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Umsetzung von NaPH 2 mit dem IBH 2 -Addukt der starken Lewis-Base NHC Mestarken Lewis-Base NHCMe

3.2.4 Umsetzungen von IBH 2 -Addukten mit NaPH 2

3.2.4.3 Umsetzung von NaPH 2 mit dem IBH 2 -Addukt der starken Lewis-Base NHC Mestarken Lewis-Base NHCMe

Da weder die Spaltung des Polymers 3 (Kapitel 3.1.2.3) noch die Methanolyse von 7 (Kapitel 3.2.3.3) zur Darstellung der PH2BH2-Spezies 4 geeignet sind und bei der Reaktion zwischen NaPH2 und IBH2∙NHCdipp (29) ausgezeichnete Ergebnisse erzielt wurden, wurde versucht die NHCMe-stabilisierte Stammverbindung 4 ebenfalls auf diesem Wege zu synthetisieren. Bei der Reaktion von equimolaren Mengen an NaPH2 und dem NHCMe-Addukt 27 kommt es jedoch zur Bildung des Phosphoniumiodids 49 (Gleichung (49)).

(49)

Dazu wurde eine THF-Lösung des Iodborans 27 bei –60 °C mit Natriumphosphanid versetzt, langsam auf Raumtemperatur erwärmt und anschließend für 2 h mit Ultraschall behandelt. Das 31P{1H}-NMR-Spektrum der Reaktionslösung zeigt für die PH-Gruppe des Hauptprodukt (49) eine Resonanz mit einer HWB von 247 Hz bei -121.7 ppm, das einen Anteil von etwa 2/3 am Gesamtintegral besitzt (Abbildung 36).

Abbildung 36: Ausschnitt aus dem 31P{1H}-NMR-Spektrum der Reaktionslösung nach der Umsetzung von NaPH2 mit Verbindung 27. Die Resonanz von [PH(BH2∙NHCMe)3][I] ist mit * markiert.

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Die Resonanz von PH3 bei –244.7 ppm trägt mit knapp 20%, das der NHCMe -stabilisierten PH2BH2-Verbindung 4 bei –210.7 ppm mit weniger als 10% zur Summe der Integrale bei. Der restliche Anteil entfällt auf mehrere sich überlagernde Signale um –139 ppm, die im 31P-NMR-Spektrum lediglich in Form eines verbreiterten Tripletts mit einer 1JPH-Kopllungskonstante von etwa 180 Hz beobachtet werden.

Das 11B{1H}-NMR-Spektrum enthält neben dem Signal des BH3-Addukts 14 nur eine formlose Überlagerung mehrerer Resonanzen bei –33.3 ppm, wodurch keine genaueren Daten erhalten werden können.

Durch Abdekantieren der Reaktionslösung vom ausgefallenen NaI, Einengen und Lagerung bei Raumtemperatur kann Verbindung 49 in Form eines weißen kristallinen Feststoffs erhalten werden. Die Ausbeute ist mit ca. 20% allerdings nur mäßig.

Das von 49 aufgenommene 1H-NMR-Spektrum zeigt bei einer chemischen Verschiebung von 1.37 ppm ein Signal, das durch die Kopplung mit einem 11B-Kern als ein breites 1:1:1:1 Quartett mit einer 1JBH-Kopplungskonstante von 92 Hz detektiert wird. Ferner wird eine Resonanz für das phosphorgebundene Proton bei 2.23 ppm beobachtet, das die Aufspaltung in ein Dublett von Septetts zeigt (1JPH = 277 Hz; 3JHH = 7.7 Hz). Bei 2.10 und 3.47 ppm werden dazu Signale für die an die C- bzw. N-Atome gebundenen CH3-Gruppen von NHCMe detektiert. Dabei liegen die Integrale der Wasserstoffatome, die borgebunden sind, zu den P-gebundenen zu denen der Methylgruppen des Carbens im für 49 erwarteten Verhältnis von 6:1:(2x18) vor.

Im 1H{11B}-NMR-Spektrum (Abbildung 37) wird für das Signal der Boranylgruppe bei 1.37 ppm durch die Entkopplung vom 11B-Kern ein Dublett von Dubletts beobachtet (2JPH = 12 Hz; 3JHH = 7.7 Hz).

Abbildung 37: Ausschnitt aus dem 1H{11B}-NMR-Spektrum von Verbindung 49 (T = 300 K; CD3CN). Reste des Lösungsmittels THF sind mit * markiert.

