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Die Bedeutung der Sophiologie im russischen Symbolismus

Im Dokument Pasternak - Studien II (Seite 32-37)

2. Die Sophiologie in der frühen Schaffensphase

2.4. Die Bedeutung der Sophiologie im russischen Symbolismus

Dem umrissenen geistesgeschichtlichen Kontext in ihrem Dualismus von sinn- lieh wahrnehmbarer Außenwelt und dem dahinterliegenden idealen Sein verhaf- tet, sieht die symbolistische Poetik ihr zentrales Anliegen in erster Linie als Auf- deckung der jenseitigen realiora mittels der Kunst, so daß auch die Sophiologie auf fruchtbaren Boden fallen konnte. Fungiert doch die Sophia als Symbol des Erwarteten (vgl. Hansen-Löve 1993:263), des göttlichen Absoluten. Von nach- haltiger Bedeutung für den russischen Symbolismus ist dabei der Solov’evsche

״mif о mire“ (״ Weltmythos“) mit seiner triadischen Struktur von These (ur- sprüngliche Einheit), Antithese (Zerfall der Einheit durch den Fall der Sophia) und Synthese (Restitution der Einheit), die als eine Art universelles Struktur- schema sowohl der Argumentationsfolge in den poetologischen Schriften der russischen Symbolisten als auch den Kompositionsschemata der künstlerischen Texte zugrunde liegt (vgl. Mine 1979:85ff.).

Vladimir Solov’ev zählt neben Arthur Schopenhauer und Friedrich W.

Nietzsche (1844-1900) zu den am meisten rezipierten Philosophen im russischen Symbolismus - Vjačeslav 1. Ivanov (1866-1949) erwähnt in seinem Essay Sim- volizm (Symbolismus) sogar Jakob Böhme als Quelle fur Charles-Pierre Baude- laires (1821-1867) Les Correspondances17 (1857), betont daneben freilich aber

16 Zur Stellung Solov’evs zwischen den Konfessionen, zwischen Orthodoxie und Katholizismus vgl. Dietrich 1994:150.

17 Ivanov vergleicht hier die Entwicklung des Symbolismus in Europa und Rußland mit der gegensätzlichen Natur des SymbolbegrifTs, wie er ihn in Baudelaires Gedicht zu erkennen meint. Versteht der realistische Symbolismus, der sich laut Ivanov in Rußland ausgeprägt hat, das Symbol als keine zufällige menschliche Erfindung, sondern als eine Art platonisches Ab- bild, so schafft der subjektivistische, dekadente Symbolismus, der sich außer in Frankreich auch in England und Deutschland ausgebreitet hat, seine Symbole willkürlich, nach den individuell- subjektiven Empfindungen: ״ Реалистический символизм признает символом всякую реаль- ность. рассматриваемую в ее сопряженности с высшей реальностью, т.е. более реальной в

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Solov’evs Geltung (vgl. Ivanov 1995:150; 154) -, wobei außer seinen theoreti- sehen Schriften gerade auch seinem künstlerischen Werk ein großer Stellenwert beigemessen wird. Besonders bekannt wurde sein Gedicht Tri svidanijax% {Drei Begegnungen; 1898). Mit der von ihm angestrebten Synthese von Materiellem und Ideellem spielt er vor allem eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Aus- einandersetzung der Symbolisten mit dem perspektivlosen Dualismus Nietzsches (vgl. Pyman 1994:235ff.). Für kontroverse Diskussionen sorgte in diesem Zu- sammenhang etwa Georgij I. Čulkovs (1879-1939) Artikel Poēzija Vladimira Solov'eva (Die Dichtung Vladimir Solov 'evs\ 1905): In seinen Betrachtungen zur Sophiologie verortet er die Weltseele hier zwar zwischen dem Göttlichen und dem Materiellen, unterstellt ihr aber die Unfähigkeit, die göttliche Einheit wieder zu restituieren. Aus Čulkovs Sicht stellt das Lebenswerk Solov’evs den erfolglo- sen Versuch dar, die christliche Religion mit der Naturreligion zu versöhnen.

