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Umsetzungen von Boran-Lewis-Base-Addukten mit HCl

3 Ergebnisse und Diskussion

3.2.1 Umsetzungen von Boran-Lewis-Base-Addukten mit HCl

Darstellung von ClBH2∙quin (9) und dessen Gebrauch als Synthesebaustein

Die Darstellung des mit Trimethylamin abgesättigten Phosphanylborans erfolgt ausgehend von BH3∙NMe3 (8), das im ersten Schritt mit HCl-Gas unter Wasserstoff-freisetzung chloriert wird. Bei der Umsetzung des erhaltenen monohalogenierten Boran-Amin-Addukts mit LiP(SiMe3)2∙2 THF kommt es durch die Abspaltung von LiCl zur Ausbildung einer P–B-Bindung. Die Hydrolyse von P(SiMe3)2BH2∙NMe3 mit einem Überschuss an absolutiertem Methanol führt zur Substitution der Trimethylsilyl-Gruppen am Phosphor und das gebildete PH2BH2∙NMe3 kann nach Destillation am Vakuum durch Kristallisation analysenrein isoliert werden (Schema 8).[50]

Schema 8: Darstellung des NMe3-stabiliserten Phosphanylborans PH2BH2∙NMe3

ausgehend von BH3∙NMe3.

Bereits während meiner Diplomarbeit gelang es mir, dieses Konzept der Darstellung auf das analoge System mit 1-Azabicyclo[2.2.2]octan (Quinuclidin (quin)) als Lewis-Base zu übertragen.[88] Im ersten Schritt wird dabei in einer Verdrängungsreaktion

BH3∙quin aus dem Boran-THF-Komplex erhalten. Auch hier wird eine einfache

Chlorierung durch das Einleiten von gasförmigen HCl in eine auf 0 °C gekühlte Toluol-Lösung erreicht. Das gebildete ClBH2∙quin (9) kann in der Kälte durch die Zugabe von n-Hexan gefällt werden. Reste von nicht umgesetzten

Boran-Quinuclidin-Addukt werden durch Waschen des weißen Rückstandes mit etwas kaltem n-Hexan entfernt.

Das aufgenommene 1H-NMR-Spektrum von ClBH2∙quin zeigt die an das Boratom gebundenen Wasserstoffatome bei einer chemischen Verschiebung von 2.40 ppm als breites Quartett mit einer 1JBH-Kopplungskonstante von 121 Hz. Die CH2-Gruppen des Quinuclidins werden in Form zweier Multipletts bei 3.06 und 1.78 ppm detektiert, während für die CH-Gruppe in -Position zum Stickstoff ein Septett bei 2.05 ppm (3JHH = 3.2 Hz) beobachtet wird. Die Integration der Signale steht im Einklang mit der angegebenen Zusammensetzung von 9.

Im 11B{1H}-NMR-Spektrum wird eine Resonanz bei 0.6 ppm detektiert, die keine Aufspaltung zeigt. Durch die Kopplung mit zwei Wasserstoffsubstituenten wird für ClBH2∙quin im 11B-NMR-Spektrum ein Triplett mit einer 1JBH-Kopplungskonstante von 121 Hz beobachtet.

Die Knüpfung der P–B-Bindung erfolgt anschließend analog des Trimethylamin-Derivats durch eine Salzmetathese zwischen dem Chloroboran-Quinuclidin-Addukt 9 und LiP(SiMe3)2∙2 THF (vgl. Schema 8). Das erhaltene P(SiMe3)2BH2∙quin kann durch Filtration vom entstandenen LiCl abgetrennt werden. Eine analysenreine Darstellung wird jedoch aufgrund des Auftretens von Nebenprodukten aufgrund der teilweisen Hydrolyse der Silylgruppen verhindert. Nach vollständiger Abspaltung der Silylgruppen mit absolutiertem n-Hexanol kann das durch die Lewis-Base Quinuclidin stabilisierte Phosphanylboran PH2BH2∙quin erhalten werden.[88]

Die Molekülstruktur von 9

Bei der Lagerung einer gesättigten Lösung in n-Hexan bei –28 °C kristallisiert

ClBH2∙quin in Form von farblosen Plättchen in der Raumgruppe P21/c des

monoklinen Kristallsystems mit 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die asymmetrische Einheit enthält folglich 2 unabhängige Moleküle. Abbildung 13 zeigt die Molekülstruktur von 9 im Festkörper, ausgewählte Bindungslängen und -winkel sind in Tabelle 5 aufgeführt.

