Kongo um 80  Prozent zurückfiel. Höherer technischer Wissensstand und eine stärkere Globalisierung eröffneten Ländern aller Ent-wicklungsstufen die Möglichkeit zu Fort-schritten, aber diese Chancen wurden von den Ländern in unterschiedlicher Weise genutzt.

Der Bericht über die menschliche Ent-wicklung 2010 untersuchte Trends auf dem Gebiet der Teilhabe, d.h. der Fähigkeit der Menschen, Entscheidungen zu treffen und auf Haushalts-, Gemeinschafts- und Landes-ebene an Prozessen mitzuwirken, sie zu gestal-ten und Nutzen daraus zu ziehen. Für die ara-bischen Staaten lautete die Aussage im letzten Jahr, es gebe nur wenige Anzeichen für eine tiefgreifende Demokratisierung. Ihre Situa-tion hat sich seit Ende 2010 gründlich verän-dert (Kasten 2.1).

Ging der Fortschritt zu Lasten der Umwelt?

Nicht alle Aspekte dieser Geschichte sind posi-tiv. Die Ungleichverteilung des Einkommens hat sich verstärkt und die Produktions- und Konsummuster, vor allem in den reichen Län-dern, scheinen nicht zukunftsfähig zu sein.

Zur Untersuchung von Umwelttrends müssen wir entscheiden, welches Maß für

Umweltdegradation verwendet werden soll.

Die konzeptionellen Probleme wurden in Kapitel 1 erörtert. Aber auch die Verfügbar-keit von Daten ist ein Problem; manche Mess-zahlen liegen nur für die letzten Jahre vor. In Kasten 2.2 werden wichtige Einsichten erör-tert, die sich aus den führenden aggregierten Maßen für Nachhaltigkeit ergeben. Zum bes-seren Verständnis von Mustern und Trends

KASTEN 2.1

Überwindung des Demokratiedefizits – Forderungen nach Teilhabe und der Arabische Frühling Im vergangenen Jahr befasste sich der Bericht über die menschliche

Ent-wicklung mit dem „Demokratiedefizit“ in den arabischen Staaten und ging der Frage nach, warum in der Region kaum Anzeichen einer wirklichen De-mokratisierung zu erkennen waren.

Gestützt auf die seit 2002 erschienenen Arab Human Development Reports (Arabische Berichte über die menschliche Entwicklung) verwies der globale Bericht in seiner Ausgabe 2010 auf die krassen Gegensätze zwischen tatsächlicher Praxis und formalen Bekenntnissen zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Er unterstrich, dass viele der demokratischen Reformen in der Region durch Gegenmaßnahmen ausgehe-belt wurden, die zu Einschränkungen der Bürgerrechte in anderen Bereichen führten, namentlich zu einer nahezu unkontrollierten Machtkonzentration in der Exekutive. Mit Hinweis auf die Schwäche der Zivilgesellschaft heißt es in der Ausgabe 2009 des Arab Human Development Report (S. 73): „Vom Volk getragene Forderungen nach demokratischem Wandel und Bürgerbe-teiligung sind eine erst beginnende und noch zerbrechliche Entwicklung in den arabischen Ländern.“

Dennoch zeigten die langfristigen Trends, dass die meisten arabischen Staaten seit 1970 bei Einkommen, Gesundheit und Bildung, den drei im Index der menschlichen Entwicklung (HDI) erfassten Dimensionen, große Fort-schritte erzielt haben. Fünf Länder befanden sich in der Gruppe der zehn Spitzenreiter – Oman, Saudi-Arabien, Tunesien, Algerien und Marokko –, während bei den nicht einkommensbezogenen HDI-Leistungen Libyen unter den ersten zehn war. Alle diese Länder verdankten ihren Aufstieg haupt-sächlich Verbesserungen auf den Gebieten Gesundheit und Bildung.

