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Die Transformation der geistes- und kulturgeschichtlichen Implikatio- nen durch das Motiv der ״gefallenen Frau“nen durch das Motiv der ״gefallenen Frau“

Im Dokument Pasternak - Studien II (Seite 158-165)

2. Die Sophiologie in der frühen Schaffensphase

3.3. Die Funktion des Motivs der ״gefallenen Frau44 in der Auseinandersetzung Pasternaks mit der frühen Schaffensphase

3.3.2. Die Transformation der geistes- und kulturgeschichtlichen Implikatio- nen durch das Motiv der ״gefallenen Frau“nen durch das Motiv der ״gefallenen Frau“

In der mittleren Schaffensphase zeichnet sich im Gegensatz zur frühen Schaf- fensphase, in der die kulturgeschichtlichen Implikationen durch die ästhetischen dominiert wurden, eine Loslösung der kulturgeschichtlichen Dimen-sion von

(PM V, IV , 397; ״ Man hatte denken können, daß die Vernachlässigung der S tilistik, die er ver- kündete, vom Streben nach der berüchtigten ,M usikalität’ (selten versteht sie jemand) eingegeben worden ist, daß er die semantische und graphische Seite der Poesie zugunsten der vokalischen opfert. Das ist nicht so. Das ganze Gegenteil ist der Fall. Wie jeder große Künstler, forderte er ,nicht Worte, sondern Taten ' sogar auch von der Wortkunst, d.h. er wollte, daß die Poesie tat- sächlich Erlebtes oder die bezeugte Wahrheit eines Beobachters enthielte.“ )

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״ Sophia " vs. ״ gefallene Frau " in der mittleren Schaffensphase

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d er ästhetiscb-poetologischen Ebene ab.21 Von der Forschung häufig als Ver- Stärkung der sozialen Problematik zu Beginn der 20er Jahre in der Dichtung Pa- stemaks charakterisiert (vgl. Al’fonsov 1990:140f.), wird der Literatur die Fähig- keit zuerkannt, auf den außerkünstlerischen Bereich einzuwirken, auBerästheti- sehe Funktionen zu übernehmen. Diese außerästhetische Sphäre wird unter an- derem durch das Motiv der ״gefallenen Frau“ repräsentiert. Frühere poetologi- sehe Konzeptionen, insbesondere diejenige der an die Sphäre des Sublimen ge- bundenen Kunst, werden durch das Merkmal der vor allem an die Musik gekop- pelten Abstraktheit mit dem Idealen des sozialistischen Systems äquivalent ge- setzt. Dabei wird das Scheitern von künstlerischem und politischem System an der als Beschönigung dargestellten, verstellten Sicht auf das Weibliche in seiner Ausformung als Sophia festgemacht. Dies ist beispielsweise in Ochrannaja gra- moia zu beobachten. So impliziert die Begegnung mit Ida Vysockaja, die in einen Traum vom Krieg mündet, den apokalyptischen Aspekt der Sophiologie, der in den Reflexionen über den Krieg und die Ergebnisse der Revolution im Motiv der Kindheit, der Seele oder des Hinterlands als Symbol für das Unbewußte wieder aufgenommen und als abstrakt abgewertet wird:

Во мне глубоко сидела история с В-ой. У меня было здоровое сердце. Оно хорошо работало. Работая ночью, оно подцепляло случайнейшие и самые бросовые из впечатлений дня. И вот оно задело за экзерцирплац, и его толчка было достаточ- но, чтобы механизм учебного поля пришел в движение и само сновиденье, на сво- ем круглом ходу, тихо пробило: ״Я - сновиденье о войне“ . (OGR, IV , 192)

Прошло шесть лет. Когда все забылось. Когда протянулась и кончилась война и разразилась революция. Когда пространство, прежде бывшее родиной материи, заболело гангреной тыловых фикций и пошло линючими дырами отвлеченного несуществованья. Когда нас развезло жидкою тундрой и душу обложил затяжной дребезжащий, государственный дождик. Когда вода стала есть кость и времени не стало чем мерить. Когда после уже вкушенной самостоятельности пришлось от нее отказаться и по властному внушенью вещей впасть в новое детство, задолго до старости. (OGR, IV , 195f.)

