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6.1 Kurzfristige Wirksamkeit des Trainings

6.1.2 Trainingseffekte im Elternurteil

Um Aussagen zur kurzfristigen Wirksamkeit des Trainings aus Sicht der Eltern treffen zu können, wurde überprüft, ob die Kinder der Interventionsgruppe unmittelbar nach dem Training (2. Messzeitpunkt) im Elternurteil einerseits eine stärkere Reduktion der Angst-symptomatik (Hypothese 1a) und andererseits eine stärkere Reduktion der komorbiden depressiven Symptomatik (Hypothese 1b) aufweisen als die Kinder der Wartekontroll-gruppe. Zur Erfassung der ängstlichen Symptomatik aus Sicht der Eltern wurde der Fremd-beurteilungsbogen Angststörungen (FBB-ANG), zur Erfassung der komorbiden depressiven

aus dem Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-IV (DISYPS-KJ; Döpfner & Lehmkuhl, 2000) eingesetzt. Für die Datenauswertung wurde bei beiden Fremdbeurteilungsbogen nur die Einschätzung des Schweregrades berücksichtigt. Auf die Einschätzung der Problemstärke wurde verzichtet, weil die Ein-schätzungen von Schweregrad und Problemstärke in der vorliegenden Arbeit sehr hohe Korrelationen aufweisen (vgl. Anhang 2).

Angstsymptomatik

Die Mittelwerte und Standardabweichungen des Elternurteils auf den Skalen des Fremd-beurteilungsbogens Angststörungen (FBB-ANG) sind getrennt für den ersten und zweiten Messzeitpunkt sowie für die Interventionsgruppe und die Wartekontrollgruppe in Tabelle 24 dargestellt.

Tabelle 24: Mittelwerte und Standardabweichungen der Angstsymptomatik im Elternurteil auf den Skalen des DISYPS-KJ-Fremdbeurteilungsbogens Angststörungen (FBB-ANG)

1. Messzeitpunkt 2. Messzeitpunkt

Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe

Eltern M (SD) M (SD) M (SD) M (SD)

FBB-ANG (n = 14) (n = 11) (n = 14) (n = 11)

TREN 0.69 (0.66) 0.63 (0.32) 0.34 (0.60) 0.55 (0.41)

GEN 1.27 (0.75) 1.17 (0.57) 0.84 (0.81) 1.08 (0.55)

SOZ 1.96 (0.82) 1.66 (0.62) 1.21 (0.93) 1.61 (0.64)

SPEZ 0.81 (0.74) 0.61 (0.46) 0.53 (0.61) 0.70 (0.63)

ANG 1.13 (0.49) 0.98 (0.27) 0.69 (0.59) 0.94 (0.36)

Anmerkungen: TREN = Trennungsangst; GEN = Generalisierte Angst; SOZ = Soziale Phobie; SPEZ = Spezifische Phobie; ANG = Gesamtskala Angststörungen.

Bei genauerer Betrachtung lässt sich bereits deskriptiv feststellen, dass sich die Werte der Interventionsgruppe (mit Training) auf den Skalen des FBB-ANG zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt verbessern, während die Werte der Wartekontrollgruppe (ohne Training) auf denselben Skalen stagnieren. Um zwischen den beiden Gruppen bestehende Unterschiede auch statistisch absichern zu können, wurden univariate, einfaktorielle Kovarianzanalysen mit dem Faktor „Gruppenzugehörigkeit“ und den Prätestwerten als Kovariaten durchgeführt (vgl. Tabelle 25).

Tabelle 25: Mittelwerte und Standardabweichungen der Angstsymptomatik im Elternurteil zum zweiten Messzeitpunkt sowie Ergebnisse der Kovarianzanalysen auf den Skalen des DISYPS-KJ-Fremdbeurteilungsbogens Angststörungen (FBB-ANG)

Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe ANCOVA b Eltern M (SD) M (adjust.) a M (SD) M (adjust.) a F K2p

FBB-ANG (n = 14) (n = 11)

TREN 0.34 (0.60) 0.33 0.55 (0.41) 0.57 2.31 .10

GEN 0.84 (0.81) 0.80 1.08 (0.55) 1.12 3.34 .13

SOZ 1.21 (0.93) 1.12 1.61 (0.64) 1.73 5.24 * .19

SPEZ 0.53 (0.61) 0.47 0.70 (0.63) 0.77 2.54 .10

ANG 0.69 (0.59) 0.64 0.94 (0.36) 1.02 6.45 * .23

Anmerkungen: TREN = Trennungsangst; GEN = Generalisierte Angst; SOZ = Soziale Phobie; SPEZ = Spezifische Phobie; ANG = Gesamtskala Angststörungen; a Mittelwerte wurden an Prätest-Unterschiede angepasst; b Daten des ersten Messzeitpunkts dienten als Kovariate; * p < .05; ** p < .01; Effektstärke K2p einge-teilt nach Cohen (1988): K2p = .01 (schwacher Effekt); K2p = .06 (mittlerer Effekt); K2p = .14 (starker Effekt).

