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TEL-beschichtete Muster

4. Diskussion

4.4 TEL-beschichtete Muster

Wie im Material und Methoden-Teil dargestellt, sollte es sich bei der Beschichtung mit Tetraetherlipiden um eine ultradünne biologische Beschichtung mit weit reichenden positiven Eigenschaften handeln, u.a. mit Antihaft- und hydrophoben Eigenschaften.

Wie im Ergebnisteil 3.5 dargestellt, weisen die damit beschichteten hierarchisch strukturierten Aluminiummuster ambivalente Eigenschaften auf, die dem Beschichtungsmaterial zugeschrieben werden müssen. Der Beweis ist das durchweg hervorragende Verhalten der strukturierten Muster mit der Referenzbeschichtung Zonyl FSP. Diese kommerzielle Substanz bildet ebenfalls einen sehr dünnen, auf strukturierten Mustern nicht messbaren oder sichtbaren Film aus und die damit beschichteten Metallmuster wiesen nach der Beschichtung hervorragende Kontakt- sowie Abrollwinkel und sehr gute Antihafteigenschaften auf.

Die TEL-beschichteten Muster zeigten bei Tests mit Wasser (Aqua dest., Raumtemperatur sowie fließendes Leitungswasser) überraschende Ergebnisse: einzelne Tropfen (10, 20, 30 und 40 µl), vorsichtig mit einer Pipette auf die Oberfläche gesetzt, zeigten innerhalb der ersten 30 Sekunden der Kontakt- oder Abrollwinkelmessung sehr hohe Werte: Kontaktwinkel bis 160°, Abrollwinkel unter 6°

waren mögliche und nicht seltene Befunde.

Im Laufe der Messung verschlechterten sich die Werte häufig, aber nicht immer, genauso wie direkt nach der Tropfenapplikation sehr schlechte Werte gemessen werden konnten – auf denselben

Musteroberflächen, teilweise am selben Tag, manchmal bei Messungen mit einigen Tagen Zwischenraum.

Tests mit fließenden Wasser zeigten ähnliche Ergebnisse: teilweise waren die Muster vom Wasserstrahl völlig unbenetzt, teilweise wurden sie komplett benetzt. Wurden die Muster in den turbulenten Anteil des ausfließenden Wasserstrahls gehalten, der sich in Einzeltropfen auflöst, trat meist sofort massive Benetzung auf.

Aufgrund dieser Beobachtung wurde ein Beregnungstest eingeführt, bei dem aus etwa 200 cm Fallhöhe Wassertropfen mit einem Volumen von annähernd 80 µl auf die Testoberflächen getropft wurden. Referenztests mit Zonyl FSP zeigten, dass die strukturierten Oberflächen zwar mit einer Anzahl sehr kleiner Tröpfchen, die durch das Auseinanderplatzen eines großen entstanden sind, bedeckt waren und die teilweise wegen ihres geringen Volumens nicht mehr abrollen konnten. TEL-beschichtete Muster zeigten aber stets eine sofortige Benetzung.

Diese unterschiedlichen Testergebnisse führten zu den folgenden Interpretationsansätzen:

a) die TEL-Beschichtung bedeckt nicht die ganze Oberfläche, sondern lässt Teilbereiche bevorzugt in den Strukturtälern frei;

b) die Struktur des Tetraetherlipids selbst garantiert keine absoluten hydrophoben und flächendeckenden Beschichtungseigenschaften.

Zur Hypothese A wurde folgendes Schema (Abb. 4.4.1) entwickelt: der vorsichtig aufgesetzte Wassertropfen berührt die TEL-beschichteten Bereiche und weist daher sehr hohe Kontakt- und niedrige Abrollwinkel auf.

Abb. 4.4.1: Angenommene Verteilung der TEL-Beschichtung und die drei hypothetischen Benetzungsstadien.

Links der vorsichtig mit der Pipette aufgesetzte Tropfen, in der Mitte der „Regentropfen“, der aus einer gewissen Höhe auftrifft, rechts die mögliche Benetzung unbeschichteter Strukturanteile durch verdunstende und wieder kondensierende Flüssigkeit. Da es sich beim Substrat um eine Mischung aus Aluminium und Aluminiumoxidanteilen handelt, ist diese von Natur aus sehr hydrophil (Kontaktwinkel < 10°).

Ein aus einer gewissen Höhe aufgetropfter Tropfen verformt sich durch die Aufprallenergie und dringt in die mäßig oder unbeschichteten Strukturtäler vor. Dort benetzt er die nicht-hydrophobierten Bereiche, so dass eine komplette Benetzung erfolgt.