Die Geschichte m it der W. saß tie f in m ir. Ich hatte ein gesundes Herz. Es arbeitete gut.

Arbeitete es nachts, hakte es sich die zufälligsten und flüchtigsten Tagesereignisse an. So hatte es nun an den Exerzierplatz gerührt, und sein Anstoß war ausreichend, den Mecha- nismus des Übungsplatzes in Bewegung zu setzen, und die Traumerscheinung selbst schlug nach ihrer eigenen Uhr leise die Stunde an: ״ Ich - bin der Traum vom Krieg.“

(Pasternak 1989:245)

21 Vgl. dazu die Anmerkungen V. A l’ fonsovs 1990:151: ״ Развитие Пастернака 20-х годов шло в таком направлении, что эстетическое для него претворялось в нравственное, а нравст- венное с неизбежностью окрашивалось социально.“ (״ Die Entwicklung Pasternaks der 20er Jahre lie f in eine solche Richtung, daß das Ästhetische für ihn in das Moralische überging und sich das Moralische unvermeidbar sozial färbte.“ )

Sechs Jahre waren vergangen. Nachdem alles vergessen war. Als der Krieg sich hingezo- gen und geendet und die Revolution sich entladen hatte. Als der Raum, der vordem die Heimat der Materie gewesen war, an einer Gangräne der Fiktionen des Hinterlands er•

krankte und sich mit den sich enthaarenden Stellen einer abstrakten Nichtcxistcnz über- zog. Als es uns zu einer kümmerlichen Tundra zerrinnen ließ und sich um die Seele ein anhaltender plappernder, staatlicher Landregen legte. Als das Wasser den Knochen anzu- fressen begann und es kein Zeitmaß mehr gab. Als nach einer schon genossenen Selb•

ständigkeit auf sie verzichtet werden mußte und unter dem herrischen Drängen der Dinge in eine neue Kindheit zu fallen war, lange vor dem Alter. (Pasternak 1989:249f.)

Auch die Figur Majakovskijs wird im Zwillingsmotiv, das in der frühen Schaf- fensphase eine zentrale Position im Paradigma der Sophiologie einnahm, mit dem Staat verbunden. Hierbei verweist die Personifikation des Lebens noch zusätzlich auf das Frühwerk, indem Assoziationen an Sestra moja ־ žizn9 geweckt werden.

Die Abwertung dieser Positionen erfolgt über die Diskrepanz, die sich zwischen Alltag und zu erstrebendem Ideal resp. Zukunft eröfíhet:

Вдруг внизу, под окном, мне вообразилась его жизнь, теперь уже начисто про- шлая. Она пошла вбок от окна в виде какой-то тихой, обсаженной деревьями ули- цы, вроде Поварской. И первым на ней у самой стены стало наше государство, на- ше ломящееся в века и навсегда принятое в них, небывалое, невозможное госу- дарство. Оно стояло внизу, его можно было кликнуть и взять за руку. В своей ося- зательной необычайности оно чем-то напоминало покойного. Связь между обои- ми была так разительна, что они могли показаться близнецами. [...] Все они объяснялись навыком к состояньям, хотя и подразумевающимся нашим временем, но еще не вошедшим в свою злободневную силу. Он с детства был избалован бу- дущим, которое далось ему довольно рано и, видимо, без большого труда. (OGR, IV, 239)

Plötzlich trat m ir vorm Fenster unten sein Leben vor Augen, das jetzt schon reine Ver- gangenheit war. Es ging vom Fenster seitlich weg wie eine stille, mit Bäumen bestandene Straße von der A rt der Powarskaja. Und als erstes stand auf ihr gleich bei der Hauswand unser Staat, unser in die Zeitalter brechender und fiir immer in sie aufgenommener, uner- hörter, unmöglicher Staat. Er stand unten, man konnte ihn anreden und bei der Hand nehmen. In seiner unübersehbaren Ungewöhnlichkeit erinnerte er irgendwie an den Ver- storbenen. Die Beziehung zwischen den beiden war so frappierend, daß sie Zw illinge zu sein schienen. [...] Die Erklärung für sie alle war sein Heimischsein in Bedingungen, mit denen man unsere Zeit wohl identifizierte, die aber ihre K raft als praktischer Alltag noch nicht verwirklicht hatten. Er war von Kindheit an von der Zukunft verwöhnt worden, die sich ihm recht früh ergeben hatte und, augenscheinlich, ohne große Mühe. (Pasternak

1989:30 If.)

