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Der Landesrechnungshof hat Defizite bei der Gewährung von Zulagen nach § 16 Absatz 5 TV-L landesweit bei insgesamt 12 Dienststellen einschließlich Hochschu-len festgestellt.

In mehr als der Hälfte der vom Landesrechnungshof geprüften 79 Fälle (41 Fälle) ergaben sich - teilweise mehrere - Beanstandungen.

So gewährten die Dienststellen Zulagen abweichend von dem tariflich geregelten Zweck (31 Fälle). In 15 Fällen war nicht nachgewiesen, dass die Zulagenzahlung zur Erreichung des tariflich vorgesehenen Zwecks erforderlich gewesen ist. In sechs Fällen ist die Zulage weitergewährt worden, obwohl der Grund für die Gewährung der Zulage entfallen war.

Die Beanstandungen des Landesrechnungshof in den bis zum Abschluss der örtli-chen Erhebungen im Jahr 2015 geprüften Fällen summierten sich auf insgesamt rd.

521.000 €.

1. Vorbemerkung

Die Untersuchungen des Landesrechnungshofes umfasste die Prüfung der Gewährung von Zulagen nach § 16 Abs. 5 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und nach § 42 LBesG LSA62. Im Ergebnis der Prüfung war die grundsätzlich sach-gerechte Gewährung von Zulagen nach § 42 LBesG LSA festzustellen. Beanstandungen ergaben sich hinsichtlich der Zulagengewährung nach § 16 Abs. 5 TV-L.

Den Entgeltgruppen des TV-L waren zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen des Lan-desrechnungshofes bis zu 6 Erfahrungsstufen zugeordnet. Die Zuordnung der

62 § 42 LBesG LSA regelt die Gewährung einer Ausgleichszulage bei Wechsel von einem anderen Dienstherrn in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt, falls sich aufgrund des Wechsels die Dienstbezüge vermindern und für die Gewin-nung des Beamten oder Richters ein dringendes dienstliches Bedürfnis besteht.

ten zur maßgeblichen Erfahrungsstufe ihrer Entgeltgruppe richtet sich u. a. nach den Be-rufserfahrungen, die die Beschäftigten vor Einstellung erworben haben. Der Aufstieg in die nächste höhere Erfahrungsstufe erfolgt in der Regel nach Ende der Laufzeit der Erfah-rungsstufe. Die Laufzeiten der Erfahrungsstufen entsprechen bis zum Erreichen der End-stufe dem Zahlenwert der jeweiligen ErfahrungsEnd-stufe63.

2. Regelungsgegenstand von § 16 Absatz 5 TV-L

Der TV-L regelt die Festsetzung einer bestimmten Entgeltstufe bei Einstellung und Hö-hergruppierung. Von dieser tariflichen Einstufung kann nach § 16 Absatz 5 TV-L abgewi-chen werden, wenn dies aus Gründen der regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten erforderlich ist. Um einen dieser Zwecke zu erreichen, kann ab-weichend von der tariflichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. Beschäftigte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 % der Stufe 2 zusätzlich erhalten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Entgelt der Endstufe können bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen bis zu 25 % der Stufe 2 zusätzlich erhalten.

Die Beschäftigten haben keinen Anspruch auf die Gewährung dieser Zulage. Sie steht im Ermessen des Arbeitgebers. Die Ermessensausübung setzt voraus, dass die Gewährung der Zulage im konkreten Einzelfall erforderlich ist, um einen der tariflich definierten Zwecke zu erreichen.

Die Zulage kann befristet werden und ist auch als befristete Zulage widerruflich.

3. Einzelfeststellungen

3.1 Tarifwidrige Gewährung der Zulage nach § 16 Abs. 5 TV-L

In 31 der 79 geprüften Fälle haben die Dienststellen die Zulage aus anderen als den tarif-lich vorgesehenen Gründen gewährt. Die Zulage wurde beispielsweise zur Honorierung besonderer Leistungen oder der Übernahme zusätzlicher Aufgaben oder der Verschaf-fung eines höheren Entgelts gewährt.

3.2 Mängel in der Nachweisführung

63 So beträgt z. B. die Laufzeit der Stufe 2 zwei Jahre, die Laufzeit der Stufe 3 drei Jahre usw.

Die Vorweggewährung von Entgeltstufen bedarf eines Nachweises, der die Recht-mäßigkeit der Zulagengewährung dokumentiert (zahlungsbegründende Unterlage). Aus dem Nachweis muss hervorgehen, dass die Gewährung der Zulage erforderlich ist, um z. B. eine qualifizierte Fachkraft an den Arbeitgeber zu binden oder einen bestimmten Personalbedarf zu decken.

