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Alltagssorgen ist es auch wichtig, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte gegenüber den jungen Heranwachsenden Spaß und Freude verbreiten.

Um Belastungen und Gefühlen wie Angst und Scham entgegenzuwirken, ist es unabding-bar, Spaß und Freude im Alltag zu schaffen. Vorhandene Ressourcen müssen gestärkt und neue entdeckt werden (vgl. Arbeitsgruppe Traumpädagogische Standards in stationä-ren Einrichtungen der Jugendhilfe 2013, S. 89).

Zudem ist es wichtig Positive-Life-Events zu schaffen. Darunter versteht man Ereignisse, welche mit Gefühlen von Glück, Freude und Stolz verbunden sind. Dies sind Erlebnisse, die sich von den alltäglichen Situationen unterscheiden, beispielsweise im Kletterwald zu klettern. Das Erleben von neuen Erfahrungen und dem Gefühl, sich etwas zuzutrauen, stärkt das Selbstbewusstsein der Jungen und Mädchen. Besondere Erlebnisse lassen sich am besten in Verbindung mit der Erlebnispädagogik bringen (vgl. Friedrich/ Scher-wath 2016, S. 117f).

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So können bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten und ein guterhaltenes soziales Netz-werk als gesundheitsfördernd angesehen werden (vgl. Friedrich/ Scherwath 2016, S.

101f).

Bestehen wenig Ressourcen, ist es wichtig, in den erlernten Überlebensstrategien und in den vermeintlichen Schwächen der Kinder und Jugendlichen, eine Stärke zu finden. Dies kann als Überlebensressource verstanden werden (ebd., S. 108). Neben einer umfassen-den Biographiearbeit ist es ebenfalls notwendig, das Thema „Traumatisierung“ zu entta-buisieren und einen Zusammenhang zwischen traumatischen Erlebnissen, der Wahrneh-mung und des Verhaltens der Kinder und Jugendlichen herzustellen. Zudem nimmt eine Enttabuisierung den Kindern auch die Angst über ihr Erlebtes zu reden, wenn Pädago-gen*innen verständlich machen, dass Kindeswohlgefährdungen ein gesellschaftliches Problem darstellen und eine Vielzahl an Menschen davon betroffen sind. Resultat ist, dass den Kindern und Jugendlichen, welche ein traumatisches Ereignis erlebt haben, die persönliche Scham genommen wird und sie erleben, dass sie nicht allein davon betroffen sind (ebd., S. 130).

Die Beachtung der Biografie und der Ressourcen der traumatisierten Kinder und Jugend-lochen fließt in die Erkennung und Bearbeitung der Traumafolgestörungen mit ein. Im Folgenden möchte ich mein Augenmerk explizit auf den Umgang der Pädagogen*innen mit Folgestörungen richten. Dazu werde ich in den einzelnen Unterkapiteln auf den Um-gang mit dissoziativen Verhaltensweisen, mit Vermeidungsverhalten, Flashbacks und der Übererregung eingehen.

Beginnen werde ich mit dem pädagogischen Umgang mit der Dissoziation.

10.1 Umgang mit Dissoziation

Dissoziation führt meist zu Zeitlücken, in denen amnestische Phasen beschrieben wer-den. Das heißt, der Betroffene hat oftmals keine Erinnerung an das vor kurzem Erlebte.

Ausgelöst werden diese Erinnerungslücken durch bestimmte Reize, den Triggern. Trigger können dahingehend bestimmte Gerüche, Gedanken oder Orte sein, welche das Körper-erleben in der traumatischen Situation wieder hervorrufen können. Wichtig ist jedoch auch zu erwähnen, dass alles, was Stress im Individuum auslösen kann, ebenfalls als Trigger angesehen werden kann. Um den dissoziativen Verhaltensweisen entgegenzuwirken, ist es notwendig, die Schlüsselreize, welche die Kinder und Jugendlichen triggern, zu erken-nen (vgl. Matten/ Pausch 2018, S. 72).

Die sogenannte Triggeranalyse hilft dabei Schlüsselreize zu erkennen. Die Analyse der Reize hat für die pädagogischen Fachkräfte eine doppelte Funktion. Zum einen ergeben

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sich durch das Erkennen von Triggern Anhaltspunkte in der Arbeit mit den traumatisierten Jungen und Mädchen.