Auch im 1H{31P}-NMR-Spektrum kommt es nur bei der Resonanz des P-gebundenen H-Atoms zu einer signifikanten Entkopplung, so dass diese nur noch die Aufspaltung in ein Septett mit einer 3JHH-Kopplungskonstante von 7.7 Hz zeigt.

Für die Boranylgruppe von Verbindung 49 wird im 11B{1H}-NMR-Spektrum bei –32.8 ppm ein Dublett mit einer 1JPB-Kopplungskonstante von 61 Hz detektiert, das durch die Kopplung mit zwei H-Atomen im 11B-NMR-Spektrum weiter in ein Triplett aufspaltet (Abbildung 38, links). Die Kopplung zwischen den 1H- und 11B-Kernen hat dabei einen Wert von 92 Hz.

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Abbildung 38: Ausschnitte aus den 11B- (links) und 31P-NMR-Spektren von Verbindung 49 in CD3CN bei 300 K (rechts).

Das 31P{1H}-NMR-Spektrum zeigt für 49 eine Resonanz bei –125.86 ppm mit einer Halbwertsbreite von 277 Hz (Abbildung 38, rechts unten). Infolge der Kopplung mit drei 11B-Kernen und der daraus resultierenden Verbreiterung des Signals kann die formale Aufspaltung in ein Dezett nicht beobachtet werden. Im 31P-NMR-Spektrum ist die Aufspaltung in ein Dublett zwar erkennbar ist, eine exakte Bestimmung der Kopplungen ist aber infolge der Zunahme der Signalbreite (HWB = 543 Hz) nicht möglich. Die 1JPH-Kopplungskonstante ist größer 250 Hz und liegt damit deutlich über den typischen Werten für Phosphane mit dreiwertigen Phosphoratomen (vgl.

1JPH [Hz]: PH3: 182; MePH2: 188, Me2PH: 191, 1: 189, 5: 177).[58,111]

Zu 49 ähnliche 1JPH- und 1JPB-Kopplungskonstanten von 282 bzw. 53 Hz werden jedoch beispielsweise bei den am eigenen Arbeitskreis dargestellten [CunIn(PH2BH2∙NMe3)3]-Clustern (n = 2, 3) beobachtet, in denen die P-Atome vierfach koordiniert werden.[112]

11B: 31P:

11B{1H} : 31P{1H}:

Die Molekülstruktur von 49

Für die Einkristallröntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle von 49 können durch Lagerung einer konzentrierten THF-Lösung bei Raumtemperatur erhalten werden.

Die Verbindung kristallisiert in der Raumgruppe Pbca des orthorhombischen Kristallsystems. In Abbildung 39 ist das Phosphoniumkation wiedergegeben, ausgewählte Bindungslängen und –winkel sind in Tabelle 13 angeführt.

Abbildung 39: Molekülstruktur des Kations [HP(BH2∙NHCMe)3]+ 49 im Kristall (links) und Darstellung des zentralen Strukturmotivs mit Blick entlang der H–P-Bindung (rechts). Kohlenstoffgebundene H-Atome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet.

Tabelle 13: Ausgewählte Bindungslängen [Å] und –winkel [°] von 49.

P–B 1.962(8) bis 1.993(8) B–P–B 113.3(3) bis 113.9(3) B–CNHC 1.585(10) bis 1.599(9) H–P–B 100.414 bis 107.219 P–B–CNHC 104.8(5) bis 107.6(4) P–H–I 175.365

Es handelt sich bei der Verbindung 49 um das erste Phosphoniumsalz dieser Art und ferner neben dem Arsanylalan cyclo-[AlMe2-As(BH2∙NMe3)H]3,[50] das ich während meiner Diplomarbeit isolieren konnte, um die einzige Verbindung, die drei Bindungen von Elementen der 13. Gruppe zu einer E′H-Gruppe (E′ = P, As, Sb, Bi) aufweist, die bislang strukturell charakterisiert werden konnte.

Die Bindungen des zentralen P-Atoms zu den Boranyl-Gruppen von 49 liegen mit Werten zwischen 1.962(8) und 1.993(8) Å im selben Bereich wie die der Phosphanylborane 1, 5, 7 oder 39 (1.976(2) bis 2.0121(19) Å)[58] und entsprechen damit P–B-Einfachbindungen.