Wie in der 1. Fassung aus der frühen Schaffensphase suggeriert auch im 21. Ge- dicht aus Poverch bar ,erov ( 1929), IjuVskaja groza (Juligewitter), das Paradigma des Krieges den apokalyptischen, über die kulturgeschichtlichen Implikationen dominierenden Aspekt der Sophiologie, der nun aber in der 2. Fassung durch die textuellen Veränderungen in der vorletzten Strophe als Absurdität abgewertet wird. In der Rede auf dem Ersten Allunionskongreß der sowjetischen

Schriftstel-״ Sophiavs. ״ gefallene Frau “ in der m ittleren Schaffensphase 161

1er (1934) setzt Pasternak die sozialistische Wirklichkeit, in der es nur noch möglich ist, sich in Andeutungen zu verständigen, durch das Merkmal der Ver- schleierung mit der Sophiologie in eins und wertet dies als abstrakt ab. Die poeti- sehe Sprache als Konstruktion findet auf fatale Weise ihre Entsprechung in der Realität. Diese Abwertung erfolgt durch die Kontrastierung des sophiologischen Paradigmas mit einer Frau aus dem Volk, die über das Merkmal des Alltäglichen dem Motiv der ״gefallenen Frau“ und durch den Verweis auf Sestra moja ־ žizn9 gleichzeitig der Sophiologie zugeordnet werden kann:

Мы обменивались взглядами и слезами растроганности, объяснялись знаками и перекидывались цветами. Двенадцать дней объединяло нас ошеломляющее сча- стье того факта, что этот высокий поэтический язык сам собой рождается в беседе с нашей современностью, современностью людей, сорвавшихся с якорей собст- венности и свободно реющих, плавающих и носящихся в пространстве биогра- фически мыслимого. [...] Поэтический язык во всех этих случаях достигал такой силы, что раздвигал границы действительности и уносил в ту область возможно־

го, которая в социалистическом мире есть вместе с тем и область должного. [...] И когда я в безотчетном побуждении хотел снять с плеча работницы Метростроя тяжелый забойный инструмент, названия которого я не знаю (смех), но который оттягивал книзу ее плечо, - мог ли знать товарищ из президиума, вышутивший мою интеллигентскую чувствительность, что в многоатмосферных парах, создан- ных положением, она была в каком-то мгновенном смысле сестрой мне и я хотел помочь близкому и давно знакомому человеку. (VNP, IV , 631)

W ir haben uns mit Blicken und Tränen der Rührung ausgetauscht, uns mit Zeichen ver־

ständigt und einander Blumen zugeworfen. Z w ölf Tage hat uns das überraschende Glück jener Tatsache vereint, daß sich diese hohe poetische Sprache von selbst gebiert im Ge־

spräch mit unserer Zeitgenossenschaft, der Zeitgenossenschaft von Menschen, die sich von den Ankern des Eigentums losgerissen haben und frei schweben, schwimmen und sich tragen im Raum des biographisch Denkbaren. [...] Die poetische Sprache hat in allen diesen Fällen eine solche K raft erreicht, daß sie die Grenzen der W irklichkeit auseinan- dergestoßen und auf jenes Gebiet des Möglichen getragen hat, das in der sozialistischen Welt zugleich auch das Gebiet des uns Aufgegebenen ist. [...] Und als ich in einer unbe- wußten Regung der Arbeiterin vom Metrobau das schwere Hauwerkzeug von den Schul- tem nehmen wollte, dessen Bezeichnung ich nicht kenne, doch das ihre Schultern nach unten zog, konnte da der Genosse aus dem Präsidium, der meine Intelligenzler- Empfindsamkeit verspottet hat, denn wissen, daß sie m ir in diesem Augenblick in einer bestimmten augenblicklichen Bedeutung eine Schwester war und ich ihr helfen wollte wie einem nahen und seit langem bekannten Menschen. (Pasternak 1989:380)