Für den Fall der schleichenden Kontaktwinkeländerung (Hysterese) ist vorstellbar, dass bedingt durch die Zeit sowie den im Tropfen herrschenden Laplace-Druck Evaporation stattfindet, Wasser in die Strukturtäler verdampft und durch Kondensation unterhalb der Tropfenaufstandsfläche zur Unterwanderung der hydrophoben Schicht beiträgt.

Diese Hypothese wird z.T. von den von Schuster et al. (2003) dargestellten Möglichkeiten, poröse Substrate flächendeckend mit TEL zu beschichten, unterstützt, da diese Autoren zur Stabilisierung der monomolekularen TEL-Schicht eine Grundierung aus bakteriellen S-Layer-Proteinen vorschlagen..

Die Hypothese B basiert auf experimentellen Beobachtungen der Arbeitsgruppe um Prof. Rothe, Institut für physiologische Chemie der Universität Halle/Wittenberg, dass monomolekulare TEL-Filme gelegentliche Schwankungen in der Strukturhöhe und –geschlossenheit aufweisen (Prof. U. Rothe, persönliche Mitteilung). Möglicherweise ist das an sich starre Tetraetherlipidmolekül als Grundgerüst (Caldarcheol) flexibel genug, mit beiden endständigen Methylgruppen gleichzeitig an ein Substrat zu binden und bogenförmig auf dem Substrat zu stehen. Dies hätte eine sehr ernsthafte Konsequenz: ein solcherart ausgerichtetes Molekül würde deutlich mehr Raum beanspruchen und den monomolekularen Film lokal stören. Möglicherweise wäre die Folge eine erleichterte Benetzung der Beschichtung bzw. des Substrats an einer solchen Fehlstelle.

Abb. 4.4.2: Schematische Darstellung der Erklärungsansätze für die mangelhafte Wirkung der Fluoranilin-substituierten TEL-Modifikation. Ganz links dargestellt ist die vermeintliche Stellung des Fluoranilins auf dem außenstehenden TEL-Molekülende. Fluoranilin beansprucht sicherlich einen größeren Raum, so dass eine sterische Interferenz zwischen Fluoranilin-Endgruppen nicht unmöglich erscheint. Im rechten Bildteil dargestellt ist die Hypothese, dass der unpolare fluorierte Ring eine hohe Affinität zu anderen unpolaren Schichtanteilen hat. Da angenommen werden darf, dass der Fluoranilinring beweglich ansitzt, ist möglich, dass er sich vom Wasser wegdreht und vielleicht sogar in die TEL-Molekülschicht abtaucht. Dies ist auch bei Fluorpolymeren beobachtet worden (Prof. Neinhuis, persönliche Mitteilung). Beides - wie auch ein räumliches Aneinandergeraten der Ringe - hätte eine starke Beeinträchtigung der Eigenschaften der TEL-Beschichtung zur Folge, die bis zur punktuellen

Die an den TEL-beschichteten Mustern durchgeführten Antihafttests mit Testklebebändern zeigen deutlich, dass im Gegensatz zu beispielsweise Fluorpolymeren die Tetraetherlipide selbst keine inerten Eigenschaften gegenüber anderen Substanzen aufweisen. Im Gegenteil zeigen die Versuchsergebnisse sehr deutlich, dass die TEL-beschichteten Muster eine deutlich höhere Adhäsion zum Testklebeband haben, als die unbeschichteten Oberflächen. Dies spricht für eine deutliche Interaktion des Klebers mit den Methylgruppen oder aliphatischen Ketten der Moleküle.

Dass auch die mit Fluoranilin anstatt mit Methyl endständig substituierten TEL keine wesentlich besseren Eigenschaften aufweisen liegt vermutlich daran, dass der Fluoranilinring an seiner einzigen Bindung sehr flexibel, möglicherweise dreh- und knickbar auf dem TEL-Molekül sitzt und die abstoßenden Eigenschaften des Fluoratoms entweder die C-C-Bindungsenergie überkompensieren oder in Kombination mit dem im Verhältnis zum Gesamtmolekül recht großen Anilinring zumindest dazu beitragen, dass das Fluoranilin eher in die aliphatischen Bereiche der Schicht eintaucht, als abstoßende Eigenschaften nach außen zu transportieren.

Zur Beschichtung mit Tetraetherlipiden lässt sich abschließend vermerken, dass offenbar doch noch zuwenig über die genauen chemischen Abläufe der Filmbildung oder Bindung an das Substrat bekannt sind, um zuverlässige Vorhersagen zur Beschichtungsqualität zuzulassen. Des Weiteren ist möglicherweise die Potenz einer vollständig gesättigten langen aliphatischen Molkülkette – die nicht ölige Eigenschaften aufweisen soll – nicht ausreichend, um befriedigende hydrophobe aber auch allgemein antiadhäsive Eigenschaften auszubilden.