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Oberflächenenergien beschichteter Oberflächen

3. Ergebnisse

3.4 Oberflächenenergien beschichteter Oberflächen

Wie im Material und Methodenteil theoretisch vorgestellt, ist es möglich, aus den Kontaktwinkelergebnissen der beiden verwendeten Flüssigkeiten die Grenz- oder Oberflächenenergie des Festkörpers zu berechnen. Dieser IFTs bzw. Total IFT genannte Wert setzt sich aus den beiden Anteilen der polaren (PolPt o. IFTp) und dispersiven (DispPt oder IFTd) Grenzflächenenergieanteilen zusammen. Wie die Abb. 3.4.3 deutlich darstellt, sind selbst die vom Hersteller des Messgeräts empfohlenen Berechnungsansätze nicht in der Lage, die starke Strukturierung und die damit teilweise erzeugten sehr hohen Kontaktwinkel sinnvoll in den Berechnungsalgorithmen zu berücksichtigen. Fast alle Muster mit sehr großen Kontaktwinkeln beider Testflüssigkeiten erhalten aufgrund dieser Analysemethode negative polare Anteile an der Oberflächenenergie. Der Vollständigkeit halber werden die Mess- bzw. Berechnungswerte hier mit angegeben und im Diskussionsteil kritisch hinterfragt.

In Abb. 3.4.3 sind die Oberflächenenergiewerte nach Wu angegeben. Die Berechnungen nach OWRK wurden wegen noch stärker negativer Teilwertergebnisse nicht weiter zur Auswertung verwendet, obwohl derzeit nicht eingeschätzt werden kann, ob sie möglicherweise doch für die Darstellung oder Einschätzung der extremen Antihafteigenschaften geeignet sind.

Abrollwinkel von Wasser- und Dijodmethantropfen (je 15 µl)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

122_A08 124_A08

231_E08 235_E08

291_A08 323_A08

368_E08 371_E08

687_A08 694_A08

702_A08 794_E08

798_A08 ug 798_A08 gs

[°]

AW H2O AW Dijod

Abb. 3.4.2: Der Kippwinkel, bei dem ein Tropfen anfängt abzurollen, kann viel über die Interaktionen zwischen Festkörper und Flüssigkeit aussagen. Die Erwartungen, dass mit Wasser Abrollwinkel unter 10° zu erzielen sind, werden nur von vier Mustern erfüllt, die alle PTFE-Partikel als äußere Struktur aufweisen. Die schlechtesten hier dargestellten Muster mit keinem messbaren Abrollwinkel haben stark strukturierte poröse Oberflächen aus PTFE. Die Abrollwinkel von Dijodmethan liegen bis auf zwei Ausnahmen (231_E08, 368_E08) in einem engen Bereich zwischen 27 und 33°. Die Indizes ug und gs stehen für ungestrahltes und gestrahltes Substrat. (n = 10)

Eine Sonderposition nimmt hier das Muster 368_E08 ein: es handelt sich um eine galvanisch nanostrukturierte Edelstahl-Drahtspritzung, die mit Zonyl® FSP überschichtet wurde. D.h. dass es das einzige Muster (bzw. die einzige Kleinserie an Mustern) in der Testreihe ist, die tatsächlich hierarchisch nanostrukturiert ist – eine Eigenschaft, die die mit dickeren Fluorpolymerbeschichtungen versehenen Muster nicht in jedem Fall aufweisen können bzw. die bei diesen Mustern nicht gezielt erzeugt worden ist.

Die ermittelten Oberflächenenergiewerte können graphisch zu den gemessenen Abrollwinkeln in Bezug gesetzt werden. Die Annahme wäre, dass gerade die Muster, die eine besonders geringe Oberflächenenergie aufweisen, auch die geringsten Abrollwinkel zeigen.

Abb. 3.4.4 zeigt, dass die Mehrzahl der IFT-Werte in einem engen Bereich zwischen 1 und 10 mN/m schwanken, darüber hinaus gibt es nur zwei Werte und die extreme Standardabweichung des Musters 291_A08. Ein Zusammenhang zwischen den IFT-Werten einerseits und den Abrollwinkeln von Wassertropfen andererseits ist aber nicht erkennbar.

