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Suppression kommt. Es folgt eine moderate Phase mit einem Abfallen der HDV Replikation und einer Reaktivierung der HBV Replikation. In der dritten und letzten Phase kommt es zur Entwicklung von Spätschäden, wie Leberzirrhose und später auch das Hepatozelluläre Karzinom. Trotz positiver Entwicklungen in den letzen Jahren zeigt eine HDV Superinfektion schwerere Verläufe der Lebererkrankung als es bei einfachen Hepatitis B Monoinfektionen der Fall ist. Denn die Mortalitätsrate von HDV Patienten liegt zwischen 2 und 20%. Sie ist mithin etwa 10 Mal höher als bei Monoinfizierten (Purcell and Gerin 1996).

3.5

Die Therapie einer Hepatitis D

Aufgrund des einzigartigen Replikationszyklus des Virus und fehlender viraler Enzyme, wie z.B. einer Virus-spezifischen Polymerase, wird die Therapie einer Hepatitis D zu einer großen Herausforderung. Es wurden derzeit noch keine HDV-spezifischen Inhibitoren entwickelt und die Medikamente, die erfolgreich bei einer Hepatitis B eingesetzt werden, haben keinen oder nur einen geringen Effekt auf die Replikation des Hepatitis D Virus gezeigt. Dieser Umstand lässt sich damit erklären, dass die einzige Hilfe, die das Hepatitis B Virus dem Deltavirus zukommen lässt, die Hülle, das HBsAg, ist. Das HBsAg wird allerdings bei den meisten HBV Patienten ausreichend gebildet, auch wenn die Replikation des Hepatitis B Virus sich auf einem niedrigen Niveau befindet. Eine Senkung der HBV Replikation führt folglich nicht automatisch zur einer Senkung der HBsAg Synthese und damit auch nicht zu einer Senkung der HDV Replikation. Dem ist zu entnehmen, dass eine erfolgreiche HDV Therapie die HBsAg Synthese deutlich inhibieren müsste. Dies ist allerdings bei den derzeitigen Therapien der HBV Infektion nicht der Fall.

Sämtliche Studien über den Einsatz von Nukleosidanaloga bei einer Hepatitis D haben kein erfolgreiches Ansprechen ergeben. Weder Famciclovir (Yurdaydin, Bozkaya et al. 2002) noch Ribavirin (Niro, Rosina et al. 2005) oder Lamivudin (Niro, Ciancio et al. 2005) führten bei den Hepatitis D Patienten zu einem virologischen Ansprechen. Allerdings sollte eine mögliche Therapie mit Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga bei Patienten in Betracht gezogen werden, die eine hohe HBV Replikation aufweisen. Neben der Behandlung der Hepatitis D ist es unabdingbar, die Hepatitis B ebenso konsequent zu therapieren. Eine Therapieindikation besteht bei einer HBV-DNA von 2000 IU/ml oder entsprechend bei ca. 10.000 Kopien/ml.

Ebenso wie die Nukleosidanaloga keinen signifikanten Effekt auf die Hepatitis D erkennen

ließen, haben auch immunmodulatorische Medikamente, wie beispielsweise Steroide, Thymosin, Levamisole keinen erkennbaren positiven Effekt auf die Hepatitis D gezeigt (Niro, Rosina et al. 2005). Ein im Mausmodell bereits positiv getesteter neuer Therapieansatz liegt in der Inhibition der posttranslationalen Prenylierung des HD-Ag-L. Diese Prenylierung ist für das korrekte Virus-Assembly unabdingbar. Dies ist der erste Therapieansatz, der gezielt in den Replikationszyklus des Hepatitis D Virus eingreift. Im Mausmodell konnten bereits erste erfolgreiche Tests, die eine praktische Realisierbarkeit zeigen, durchgeführt werden. Dies könnte für die Zukunft eine sehr viel versprechende Therapieoption bei Hepatitis D werden (Bordier, Ohkanda et al. 2003).

Die einzige aktuelle Therapieoption bei einer chronischen Hepatitis D besteht in der Gabe von alpha-Interferonen. Dies ist auch zugleich die einzige Therapie, die bei chronischen HDV Infektionen zugelassen ist. Sie wurden seit Mitte der 1980iger in zahlreichen kleinen Pilotstudien eingesetzt (Rizzetto, Rosina et al. 1986; Rosina, Saracco et al. 1987; Craxi, Di Marco et al. 1991; Lau, King et al. 1993; Madejon, Cotonat et al. 1994). Es zeigte sich allerdings große Diskrepanz zwischen den verschieden Studien. Die Ansprechraten, mit einer Normalisierung der Transaminasen, lagen zwischen 0% und 36%. Weiterhin wurden nur sehr wenige randomisierte Studien, die mehr als 20 Patienten einschlossen, durchgeführt.

