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13.1 (1) Das Prinzip der Funktionstrennung erfordert bei den Finanzgeschäften eine konsequente Trennung von entscheidender, anordnender, verbuchender und zahlender Funktion, wobei bei Ausübung dieser Funktionen sicherzustellen ist, dass risikoadäquate Kontrollen durchgeführt werden. Die Funktionstrennung sollte auf organisatorischer Ebene (z.B. zwischen Abteilungen oder zwischen Referaten einer Abteilung) oder – bei einem geringen Komplexitätsgrad und Risikogehalt der Finanz-geschäfte – zumindest auf personeller Ebene gewährleistet sein.

(2) Die Geschäftsanbahnung lag im Verantwortungsbereich der MA 5 – Markt.

Schriftliche Verträge (z.B. Darlehensverträge) unterfertigte der Finanzdirektor, wodurch bei Darlehen der Geschäftsabschluss rechtsgültig erfolgte. Darüber hinaus hatte der Finanzdirektor einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 5 – Markt Abschlussermächtigungen z.B. für telefonische Geschäftsabschlüsse erteilt.

Die MA 5 – Markt erstellte Aktenvermerke über den Abschluss von Finanzgeschäf-ten, die vom Dezernatsleiter Vermögens– und Beteiligungsmanagement bzw. vom Finanzdirektor mitgefertigt bzw. genehmigt wurden, und holte Bestätigungsschrei-ben von den Vertragspartnern ein. Diese Dokumente stellten im Wesentlichen die Handelsabschlussdokumentation der MA 5 – Markt dar.

Die MA 5 – Marktfolge pflegte die Transaktionsdaten des Finanzgeschäfts auf Basis der übermittelten bzw. protokollierten Handelsabschlussdokumentation der MA 5 – Markt – im Zuge der Überprüfung auf Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie für das Finanzmanagement – in eine Datenbank für das Finanzmanagement ein. Bei Finanzierungen erstellte die MA 5 – Marktfolge einen Aktenvermerk über die erfolgte Überprüfung, der dem Finanzdirektor nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde. Bei Veranlagungen (im vom RH überprüften Zeitraum ausschließlich Wertpa-piertausche) berichtete die MA 5 – Marktfolge mit den Berichten zur Richtlinie für

das Finanzmanagement über erfolgte Veranlagungen und erstellte nach Abschluss des Finanzgeschäfts keinen eigenen Aktenvermerk (siehe auch TZ 12).

Nach Abschluss von Finanzgeschäften waren in der Stadt Wien grundsätzlich folgende Prozessschritte in Bezug auf die konkrete Abwicklung des Geschäfts vorgesehen:

• Erteilung der Anordnungen zur Verrechnung und Zahlung28 durch die MA 5 – Markt an die jeweils zuständigen Organisationseinheiten der MA 6,

• Durchführung der Verbuchung im Haushaltsverrechnungssystem (HV–System) der Stadt Wien durch Bedienstete der Buchhaltung in der MA 6 und

• gegebenenfalls Durchführung der Zahlungen durch Bedienstete des Referats ZKS in der MA 6.

(3) Die nachfolgende Tabelle zeigt, inwieweit der RH bei den überprüften Finanzge-schäften der Stadt Wien Abweichungen vom Prinzip der Funktionstrennung feststellte:

Tabelle 7: Abweichung vom Prinzip der Funktionstrennung bei den überprüften Finanzgeschäften der Jahre 2013 bis 2018