Vgl. in diesem Zusammenhang auch das 10., 33. und 37. Gedicht aus dem Zyklus Vtoroe roždenie, wo die sozialistische Wirklichkeit mit dem sophiologischen Pa- radigma verknüpft und als Scheinrealität entlarvt wird, was besonders im 38. Ge- dicht dieses Zyklus, Vesenneju poroju Vda... (In der Frühlingszeit des Eises...), mit der verstellten Sicht auf das Weibliche, wie sie in der Sophiologie zum Aus- druck kommt, begründet wird. Auch im Essay Genrich Klejst (1941) wird die symbolistische Sophiologie, mit der die Figur Kleists noch in der frühen

Schaf-fensphase, im Essay G. fo n Klejst. Ob asketike v kul ״ture (1911) verbunden war, durch eine realistische Motivierung seines Selbstmords als Utopie ausgewiesen.

Während die Todessucht Kleists in der Frühphase als Übergang in die jenseitige Welt, als Auflösung im weiblichen Anderen wahrgenommen wurde, erscheint sie nun durch politische Ereignisse hervorgerufen, die Kleists persönliche Schwie- rigkeiten bedingt haben. Dabei verweist die Figur der Henriette Vogel über das Merkmal des Musikalischen auf die symbolistische Sophiologie, was zusätzlich durch den autointertextuellen Verweis im Motiv спутник auf Bliznec v tučach unterstrichen wird:

Тогда, в февральские дни жестокой зимы 1811 года, которой точно не предвиде- лось скончания, Клейст вспомнил свое первое вступление в жизнь, детскую свою солдатчину и написал прошение на высочайшее имя об обратном приеме в арми- ю. Его вскоре удовлетворили. Но ему не на что было обмундироваться. Он подал королю новую просьбу о предоставлении ссуды на экипировку и стал ждать отве- та. Промелькнуло лето. Ему не отвечали. Пришла осень, показавшаяся возвратом все той же бесконечной зимы. У Клейста была знакомая, неизлечимо больная му־

зыкантша Генриетта Фогель. Как-то раз, когда они вдвоем что-то разыгрывали, она сказала, что охотно рассталась бы с жизнью, если бы нашла товарища. ״За чем же дело стало?“ ־ сказал Клейст и предложил себя в спутники. (GK, IV , 384) Damals in den Februartagen des grausamen Winters von 1811, dessen Ende nicht genau abzusehen war, erinnerte sich Kleist an seinen ersten E intritt ins Leben, an sein kindliches Soldatcnlos und schrieb ein Gesuch an den Kaiser um Wiederaufnahme in die Armee.

Man entsprach seiner Bitte in kurzer Zeit. Aber er besaß keine M ittel, um sich eine Uni- form anzuschaffen. Er reichte beim König eine neue Bitte ein um Gewährung eines Dar- lehens fiir die Ausrüstung und begann a u f Antwort zu warten. Es verging der Sommer.

Man antwortete ihm nicht. Der Herbst kam, der wie die Rückkehr jenes endlosen Winters aussah. Kleist hatte eine Bekannte, die unheilbar kranke M usikerin Henriette Vogel. Ir- gendwann einmal, als sie zu zweit irgendetwas spielten, sagte sie, daß sie gern vom Leben Abschied nehmen würde, wenn sie einen Gefährten finden würde. ״ Woran liegt es?“ sagte Kleist und bot sich selbst als Begleiter an.

Mit dieser Entmythisierung der Sophiologie kann die Umwertung der poetischen Positionen Kleists in Zusammenhang gebracht werden: Seine Zugehörigkeit zur Romantik, die nun als etwas Zeitbedingtes, rein Äußerliches erscheint, wird im Gegensatz zur frühen Schaffensphase geleugnet:

Клейста напрасно причисляют к романтикам. Несмотря на общность времени и дружбу с некоторыми из них, их разделяет пропасть. В противоположность люби- тельству, которым они гордились, и бесформенному фрагментаризму - цели их стремлений • Клейст всю жизнь боролся с недоучкой и ничтожеством, которых в себе подозревал, и хотя не все созданное им одинаково совершенно, все оно про- никнуто угрюмою нешуточностью гения, не знавшего покоя и удовлетворения.