Schließlich war die Testung der HDV-RNA als Endpunkt nur eine Ausnahme. Die Therapie mit alpha-Interferonen kann aber dennoch in einigen Fällen durchaus sehr effektiv sein.

Allerdings ist die Rate der Rückfälle sehr hoch. Außerdem ist die Effektivität der Therapie proportional mit der Höhe der Dosis und der Dauer Interferon Gabe. Patienten, die mit neun Millionen Einheiten für 12 Monate therapiert worden, zeigten ein signifikant besseres Ansprechen auf die Therapie als Patienten, die nur drei Millionen Einheiten bekamen. Sie zeigten eine Normalisierung der Alaninaminotransferase (ALT) in 71% der Fälle und bei einem follow-up sechs Monate nach Beendigung der Therapie hatten immer noch 50% der Patienten normale ALT-Werte (Farci, Mandas et al. 1994). Obwohl bei allen Patienten HDV-RNA noch nachweisbar war, war die Virämie bei den Patienten, die eine höhere Dosis an Alpha-Interferon bekamen, deutlich niedriger als in der Vergleichsgruppe mit einer geringeren Dosis. Außerdem hatten die Patienten, die eine höhere Dosis an Interferon bekamen, trotz Ausbleiben einer Negativierung der HDV-RNA einen deutlichen Überlebensvorteil gegenüber Patienten, die keine Therapie bekamen (Farci, Roskams et al.

2004).

Eine weitere Alternative, die im Moment Gegenstand mehrer Studien ist, ist die Gabe von pegyliertem Interferon alpha. Die Studien von Castelnau et al. und Niro et al. brachten erste Ergebnisse von pegyliertem Interferon alpha als Therapieoption bei einer Hepatitis D. Die Therapie wird von den Patienten toleriert und zeigt positive Effekte auf die Entwicklung der Hepatitis D. Dies obwohl die meisten Patienten vorher nicht auf eine Therapie mit Interferon alpha angesprochen haben. Castelnau et al. gaben 14 Patienten, die an einer chronische Hepatitis D litten, PEG-IFN-alpha 2b über 12 Monate 1,5 μg/kg einmal pro Woche. Bei 8 von 14 Patienten war nach Beendigung der Therapie keine HDV-RNA mehr nachweisbar und bei 6 Personen war auch keine RNA mehr im follow-up detektierbar (Castelnau, Le Gal et al.

2006). Niro et al verglichen in einer kontrollierten randomisierten Studie die Effektivität und die Sicherheit von pegyliertem Interferon alpha allein (1,5μg/kg/Woche) über 72 Wochen bei 16 Patienten mit einer Kombinationstherapie aus PEG-INF-alpha und Ribavirin (800 μg/Tag) über 48 Wochen gefolgt von einer PEG-INF-alpha Monotherapie für 24 Wochen. Die Kombinationstherapie erhielten 22 Patienten. Am Ende der Behandlung konnte bei 3 von 16 Patienten, die eine Monotherapie erhielten, keine HDV-RNA mehr nachgewiesen werden. Bei der Kombinationstherapie war bei 2 Patienten keine HDV-RNA mehr detektierbar. Die Kombination mit Ribavirin zeigt keinen zusätzlichen Effekt und sollte daher auch nicht routinemäßig in der Therapie von Hepatitis D Patienten eingesetzt werden. Als Standardtherapie empfiehlt sich nach den ersten Studien das pegylierte Interferon alpha.

Allerdings sollten noch weitere Studien folgen, die dies einwandfrei belegen (Niro, Ciancio et al. 2006).

Für Patienten, die an einer schweren Leberzirrhose leiden, stellt die Lebertransplantation eine mögliche Therapieoption dar. Die Langzeitüberlebensraten sind in diesen Fällen im Vergleich zu vielen anderen Indikationen für eine Transplantation sehr gut. Durch den aktuellen Standard einer Reinfektionsprophylaxe mit der Gabe von anti-HBsAg Antikörpern und antiviralen Substanzen (Lamivudin oder Adefovir) treten HBV-Reinfektion und damit einhergehend HDV Reinfektion nach Transplantation praktisch bis auf wenige Ausnahmefälle nicht mehr auf (Rosenau, Bahr et al. 2001).