Finanzgeschäfte Abweichung vom Prinzip

der Funktionstrennung

1 Aufnahme eines langfristigen Darlehens nein

2 Aufnahme einer Barvorlage ja

3 Prolongation einer Barvorlage nein

4 Kapitalmarktveranlagung (Wertpapiertausch) nein

5 Kapitalmarktveranlagung (Wertpapiertausch) nein

Quelle: Stadt Wien; Darstellung: RH

Beim Finanzgeschäft 2 (Aufnahme einer Barvorlage) erfolgte die Entscheidung über den geplanten Abschluss eines kurzfristigen Finanzgeschäfts im Rahmen einer Finanzmanagementsitzung. Bereits rund eine Woche vor dieser Sitzung war die verpflichtende Zustimmung der MA 5 – Marktfolge (urlaubsbedingt) vorsorglich beim Leiter der MA 5 – Marktfolge telefonisch eingeholt worden. An der Finanz­

managementsitzung nahm der Stellvertreter des Leiters der MA 5 – Marktfolge, der organisatorisch und aufgabentechnisch dem Referat Allgemeine Finanz– und Wirt-schaftsangelegenheiten in der MA 5 dienstzugeteilt war, teil. Darüber hinaus war

28 Laut § 21 Abs. 4 HO 2016 war die Anordnungsbefugnis in gesicherter elektronischer Form wahrzunehmen.

Die neue HO 2018 (erstmals gültig für das Finanzjahr 2020) sah eine genauere Definition in § 27 Abs. 5 vor.

Demgemäß war die Anordnungsbefugnis in gesicherter elektronischer Form (z.B. im elektronischen Akt mit elektronischer Signatur bzw. im Workflow des Haushaltsverrechnungs–Systems) wahrzunehmen.

Anordnungen konnten auch in Form von E–Mails erfolgen. Dabei musste gewährleistet sein, dass die E–Mail direkt von der bzw. dem Anordnungsbefugten versendet wurde.

der Stellvertreter in Bezug auf das Finanzgeschäft nicht mehr eingebunden bzw.

tätig. Einen Tag nach der Finanzmanagementsitzung erstellte ein Bediensteter der MA 5 – Markt einen Aktenvermerk, der über den erfolgten Geschäftsabschluss (Handelsabschlussdokumentation) berichtete und der nachrichtlich an den Leiter der MA 5 – Marktfolge gerichtet war. Der Aktenvermerk der MA 5 – Marktfolge, der die Überprüfung der MA 5 – Markt durch die MA 5 – Marktfolge dokumentierte, wurde rund zwei Wochen nach dem Abschluss des Geschäfts durch den Leiter der MA 5 – Marktfolge erstellt.

13.2 Der RH hielt fest, dass bei den von ihm überprüften Finanzgeschäften im Schulden–

und Veranlagungsmanagement die Anwendung des Prinzips der Funktionstrennung ersichtlich war. Die Funktionen der Entscheidung, Anordnung, Buchung und Zahlung waren sowohl organisatorisch als auch personell voneinander getrennt.

Der RH hielt anhand eines überprüften Finanzgeschäfts weiters fest, dass der Leiter der MA 5 – Marktfolge zwar über einen Stellvertreter verfügte, der die Funktion aber nicht im Sinne einer vollumfänglichen Stellvertretung ausübte. Im Fall von vorhersehbaren Abwesenheiten des Leiters der MA 5 – Marktfolge holte die MA 5 – Markt die Zustimmung der MA 5 – Marktfolge bereits vorab ein, obwohl die Details des Finanzgeschäfts, wie z.B. der Vertragspartner, zu diesem Zeitpunkt noch nicht fixiert waren. Die Funktion des Stellvertreters beschränkte sich im konkreten Geschäftsfall lediglich auf die Teilnahme an der Finanzmanagementsitzung. Die Überprüfung des Finanzgeschäfts durch die MA 5 – Marktfolge (Überprüfung auf Einhaltung der Limits und der Richtlinie für das Finanzmanagement, Erstellung Aktenvermerk über das Prüfungsergebnis der MA 5 – Marktfolge) tätigte der Stell-vertreter nicht. Somit musste der Leiter der MA 5 – Marktfolge zeitlich vor– bzw.

nachgelagert tätig werden.

Der RH empfahl daher, eine vollumfängliche Ausübung der Stellvertretung des Leiters der MA 5 – Marktfolge sicherzustellen.

13.3 Die Stadt Wien teilte dem RH in ihrer Stellungnahme mit, dass sie die Empfehlung bereits umgesetzt habe und eine vollumfängliche Ausübung der Stellvertretung sichergestellt sei.