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Die Mathematik ist die Königin der Wissenschaften und die Zahlentheorie ist die Königin der Mathematik.

(Carl Friedrich Gauß) Wie wir im vorangehenden Kapitel festgestellt haben, ist die Teilbarkeitsrelation eine Ord-nungsrelation. Die folgenden Begriffe sind aus der Schule bekannt.

Definition 4.33. Seien a, b∈N. Dann definiert man

• ggT(a, b) := max{g ∈N|g|ag|b} den größten gemeinsamen Teiler von a und b.

• kgV(a, b) := min{k ∈N\ {0} |a|kb|k}das kleinste gemeinsame Vielfache von a und b.

Zwei Zahlen a, b∈N heißen teilerfremd, falls ggT(a, b) = 1.

Definition 4.33 besagt, dass für a, b, g, k ∈N\ {0}gilt

g = ggT(a, b)⇔g |ag |b∧ ∀c∈N: (c|ac|bcg)

k = kgV(a, b)⇔a|kb|k∧ ∀c∈N\ {0}: (a |cb |ckc).

Lemma 4.34. Seien a, b∈N mit a=qb+r. Dann gilt ggT(a, b) = ggT(b, r).

Beweis.

Lemma 4.34 ist nützlich, weil es die Berechnung eines größten gemeinsamen Teilers auf die Berechnung des ggT von kleineren Zahlen reduziert.

Beispiel 4.35. Wir berechnen ggT(735,273). Wir schreiben

Was haben wir dabei verwendet? Wir haben jeweils die größere durch die kleinere Zahl mit Rest geteilt und dann anschließend die kleinere Zahl durch den Rest geteilt usw. Dieses Verfahren wird alsDivision mit Rest bezeichnet und es funktioniert ganz allgemein:

Theorem 4.36 (Division mit Rest). Sei b ∈N eine natürliche Zahl mit b ≥2. Für jedes n∈N gibt es eine eindeutige Darstellung

n =qb+r mit q, r ∈N und r < b.

Theorem 4.36 beinhaltet zwei Aussagen: EineExistenz-und einEindeutigkeitsaussage. Um das Theorem zu beweisen, müssen wir also einerseits beweisen, dass es eine solche Darstellung gibt, und andererseits dass, wenn es zwei solche Darstellungen n = qb+r = q0b+r0 mit r, r0 < b gibt, so folgt q=q0 und r=r0.

Beweis.

Mit Hilfe der Division mit Rest können wir nun zeigen, dass das Verfahren, welches wir in Bei-spiel 4.35 verwendet haben, auch tatsächlich immer funktioniert und den größten gemeinsamen Teiler berechnet. Dieses Verfahren wird als Euklidischer Algorithmus bezeichnet.

Um ggT(a, b) füra, b∈Nmita > b zu berechnen, geht man dabei wie folgt vor: Wir berechnen mittels Division mit Rest

a=q1b+r1 mit q1, r1 ∈N, r1 < b b=q2r1+r2 mit q2, r2 ∈N, r2 < r1 r1 =q3r2+r3 mit q3, r3 ∈N, r3 < r2

...

Mittels Rekursion können wir diesen Algorithmus wie folgt darstellen: Wir setzen a:=r−1 und b:=r0 und können rekursiv mittels Division mit Rest

rk−1 =qk+1rk+rk+1 mit qk+1, rk+1 ∈N, rk+1 < rk

schreiben.

Es bleibt die Frage, ob dieser Algorithmus auch tatsächlich terminiert, also irgendwann ab-bricht, wie dies im Beispiel 4.35 der Fall ist. Aus Beispiel 4.35 können wir erkennen, dass der Algorithmus abbricht, falls es ein k ∈N gibt mit rk = 0. Es gilt aber

r−1 > r0 > r1 > r2 > r3 > . . . ,

d.h. die Folge der Reste bildet eine absteigende Folge. Nach dem Prinzip des unendlichen Abstiegs muss diese Folge irgendwann abbrechen, d.h. es gibt ein n ∈Nmit rn+1 = 0.

Nun folgt aus Lemma 4.34

ggT(a, b) = ggT(r−1, r0) = ggT(r0, r1) = ggT(r1, r2) =. . .= ggT(rn−1, rn) = ggT(rn,0) =rn, d.h. der letzte Rest, der ungleich 0 ist, ist ggT(a, b).