Einen Gegenartikel mit dem Titel Otvet G. Čulkovu po povodu ego s ta ti ״Poć- zija Vladimira Solov'eva" (Antwort an G. Čulkov anläßlich seines Aufsatzes

״ Die Dichtung Vladimir S o l o v 'e v s1905) verfaßte beispielsweise Sergej M.

Solov’ev, ein führender Vertreter des Solov’ev-Kreises, in dem er die von Čul־

kov hervorgehobene Verneinung des Fleisches bestreitet und die Idee Solov’evs verteidigt, daß die Materie die erste Stufe auf dem Weg zur Unsterblichkeit, zum Göttlichen, sei (vgl. Cioran 1977:97f.).

ряду реального. [...] Символизм реалистический ищет в вещах знак их онтологической ценности и связи, т.е. realia in rebus. Стремится посредством такого изображения мира привести того, к кому он обращается, a realibus ad realiora, осуществляя таким образом по-своему анагогический завет средневековой эстетики. Ļ.š] Этот другой вид символизма [субъективистический A.U.], со временем восторжествовавший, провозглашает сразу, ед- ва возникнув, свое полное презрение ко всему, что почитается объективной реальностью:

она иллюзорнее всякого поэтического вымысла, но не превосходит его в красоте. [...] Он [символ A.U.] уже не истина, долженствующая быть открытой, а чувственное представ- ление, подлежащее изображению.“ (Ivanov 1995:151 f.; ״ Der realistische Symbolismus sieht die ganze Realität als Symbol an, die in ihrer Verbundenheit mit der höheren Realität, d.h. dem Realeren in der Reihe des Realen, betrachtet wird. [...] Der realistische Symbolismus sucht in den Dingen ein Zeichen ihrer ontologischen Bedeutung und ihres Zusammenhangs, d.h. die realia in rebus. Er bemüht sich mittels einer solchen Darstellung der Welt jenen herbeizufuhren, an den er sich a realibus ad realiora wendet, indem er au f solche Weise von seinem Standpunkt aus das anagogische Vermächtnis der mittelalterlichen Ästhetik verwirklicht. [...] Dieser andere Typ des Symbolismus [der subjektivistische A.U.], der mit der Zeit gesiegt hat, proklamiert sofort, kaum daß er entstanden ist, seine völlige Verachtung all jenem gegenüber, was als ob- jektive Realität verehrt wird: Sie ist illusionärer als jegliche poetische Erdichtung, aber übertrifft sie nicht in der Schönheit. [...] Es [das Symbol A.U.] ist schon nicht mehr die Wahrheit, die aufgedeckt werden soll, sondern eine emotionale Vorstellung, welche der Darstellung unter- liegt.44; wenn nicht anders vermerkt, Übersetzung hier und im folgenden A.U.)

18 Auf dieses Gedicht gehen beispielsweise auch Aleksandr Blok und Andrej Belyj (1880-1934) in ihren Aufsätzen Rycar ,-monach (Der Ritter-Mönch; 1910) und Vladimir Solov ,ev. lz vospo- minanij (Vladimir Solov'ev. Aus den Erinnerungen; 1907) ein, in denen sie sich intensiv mit der Sophiologie Solov'evs auseinandersetzen (vgl. Blok 1982:165; Belyj 1994a:351).

Wenngleich sich eine Unmenge von Beispielen für die Wirkung der So- phiologie im Symbolismus finden ließe, so sollen innerhalb dieses Teilkapitels nur die wichtigsten erwähnt werden: Schon Ivanov greift in seinem Aufsatz Sim- volika estetičeskich načal (Symbolik der ästhetischen Kräfte) zur Bestimmung der beiden Kräfte des Ästhetischen, des Aufstiegs (восхождение) und des Ab- stiegs (нисхождение), nicht nur auf Nietzsches Begriffspaar des Apollinischen und Dionysischen19 zurück, sondern in erster Linie auf Solov’evs Unterscheidung zwischen himmlischer Sophia und Weltseele:

Но отрешенный, белый разрыв с зеленым долом - еще не красота. Божественое благо, и нисходит, радуясь, долу. Достигнув заоблачных тронов. Красота обраща- ет лик назад - и улыбается земле. [.״ ] Смех, эта ״ радость преодоления“ , - убийство или земная пощада. Улыбка - пощада окрыленная. Улыбчива милостивая Красота.