Pädagogen*innen können somit ihre Arbeit so gestalten, dass sie möglichst wenig Materi-alien bieten, die Kinder und Jugendlichen an ihre traumatischen Ereignisse erinnern. Auf der anderen Seite und im Zentrum der Triggeranalyse geht es um das individuelle Erken-nen der Schlüsselreize der Kinder und Jugendlichen. Das heißt, den Jungen und Mäd-chen soll Mithilfe der Pädagogen*innen bewusst gemacht werden, welche Situationen Wiedererinnerungen und dissoziative Verhaltensweisen hervorrufen und somit eine Neut-ralisierung dieser Reize entwickeln (vgl. Peichl zit. nach Friedrich/ Scherwath 2016, S.

153f). Ziel ist es, nicht mehr von den eigenen Gefühlen überrascht und überwältigt zu werden, sondern zu wissen, was in dieser erlebten Situation der Auslöser für das dissozi-ative Verhalten ist. Aufgabe für Betroffene ist es, ihre Trigger erkennbar für sich zu ma-chen. Die Jungen und Mädchen können sich zusammen mit den pädagogischen Fach-kräften auf die Suche nach triggerbaren Bereichen machen. Nach dem Erkennen der Trigger kann zusammen überlegt werden, wie diese am besten aus dem Weg geschafft werden können, welche Möglichkeiten es gibt, den entstehenden Stress zu regulieren oder auszugleichen. Eine Möglichkeit ist es ebenfalls, sobald die triggerbaren Bereiche erkannt wurden, diese aufzuschreiben und somit einen Überblick über mögliche Schlüs-selreize zu gewinnen. Aber auch ein Achtsamkeitstraining kann zur Erkennung beitragen.

Diese Übungen können als Prävention verstanden werden und in den Alltag miteingebun-den wermiteingebun-den (vgl. Friedrich/ Scherwath 2016, S. 154f).

Reddemann und Dehner-Rau haben ein Beispiel für das Achtsamkeitstraining angeführt.

Um dieses Training zu veranschaulichen, gehen die beiden von einem Spaziergang der traumatisierten Menschen aus. Dieser wird auch Achtsamkeitsspaziergang genannt. In-nerhalb des Spazierganges hat das Individuum die Aufgabe alles in seiner Umgebung wahrzunehmen und sich zu fragen: „Was mache ich? Was nehme ich wahr? Was sehe ich? Was höre ich?“ Ebenfalls können Atembeobachtungen und Bewegungsabläufe der Betroffenen analysiert und bearbeitet werden. Ziel dieser Übung ist die Schulung der Wahrnehmung und der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu belassen und die Gedanken nicht in andere Prozesse abdriften zu lassen (vgl. Reddemann zit. nach Friedrich/ Scher-wath 2016, S. 155). Ebenfalls hilft das Erkennen von Dissoziationsvorgängen den Jungen und Mädchen zu verdeutlichen, dass diese Prozesse nicht plötzlich eintreten, sondern es eine Abfolge von Stimuli, auch Dissoziationskette genannt, gibt, welche sie anhand der Triggeranalyse erarbeiten können. Dissoziationsketten werden ähnlich wie die Trigger-analyse bearbeitet.

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Um die Dissoziation bearbeiten zu können, ist es notwendig, die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt zu richten. Eine weitere Übung wäre die 5-4-3-2-1-Übung. Hierbei muss das Kind oder der Jugendliche erst fünf blaue, dann vier rote, wiederum drei grüne und zwei schwarze und zuletzt einen gelben Gegenstand in dem Raum benennen, in welchen sich der junge Heranwachsende gerade befindet. Um die Konzentration weg von dissozia-tiven Phasen auf die Gegenwart zu richten, gibt es explizite Konzentrationsübungen, wie beispielsweise das Alphabet von hinten, statt von vorne aufzusagen. Zudem gibt es „ba-nale“ Maßnahmen, wie jeden Tag ausreichend trinken, sich gut ernähren und genügend zu schlafen, um dem Körper genügend Energie für die Bearbeitung zukommen zulassen.