Im Elternurteil zur Angstsymptomatik ergibt sich zum zweiten Messzeitpunkt ein signifi-kanter Haupteffekt „Gruppenzugehörigkeit“ für die Skala „Soziale Phobie“ und für die Gesamtskala „Angststörungen“ (vgl. Abbildung 4). Unter Berücksichtigung der vor dem Training bestehenden Gruppenunterschiede weisen die Kinder der Interventionsgruppe unmittelbar nach dem Training auf beiden Skalen signifikant niedrigere Werte auf als die Kinder der Wartekontrollgruppe. Diese Gruppenunterschiede erreichen das Ausmaß großer Effekte. Für die Skalen „Trennungsangst“, „Generalisierte Angst“ und „Spezifische Phobie“ ergibt sich bei der kovarianzanalytischen Auswertung kein signifikanter Haupt-effekt „Gruppenzugehörigkeit“, d. h. die Skalenmittelwerte der beiden Gruppen unter-scheiden sich zum zweiten Messzeitpunkt nicht signifikant voneinander. Die Effektstärken für diese Gruppenunterschiede erreichen dennoch ein mittleres Ausmaß.

Mit den zusätzlich durchgeführten Mann-Whitney-U-Tests auf der Basis standardisierter Residuen wurden die Ergebnisse der univariaten Kovarianzanalysen weitgehend bestätigt (vgl. Anhang 3). Allerdings weisen die Kinder der Interventionsgruppe hier zum zweiten Messzeitpunkt nicht nur auf der Skala „Soziale Phobie“ und auf der Gesamtskala

„Angststörungen“, sondern auch auf den Skalen „Trennungsangst“ und „Spezifische Pho-bie“ signifikant niedrigere Werte auf als die Kinder der Wartekontrollgruppe. Dabei werden für die Skalen „Trennungsangst“ und „Spezifische Phobie“ mittlere Effekte, für die Skala

0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00

Prätest Posttest

Skalenmittelwert

Messzeitpunkte Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe

0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00

Prätest Posttest

Skalenmittelwert

Messzeitpunkte Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe

Abbildung 4: Mittelwerte der Angstsymptomatik im Elternurteil vor und nach dem Trai-ning auf der Skala „Soziale Phobie“ (links) und auf der Gesamtskala „Angststörungen“

(rechts) des DISYPS-KJ-Fremdbeurteilungsbogens Angststörungen (FBB-ANG)

Skala „Generalisierte Angst“ lässt sich mit beiden statistischen Verfahren kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen feststellen.

Für die Interpretation der Skalenmittelwerte des FBB-ANG werden die von Döpfner und Kollegen (2008) in Form von Prozenträngen veröffentlichten DISYPS-II-Normen heran-gezogen. Die Autoren schlagen vor, Prozentrangwerte unter 90 als unauffällig, zwischen 90 und 96 als klinisch auffällig und über 96 als klinisch sehr auffällig zu bewerten. Ein Ver-gleich mit diesen Normwerten zeigt, dass die Mittelwerte beider Gruppen auf den Skalen

„Generalisierte Angst“, „Soziale Phobie“ und „Spezifische Phobie“ zum ersten punkt (Prätest) im auffälligen bis sehr auffälligen Bereich liegen. Zum zweiten Messzeit-punkt (Posttest) haben sich die Mittelwerte auf diesen Skalen in der Interventionsgruppe (teilweise signifikant) reduziert, befinden sich aber noch im auffälligen Bereich bzw. im Grenzbereich zwischen unauffälligen und auffälligen Werten. Die Skalenmittelwerte der Wartekontrollgruppe wurden zum zweiten Messzeitpunkt wiederholt als auffällig bis sehr auffällig eingestuft. Die Mittelwerte auf der Skala „Trennungsangst“ liegen vor dem Trai-ning (1. Messzeitpunkt) für beide Gruppen im Grenzbereich zwischen unauffälligen und auffälligen Werten; sie haben sich unmittelbar nach dem Training (2. Messzeitpunkt) so weit reduziert, dass sie für beide Gruppen im unauffälligen Bereich liegen. Darüber hinaus deuten die DISYPS-II-Normen bereits an, dass vor dem Training auch die Mittelwerte auf

der Gesamtskala „Angststörungen“ bei beiden Gruppen im sehr auffälligen Bereich liegen.