Obe rflä che ne ne rgie n strukturie rte r Muste r

-10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40

[mN/m]

Total IFT DispPt PolPt

231_E08 235_E08 291_A08 323_A08 368_A08 371_A08 687_A08 694_A08 702_A08 794_A08 798_A08ug 798_A08gs 807_A08gs

803_A08ug

Obe rflä che ne ne rgie n strukturie rte r Muste r

-10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40

[mN/m]

Total IFT DispPt PolPt

231_E08 235_E08 291_A08 323_A08 368_A08 371_A08 687_A08 694_A08 702_A08 794_A08 798_A08ug 798_A08gs 807_A08gs

803_A08ug

231_E08 235_E08 291_A08 323_A08 368_A08 371_A08 687_A08 694_A08 702_A08 794_A08 798_A08ug 798_A08gs 807_A08gs

803_A08ug

Abb. 3.4.3: Nach den Berechnungsansätzen von Wu (hier wiedergegeben) ergeben sich bei den besonders rauen Mustern negative Werte für den polaren Anteil an der Grenzflächenenergie. Dies ist an sich kein sinnvolles Ergebnis, wird hier aber v.a. für den Vergleich mit dem Muster 368_E08 sowie zu den Literaturwerten für PTFE (22,5 mN/m) ausgewiesen. Die Indizes ug und gs stehen für ungestrahltes und gestrahltes Substrat. (n = 10)

Abb. 3.4.5: Zur Verdeutlichung der Wirksamkeit einer hierarchischen Strukturierung sind die Abrollwinkel auf nicht bewusst strukturierten Fluorpolymeren dargestellt. Die Abrollwinkel bewegen sich um die 30° (lang gestrichelter Horizont), während Ra häufig weit unter 2,5 µm liegt (kurz gestrichelter Horizont). Eine Abhängigkeit der Abrollwinkel vom Fluorpolymertyp ist zu erkennen. (n = 10)

Abrollwinkel auf unterschiedlichen unstrukturierten Fluorpolymerbeschichtungen

0 5 10 15 20 25

FEP FEP FEP PFA PFA PTFE PTFE

[µm]

0 10 20 30 40 50 60

Abrollwinkel [°]

Ra Rmax Abrollwinkel

Abrollwinkel auf unterschiedlichen unstrukturierten Fluorpolymeroberflächen

Vergleich der Abrollwinkel und der IFT

4,3 7,5 4 10

35

4,8 2,8 6,1 6,1 12,5

2,5 1,1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

231_E08 235_E08

291_A08 323_A08

368_E08 371_E08

687_A08 694_A08

702_A08 794_E08

798_A08 ug 798_A08 gs

[°]

-90 -75 -60 -45 -30 -15 0 15 30 45 60 75 90

[mN/m]

AW H2O AW Dijodmethan Total IFT

Abb. 3.4.4: Der Vergleich der berechneten Oberflächenenergie mit den ermittelten Abrollwinkeln lässt einen Zusammenhang höchstens erahnen. Wie oben und in der Diskussion beschrieben, ist 368_E08 trotz der errechneten IFT-Werte im Vergleich zu den übrigen Mustern sehr hydrophob, während IFT-Werte zwischen 0 und 10 mN/m sowohl bei äußerst geringen Abrollwinkeln von Wasser als auch bei statisch klebenden Tropfen ohne messbaren Abrollwinkel steht. Man beachte auch die erhebliche Schwankungsbreite der IFT-Werte speziell bei Muster 291_A08. Die Indizes ug und gs stehen für ungestrahltes und gestrahltes Substrat. (n = 10)

-

Dass der Abrollwinkel beeinflusst werden kann, wurde in einer weiteren Versuchsreihe untersucht, in der größere (d.h. schwerere) Tropfen auf den Musteroberflächen abgesetzt und abgerollt wurden. In Abb. 3.4.7 wird dargestellt, wie die Verdopplung des Flüssigkeitsvolumens die gemessenen Abrollwinkel um etwa 30° reduzierte.

Abb. 3.4.6: Weiterführung der Versuche aus Abb. 3.4.5 mit Konzentration auf das am besten wirkende Fluorpolymer FEP, hier willkürlich strukturiert, jedoch ohne Hierarchieebenen. An der X-Achse sind die Rmax-Werte verzeichnet. Anhand der Markierung bei 30° (lang gestrichelter Horizont) ist abzulesen, dass trotz zunehmender Strukturierung sich die Abrollwinkel nicht verbessern. Die kurz gestrichelte Linie markiert Ra = 2,5 µm – bis zu diesem Rauheitswert bewegt sich der Abrollwinkel um die 30°. Dass ein kleiner Rmax-Wert ebenfalls den Abrollwinkel beeinflusst, zeigt die Kombination der Ra- sowie Rmax-Werte auf der X-Achse.