Восхождение ־ разрыв и разлука; нисхождение ־ возврат и благовестив победы. То - ״ слава в вышних“; это - ״ на земле мир*. Восхождение - Нет Земле; нисхождение - ״ кроткий луч таинственного Да*. Мы, земнородные, можем воспринимать Кра- соту только в категориях красоты земной. Душа Земли - наша Красота. Итак, нет для нас красоты, если нарушена заповедь: ״ Верным пребудь Земле“ . [...] Так Кра- сота, всякий раз снова нисходя на землю с дарами Неба, знаменует вечное обру- чение Духа с Душою Мира, являясь пред нами непрестанно обновляющимся про- образом и обетованием вселенского Преображения. (Ivanov 1995:61; 63)

Aber der abgeschiedene weiße Bruch mit dem grünen Tal ist noch nicht die Schönheit.

Das göttliche Wohl, steigt auch herab, sich freuend über das Tal. Wenn die Schönheit die über den Wolken schwebenden Throne erreicht hat, wendet sie das Antlitz zurück

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und lächelt der Erde zu. [...] Das Lachen, diese ״ Freude der Überwindung“ , ist Mord oder irdische Gnade. Das Lächeln ist die beflügelte Gnade. Die wohlwollende Schön- heit ist lächelnd. Der Aufstieg ist Bruch und Trennung, der Abstieg ־ Rückkehr und Läuten des Sieges. Jenes ist ״ der Ruhm in den Höhen“, dieses ״־ der Friede au f Erden“ . Der Aufstieg ist das Nein zur Erde, der Abstieg - ״ der sanfte Strahl des geheimnisvollen Ja“. Wir, Erdenkinder, können die Schönheit nur in den Kategorien der irdischen Schönheit wahrnehmen. Die Weltseele ist unsere Schönheit. Folglich gibt es für uns keine Schönheit, wenn das Gebot übertreten ist: ״ Bleib unverändert der Erde treu“ . [״ .]

So bezeichnet die Schönheit, die jedesmal von neuem mit den Gaben des Himmels au f die Erde hinabsteigt, die ewige Verlobung des Geistes mit der Weltseele, indem sie vor uns als sich unaufhörlich erneuerndes Urbild und Gelübde der ökumenischen Verklä- rung erscheint.

19 ״ В этих недрах чреватой ночи, где гнездятся глубинные корни пола, нет разлуки пола.

Если мужественно восхождение и нисхождение отвечает началу женскому, если там лу- чится Аполлон и здесь улыбается Афродита, то хаотическая сфера - область двуполого, мужеженского Диониса. В ней становление соединяет оба пола ощупью темных зачатий.“

(Ivanov 1995:65; ״ In diesen Tiefen der schwangeren Nacht, wo die tiefen Wurzeln des Ge- schlechts nisten, gibt es keine Trennung der Geschlechter. Wenn der Aufstieg und Abstieg mannhaft dem weiblichen Prinzip antwortet, wenn dort Apoll strahlt und hier Aphrodite lächelt, so ist die chaotische Sphäre das Gebiet des doppelgeschlechtlichen, mannweiblichen Dionysos.