Während sich die Angstsymptomatik in der Interventionsgruppe durch die Trainingsteil-nahme signifikant reduziert und einen Skalenmittelwert im Grenzbereich zwischen unauf-fälligen und aufunauf-fälligen Werten erreicht, liegt der Skalenmittelwert der Wartekontrollgruppe auch zum zweiten Messzeitpunkt noch im auffälligen bis sehr auffälligen Bereich. Eine Übersicht über die Veränderung der klinischen Auffälligkeit innerhalb der beiden Gruppen zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt kann Anhang 4 entnommen werden.

Bezüglich der Verwendung der Normen geben Döpfner und Kollegen (2008) zu bedenken, dass die Normwerte bei einigen Selbst- und Fremdbeurteilungsbogen in bestimmten Altersgruppen extrem schief verteilt sind, so dass bereits bei geringen Skalenmittelwerten hohe Prozentrangwerte erzielt und damit die Angaben der Beurteiler als auffällig einge-schätzt werden. Somit können diese Normwerte nur orientierende Bewertungshilfen sein.

Eine weitere Einschränkung erfährt die Anwendung der Normen in der vorliegenden Arbeit dadurch, dass der Fremdbeurteilungsbogen Angststörungen und dadurch auch die Gesamtskala „Angststörungen“ um zwei Items des Störungsbereichs Zwangsstörungen ergänzt wurde. Da sich die DISYPS-II-Normen auf die veränderte Gesamtskala „Angst- und Zwangsstörungen“ beziehen, sind sie hier nur eingeschränkt aussagekräftig.

In der Interventionsgruppe gaben vor dem Training 28.6 % der Eltern an, dass ihre Kinder gar nicht oder nur ein wenig unter den von ihnen beschriebenen Problemen leiden würden, während 71.4 % der Eltern erklärten, dass ihre Kinder ziemlich oder sehr leiden würden. In der Wartekontrollgruppe teilten die Eltern dagegen mit, dass 63.6 % ihrer Kinder gar nicht oder nur ein wenig und 36.4 % ihrer Kinder ziemlich oder sehr unter den genannten Prob-lemen leiden würden. Während sich der Leidensdruck der Kontrollgruppenkinder in der Wartezeit nicht veränderte (2. Messzeitpunkt: 63.6 % gar nicht oder ein wenig; 36.4 % ziemlich oder sehr), verringerte sich der Leidensdruck der Kinder in der Interventions-gruppe deutlich: Unmittelbar nach dem Training teilten 78.6 % der Eltern mit, dass ihre Kinder gar nicht mehr oder nur noch ein wenig unter den ursprünglichen Problemen lei-den würlei-den, während 21.4 % der Eltern angaben, dass ihre Kinder immer noch ziemlich oder sehr leiden würden.

In der Interventionsgruppe waren die Beziehungen zu anderen Menschen und/oder die schulische Leistungsfähigkeit – laut Elternurteil – vor dem Training bei 14.3 % der Kinder

In der Wartekontrollgruppe wurden 27.3 % der Kinder von ihren Eltern als gar nicht oder ein wenig und 72.7 % der Kinder als ziemlich oder sehr beeinträchtigt beurteilt. Unmittel-bar nach dem Training waren die Beziehungs- und Leistungsfähigkeit in der Interventions-gruppe bei 64.3 % der Kinder gar nicht mehr oder nur noch ein wenig, bei 35.7 % der Kinder immer noch ziemlich oder sehr beeinträchtigt. Aber auch in der Wartekontroll-gruppe (ohne Training) verbesserten sich während der Wartezeit die Beziehungen zu ande-ren Menschen und/oder die schulische Leistungsfähigkeit geringfügig (2. Messzeitpunkt:

54.5 % gar nicht oder ein wenig; 45.5 % ziemlich oder sehr).

Depressive Symptomatik

Die Mittelwerte und Standardabweichungen des Elternurteils auf den Skalen des Fremd-beurteilungsbogens Depressive Störungen (FBB-DES) sind getrennt für den ersten und zweiten Messzeitpunkt sowie für die Interventionsgruppe und die Wartekontrollgruppe in Tabelle 26 dargestellt. Aus dieser Tabelle wird bereits ersichtlich, dass sich die Werte der Interventionsgruppe (mit Training) auf den Skalen des FBB-DES zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt leicht verbessern; eine vergleichbare Verbesserung der Werte zeigt sich allerdings auch in der Wartekontrollgruppe (ohne Training).