Besonders auffällig waren die Veränderungen in diesen Ländern im Vergleich zu anderen, die 40 Jahre zuvor mit einem ähnlichen HDI-Niveau gestartet waren. So verzeichnete Tunesien 1970 eine geringere Lebens-erwartung als die Demokratische Republik Kongo und niedrigere Schüler-zahlen als Malawi. Dennoch gehörte Tunesien 2010 zu der Kategorie der Länder mit hohem HDI, mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 74 Jahren und einem Bildungssystem, in dem die meisten Kinder auch die Sekundarstufe absolvieren.

Die jüngsten auf Demokratisierung gerichteten Proteste, die überall in den arabischen Staaten aufflammten, begannen in Tunesien und Ägypten und wurden in beiden Ländern von gut ausgebildeten Jugendlichen in Städ-ten vorangetrieben. Jedem gesellschaftlichen Phänomen liegen vielfache und komplexe Ursachen zugrunde, aber die Demokratisierungsbewegung kann als unmittelbare Folge der Fortschritte im Bereich der menschlichen Entwicklung betrachtet werden. Tatsächlich haben im Laufe der Jahre viele

Analysten – Soziologen, Politologen und andere innerhalb und außerhalb der Region – die Auffassung vertreten, dass Forderungen des Volkes nach Demokratie und Menschenrechten ein integraler Bestandteil einer umfas-senderen Modernisierung und Entwicklung sind. Der erste Arab Human De-velopment Report aus dem Jahr 2002 unterstrich (S. 18): „Die menschliche Entwicklung befähigt durch die Verbesserung der Verwirklichungschancen die Menschen zur Ausübung ihrer Freiheiten, während die Menschenrechte die notwendigen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Freiheit ist der Ga-rant und das Ziel sowohl für die menschliche Entwicklung als auch für die Menschenrechte.“

Menschen, die ein höheres Bildungsniveau und einen höheren Lebens-standard erreicht haben, sind immer weniger bereit, die Fortdauer autokra-tischer Herrschaft zu tolerieren. Zum Beispiel sind Gesundheit und Bildung meistens notwendige Voraussetzungen für eine sinnvolle Beteiligung am öf-fentlichen Leben. Fortschritte in diesen Bereichen werden häufig durch die Ausweitung entsprechender Maßnahmen auf benachteiligte und rechtlose Gruppen erzielt. Ist dies geschehen, wird es für die Eliten sehr viel schwie-riger, breitere Bevölkerungskreise von bürgerlichen und politischen Rechten auszuschließen. Ein älteres Beispiel für ein solches Muster ist die Transfor-mation in der ehemaligen Sowjetunion.

Aber dieser Fortschritt muss in einen breiteren Kontext gestellt wer-den. Durch Entwicklung sind andere Widersprüche entstanden, mit gro-ßen, aber unerfüllten Erwartungen, die häufig tiefe soziale Frustrationen auslösen. Die Ungleichheit hat sich verstärkt, während Mobiltelefone und Twitter eine schnellere Übertragung von Ideen ermöglichen. Viele Analysten betrachten die hohe Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ausgebildeter Jugendlicher als Schlüsselfaktor für die zunehmenden politischen Proteste in der Region. Die Hälfte der Bevölkerung in den arabischen Staaten ist jün-ger als 25 Jahre und die Jugendarbeitslosigkeit ist fast doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. In Ägypten finden schätzungsweise 25 Prozent der College-Absolventen keine adäquate Vollzeitbeschäftigung; in Tunesien sind es sogar 30 Prozent.

Obwohl es noch eine Weile dauern wird, bis die Ergebnisse der politi-schen Umwälzungen dieses Jahres klar erkennbar sind, hat sich die Region bereits tiefgreifend verändert. Auffällig war noch bis vor Kurzem das Neben-einander von autoritärer Herrschaft und sich verbessernden Entwicklungs-ergebnissen. 2011 schien dieses „arabische Demokratie-Paradox“ plötzlich beendet zu sein, als sich für die Menschen in der ganzen Region die Tür zu einer viel umfassenderen Ausübung ihrer Freiheiten und Verwirklichungs-chancen öffnete.