In ihm vereinigt das Werden beide Geschlechter durch das Tasten dunkler Empfängnis.“ )

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Obschon Valerij Ja. Brjusov (1873-1924) ־ im Gegensatz zu Ivanov - nicht zur jüngeren Symbolistengeneration zu rechnen ist (vgl. Pyman 1994:231), auf die Solov’evs Philosophie ja bekanntlich einen stärkeren Einfluß ausübte, setzt er sich in dem 1900 entstandenen Artikel Vladimir Solov'ev. Smysl ego poézii (Via- dimir Solov'ev. Der Sinn seiner Dichtung) mit den zentralen Fragen von Solov’evs Sophiologie, insbesondere dem irdischen und göttlichen Aspekt, aus- einander (vgl. Bijusov 1987:250ff.). Implizit findet sich Solov’evs Vorstellung von der All-Einheit aber auch in О iskusstve ( Über die Kunst, 1899), wenn Brju- sov dort die Überwindung der Begrenzung des eigenen Ich für die Rezeption ei- nes Kunstwerks zur Bedingung macht. Denn die geforderte gleichmäßige Betei- ligung von weiblicher Emotio (сердце почувствует) und männlicher Ratio (ум постигает) weist den Kunstgenuß als ganzheitlich gedachten Prozeß aus:

Чтобы истинно наслаждаться искусством, надо учиться и вдумываться и быть живым. Чья душа застыла в ледяном покрове личины, тот не жив, тот не способен чувствовать чувствами других. Кто умер для любви, умер для искусства. Чем глубже ум постигает вселенную и человеческую душу, тем вернее сердце почув- ствует тайну образов или звуков. (Brjusov 1987:42)

Um die Kunst wahrhaft zu genießen, muß man lernen, sowohl sich hineinzudenken als auch lebendig zu sein. Wessen Seele in der eisigen Decke der Maske erstarrt, der ist nicht lebendig, der ist nicht fähig, mit den Empfindungen anderer zu fühlen. Wer fiir die Liebe gestorben ist, ist für die Kunst gestorben. Je tiefer der Verstand das Weltall und die menschliche Seele erfaßt, um so genauer wird das Herz das Geheimnis der Bilder und Laute fühlen.

Brjusov postuliert neben dem Gesetz des Strebens nach Vervollkommnung ein Gesetz des Strebens nach Kontakt, welches eben die Überwindung des eigenen Egoismus erfordert. Niedrigste Stufe des letzteren sei die geschlechtliche Liebe - deutliche Parallelen zu Solov’ev zeigen sich hier also in der Rechtfertigung der körperlichen Liebe -, auf höherem Niveau seien dann die Nächstenliebe und schließlich die Kunst angesiedelt:

Человек, как личность, отделен от других как бы неодолимыми преградами. [...]

Из этого одиночества душа страстно порывается к общению. В единении с друго- ю для нее блаженство. [...] Половая любовь - первое средство общения, единст- венное на низших ступенях бытия; [...] Искусство запечатлевает для земли душу художника; оно удовлетворяет двойной жажде общения: вступить в единение с другим и открыть перед другими тайну своей личности; самого художника ис- кусство ведет к самопознанию. (Brjusov 1987:46f.)

Der Mensch als Persönlichkeit ist durch unüberwindbar scheinende Schranken von den anderen getrennt. [...] Aus dieser Einsamkeit heraus drängt es die Seele leidenschaftlich zum Kontakt. In der Vereinigung mit einer anderen liegt fur sie die Seligkeit. [...] Die geschlechtliche Liebe ist das erste Mittel des Kontakts, und au f den niederen Stufen des Seins das einzige; [...] Die Kunst behält für die Erde die Seele des Künstlers im Ge- dächtnis; sie befriedrigt das zweifache Verlangen des Kontakts: mit dem anderen in eine

Vereinigung zu treten und vor den anderen das Geheimnis seiner Persönlichkeit zu ent- hüllen; den Künstler selbst führt die Kunst zur Selbsterkenntnis.

Radikaler noch als Ivanov und Bijusov stilisiert Andrej Belyj Solov’evs Sophiologie in seinem 1903 geschriebenen Aufsatz Apokalipsis v russkoj poèzii (Die Apokalypse in der russischen Dichtung) zur allgemeingültigen Verpflieh- tung für den russischen Dichter, die darin bestehe, das wahre Gesicht der göttli- chen Sophia zu offenbaren (vgl. Cioran 1977:92). Dabei wird der Grad der Ent- schleierung der göttlichen Wahrheit, die bezogen auf die russische Literatur ihren Beginn mit dem Schaffen Aleksandr S. Puškins (1799-1837) und Michail Ju.