Tabelle 26: Mittelwerte und Standardabweichungen der Depressiven Symptomatik im Elternurteil auf den Skalen des DISYPS-KJ-Fremdbeurteilungsbogens Depressive Störun-gen (FBB-DES)

1. Messzeitpunkt 2. Messzeitpunkt

Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe

Eltern M (SD) M (SD) M (SD) M (SD)

FBB-DES (n = 14) (n = 11) (n = 14) (n = 11)

DEP 0.74 (0.45) 0.83 (0.29) 0.46 (0.52) 0.62 (0.27)

SOM 0.64 (0.52) 0.48 (0.28) 0.40 (0.48) 0.40 (0.28)

DYS 0.85 (0.61) 0.94 (0.39) 0.59 (0.73) 0.75 (0.37)

DYST 0.90 (0.59) 0.98 (0.36) 0.55 (0.62) 0.72 (0.29)

DES 0.74 (0.47) 0.84 (0.35) 0.49 (0.56) 0.64 (0.30)

Anmerkungen: DEP = Depressive Symptome; SOM = Somatisches Syndrom; DYS = Dysthymia (ICD-10);

DYST = Dysthyme Störung (DSM-IV); DES = Gesamtskala Depressive Störungen.

Zwischen Interventionsgruppe und Wartekontrollgruppe bestehende Unterschiede wurden anhand univariater, einfaktorieller Kovarianzanalysen mit dem Faktor „Gruppenzugehörig-keit“ und den Prätestwerten als Kovariaten überprüft (vgl. Tabelle 27).

Tabelle 27: Mittelwerte und Standardabweichungen der Depressiven Symptomatik im Elternurteil zum zweiten Messzeitpunkt sowie Ergebnisse der Kovarianzanalysen auf den Skalen des DISYPS-KJ-Fremdbeurteilungsbogens Depressive Störungen (FBB-DES)

Interventionsgruppe Wartekontrollgruppe ANCOVA b Eltern M (SD) M (adjust.) a M (SD) M (adjust.) a F K2p

FBB-DES (n = 14) (n = 11)

DEP 0.46 (0.52) 0.49 0.62 (0.27) 0.58 0.55 .03

SOM 0.40 (0.48) 0.36 0.40 (0.28) 0.45 0.41 .02

DYS 0.59 (0.73) 0.63 0.75 (0.37) 0.70 0.19 .01

DYST 0.55 (0.62) 0.57 0.72 (0.29) 0.69 0.68 .03

DES 0.49 (0.56) 0.53 0.64 (0.30) 0.60 0.30 .01

Anmerkungen: DEP = Depressive Symptome; SOM = Somatisches Syndrom; DYS = Dysthymia (ICD-10);

DYST = Dysthyme Störung (DSM-IV); DES = Gesamtskala Depressive Störungen; a Mittelwerte wurden an Prätest-Unterschiede angepasst; b Daten des ersten Messzeitpunkts dienten als Kovariate; * p < .05; ** p < .01;

Effektstärke K2p eingeteilt nach Cohen (1988): K2p = .01 (schwacher Effekt); K2p = .06 (mittlerer Effekt); K2p = .14 (starker Effekt).

Im Elternurteil zur komorbiden depressiven Symptomatik ergibt sich zum zweiten Mess-zeitpunkt kein signifikanter Haupteffekt „Gruppenzugehörigkeit“, weder für die vier Skalen

„Depressive Symptome“, „Somatisches Syndrom“, „Dysthymia“ und „Dysthyme Störung“

noch für die Gesamtskala „Depressive Störungen“. Die Skalenmittelwerte der beiden Gruppen unterscheiden sich unmittelbar nach dem Training nicht signifikant voneinander.

Die Effektstärken liegen für alle Skalen im niedrigen Bereich.

Mit den zusätzlich durchgeführten Mann-Whitney-U-Tests auf der Basis standardisierter Residuen wurden die Ergebnisse der univariaten Kovarianzanalysen ausnahmslos bestätigt (vgl. Anhang 3). Auch die Ergebnisse der Mann-Whitney-U-Tests zeigen, dass sich die bei-den Gruppen hinsichtlich ihrer komorbibei-den depressiven Symptomatik zum zweiten Mess-zeitpunkt auf keiner Skala des FBB-DES signifikant voneinander unterscheiden.