Beispiel 4.37. Der Euklidische Algorithmus gibt uns sogar noch mehr als nur den ggT zweier Zahlen: Er gibt uns sogar eine Darstellung der Form ax+by = ggT(a, b) mit x, y ∈Z: Diese Koeffizienten x, y ∈Z erhält man durch Rückwärtseinsetzen:

Das Verfahren, welches wir in Beispiel 4.37 erläutert haben, wird als Erweiterter Euklidischer Algorithmus bezeichnet. Daraus folgt:

Lemma 4.38 (Lemma von Bézout). Für alle a, b ∈ N gibt es x, y ∈ Z mit ggT(a, b) =

ax+by.

Mit dem Lemma von Bézout können wir nun beweisen:

Lemma 4.39. Seien a, b∈N. Für jedes c∈N gilt:

(a) Falls c|a und c|b, so folgt c|ggT(a, b).

(b) Falls a|c und b |c, so folgt kgV(a, b)|c.

Beweis.

Um den ggT und das kgV zu bestimmen, ist es nützlich die Zahlen in ihre Primfaktoren zu zerlegen. Wir erinnnern hier nochmals an die Grundlagen.

Definition 4.40. Eine natürliche Zahl p ∈ N mit p ≥ 2 heißt Primzahl, falls 1 und p die einzigen Teiler von psind. Wir bezeichnen mit P die Menge aller Primzahlen.

Das folgende Lemma gibt eine alternative Definition der Primalität an.

Lemma 4.41. Eine natürliche Zahl p ≥2 ist genau dann eine Primzahl, wenn aus p|ab für a, b∈N schon p|a oder p|b folgt.

Beweis.

Theorem 4.42 (Hauptsatz der Arithmetik). Jede natürliche Zahl n ≥ 2 besitzt eine Primfaktorzerlegung, die bis auf die Reihenfolge der Faktoren eindeutig ist. Genauer: Für jedes n ∈N mit n >1 gilt:

(1) Es gibt p1, . . . , pr ∈P mit n=p1·. . .·pr;

(2) die Darstellung ist eindeutig, d.h. sind q1, . . . , qs∈Pmitn =q1·. . .·qs, so sindp1, . . . , pr und q1, . . . , qs bis auf die Reihenfolge gleich.

Beweis.

Der Hauptsatz der Arithmetik besagt, dass jede Zahl n ∈ N mit n > 1 eine eindeutige Prim-faktorzerlegung besitzt. Fasst man nun jeweils alle gleichen Primfaktoren zusammen, so erhält man ein Produkt der Form

n = Y

p∈P

pep,

wobei ep = 0 für fast alle p∈ P.7 Diese Darstellung bezeichnet man als die kanonische Prim-faktorzerlegung von n.

Beispiel 4.43. Was ist die Primfaktorzerlegung von 1400?

Lemma 4.44. Seien a, b∈N\ {0,1} und a= Y

p∈P

pep und b = Y

p∈P

pfp

die Primfaktorzerlegungen von a und b. Dann gilt a|bepfp für alle p∈P. Beweis. Wir beweisen beide Richtungen einzeln:

7“für fast alle” bedeutet “für alle bis auf endliche viele”

Mit Hilfe des Hauptsatzes der Arithmetik können wir nun aus der Primfaktorzerlegung von a und von b die Primfaktorzerlegung von ggT(a, b) und kgV(a, b) bestimmen:

Lemma 4.45. Seien a, b∈N\ {0,1} und die Primfaktorzerlegungen von a und b. Dann gilt

(a) ggT(a, b) = Q

Zudem gilt folgender Zusammenhang zwischen dem ggT und dem kgV:

Theorem 4.46. Seien a, b∈N\ {0}. Dann gilt

ab= ggT(a, b)·kgV(a, b).

Beweis. Seien a, b ∈ N\ {0,1} mit Primfaktorzerlegungen a = Q

p∈P

Beispiel 4.47. Berechnen Sie die Primfaktorzerlegung von 112 und 126 sowie ggT(112,126) und kgV(112,126).

5 Funktionen

Eine Funktion einer variablen Grösse ist etwas, das auf ir-gend eine Art aus dieser variablen Grösse und Konstanten zusammengesetzt ist.