Abrollwinkel auf unterschiedlich stark strukturierten FEP-Modifikationen

1,3 1,4 9,0 13,7 14,8 15,3 17,6

2,3

2,2

0 5 10 15 20

13,2 18,3 21,9 20,5 65,2 101,4 105 105 137

Rmax

Ra [µm]

0 10 20 30 40 50 60 70

Abrollwinkel [°]

Ra Abrollwinkel

Abb. 3.4.7: Darstellung der Abhängigkeit des Abrollwinkelwertes vom Tropfenvolumen am Beispiel des Musters 323_A08. Deutlich ist zu erkennen, dass bei der Eliminierung der Ausreißer für 15 µl-Tropfen der Abrollwinkel im Mittel bei 21,4°, für 30 µl große Tropfen aber nur bei 12° gelegen hätte. Ohne Ausreißerelimination betragen die

Unterschiede des Abrollwinkels in Abhängigkeit vom Tropfenvolumen

10 15 20 25 30 35

1 2 3 4 5 6

Abrollwinkel [°]

15 µl 30 µl

Mittel- werte

In Abschnitt 3.5 wird ebenfalls anhand von Wasserkontakt- und Abrollwinkeln die Wirkung einer Beschichtung mit TEL beschrieben. Auch hier ist ein Einfluss der verwendeten Tropfenvolumina auf den Abrollwinkel festgestellt worden.

Die Strukturierung von Oberflächen kann durch den Silberspiegeltest sichtbar gemacht und in gewissen Maßen bewertet werden. Die in den Strukturen eingefangene Luft bildet die silbrig-glänzende Schicht zwischen Wasser und Festkörperoberfläche aus und bleibt mehr oder weniger lange erhalten – in Abhängigkeit vom Feinheitsgrad der Mikrostruktur. Wird die Luft verdrängt, benetzt die Oberfläche. Die Testergebnisse sind in Tab. 3.4.1 dargestellt.

Der Silberspiegeltest wurde auch an galvanisch nanostrukturierten Edelstahlmustern durchgeführt, die mit Zonyl® FSP beschichtet waren, jedoch nicht im Rahmen der in Tab. 3.4.1 dargestellten Messreihe. Wie in den Abb. 3.4.1 ff durch das Muster 368_E08 repräsentativ dargestellt ist, zeigen sie abweichende Eigenschaften. Ihre SFE ist im Vergleich zu anderen Mustern hoch, die Kontakt- und Abrollwinkel sind nur im Mittelfeld. Bei

„Freihanduntersuchungen“ mit manuell applizierten Wassertropfen zeigten sie anti-adhäsive Eigenschaften wie ein Lotusblatt (s. auch Abb. 5.1).

Die Muster sind völlig unbenetzbar: fließendes Wasser, aufgesetzte Tropfen (20 µl) und Eintauchen in Wasser führt in keinem Fall zu Benetzung selbst kleiner Bereiche (siehe Abb. 3.4.8).

Tab. 3.4.1: Silberspiegeltest über die Dauer von 18h mit fluorpolymerbeschichteten hierarchisch strukturierten Oberflächen und silikonisierten Mustern, nachdem Klebebandabzugstests an ihren unbeschädigten Oberflächen durchgeführt worden waren. Aus diesem Grund wird der Abzugsstelle besondere Beachtung geschenkt. Speziell bei den Mustern 686_- / 688_A08 und vielen weiteren veränderte sich die Hydrophobie im Bereich, auf dem das Klebeband aufgeklebt gewesen ist. Die Muster 796_-, 797_-, 804_- und 806_A08 sind in die Abschnitte A (ungestrahlt) und B (Feinkorundstrahlung) unterteilt. Die Silikone sind gegenüber Wasser nicht besonders wirksam und halten keine Luft zwischen den Strukturen.

Abb. 3.4.8: Silberspiegeltest zweier nano-strukturierter, galvanisierter und mit Zonyl® FSP beschichteter Edelstähle (219_E08 und 279_E08).