Bemerken Pädagogen*innen trotz der Übungen, dass sich ein Kind oder Jugendlicher in einer Dissoziation befindet, ist es in erster Linie wichtig Ruhe zu bewahren und den Jun-gen oder das Mädchen anzusprechen, aber nicht anzufassen, um es nicht zu erschre-cken. Zudem, wenn bemerkt wird, dass der Betroffene sich langsam wieder im Hier und Jetzt befindet, dem Kind oder Jugendlichen erklären, wo er sich befindet und was gerade vorgefallen ist. Ist der Betroffene langsam wieder zu sich gekommen, kann beispielsweise die 5-4-3-2-1-Übung durchgeführt werden, um die Aufmerksamkeit endgültig auf das Hier und Jetzt zu lenken. Am wichtigsten ist in dieser Situation Humor. Grund ist, dass mit Humor Gehirnregionen aktiviert werden, welche der Reorientierung des Individuums die-nen. Resultat ist, dass der Betroffene sich endgültig im Hier und Jetzt befindet (vgl. Mat-ten/ Pausch 2018, S. 73f).

10.2 Umgang mit Übererregung

Übererregung geht meist mit innerlicher Unruhe und einer andauernden körperlichen An-spannung einher. Zentrale Aufgabe der Pädagogen*innen ist daher das Grundanspan-nungsniveau zu senken. Strategien zur Reduktion der Übererregung sind Atem-, Imagina-tionsübungen, Meditation und die progressive Muskelentspannung.

Unser Atem nimmt Einfluss auf den gesamten Körper und auch auf Gedanken und Gefüh-le. Außerdem stellt er die Basis weiterer Entspannungsverfahren wie Yoga oder Meditati-on dar (vgl. Matten/ Pausch 2018, S. 67f). Nhat Hanh, ein vietnamesischer buddhistischer Mönch und Schriftsteller sagte 1991, dass sich, während Menschen bewusst den Atem üben, das Denken verlangsamt und somit eine Entspannung eintritt (vgl. Nhat Hanh Trauma und Traumafolgestörung S. 68). Wichtig ist, dass die Übungen den Parasympa-thikus, den Teil im Nervensystem, welcher für Entspannung zuständig ist, aktivieren.

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Durch einen Trick, indem man etwas länger ausatmet, als man einatmet, aktiviert man den Parasympathikus, was wiederum zur Entspannung führt.

Eine weitere wichtige Rolle spielen Imaginationsübungen. Die bekannteste Übung ist da-bei die Herstellung eines „inneren sicheren Ortes“. In der Vorstellung sollen Betroffene einen Ort schaffen, egal, ob dieser real ist oder nicht, an dem sie Sicherheit erfahren kön-nen. Wichtig ist es, dass die Beteiligten der Imaginationsübung, mit allen Sinnen den aus-gedachten Ort wahrnehmen. Das heißt, zu erwähnen, was wird gesehen, was wird even-tuell gerochen und was wird außerdem noch wahrgenommen. Häufig ist es notwendig diesen Ort über einen längeren Zeitraum in der Vorstellung wachsen zu lassen, um eine Wirksamkeit der Übung zu erreichen. Um die volle Wirksamkeit entfalten zu können, emp-fiehlt sich die Übung täglich dreimal für drei Minuten durchzuführen. Nach einem Monat lässt sich ein Urteil fällen, ob diese Übung wirklich hilfreich ist (vgl. Matten/ Pausch 2018, S. 68f).

Um speziell das eigene Körperbewusstsein wieder zu stärken und aufzubauen, gibt es Übungen, welche die Aufmerksamkeit auf bestimmte Körperstellen richten. Zu den Übun-gen zählt unter anderem das autoÜbun-gene Training, welches in den zwanziger Jahren von dem Berliner J.H. Schultz entwickelt wurde. Hierbei sollen die Beteiligten sich hinlegen oder eine bequeme Sitzhaltung einnehmen. In der Vorstellung soll sich der Mensch nun ausmalen, wie beispielsweise der rechte Arm immer schwerer wird. Diese Vorstellung wird so lange wiederholt, bis der Betroffene wirklich eine Schwere im Arm verspürt. Die Übung wird mehrmals mit weiteren Körperteilen wiederholt. Auf der anderen Seite gibt es eine weitere ähnliche Übung. Die progressive Muskelentspannung wurde 1929 von Ed-mund Jacobsen erkundet. Anders wie im autogenen Training werden hierbei unterschied-liche Körpergruppen hintereinander für ungefähr fünf bis zehn Minuten bewusst ange-spannt. Nach Ablauf der Zeit wird die vorher angespannte Körperstelle wieder bewusst entspannt. Diese Übung stärkt das bewusste Wahrnehmen der Körperregionen (ebd., S.