(Joh. Bernoulli 1718, Opera, vol. 2, p. 241) In der Schule werden Funktionen eingeführt

• als eindeutige Zuordnungen zwischen zwei Mengen (von reellen Zahlen)

• durch einen Funktionsgraphen

• durch eine Funktionsterm

• durch eine Wertetabelle

• durch Pfeildiagramme...

Definition 5.1 (1. Version). Eine Funktion f : MN besteht einerseits aus zwei Men-gen, dem Definitionsbereich M und dem Wertebereich N, und andererseits aus einer Regel, welche jedem xM ein eindeutiges Element yN zuordnet. Diese Zuordnung wird wie folgt aufgeschrieben:

y=f(x) oder x7→f(x).

Wenn f :MN eine Funktion im Sinne von Definition 5.1 ist, so bedeutet dies:

(1) Zu jedemxM gibt es ein yN mit x7→y.

(2) Fallsy1, y2N mit x7→y1 und x7→y2, so gilt y1 =y2. Setze

graph(f) := {(x, y)∈M ×N |f(x) = y}.

Dann definiert graph(f) eine Relation aufM ×N. In der akademischen Mathematik definiert man also Funktionen als Spezialfall von Relationen.

Definition 5.2 (2. Version). Seien M, N Mengen. Eine Funktion ist eine Teilmenge fM ×N mit folgenden Eigenschaften:

(1) Für alle xM gibt es ein yN mit (x, y)∈f.

(2) FallsxM und y1, y2N mit (x, y1)∈f und (x, y2)∈f, so gilt y1 =y2. Statt (x, y)∈f schreibt man

y=f(x) oder x7→y.

Die Menge M wird als Definitionsbereich von f und die Menge N als Wertebereich von f bezeichnet.

Falls M und N endliche Mengen sind, so kann man also Funktionen durch Pfeildiagramme darstellen. Eine endliche Relation ist dann eine Funktion, falls von jedem Element aus M genau ein Pfeil zu einem Element aus N führt.

Beispiel 5.3. Der Definitionsbereich sei M = {a, b, c, d} und der Wertebereich sei N = {1,2,3,4}. Welche der folgenden Pfeildiagramme stellen eine Funktion dar?

a

Funktionen lassen sich auf unterschiedliche Arten darstellen. Dabei sollte man immer auch den Definitions- und Wertebereich angeben. Wir zeigen drei verschiedene Darstellungsweisen, die auch in der Schule oft verwendet werden.

(1) Man kann einen Funktionsterm angeben, beispielsweise f :R→R, f(x) = x3+ 1.

(2) Falls Definitions- und Wertebereich Zahlenmengen sind, so kann man einen Funktionsgra-phen angeben, beispielsweise

(3) Man kann eine Wertetabelle angeben, beispielsweise x 0 1 2 3 4 . . .

f(x) . . .

Wertetabellen werden in der Schule oft als Darstellungsform von Funktionen verwendet.

Die Funktion ist aber nur vollständig durch die Wertetabelle definiert, falls der Definiti-onsbereich endlich ist, und dabei alle Elemente des DefinitiDefiniti-onsbereichs aufgelistet werden.

Im Beispiel oben ist die Funktion jedoch nicht eindeutig durch die Wertetabelle definiert.

Daher werden wir im Folgenden diese Darstellungsweise nicht verwenden.

Bemerkung 5.4. Es lassen sich nicht alle Funktionen in einer dieser Formen darstellen. Sol-chen Funktionen werden wir aber in dieser Vorlesung nicht begegnen.

Beispiel 5.5. Wir betrachten die Funktion definiert durch f ={(x, y)∈R2 |y=x2}.

Dann gilt also f(x) = x2. Man kann f wie folgt graphisch darstellen:

−2 −1 1 2 3 4 5 6

−2

−1 1 2 3 4

0

Wir betrachten nun

g ={(x, y)∈R2 |y2 =x}.

Dann definiertg aber keine FunktionR→R, dax7→ ±√

xund somit hatxkeinen eindeutigen Funktionswert. Falls wir aber den Definitions- und Wertebereich zu R≥0 :={x∈ R| x ≥0}

ändern, also

h:={(x, y)∈R≥0×R≥0 |y2 =x}={(x, y)∈R≥0×R≥0 |y=√ x}, so ist h eine Funktion und es gilt h(x) =

x.