Zusammenfassend gibt zurzeit mehrere Ansätze in der Behandlung einer Hepatitis D, doch bisher lieferten sie noch keine zufrieden stellende Ergebnisse. Es sollten auch weiterhin große Anstrengungen unternommen werden, um eine geeignete und wirkungsvolle Therapie für HDV-infizierte Patienten zu finden.

4. Fragestellung

Die Hepatitis D betrifft in Deutschland nach wie vor mehrere zehntausend Patienten, die zum Teil sehr schwere Verläufe der Erkrankung aufweisen. Auch die Einführung der flächendeckenden Impfung gegen HBV hat nicht zu einem Verschwinden der Krankheit geführt. Die Therapieoptionen der HDV Infektion sind begrenzt, letztlich stellt die Lebertransplantation die einzig wirklich kurative Behandlung dar. Für Mitteleuropa liegen jedoch nur sehr wenige Daten vor, die HDV-infizierte Patienten näher charakterisiert haben.

Insbesondere sind die zum Teil komplexen virologischen Profile sowie die Migrationshintergründe der Betroffenen bisher nicht berücksichtigt worden.

Ziele der vorliegenden Arbeit waren daher:

1. Die Häufigkeit von Hepatitis D Virusinfektionen bei HBsAg-positiven Menschen an einem tertiären Zentrum wie der Medizinischen Hochschule Hannover über einen Zeitraum von 13 Jahren zu ermitteln. Hier sollte insbesondere untersucht werden, ob die Prävalenz der HDV Infektionen ähnlich wie in Südeuropa auch in Deutschland rückläufig ist.

2. Den Migrationshintergrund der HDV-infizierten Menschen zu bestimmen, um mögliche Risikogruppen für eine HDV Infektion näher charakterisieren zu können. Es gibt bisher keine Studien, die türkische, osteuropäische und deutsche Hepatitis D Patienten direkt miteinander verglichen haben.

3. Den Nutzen verschiedener Scoringsysteme zur Bestimmung der Aktivität und des Stadiums von Hepatitiden bei HDV Infizierten zu evaluieren und die Frequenz von fortgeschrittener Lebererkrankungen in unserem Kollektiv zu bestimmen.

4. Die viralen Dominanzen von HBV, HCV und HDV Infektionen bei Mehrfachinfektionen zu bestimmen und hieraus mögliche therapeutische Implikationen herzuleiten. Hier sollte insbesondere auch der Aussagewert einer quantitativen HBsAg Bestimmung als neuen serologischen Marker bei HBV Infizierten mit berücksichtigt werden, da quantitative HBsAg Werte bei Hepatitis D Patienten bisher praktisch nicht untersucht worden waren.

5. Patientenkohorte

Wir untersuchten die Daten von 2363 HBsAg positiven Patienten, die sich dem Zeitraum zwischen 1992 und April 2006 an der Medizinischen Hochschule Hannover vorstellten.

Die Patienten wurden entweder zur ambulanten Vorstellung zu uns überwiesen oder wurden aufgrund ihrer Hepatitis stationär betreut. Bei allen Patienten wurde in unserer Hepatitis Serologie das HBsAg nachgewiesen. Von den 2363 HBsAg-positiven Patienten wurden 258 Patienten positiv auf eine HDV Infektion getestet. Es konnte bei ihnen entweder anti-HDV-Antikörper oder HDV-RNA nachgewiesen werden.

Wir erhoben die serologischen, biochemischen und klinischen sowie die sozialen Daten der 258 Hepatitis D Patienten zum Zeitpunkt ihrer Erstvorstellung in der Medizinischen

Hochschule Hannover.

Es konnten von allen 258 HDV Infizierten die serologischen Daten ermittelt werden. Von 142 Patienten konnte das Herkunftsland und von 140 Hepatitis D Patienten konnten die

biochemischen und klinischen Daten erhoben werden.

Die retrospektiv erhobenen Daten haben wir miteinander verglichen und mit den üblichen statistischen Methoden auf signifikante Unterschiede geprüft.

6. Manuskript

“Virological and Clinical characteristics of delta hepatitis in Central Europe”

J Viral Hepat. 2009 Dec;16(12):883-94. Epub 2009 Jun 28.