Quelle: Bericht über die menschliche Entwicklung 2010 (DGVN/UNDP 2010; siehe die Liste der Berichte auf der hinteren Umschlagseite innen); UNDP 2002, 2009; Kimenyi 2011.

bevorzugen wir jedoch die Verwendung spezi-fischer Indikatoren.2 Wir haben eine Fülle von Forschungsarbeiten und Analysen herangezo-gen, um die Indikatoren zu bestimmen, die die besten Erkenntnisse liefern.

Zunächst betrachten wir die Muster der Kohlendioxidemissionen im Zeitverlauf. Sie sind ein zwar unvollkommener, aber brauch-barer Näherungswert für die Auswirkungen der Wirtschaftstätigkeit eines Landes auf das Klima. Die Pro-Kopf-Emissionen sind in Län-dern mit sehr hohem HDI wesentlich größer als in allen Ländern mit niedrigem, mittle-rem und hohem HDI zusammen. Der Grund

dafür sind zahlreiche besonders energieinten-sive Aktivitäten wie etwa Autofahren, Einsatz von Klimaanlagen und Nutzung von Strom aus fossilen Brennstoffen.3 Heute verursacht jeder Mensch in einem Land mit sehr hohem HDI im Durchschnitt mehr als viermal so viele Kohlendioxidemissionen und rund dop-pelt so viele Emissionen anderer wichtiger Treibhausgase (Methan, Stickoxid) wie ein Bewohner eines Landes mit niedrigem, mittle-rem und hohem HDI.4 In einem Land mit sehr hohem HDI sind die Kohlendioxidemissionen pro Kopf 30-mal so hoch wie in einem Land mit niedrigem HDI. Zum Beispiel entfallen

KASTEN 2.2

Erkenntnisse aus den Trends aggregierter Nachhaltigkeitsmaße Von den in Kasten 1.2 (Kapitel 1) aufgeführten aggregierten Messgrößen zur

Erfassung von Nachhaltigkeit sind nur zwei für eine große Zahl von Ländern über einen angemessen langen Zeitraum verfügbar: die von der Weltbank berechneten bereinigten Nettoersparnisse und der ökologische Fußabdruck des Global Footprint Network. Was sagen uns diese Maße?

Die bereinigten Nettoersparnisse zeigen für alle Gruppierungen des In-dexes der menschlichen Entwicklung (HDI) positive Werte. Dies bedeutet, dass die Welt (schwach) nachhaltig ist (siehe Grafik). Der positive Trend für die Länder mit niedrigem, mittlerem und hohem HDI lässt erkennen, dass ihre Nachhaltigkeit sich im Laufe der Zeit verbessert hat, während die Nachhaltigkeit der Länder mit sehr hohem HDI sich nach und nach abschwächt.

In Kapitel 1 wurde jedoch bereits auf die Kritik am Konzept der schwa-chen Nachhaltigkeit, das dem Maß der bereinigten Nettoersparnisse zu-grunde liegt, hingewiesen. Dieses Konzept lasse außer Acht, dass Nachhal-tigkeit eine zumindest teilweise Erhaltung des Naturkapitals erfordert. Zur Berechnung der bereinigten Nettoersparnisse wurden auch einige umstrit-tene methodische Entscheidungen getroffen. So kann beispielsweise die Bewertung der natürlichen Ressourcen zu Marktpreisen die Nachhaltigkeit der sie hervorbringenden Volkswirtschaft überschätzen, wenn die Ressour-cen knapper und daher teurer werden.