70f).

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10.3 Umgang mit Flashbacks

Betroffene nehmen zunächst das Wiedererleben von traumatischen Situationen als etwas wahr, was von jetzt auf gleich geschieht. Doch bei genauer Betrachtung fällt auf, dass es im Vorfeld einige Vorboten, sogenannte Prodromi gibt, welche vor einer Intrusion „war-nen“. Diese Vorboten treten meist immer in der gleichen Reihenfolge auf. Um die Prodro-mi zu identifizieren zu können, ist es notwendig, die Situationen, in denen Flashbacks auftreten genau zu analysieren. Vor der Analyse ist es jedoch wichtig, dass sich betroffe-ne Kinder und Jugendliche wieder in ausreichend Sicherheit und Stabilität nach dem letz-ten Flashback befinden. Ist dies nicht der Fall, wird weiter an der Stabilität der Jungen und Mädchen gearbeitet. Bei ausreichend Stabilität und Sicherheit sollte sich zunächst dar-über ausgetauscht werden, wie die Intrusion wahrgenommen wurde, beziehungsweise welche Sinnesmodalitäten wie sehen, hören oder schmecken betroffen waren und wo das Wiedererleben stattfand. Zudem ist es wichtig, zu erfahren, was derjenige in dieser Situa-tion gemacht hat, beziehungsweise wie sein Verhalten war und ob er durch die SituaSitua-tion Stress oder Anspannung verspürt hat. Anhand der Erzählungen kann nun begonnen wer-den, den Flashback und die damit verbundenen Prodromi zu analysieren.

Die herausgearbeiteten Vorboten werden vor dem nächsten Wiedererleben intensiver wahrgenommen und der Blick für weitere Reize wird erweitert. Somit kann eine Vorboten-Kette für bestimmte Flashbacks erarbeitet werden. Je besser Vorboten herausgearbeitet und benannt werden, desto früher können bestimmte Anti-Flashback-Strategien ange-wandt werden.

Um die Kette durchbrechen zu können, ist es von Vorteil Gegenreize zu verwenden. Die-se Reize sollen dem Gehirn vermitteln, dass Intrusionen bereits erlebte Situationen wider-spiegeln und der Gegenreiz aber im Hier und Jetzt zu verzeichnen ist. Wird das Wiederer-leben durch Gerüche ausgelöst, können Betroffene einen Gegengeruch, beispielsweise auf einen Schalauftragen. Sobald diejenigen das Gefühl haben, in eine Intrusion zu ver-sinken, können sie an dem Gegengeruch riechen und die Aufmerksamkeit auf das Hier und jetzt legen. Bei Geschmacksintrusionen können Betroffene durch starke Bonbons oder scharfen Gummibärchen ein Wiedererleben unterbinden. Wird ein Flashback durch Klänge ausgelöst, ist es möglich, sich speziell auf die Umwelt zu konzentrieren, bei-spielsweise dem Gesprächspartner sehr intensiv zuzuhören oder, wenn möglich, sich Kopfhörer in die Ohren zu stecken und Musik zu hören.

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Jedoch ist nicht jede Musik gut. Die Musik sollte so ausgewählt werden, dass auch hier die Aufmerksamkeit auf den gerade erlebten Moment gelegt wird.

Eine Übung, welche sich für alle Intrusionstypen eignet, ist die 3-2-1-Übung. Hierbei ist es notwendig, sich auf die Umgebung zu konzentrieren. Nacheinander werden zunächst drei Dinge genannt, die gesehen, gehört und gespürt werden. Dann werden zwei neue Dinge gesucht, welche gesehen, gespürt und gehört werden, bis schließlich nur noch eine Sa-che benannt wird. Aber auch Matheaufgaben können die Aufmerksamkeit weg von den Flashbacks richten.

