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3.4 Die Krankheit Hepatitis D

Die Infektion mit dem Hepatitis D Virus muss mit einer Hepatitis B Virus Infektion assoziiert sein. Daher hängt der klinische Verlauf der Erkrankung in großem Maße davon ab, ob es sich um eine gleichzeitige Infektion (Simultaninfektion) oder um eine neue Infektion mit dem Hepatitis D Virus bei einem Patienten, der bereits eine chronische HBV Infektion hat (Superinfektion), handelt.

3.4.1 Die Diagnose einer Hepatitis D

Die Diagnose einer Infektion mit dem Hepatitis D Virus erfolgt über einen Nachweis von anti-HDV Antikörpern und HDV-RNA. Wird das Serum des Patienten positiv auf HDV Antikörper getestet folgt die quantitative Bestimmung der HDV-RNA mit Hilfe einer real-time PCR. Die so gemessene Viruslast bestätigt zum einen eine mögliche Infektion und dient zum anderen als wichtiger Parameter in der Behandlung eines Hepatitis D Patienten.

Üblicherweise werden Antikörper der Klasse IgG bestimmt. Es lassen sich aber auch IgM Antikörper bestimmen, wenn sich die Infektion in der Akutphase befindet oder wenn es sich um einen schweren chronischen Verlauf handelt. Da allerdings keine kommerziellen Angebote von anti-HDV-IgM Antikörper angeboten werden, sind andere Methoden zu wählen, um zwischen einer ausgeheilten nicht-replikativen Hepatitis D und einer noch aktiven Hepatitis D unterscheiden zu können. Für diesen Zweck eignet sich am besten der Nachweis von HDV-RNA mittels Polymerasekettenreaktion (Hadziyannis 1997).

Nicht bei allen Patienten bleibt eine serologische Narbezurück. Dies ist ein wichtiger Aspekt in der Diagnostik. Nach der Ausheilung einer Hepatitis D können die anti-HDV Antikörper im Verlauf negativ werden. Es sind dann keine Spuren einer bereits stattgehabten ausgeheilten Hepatitis D nachweisbar. Dies ist auch ein Grund warum die wahre Prävalenz in der Bevölkerung immer noch zu niedrig eingeschätzt wird. Ob es nach Ausheilung einer Hepatitis D zu einer erneuten Infektion (Re-Infektion) durch das Virus kommen kann ist noch unbekannt und sollte Thema weiterer Untersuchungen werden (Wedemeyer 2007).

3.4.2 Natürlicher Verlauf der Delta Hepatitis

Patienten, die sich zusätzlich mit dem Hepatitis D Virus infiziert haben, zeigen in der Regel deutlich schwerere Verläufe ihrer Lebererkrankung als das bei Patienten der Fall ist, die eine Monoinfektion mit dem Hepatitis B Virus haben. Neben den unterschiedlichen klinischen Verläufen unterscheiden sich die Monoinfizierten von den Doppelinfizierten auch in anderen Charakteristika. Bei den Hepatitis D Patienten gibt es häufig noch zusätzliche Risikofaktoren, die die Hepatitis beeinflussen. Es ist insbesondere bei Mitteleuropäern unabdingbar, eine ausführliche und sorgfältige Drogenanamnese durchzuführen, da der größte Risikofaktor für diese Patientengruppe der i.v.-Drogenabusus ist.

3.4.3

Simultaninfektion mit dem Hepatitis B und D Virus

Eine Simultaninfektion mit dem Hepatitis B und dem Hepatitis D Virus kann sowohl zu einer akuten Hepatitis B und als auch zu einer akuten Hepatitis D führen. Allerdings führt eine akute HDV/HBV Simultaninfektion in der Regel auch zu einer Ausheilung beider Infektionen. Lediglich bei weniger als 5% der Patienten wird einen chronischer Verlauf beobachtet. Bei Patienten, deren Immunstatus aufgrund von Erkrankungen oder Immundefekten reduziert ist, steigt das prinzipielle Risiko für einen chronischen Verlauf. Aus diesem Grund sollten gefährdete Personen unbedingt zur Vorbeugung gegen Hepatitis B geimpft werden.