Weitere Analysen unter Berücksichtigung der Unsicherheit, die für Treibhausgasemissionen und ihre monetäre Bewertung gilt, zeigen, dass die Zahl der 2005 als nicht nachhaltig betrachteten Länder um zwei Drittel – von 15 auf 25 – steigen würde, wenn für die bereinigten Nettoersparnisse ein umfassenderer Emissionsmaßstab verwendet würde, der neben Kohlendi-oxid auch Methan und Stickstoff einbezieht, und wenn Unsicherheiten der Bewertung berücksichtigt würden. Mit anderen Worten, das Maß der berei-nigten Nettoersparnisse könnte zu hoch angesetzt sein.

Der ökologische Fußabdruck dagegen zeigt, dass die Welt ihre Gesamt-kapazität zur Bereitstellung von Ressourcen und zur Aufnahme von Abfällen zunehmend überschreitet. Wenn bei heutigem technologischem Stand jeder auf der Welt genauso viel verbrauchen würde wie die Menschen in den Län-dern mit sehr hohem HDI, dann würden wir mehr als drei Planeten wie die Erde benötigen, um der Umweltbelastung standzuhalten.

Die wichtigste Botschaft des ökologischen Fußabdrucks lautet, dass die Konsum- und Produkti-onsmuster auf globaler Ebene nicht nachhaltig und auf regionaler Ebe-ne unausgewogen sind. Außerdem verschlechtert sich die Situation weiter, insbesondere in den Län-dern mit sehr hohem HDI.

Der ökologische Fußabdruck schätzt die Waldfläche, die benö- tigt würde, um die Kohlendioxid-emissionen zu absorbieren – wenn-gleich dies nicht die einzige Metho-de zur Abscheidung von Emissionen ist. Er vernachlässigt andere öko-logische Schlüsselaspekte, ein-schließlich der biologischen Viel-falt, und Annehmlichkeiten wie Wasserqualität.

Außerdem legt er den Schwerpunkt auf den Verbrauch, sodass nicht das Erzeuger-, sondern das Verbraucherland für die Auswirkungen importierter natürlicher Ressourcen verantwortlich ist. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die meisten langfristigen Veränderungen (auf globaler und nationaler Ebene) durch Kohlendioxidemissionen vorangetrieben werden und dass eine starke Korrelation zwischen dem Volumen der Kohlenstoffemissionen und dem Wert des ökologischen Fußabdruckes besteht.

Eine weitere, relativ neue Messgröße ist der Umweltleistungsindex, der von den Universitäten Yale und Columbia entwickelt wurde. Dieser zu-sammengesetzte Index verwendet 25 Indikatoren, um festzustellen, in wel-chem Umfang Länder festgelegte umweltpolitische Ziele erreichen. Dies ist ein höchst nützliches Politikinstrument, das auf einem umfangreichen Kata-log von Indikatoren aufbaut und eine breit angelegte Definition von Nachhal-tigkeit bietet. Da dieses Maß jedoch sehr datenintensiv ist (es erfordert 25 Indikatoren für mehr als 160 Länder), war die Erstellung einer Zeitreihe für die Trendanalyse in diesem Bericht nicht möglich.

Quelle: Garcia und Pineda 2011; Stiglitz, Sen und Fitoussi 2009.

Quelle: Berechnungen des HDR-Büros auf der Grundlage von Daten der Weltbank (2011b) und der Website www.footprintnetwork.org.

Bereinigte Nettoersparnisse und ökologischer Fußabdruck zeigen bei Nachhaltigkeitstrends im Zeitverlauf unterschiedliche Ergebnisse

10 20

Bereinigte Nettoersparnisse (% des BNE)

4 2 6

Ökologischer Fußabdruck (Hektar pro Kopf)

1980 1990 2005

auf die Durchschnittsperson im Vereinigten Königreich in nur zwei Monaten ebenso viele Treibhausgasemissionen wie auf einen Bewoh-ner eines Landes mit niedrigem HDI in einem Jahr. In Katar – dem Land mit den höchsten Treibhausgasemissionen pro Kopf – sind es sogar nur zehn Tage; allerdings umfasst diese Zahl sowohl den inländischen Verbrauch als

auch die außerhalb des Landes verbrauchten Produkte, ein Thema, auf das wir weiter unten eingehen.