Die Bindungen zwischen den Bor- und Kohlenstoffatomen der NHCMe-Substituenten sind mit 1.585(10) bis 1.599(9) Å etwa 0.02 Å kürzer als die der carbenstabilisierten Verbindungen P(SiMe3)2BH2∙LB (LB = NHCdipp: 1.613(2) Å; BenzNHCDiPr: 1.609(2) Å), stimmen aber gut mit den für 5 oder BH3∙NHCMe bestimmten Werten von 1.587(4) und 1.593(2) Å überein.[90]

Die planaren 5-Ringe der Lewis-Basen enthalten je eine C–C-Doppelbindung mit einer Länge von durchschnittlich 1.358 Å und zwei C–N-Einfachbindungen mit einer mittleren Bindungslänge von 1.384 Å, während für den gemittelten CNHC–N-Abstand mit 1.350 Å wiederrum eine Verkürzung infolge einer -Wechselwirkung festgestellt wird.

Die B–P–B-Winkel sind mit 113.3, 113.7 und 113.9° nahezu identisch und liegen etwas über dem Tetraederwinkel von 109.47°, was den erhöhten sterischen Anspruch der BH2∙NHCMe-Gruppen gegenüber dem phosphorgebundenen H-Atom zeigt. Darauf deuten auch die H–P–B-Winkel mit Werten zwischen 100.41 und 107.22° hin.

Die P–B–CNHC-Winkel liegen bei 104.8(5), 105.6(4) und 107.6(4)Å und damit zwischen den beim Lewis-Säure/Base-stabilisierten Phosphanylboran (C6F5)3Ga·PPhHBH2·NHCMe und Verbindung 5 beobachteten Werten von 104.0(4) und 111.94(2)°.[103]

Vorgeschlagener Bildungsweg von 49

Ein nachvollziehbarer Reaktionsweg für die Bildung von Verbindung 49 aus dem iodierten Boran-NHCMe-Addukt 27 und NaPH2 ist in Schema 11 wiedergegeben.

Schema 11: Vorgeschlagener Weg für die Bildung von Verbindung 49 aus 27 und NaPH2.

Im ersten Schritt wird aus Natriumphosphanid und dem IBH2-Addukt 27 das gewünschte NHCMe-stabilisierte Phosphanylboran 4 gebildet, das jedoch mit einem zweiten Equivalent des Iodborans 27 zum Diborylphosphoniumiodid [PH2(BH2∙NHCMe)2][I] reagiert. In der anschließenden Säure-Base-Reaktion zwischen dem Phosphoniumsalz und einem zusätzlichen Natriumphosphanid NaPH2 kommt es zur Bildung von PH3, das in großen Mengen in den 31P-NMR-Spektren der Reaktionslösung detektiert wird, und des Phosphans PH(BH2∙NHCMe)2. Im letzten Schritt wird durch die Anlagerung eines dritten BH2∙NHCMe-Substituenten die ionische Verbindung 49 gebildet, womit sich obiges Schema auf die in Gleichung (49) gezeigte Reaktionsgleichung zusammenfassen lässt.

Die nach dieser Gleichung in äquimolaren Mengen anfallenden P-haltigen Verbindungen sind auch die Hauptprodukte dieser Umsetzung, wie die NMR-spektroskopische Untersuchung der Reaktionslösung zeigt. Daneben finden sich auch die Signale für kleinere Mengen des Phosphanylborans 4, was den postulierten Mechanismus der Bildung von 49 stützt. Laut Gleichung (49) reagieren Natriumphosphanid und 27 in einem stöchiometrischen Verhältnis von 2:3, obwohl beide Reagenzien in gleichen Mengen vorgelegt wurden. Ob und wie das verbleibende NaPH2 reagiert, ist nicht geklärt, ebenso konnte bislang kein Hinweis für eines der Zwischenprodukte [PH2(BH2∙NHCMe)2][I] und PH(BH2∙NHCMe)2 gefunden werden.

Die direkte Synthese monomerer, nur durch eine Lewis-Base abgesättigter Stammverbindungen des Typs PH2BH2∙LB aus NaPH2 und IBH2∙LB ist, wie im vorherigen Kapitel gezeigt, generell eine praktikable Methode. Die Bildung der

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ionischen Verbindung 49 macht jedoch deutlich, dass auch hier das Ergebnis der Salzmetathese von der verwendeten Lewis-Base abhängig ist. Ob die Bildung der verschiedenen Produkte, wie bei den in Abschnitt 3.2.3 beschriebenen Reaktionen, möglicherweise mit der Stärke der Lewis-Basen zusammenhängt oder vielleicht auch vom sterischen Anspruch der Substituten beeinflusst wird, muss durch weiterführende Untersuchungen geklärt werden.