Bei einer Simultaninfektion ist allerdings zu beachten, dass es zwar selten zu einer Chronifizierung der Hepatitis kommt aber die Simultaninfektion zeigt dafür deutlich häufiger fulminante Verläufe. HBV und HCV Monoinfektionen weisen im Vergleich zur HDV/HBV Simultaninfektion deutlich weniger fulminante Verläufe auf (Flodgren, Bengtsson et al. 2000;

Manock, Kelley et al. 2000; Rizzetto 2000). 1998 gab es einen Ausbruch von fulminanten Delta-Hepatitiden in Waorani, Ecuador. Die Betroffen waren alle mit dem Genotyp III infiziert (Manock, Kelley et al. 2000). Auch in Samara, Russland gab es einen ähnlichen Anstieg der Inzidenz an fulminanten Delta Hepatitiden. Allerdings waren die Menschen hier mit dem Genotyp I infiziert (Flodgren, Bengtsson et al. 2000). Alle Patienten, die an einer akuten Hepatitis B leiden, sollten rechtzeitig auf eine mögliche HDV Simultaninfektion hin untersucht werden. Es empfiehlt sich grundsätzlich bei Patienten, die sich erstmalig mit einer

Hepatitis B vorstellen, diese auf anti-HDV Antikörper und HDV-RNA zu untersuchen. Jeder Hepatitis B Patient sollte wenigsten einmal daraufhin untersucht werden; bei gegebenem Verdacht für eine zusätzliche Superinfektion auch häufiger. Außerdem empfiehlt sich eine engmaschige Kontrolle sowie gegebenenfalls eine rechtzeitige Verlegung in ein Transplantationszentrum, da letztlich die einzige wirkungsvolle Therapie bei einem akuten Leberversagen die Lebertransplantation ist.

Eine akute Hepatitis D tritt nach einer Inkubationszeit von etwa 3-7 Wochen auf. Die Länge der Inkubationszeit hängt von der Höhe des HBV Titers ab. Eine präikterische Phase tritt mit Symptomen wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Übelkeit auf. Sie dauert etwa 3 bis 7 Tage.

In dieser Phase kommt es zu einem Anstieg von ALT und AST. Danach kommt es zu einem Ikterus mit entfärbten Stühlen und dunklem Urin. Außerdem kommt es zu einem Anstieg des Bilirubins. Die Genesung bei Patienten mit selbstlimitierenden Erkrankungen beginnt mit dem Abklingen der klinischen Symptome. Lediglich die Müdigkeit kann länger persistieren.

Abbildung 4: Typische serologischer Verlauf einer HDV/ HBV Simultaninfektion nach dem Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, USA

3.4.4

Hepatitis D Superinfektion bei HBsAg Trägern

Die zusätzliche Infektion eines HBV-positiven Patienten mit HDV verschlechtert die Prognose des Betroffenen erheblich. Eine Superinfektion ist häufig mit einer schweren akuten Hepatitis assoziiert, die dann in eine schwere chronische übergeht. Während der akuten Phase kommt es zu einer Unterdrückung der Synthese von sowohl HBV-DNA als auch von HBsAg.

Die Synthese steigt erst wieder, wenn die akute Phase überstanden ist.

Patienten, die nur eine HBV oder auch HCV Monoinfektion haben, weisen einen deutlich milderen Verlauf gegenüber Patienten auf, die an einer chronischen Hepatitis B erkrankt sind und sich zusätzlich mit dem Hepatitis D Virus superinfiziert haben. Eine HDV Superinfektion führt in über 80% der Fälle zu einem chronischen Verlauf, wodurch vor allem die Spätfolgen einer chronischen Hepatitis die Prognose eines Patienten bestimmen. Eine Leberzirrhose kann sich normalerweise innerhalb von 5 bis 10 Jahren ausbilden. Allerdings sind auch Fälle beschrieben, in denen die Progression zur Leberzirrhose lediglich 2 Jahre gedauert hat Die Entwicklung einer Leberzirrhose ist aber nicht zwingend (Purcell and Gerin 1996). Die Superinfektion verschlechtert zu jedem Zeitpunkt des Auftretens die Grundkrankheit des Betroffen. Patienten, die bereits aufgrund der Hepatitis B an einer Leberzirrhose leiden, haben im Vergleich zu nicht-superinfizierten HBV Patienten eine besonders hohe Rate an hepatischen Dekompensationen (Liaw, Chen et al. 1990). Auch die Rate an fulminanten Verläufen ist bei den Hepatitis D Patienten zehnmal höher als bei allen anderen Virushepatitiden. Sie sind aber insgesamt bei allen Virushepatitiden relativ selten. (Lai 1994).