Eine weitere Übung ist die Realitätskontrolle. Hierbei handelt es sich um eine Technik, zu analysieren, was an der derzeitigen Situation anders als damals in dem traumatischen Erlebnis ist. Handelt es beispielsweise um eine Person, ist es von Vorteil zu erkennen, was in diesem Moment anders an ihr ist. Zum Beispiel eine andere Kleidung, Frisur oder auch ein anderes Auftreten (vgl. Matten/ Pausch 2018, S. 61ff).

10.4 Umgang mit Vermeidungsverhalten

Am Anfang sollte eine Auslistung über die Dinge erfolgen, welche bereits vermieden wer-den. Danach wird eine Hierarchie mit Vermeidungssituationen erarbeitet, in der es darum geht, welche Dinge dem Betroffenen am meisten Angst machen und deren Vermeidung am meisten Leidensdruck auslöst. Um langsam an dem Vermeidungsverhalten arbeiten zu können, ist es wichtig, kleine Schritte einzuleiten, um sich den angstauslösenden Orten und Menschen wieder nähern zu können. In diesen Schritten ist es wichtig Strategien zu entwickeln, wie mit der Angst umzugehen ist. Ebenfalls ist es notwendig, dass die Zwi-schenschritte kleine Erfolgserlebnisse beinhalten und jeweils immer wieder individuell umgestaltet werden können. Rückschläge sind dabei nicht als Fehler zu werten, jedoch sollte das Vermeidungsverhalten auch von Woche zu Woche, oder von Jahr zu Jahr we-niger werden (vgl. Matten/ Pausch 2018, S. 65f).

Zudem geht es innerhalb der Arbeit mit Vermeidungsverhalten darum, einen Blick für po-tenzielle Gefahren zu entwickeln. Das heißt explizit, dass zusammen mit den betroffenen Menschen Situationen auf mögliche Gefahren analysiert und beurteilt werden. Gezeigt werden soll, dass trotz möglicher unvorhersehbarer Gefahren Plätze als sicher angese-hen werden können und, dass es im Körper Mechanismen gibt, welche mit einer mögli-chen Gefahrensituation zurechtkommen. Dies muss aber vom Individuum erst wieder ge-lernt werden.

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Jedoch gibt es auch eine Strategie, um Orte nicht vermeiden zu müssen. Dies ist das Prinzip der 3F´s. Diese Strategie hilft das Vermeidungsverhalten zu reduzieren und die Angst zu bekämpfen.

Unter den 3F´s verstehen Pädagogen*innen folgendes: Focus it!, Face it! und Fade it!.

Unter „Focus it!“ wird, wie zu Beginn schon erwähnt, verstanden, dass sich Betroffene von Trauma bewusst werden müssen, dass ihnen bestimmte Orte oder Menschen Angst ma-chen und dies auch verstehen, warum es so ist. Wenn verstanden wurde, wo das Prob-lem liegt, geht es darum die Situation bewusst wahrzunehmen. Das Individuum soll sich in diesem Moment nicht ablenken, sondern die Angst, welche durch den Gedanken an mög-liche Orte entsteht, aushalten. Nach ungefähr dreißig Minuten sinkt der Angstpegel wie-der. Dieser Abfall muss ebenfalls bewusst wahrgenommen werden, dadurch lernt das Gehirn, dass innerhalb möglicher Angstsituationen nicht Schlimmes geschieht. Dieser Vorgang wird „Face it!“ genannt.

Im letzten Schritt erfolgt die Strategie „Fade it!“. Jedes Mal, wenn eine Situation ausgehal-ten wurde, welche eigentlich vom Menschen vermieden worden wäre, wird sich der Be-troffene langfristig wieder an die Orte, Menschen und Gerüche gewöhnen. Dies führt da-zu, dass die Anpassungs- und Angstspitzen immer kleiner werden. Letztendlich wird im besten Fall die Situation, welche sonst vermieden wurde, nur noch ein leichtes Unbeha-gen auslösen (ebd., S. 66f).