Natürlich hat Entwicklung viele verschie-dene Dimensionen. Der HDI berücksichtigt dies, indem er drei Schlüsseldimensionen – Einkommen, Gesundheit und Bildung – in einem zusammengesetzten Maß erfasst.

GRAFIK 2.1

Der Zusammenhang mit kohlendioxidemissionen pro kopf ist beim einkommen positiv und stark, beim hDI positiv und bei gesundheit und bildung nicht existent

0 5 10 15 20 25 30 35

0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 –0,3 –0,2 –0,1 0 0,1 0,2

Kohlendioxidemissionen pro Kopf (Tonnen)

Einkommenskomponente des HDI HDI (nicht einkommensbezogene) Gesundheits- und Bildungskomponenten des HDI Hinweis: Die Daten betreffen das Jahr 2007.

Quelle: Berechnungen des HDR-Büros auf der Grundlage von Daten der HDRO-Datenbank.

GRAFIK 2.2

In ländern mit höherem Wachstum steigen auch die kohlendioxidemissionen pro kopf schneller an

–0,01 0 0,01 –0,01 0 0,01 –0,01 0 0,01

–0,08 –0,06 –0,04 –0,02 0 0,02 0,04 0,06

Veränderung der Kohlendioxidemissionen pro Kopf (Tonnen)

Veränderung des HDI Veränderung der Einkommenskomponente

des HDI

Veränderung der (nicht einkommensbezogenen) Gesundheits-

und Bildungskomponenten des HDI

Hinweis: Die Daten betreffen das Jahr 2007.

Quelle: Berechnungen des HDR-Büros auf der Grundlage von Daten der HDRO-Datenbank.

Welche Wechselwirkung besteht zwischen diesen Dimensionen und den Maßen für Umweltdegradation?

Die Interaktion der Schlüsseldimensionen mit den Kohlendioxidemissionen pro Kopf ist höchst unterschiedlich: Der Zusammen-hang ist beim Einkommen positiv und stark, beim HDI noch positiv, aber schwächer, bei Gesundheit und Bildung nicht mehr existent (Grafik 2.1). Dies ist ein durchaus einleuchten-des Ergebnis: Tätigkeiten, die Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen, sind solche, die mit der Erzeugung und Verteilung von Waren zusammenhängen. Kohlendioxid wird von Fabriken und Lastwagen ausgestoßen, aber nicht beim Lernen oder Impfen. Diese Ergeb-nisse zeigen auch, dass die Beziehung zwischen Kohlendioxidemissionen pro Kopf und HDI-Komponenten nicht linear ist: Bei niedriger menschlicher Entwicklung gibt es praktisch keinen Zusammenhang, aber es scheint ein

„Kipp-Punkt“ zu existieren, von dem ab eine starke positive Korrelation zwischen Emissio-nen und Einkommen zu beobachten ist.

Die Korrelation zwischen den wichtigsten Nachhaltigkeitsmaßen und dem Entwick-lungsstand des jeweiligen Landes ist wohlbe-kannt. Weniger bekannt ist die aus unserer Analyse hervorgehende Erkenntnis, dass die Zunahme der Kohlendioxidemissionen pro Kopf mit dem Tempo der Entwicklung zusam-menhängt. In Ländern mit schnelleren HDI-Verbesserungen nehmen auch die Kohlendi-oxidemissionen pro Kopf schneller zu (Grafik 2.2).5 Anders als Momentaufnahmen solcher Beziehungen, die kumulative Effekte spiegeln, bietet die Beobachtung der Veränderungen über einen längeren Zeitraum den besten Leit-faden für Ergebnisse, die aufgrund der heuti-gen Entwicklung zu erwarten sind.

Im Endeffekt wurden die jüngsten Fort-schritte beim HDI um den Preis der globalen Erwärmung erzielt. In den Ländern, deren HDI am schnellsten stieg, wuchsen auch die Kohlendioxidemissionen pro Kopf schneller.