(GK, ÏV , 379)

Kleist zählt man grundlos zu den Romantikern. Ungeachtet der Zeitgenossenschaft und der Freundschaft mit einigen von ihnen, trennt sie ein Abgrund. Im Gegensatz zum D

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lettantismus, auf den sie stolz waren, und zum formlosen Fragmentarismus - dem Ziel ih- rer Bestrebungen - kämpfte Kleist sein Leben lang mit dem Halbgebildeten und der Nichtigkeit, die er in sich selbst vermutete, und obwohl nicht alles von ihm Geschaffene gleichermaßen vollendet war, war alles von der verdrießlichen Ernsthaftigkeit des Genies durchdrungen, das keine Ruhe und Zufriedenheit kannte.

In den Tagebuchnotizen V armii (In der Armee; 1943) wird die Möglichkeit einer Wirkung von Literatur auf die Realität im Verweis auf Nikołaj A. Ostrovskijs (1904-1936) Roman Kak zakaljalas ' sta l' (Wie der Stahl gehärtet wurde; 1935) anerkannt: Einer Gruppe von Komsomolzen verleiht der Protagonist dieses Ro- mans, Pavel Korčagin, den entscheidenden Impuls zur Verteidigung der Heimat.

Diese Notiz ist syntagmatisch mit einer Episode korreliert, in der Wirklichkeit in der Erniedrigung der Frauen durch die Deutschen durch den Topos der ״gefalle- nen Frau“ bestimmt wird. Daß dieser Topos als eine Art realisierte Metapher auftritt, die ein typisches Verfahren der symbolistisch-avantgardistischen Poetik der frühen Schaffensphase ist (der Sündenfall wird unter anderem auch durch das Motiv des Fallschirms impliziert), deutet hier polemische Tendenzen bezüglich des Frühwerks an. In der Gegenwart ist die Vorstellung einer weitgehend auto- nomen Kunst, der nun in Turgenev der kritische Realismus und in Ostrovskij der sozialistische Realismus als engagierte Kunst gegenübergestellt wird, nicht mehr haltbar:

Когда после Мценска наши части освободили тургеневское имение Спас-Луто- виново, комсомольцы отличившихся частей устроили в разрушенном заповеднике торжественное собрание. Естественно посвященное памяти Тургенева и нашей литературе, оно каким-то образом связалось с именем Николая Островского, автора книги ״ Как закалялась сталь“ . Собравшиеся дали клятву следовать приме- ру комсомольского писателя и драться с немцами так, как дрался его герой Павел Корчагин. Они оправдали эту клятву в ближайших сражениях. За ними утверди- лась кличка корчагинцев. (V A , IV , 66If.)

Привезли в собор немцы колокол, повесили, теперь, говорят, будет служба по-цер- ковному, говорят, лютеранский брак. И девушки наши за них шли, ну, конечно, самый сброд и дурочки. [...] Мороз, а они в подвенечном на паперти, белые кру- жева, рожи красные, нахальные, хохочут. А с ними их кобели в высоких сапогах с нагайками, кости крест-накрест, нашитые черепа. А как вы стали подходить, эти бабы ревмя, - что вы теперь с нами сделали? А те, - да помилуйте, чтобы мы законных, да что вы! - И ржут по-своему. Тут они опять немножко покуражились.

־ Счастливо оставаться! Едем на самолетах в Берлин! Потом их всех за рощей по- добрали, узнали по платьям. Их с летящих самолетов посбрасывали за городом.

(V A , IV , 662f.)

Als unsere Truppenteile nach Mcensk das Turgenevsche Gut Spas-Lutovinovo befreiten, hielten die Komsomolzen der Teile, die sich hierbei ausgezeichnet hatten, in der zerstörten Schonung eine Versammlung ab. Natürlich dem Gedenken Turgenevs und unserer Lite- ratur gewidmet, verband sie sich auf irgendeine Weise mit dem Namen Nikołaj Ostrovskijs, dem Autor des Buches ״ Wie der Stahl gehärtet wurde“ . Diejenigen, die sich versammelt hatten, gaben den Schwur ab, dem Beispiel des Komsomolzenschriftstellers

zu folgen und mit den Deutschen so zu kämpfen, wie sein Held Pavel Korčagin kämpfte.