“Hepatitis D Virus Infection – not a vanishing disease in Europe!”

Hepatology. 2007 May;45(5):1331-2; author reply 1332-3

7. Zusammenfassung

In einem Zeitraum von 15 Jahren konnten wir an der Medizinischen Hochschule Hannover retrospektiv 2363 Patienten identifizieren, die positiv auf HBsAg getestet wurden. Von diesen 2363 Patienten wurden 2349 (99%) auf eine mögliche HDV Infektion hin untersucht wobei sich bei 258 Patienten anti-HDV Antikörper nachweisen ließen.

Wir analysierten bei den 258 Hepatitis D Patienten die virologischen und klinischen Parameter zum Zeitpunkt der Erstvorstellung an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Von 142 Patienten konnten wir Informationen über ihr Herkunftsland erheben.

Patienten mit HDV Infektion waren signifikant seltener HBeAg-positiv als HBV Monoinfizierte (17% vs. 30%, p<0,001). Ebenso war HBV-DNA bei den Patienten mit einer Hepatitis D deutlich seltener positiv als in der Kontrollgruppe. Beide Befunde sprechen für eine Suppression der HBV Replikation durch eine HDV Infektion. Damit einhergehend waren die quantitativen HBV-DNA Werte im Mittel niedriger bei HDV Infizierten. Die quantitativen HBsAg Werte unterschiedenen sich nicht signifikant zwischen HDV positiven und negativen HBsAg positiven Patienten. Allerdings war die Ratio HBsAg/HBV-DNA bei den HDV positiven Patienten deutlich höher als in der Gruppe der Patienten, die anti-HDV-negativ waren. Diese klinisch-virologischen Ergebnisse zeigen virale Interaktionen zwischen beiden Viren an, wobei vornehmlich das Hepatitis D Virus dominant ist.

Interessanterweise ist aber die Suppression der HBV Replikation nicht direkt abhängig von der HDV Replikation, was die Hypothese sekundärer immunologischer Mechanismen als Hauptursache für die Suppression unterstützt. In unserer Kohorte gab es keinen Unterschied zwischen HDV-RNA-positiven und -negativen Hepatitis D Patienten sowohl bezüglich den HBsAg und HBV-DNA Spiegeln als auch in der Häufigkeit von HBeAg positiven Befunden.

In etwa einen Drittel unserer Kohorte konnte neben der HDV/HBV Infektion zusätzlich eine Infektion mit dem Hepatitis C Virus festgestellt werden. Damit waren deutlich mehr anti-HDV positive Patienten HCV infiziert als in der Gruppe der HBV Monoinfizierten (7%).

Passend zu den Befunden eines dominierenden Hepatitis D Virus zeigte sich auch hier eine deutliche Suppression der HCV Replikation. Bei 84% der dreifach infizierten Patienten konnte eine Suppression der HCV Replikation festgestellt werden während dies nur bei 43%

der HBV/HCV Infizierten der Fall war. Wiederum war der suppressive Effekt der Deltahepatitis nicht direkt mit der HDV Replikation assoziiert. Vergleicht man HDV-RNA

positive und HDV-RNA negative Patienten, stellt man fest, dass der Anteil an HCV-RNA positiven Patienten in beiden Gruppen etwa identisch ist, so dass eine direkte Hemmung der HCV Replikation in Abhängigkeit der HDV Replikation unwahrscheinlich ist.

Bezüglich des Stadium der Lebererkrankung wäre zu erwarten gewesen, dass Patienten, die eine Dreifachinfektion haben, fortgeschrittenere Lebererkrankungen zeigen würden als Patienten, die nur mit HBV oder mit HCV alleine infiziert waren. Entsprechend hatten Trippelinfizierten hatten auch deutlich häufiger ALT Werte über dem fünffachen der Norm als HDV Infizierte ohne zusätzliche HCV Infektion (27% vs. 9%). Überraschenderweise zeigten die Hepatitis D Patienten mit zusätzlicher HCV Infektion jedoch höhere Thrombozytenwerte und niedrige AST/ALT Quotienten, was im Allgemeinen mit einem früheren Stadium der Leberfibrose/ -zirrhose assoziiert ist. Dieser überraschende Befund stellt die Erwartung in Frage, dass eine Infektion mit HBV/ HDV und HCV in jeden Fall einen schwerwiegenderen Verlauf nimmt als Infektionen mit nur einem Virus. größten Teil der Patienten war allerdings kein eindeutiger Infektionsweg festzustellen. Dies galt vor allem für Patienten mit einem Migrationshintergrund.