Aber diese ökologischen Kosten sind auf das Wirtschaftswachstum und nicht auf die breit gefächerten Verbesserungen im HDI zurück-zuführen und der Zusammenhang ist nicht unveränderlich. Manche Länder haben sowohl

in Bezug auf den HDI als auch auf die öko-logische Nachhaltigkeit Fortschritte gemacht (Länder im unteren rechten Quadranten der Grafik 2.2). Dies ist ein wichtiger Punkt, der nachstehend untersucht wird.

Dieser Zusammenhang gilt nicht für alle Umweltindikatoren. Unsere Analyse stellt beispielsweise nur eine schwache positive Korrelation zwischen HDI-Niveau und Ent-waldung fest. Warum unterscheiden sich die Kohlendioxidemissionen pro Kopf von ande-ren Umweltbedrohungen?

Forschungsarbeiten zeigen, dass sich mit zunehmender Entwicklung bestimmte Gefah-ren für die Umwelt verstärkt haben, andere dagegen nicht. Eine richtungweisende Stu-die verweist auf einen umgekehrt U-förmi-gen Zusammenhang in Bezug auf Luft- und Wasserverschmutzung, der zeigt, dass sich die Umweltdegradation mit steigendem Entwick-lungsniveau zunächst verschärft und dann ver-bessert (ein Muster, das als Umwelt-Kuznets-Kurve bekannt ist).6 Dies kann damit erklärt werden, dass die Regierung eines Landes, dem es wirtschaftlich zunehmend besser geht, eher bereit ist, auf den Wunsch der Bevölkerung nach einer sauberen und gesunden Umwelt einzugehen. Bei den Kohlendioxidemissionen sind die verursachten Schäden jedoch globaler Natur und belasten vor allem künftige Genera-tionen, sodass selbst sehr reiche Länder wenig von einer Eindämmung der Treibhausgasemis-sionen profitieren, sofern nicht andere eben-falls entsprechend handeln.

Diese globalen Muster können als eine Serie ökologischer Transformationen und damit verbundener Risiken für die Menschen gesehen werden, die sich vor dem Hinter-grund der allgemeinen HDI-Trends vollzie-hen. In einer Variante der traditionellen Kuz-nets-Beschreibung lassen sich globale Belege dafür erkennen, dass Länder bei der Bekämp-fung verschiedener Formen von Deprivation zunächst auf der Ebene der einzelnen Haus-halte ansetzen (z.B. beim Zugang zu Was-ser und Energie), dann auf lokaler Ebene (vor allem der Umweltverschmutzung) und schließlich bei den Formen von Deprivation mit weltweiten Effekten und externen Wir-kungen (insbesondere dem Klimawandel).7

Tätigkeiten, die Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen, sind solche, die mit der

Erzeugung und Verteilung von Waren

zusammenhängen.

Kohlendioxid wird von Fabriken und Lastwagen ausgestoßen, aber nicht beim Lernen oder Impfen

Wo zwischen Umwelt und Lebensqualität ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wie zum Beispiel bei der Umweltverschmutzung, sind die in den entwickelten Ländern erzielten Umwelterfolge häufig größer; bei eher diffusen Zusammenhängen sind die Leistungen deut-lich schwächer. Grafik 2.3 bildet drei verallge-meinerte Erkenntnisse ab:

• Ökologische Risikofaktoren mit unmit-telbarer Auswirkung auf individuelle Haushalte – wie etwa Luftverschmutzung in Innenräumen, schlechte Wasser- und Sanitärversorgung – sind bei niedrigerem HDI-Niveau gravierender und schwächen

• Ökologische Risikofaktoren mit unmit-telbarer Auswirkung auf individuelle Haushalte – wie etwa Luftverschmutzung in Innenräumen, schlechte Wasser- und Sanitärversorgung – sind bei niedrigerem HDI-Niveau gravierender und schwächen