In einer Studie in Taiwan konnte gezeigt werden, dass Patienten, die mit dem Hepatitis D Virus superinfiziert waren, einen deutlich milderen Verlauf ihrer Hepatitis aufwiesen als Patienten, die sich zusätzlich mit dem Hepatitis C Virus infiziert hatten. Die HDV-superinfizierten Patienten zeigten einen ähnlichen Verlauf ihrer Hepatitis wie die Patienten der Kontrollgruppe, die lediglich eine HBV Monoinfektion hatten. Dies gilt aber wahrscheinlich nur für den Genotyp II, der in Taiwan weit verbreitet ist und damit in dieser Studie vorherrschend war (Liaw, Chen et al. 2004). Es wurden Zirrhoseraten nach 10 und 20 Jahren von jeweils 48% bei den HCV/HBV Superinfizierten im Vergleich zu lediglich 21%

bei den HDV/HBV Superinfizierten beschrieben. Auch bei einer weiteren gefürchteten Spätfolge einer chronischen Hepatitis, dem Hepatozellulärem Karzinom (HCC), gab es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Patientengruppen. Nach 10 Jahren erkrankten ungefähr 3% der HDV-superinfizierten Patienten an einem HCC, während es bei den

Hepatitis C Patienten bereits 14% waren. Diese Entwicklung setzte sich weiter fort. Beim Vergleich der Raten nach 20 Jahren, ist eine Vergrößerung des Unterschieds in dieser Zeit festzustellen. Nach 20 Jahren ist die HCC Rate der Hepatitis D Patienten auf 7% gestiegen.

Bei den HBV Patienten, die zusätzlich eine Hepatitis C Superinfektion hatten, entwickelten allerdings 32% ein Hepatozelluläres Karzinom. Dies ist doch ein deutlicher Unterschied, der Hepatitis D Patienten Hoffnung geben kann. Es sind aber auch Gebiete bekannt, in denen die HCC Raten bei HDV Patienten noch um ein Vielfaches höher sind. In der Osttürkei erkrankten 48% der Hepatitis D Patienten an einem Hepatozellulärem Karzinom (Uzunalimoglu, Yurdaydin et al. 2001). Im Vergleich zu monoinfizierten Hepatitis B Patienten gibt es keinen signifikanten Unterschied in der HCC Rate. Auch eine Untersuchung in Italien zeigte ein Abfallen des Anteils von schnell progressiven Verläufen einer Hepatitis D zugunsten milderer (Rosina, Conoscitore et al. 1999). Allerdings hat die Rate der Neuinfektionen in den letzten 20 Jahren abgenommen. Dies ist eine mögliche Erklärung für die positive Entwicklung in Italien, da sich die milderen Verläufe der Vergangenheit immer noch in den Kliniken vorstellen und somit bei der Auswertung einen prozentual höheren Anteil als die schnell progressiven Verläufe haben.

Abbildung 5: Typischer serologischer Verlauf einer HDV/ HBV Superinfektion nach den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, USA

Zusammengefasst ist die Hepatitis D Superinfektion in drei Phasen zu unterteilen: sie beginnt mit einen frühen aktiven Phase, in der es zu einer HDV Replikation und zu einer HBV

Suppression kommt. Es folgt eine moderate Phase mit einem Abfallen der HDV Replikation und einer Reaktivierung der HBV Replikation. In der dritten und letzten Phase kommt es zur Entwicklung von Spätschäden, wie Leberzirrhose und später auch das Hepatozelluläre Karzinom. Trotz positiver Entwicklungen in den letzen Jahren zeigt eine HDV Superinfektion schwerere Verläufe der Lebererkrankung als es bei einfachen Hepatitis B Monoinfektionen der Fall ist. Denn die Mortalitätsrate von HDV Patienten liegt zwischen 2 und 20%. Sie ist mithin etwa 10 Mal höher als bei Monoinfizierten (Purcell and Gerin 1996).