Abbildung 13: Molekülstruktur von 9 im Festkörper (links) und Darstellung der gestaffelten Konformation mit Blick entlang der B–N-Achse (rechts).

Kohlenstoffgebundene H-Atome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet.

Tabelle 5: Ausgewählte Bindungslängen [Å] und –winkel [°] von 9.

B1–N1 1.594(3) N1–B1–C1 110.03(15)

B1–Cl1 1.893(3) Cl1–B1–N1–C3 172.14(14)

Sowohl das Bor- als auch das Stickstoffatom von 9 befindet sich in einer verzerrt tetraedrischen Umgebung. Die Substituenten um das Bor- und Stickstoffatom sind wie in der vergleichbaren Verbindung ClBH2∙N(CH2CH3)3 gestaffelt angeordnet (Abbildung 13, rechts). Die Bor-Stickstoff-Bindungslängen sind mit 1.594(3) bzw.

1.603(3) Å nahezu identisch und nur unwesentlich kürzer als in ClBH2∙NEt3

(1.622 Å).[95] Die B–Cl-Abstände von 9 betragen 1.893(3) bzw. 1.885(3) Å und liegen wiederrum im selben Bereich wie im Triethylamin-Chlorboran-Addukt (1.882 Å).

Umsetzung anderer Boran-Amin-Addukte mit HCl

Die Einführung von Quinuclidin in das Lewis-Base-stabilisierte Phosphanylboran PH2BH2∙quin zeigt, dass die einfache Chlorierung von BH3-Amin-Addukten und die anschließende Umsetzung mit Metallphosphaniden eine prinzipiell anwendbare

Methode zur Darstellung von Verbindungen des Typs PH2BH2∙LB ist. Da Quinuclidin bereits bei Raumtemperatur einen gewissen Dampfdruck besitz, wurde versucht diese Vorgehensweise auf weitere, schwerer flüchtige Amin-Basen zu übertragen.

Dazu wurde zunächst Tribenzylamin (NBz3) verwendet. Dies verdrängt zwar das koordinierende THF vollständig aus seinem Boran-Komplex, jedoch ist das so gebildete Addukt BH3∙NBz3 (10) selbst in THF so wenig löslich, dass keine Halogenierung mit HCl-Gas belegt werden konnte. Das einzige nachweisbare Produkt dieser Reaktion sind geringe Mengen des Ammoniumsalzes [HNBz3]Cl.

Bei der Verwendung von Tridodecylamin N(C12H25)3 wird das Lewis-Paar 11 durch eine Verdrängungsreaktion aus BH3∙THF in fast quantitativen Ausbeuten erhalten (Gleichung (33)).

(33)

Verbindung 11 besitzt im Gegensatz zu BH3∙NBz3 auch in wenig polaren Lösungsmitteln wie Toluol oder Benzol eine gute Löslichkeit.

Das 1H-NMR-Spektrum zeigt für die CH2-Gruppen des Tridodecylamins mehrere Signale in Form von Multipletts bei 2.60, 1.66, 1.30 und 1.26 ppm, die teilweise stark überlagert sind. Die CH3-Reste werden bei einer chemischen Verschiebung von 0.91 ppm detektiert. Für die an das Bor gebundenen Wasserstoffatome kann keine Resonanz beobachtet werden.

Im 11B{1H}-NMR-Spektrum von BH3∙N(C12H25)3 (11) wird lediglich ein Signal bei –11.3 ppm mit einer Halbwertsbreite von 412 Hz detektiert. Diese starke Verbreiterung könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Dodecyl-Reste die BH3 -Einheit weitgehend umschließen und durch diese Einkapselung variierende magnetische Umgebungen auftreten. Die Kopplung zu den H-Atomen kann im 11 B-NMR-Spektrum auf Grund der Signalbreite nicht aufgelöst werden.

Wie schon beim Boran-Tribenzylamin-Addukt 10 kommt es auch bei der Chlorierung von 11 zur Bildung des Ammoniumsalzes [HN(C12H15)3]Cl. Hier ist diese jedoch sowohl bei der Verwendung von HCl-Gas als auch einer HCl-Maßlösung quantitativ.

11

Dies zeigt, dass die Verdrängung von THF aus seinem Boran-Komplex mit Aminen und eine anschließende Halogenierung mit HCl generell einen Zugang zu monohalogenierten BH3-Amin-Addukten darstellen, die Durchführbarkeit jedoch stark von der eingesetzten Lewis-Base abhängig ist.

3.2.2 Die Reaktionen von (BH

3

)

n

∙LB (n = 1, 2; LB = Lewis-Base)