Lermontovs (1814-1841) genommen habe, zum qualitativen Maßstab der Dich- tung erhoben:

Развитие русской поэзии от Пушкина до наших дней сопровождается троякой пе- ременой ее первоначального облика. Три покрова срываются с лица русской му- зы, три опасности грозят Ее появлению. Первый покров срывается с пушкинской музы; второй ־ с музы Лермонтова; совлечение третьего покрова влечет за собой явление Вечной Жены. Два русла определенно намечаются в русской поэзии. Од- но берет свое начало от Пушкина. Другое ־ от Лермонтова. Отношением к тому или иному руслу определяется характер поэзии Некрасова, Тютчева, Фета, Вл.

Соловьева, Брюсова и, наконец, Блока. Эти имена и западают глубоко в нашу ду- шу: талант названных поэтов совпадает с провиденциальным положением их в об- щей системе развития национального творчества. Поэт, не занятый разгадкой тайн пушкинского или лермонтовского творчества, не может нас глубоко взвол- новать. (Belyj 1994b;411)

Die Entwicklung der russischen Dichtung ist von Puškin an bis in unsere Tage hinein von einer dreifachen Veränderung ihres ursprünglichen Aussehens begleitet. Drei Hül- len reißen sich vom Antlitz der russischen Muse los, drei Gefahren drohen Ihrem Er*

scheinen. Die erste Hülle reißt sich seit der Puškinschen Muse los, die zweite seit der Muse Lermontovs; das Entfernen der dritten Hülle zieht die Erscheinung der Ewigen Frau nach sich. Zwei Richtungen zeichnen sich in der russischen Dichtung klar ab. Eine nimmt ihren Anfang von PuSkin aus, die andere von Lermontov. Durch das Verhältnis zu der einen oder anderen Richtung ist der Charakter der Dichtung Nekrasovs, Tjutčevs, Fets, VI. Solov’evs, Brjusovs und schließlich Bloks bestimmt. Diese Namen prägen sich auch tief in unsere Seele ein: das Talent der genannten Dichter entspricht ihrer heraus- ragenden Stellung im gesamten System der Entwicklung des nationalen Schaffens. Ein Dichter, der die Enträtselung der Geheimnisse des Puškinschen und Lermontovschen Schaffens nicht übernimmt, kann uns nicht tief bewegen.

Der wohl bekannteste Reflex auf Solov’evs Sophiologie findet sich in den Stichi о Prekrasnoj dame (Gedichte über die Schöne Dame; 1904) Aleksandr Bloks, der sich aber auch theoretisch - in seinen Aufsätzen Rycar’-monach (1910) und Vladimir Solov’ev i nasi dni (Vladimir Solov’ev und unsere Tage;

1920) - mit Solov’evs Anschauungen auseinandersetzte. Von der

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sehen Kritik bald als Nachfolger Solov’evs betrachtet20, hat Blok zur Verbreitung eines neuen Madonnenkults in der russischen Lyrik beigetragen (vgl. Cioran 1977:139; 142). Eine so überaus starke Dominanz des Weiblichen, wie sie im gesamten Schaffen Bloks auszumachen ist, findet sich bei anderen Dichtem kaum. Vielfach wurde festgestellt, daß gerade auch der Umschwung im Denken Bloks, die langsam erwachenden Zweifel an der Mystik Solov’evs an einem Wechsel der Symbolfiguren des Weiblichen abzulesen ist. Die ״Schöne Dame“

(Sophia) entwickelt sich allmählich zur ״Unbekannten“ (Weltseele) (vgl. Kluge 1967:54, 63). Tomas Venclova erkennt beim späten Blok sogar eine Synthese beider weiblichen Pole im Bild Rußlands (vgl. Terras 1985:56).21

2.5. Die Funktion der Sophiologie

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