Sie rechtfertigten diesen Schwur in den nächsten Schlachten. Nach ihnen bürgerte sich der Spitzname Korćagincy ein.

Die Deutschen brachten in den Dom eine Glocke, hängten sie auf, jetzt sagt man, sagten sie, w ird der Gottesdienst kirchlich abgehalten, eine Lutherische Eheschließung. Und un- sere Mädchen heirateten sie, natürlich nur das Gesindel und die dummen Dinger. [...] Es war Frost, aber sie waren im Brautkleid in der Vorhalle, weiße Spitzen, rote Fratzen, fre- che, sie lachen. Und m it ihnen waren ihre geilen Böcke in hohen Stiefeln m it Riemenpeit- sehen, gekreuzte Knochen, aufgenähte Schädel. Und wie sie sich zu nähern begannen, heulten diese Weibsbilder - was habt ihr jetzt m it uns gemacht? Und jene, - was sagt ihr denn da, unseren Frauen tun w ir doch nichts, wo denkt ihr hin! Und sie lachen wiehernd a u f ihre Weise. Hier zierten sie sich wieder etwas. - Lebt wohl! W ir fliegen nach Berlin!

Danach sammelte man sie alle hinter dem Wäldchen auf, man erkannte sie an den Klei- dem. Man hatte sie aus den fliegenden Flugzeugen hinter der Stadt abgeworfen.

Die Problematik von engagierter und autonomer Kunst wird beispielsweise wie auch auf ähnliche Weise in der Verserzählung Spektorskij und in der Erzählung Povest' thematisiert. Die Hauptfigur Sereža wird hier in der Binnenerzählung unter anderem über das sophiologische Paradigma als ,,romantischer Künstlertyp“

ausgewiesen, der an der Realität, verkörpert durch die Prostituierte Saška, schei־

tert und dem in der Rahmenerzählung, die auf einer anderen Bewußtseinsstufe als Aufarbeitung der künstlerischen Vergangenheit fungiert, das gesellschaftliche Engagement in den Figuren Natašas und Lemochs gegenübergestellt wird.

״ S ophia“ vs. ״ gefallene F ra u “ in der m ittleren Schaffensphase 165

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3.4. Textanalysen

Anhand der hier ausgewählten Texte wurde in erster Linie versucht, die polemi- sehe Wechselwirkung beider weiblichen Topoi zu modellieren. Welche Funktio- nen diese Interaktion in der Poetik des Autors übernimmt, zeigen die Kapitel 3.2.

und 3.3.

Hervorzuheben ist, daß gerade die Textvarianten N ačal’naja pora (1929) und Poverch bar'erov (1929) die evolutionären Prozesse in den poetischen Vor- Stellungen Pasternaks im Vergleich zur frühen Schaffensphase auf besondere Weise verdeutlichen. Zugunsten der Aufnahme dieser Textvarianten mußte zwar aus Platzgründen auf solche, durchaus wichtigen Texte, wie die Verserzählungen Vysokaja bolezn’ (Die hohe Krankheit1928 ,׳) und Lejtenant Šmidt (Leutnant Schmidt1927 ,׳) oder den Zyklus Devjat ’sot pjatyj god (Das Jahr Neunzehnhun- dertfiinf, 1927) verzichtet werden, was aber der Umstand rechtfertigt, daß ge- nannte Varianten die Polemik mit dem eigenen Schaffen als intertextuellen Dia- log äußerst augenfällig machen. Der Lyrikband Vtoroe roždenie wurde - obwohl schon vielfach Gegenstand von Analysen - in die Untersuchung einbezogen, da er die Verquickung von autobiographischem Impuls und literarischer Konzeption des Weiblichen bei Pasternak stärker als andere Texte zu erkennen gibt.

Im Dokument Pasternak - Studien II (Seite 158-165)