Des Weiteren konnten wir zeigen, dass die Prävalenz der Hepatitis D innerhalb von HBsAg-positiven Individuen im Zeitraum von 1992 bis 1997 von 18,6% auf 6,8% abgefallen ist (Wedemeyer, Heidrich et al. 2007). Diese Ergebnisse decken sich mit Publikationen aus Italien, die ebenfalls ein Absinken der HDV Inzidenz in den 90er Jahren beschreiben (Rosina, Conoscitore et al. 1999). Allerdings konnten wir im Verlauf keinen weiteren Abfall in der HDV Prävalenz registrieren. Im Gegenteil, wir fanden einen Wideranstieg in den folgenden Jahren mit einer HDV Prävalenz zwischen 8 und 14%. Diese Daten unterstreichen erstmals, dass die Hepatitis D auch in Mitteleuropa eine klinisch bedeutende virale Lebererkrankung ist und nicht nur, wie bisher häufig angenommen, in Südeuropa und anderen endemischen Gebieten ein Problem darstellt.

Die Analyse der Herkunftsländer ergab, dass von den 142 HDV Infizierten, von denen es verlässliche Daten zu derer Herkunft gab, lediglich 20% aus Deutschland stammten während 27 bzw. 30% der Patienten aus der Türkei bzw. aus Osteuropa und den Ländern der ehemaligen UdSSR nach Deutschland eingewandert waren. Während unseres langen Beobachtungszeitraums konnte allerdings eine Veränderung des Migrationshintergrundes festgestellt werden. In den Jahren von 1992 bis 1996 waren 40% unserer HDV-infizierten Patienten aus der Türkei nach Deutschland eingewandert. Ab 1997 bis 2006 waren die Menschen mit einer Hepatitis D vermehrt Einwanderer aus Osteuropa und den Ländern der ehemaligen UdSSR, die sich mit dem Hepatitis D Virus infiziert hatten. Deren Anteil lag bei 37% während der Anteil der Migranten aus der Türkei auf 20% sank. Basierend auf diesen Daten sollten Screeninguntersuchungen auf Hepatitis D in Deutschland insbesondere bei Risikogruppen mit entsprechendem Migrationshintergrund durchgeführt werden.

Die Schwere der chronischen Hepatitis D unterschied sich nicht zwischen den drei verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Demgegenüber waren Unterschiede im wahrscheinlichen Infektionsweg festzustellen, da sich unter den Deutschen signifikant mehr dreifach infizierte Patienten (54%) fanden als in den anderen beiden Gruppen (24 bzw. 8%), d.h. Patienten, die sowohl eine Infektion mit HBV/HDV als auch mit HCV aufwiesen. Dies lässt sich am ehesten durch den häufigeren i.v.-Drogenabusus in dieser Patientengruppe erklären. Auffällig war auch, dass die Menschen aus der Türkei und Osteuropa bzw. den Ländern der ehemaligen UdSSR deutlich häufiger einen früheren Kontakt zum Hepatitis A Virus hatten als die Patienten aus Deutschland. Dies ist erklärbar zum einen durch die hohe Prävalenz von HAV in den betreffenden Ländern. Zum anderen spielten die Lebensweise und die sozialen Strukturen eine entscheidende Rolle bei der hohen Durchseuchung mit Hepatitis A in den beiden anderen Gruppen.

8. Schlussfolgerung und Ausblick

Unsere Arbeit zum Verständnis der chronischen Hepatitis D an einem Zentrum in Mitteleuropa war eine retrospektive Untersuchung, die mit 15 Jahren einen sehr langen Zeitraum einschloss. Während dieser Zeitspanne haben sich sowohl die Nachweismethoden als auch die Nachweisgrenzen zur Bestimmung der Replikation von HBV, HDV und HCV mehrfach geändert. Außerdem ist es erst seit relativ kurzer Zeit und nur in wenigen Zentren möglich, die Viruslast von HDV mittels PCR quantitativ zu bestimmen. Aus diesem Grund ist auch nur von wenigen Patienten aus unserer Kohorte die Viruslast von HDV bekannt. Des Weiteren konnte aufgrund des retrospektiven Charakters unserer Untersuchung nicht von allen Patienten, bei denen eine chronische Hepatitis D festgestellt worden war, ein kompletter Datensatz ermittelt werden. Es fehlten zum einen bei einigen Patienten klinische Daten und zum anderen wurde nur in wenigen Fällen die fortgeschrittene Lebererkrankung mit einer Leberbiopsie bestätigt, so dass eine Korrelation von Merkmalen aus der Biopsie mit der klinischen Präsentation der Erkrankung nicht möglich war.

Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die chronische Hepatitis D auch weiterhin ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsproblem darstellt und dies nicht nur in Südeuropa sondern auch hier in Mitteleuropa. Die Einführung der Hepatitis B Impfung hat nicht wie erhofft zu einem Verschwinden der Hepatitis D geführt. Aus diesem Grund muss diese chronische Infektionskrankheit der Leber auch in Zukunft Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen sein, die zum einen dem besseren Verständnis der Erkrankung dienen und die zum anderen zu einer Verbesserung der Therapie führen. Gerade die Therapie der chronischen Hepatitis D ist immer noch sehr unbefriedigend, da sich die Therapie in den letzten 30 Jahren kaum verändert und verbessert hat. Bisher ist nur für Interferon eine gewisse Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Die Therapie mit IFN birgt aber viele schwere Nebenwirkungen, die die Patienten regelmäßig dazu zwingen, die Therapie abzubrechen.

Neben der hohen Rate an Therapieabbrechern aufgrund von schwerwiegenden Nebenwirkungen des IFN ist vor allem die hohe Zahl an Non-respondern ein weiteres großes Problem in der derzeitigen Therapie. Es kommt bei vielen Patienten nicht zu einer Reduktion der Viruslast bzw. zu einer Abnahme der Entzündungsaktivität. Dies bedeutet für den Patienten ein Fortschreiten der Erkrankung, die in einer Leberzirrhose und evtl. einem Hepatozellulärem Karzinom endet. Eine spezifische Therapie, die gezielt das Hepatitis D Virus angreift, ist derzeit nicht bekannt.

Für die Zukunft sollten daher prospektive Studien geplant werden, die besonders die klinische Erscheinung im Verlauf einer chronischen Hepatitis betrachten. Dazu wäre es sinnvoll die entscheidenden virologischen Parameter wie HBV-DNA, HBsAg, HBeAg und HDV-RNA im Verlauf quantitativ zu bestimmen und diese mit den klinischen Werten sowie aktuellen Leberbiopsien zu vergleichen, um ein möglichst umfangreiches Verständnis über den natürlichen Verlauf dieser Erkrankung zu erlangen. Dieses bessere Verständnis kann dann helfen, die Therapieoptionen entscheidend zu verbessern bzw. Subgruppen zu identifizieren, die eine bessere Prognose aufweisen oder evtl. besser als andere auf bestehende Therapien ansprechen.

Ziel muss es sein, die Progression der chronischen Hepatitis D zu stoppen, so dass sie nicht mehr in den meisten Fällen unweigerlich zur Entwicklung einer Leberzirrhose und eines Hepatozellulären Karzinoms führt. Diese Entwicklung lässt sich allerdings nur aufhalten, wenn man es schafft, die Viruslast langfristig auf ein Minimum zu senken bzw. die Hepatitis zu einer Ausheilung zu bringen. Diese langfristigen Ziele sind allerdings nur durch eine Therapie zu erreichen, die von den Patienten toleriert wird und nicht zu einer Einschränkung der Lebensqualität führt.

9. Literaturverzeichnis

Barrera, A., B. Guerra, et al. (2005). "Mapping of the hepatitis B virus pre-S1 domain involved in receptor recognition." J Virol 79(15): 9786-98.

Bordier, B. B., J. Ohkanda, et al. (2003). "In vivo antiviral efficacy of prenylation inhibitors against hepatitis delta virus." J Clin Invest 112(3): 407-14.

Casey, J. L., G. A. Niro, et al. (1996). "Hepatitis B virus (HBV)/hepatitis D virus (HDV) coinfection in outbreaks of acute hepatitis in the Peruvian Amazon basin: the roles of HDV genotype III and HBV genotype F." J Infect Dis 174(5): 920-6.

Castelnau, C., F. Le Gal, et al. (2006). "Efficacy of peginterferon alpha-2b in chronic hepatitis

Castelnau, C., F. Le Gal, et al. (2006). "Efficacy of peginterferon alpha-2b in chronic hepatitis