In 15 Fällen hatten die Dienststellen zwar angegeben, dass die Zulage den vorgenannten tariflichen Zwecken dient. Sie haben jedoch nicht erläutert, aus welchen Gründen diese Ziele nur durch die Gewährung der Zulage zu erreichen waren.

3.3 Weitergewährung der Zulage nach Wegfall des Grundes für die Gewährung der Zulage

Der Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gemäß § 7 LHO gebietet den Wider-ruf der Zulage bei Wegfall des Grundes für die Gewährung der Zulage. Wurde die Zulage z. B. für den Fall gewährt, dass dadurch der Personalbedarf für die Ausübung einer be-stimmten Tätigkeit gedeckt werden konnte, sollte die Zulage grundsätzlich widerrufen werden, wenn der Beschäftigte z. B. wegen Übertragung einer anderen tariflich höherwer-tigen Tätigkeit höhergruppiert wird.

In 6 Fällen war der Grund für die Gewährung der Zulage später entfallen. In 5 dieser Fälle war den Beschäftigten jeweils eine andere Tätigkeit übertragen worden, auf die die Be-gründung für die Gewährung der Zulage nicht mehr zutraf.

In einem Fall diente die Gewährung der Zulage der Bindung an den Arbeitgeber. Diese Beschäftigte hat die Tätigkeit, für die sie die Zulage erhalten hat, durch einen 4-jährigen genehmigten Sonderurlaub (ohne Entgeltfortzahlung) unterbrochen. Sie beendete diesen Sonderurlaub auf eigenen Wunsch vorzeitig bereits nach rund eineinhalb Jahren und er-hielt nach Wiederaufnahme der Tätigkeit die vorher gewährte Zulage weiter. Nach Auffas-sung des Landesrechnungshofes war der Zweck der Zulage mit Antritt des Sonderurlaubs entfallen. Die Zulage wurde jedoch nicht widerrufen und ab Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Beendigung des Sonderurlaubs weitergewährt

3.4 Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die Zulage

Die Gewährung der Zulage steht im Ermessen des Arbeitgebers. Die Tarifbeschäftigten haben keinen Anspruch auf die Zulage. Die Zulage ist auch bei befristeter Gewährung widerruflich.

Abweichend von der tariflich als Ermessensentscheidung ausgestalteten Regelung wurde in 5 Fällen die Zahlung der Zulage arbeitsvertraglich vereinbart. Die Beschäftigten haben damit einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Zulage erworben. Die tariflich eröffnete Möglichkeit, die Gewährung der Zulage zu widerrufen, ist dadurch ausgeschlossen wor-den. Ein Widerruf der Zulage kann in diesem Fall nicht einseitig durch den Arbeitgeber erfolgen, sondern bedarf auch der Zustimmung des Tarifbeschäftigten im Rahmen eines Änderungsvertrages.

3.5 Umfang der Beanstandungen

Zu den beanstandeten 41 Fällen ergaben sich Überzahlungsbeträge im Einzelfall i. H. v. 3.250 € bis 19.250 €. Diese summierten sich in den bis zum Abschluss der örtli-chen Erhebungen des Landesrechnungshofes im Jahr 2015 geprüften Fällen auf insge-samt 521.000 €. Den Berechnungen des Landesrechnungshofes liegt grundsätzlich der Beginn der Zulagengewährung bis längstens 31. Dezember 2015 zugrunde. Im Falle der Weitergewährung der Zulage über diesen Zeitraum hinaus bspw. aufgrund eines arbeits-vertraglichen Anspruchs erhöht sich der Überzahlungsbetrag entsprechend.

4. Fazit

Der Landesrechnungshof hat die tarifwidrige Gewährung der Zulagen in den betreffenden Fällen beanstandet und die Dienststellen aufgefordert, tarifwidrige Zulagengewährungen unter Beachtung der tariflichen Ausschlussfrist64 zu beenden.

Er hat die wesentlichen Ergebnisse der Prüfung dem Ministerium der Finanzen mitgeteilt und empfohlen, den Personaldienststellen Hinweise zur Anwendung von § 16 Absatz 5 TV-L zu geben. Das Ministerium der Finanzen ist dieser Empfehlung mit Rundschreiben vom 21. Februar 2018 gefolgt. Es hat z. B. darauf hingewiesen, dass

die Zulage gegenüber dem/der Beschäftigten durch eine einseitige empfangsbedürf-tige Willenserklärung zu treffen und nicht im Arbeitsvertrag zu vereinbaren ist.

64 Nach § 37 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

bei Eingruppierung in eine höhere oder niedrigere Entgeltgruppe und dem damit ver-bundenen Tätigkeitswechsel die gewährte Zulage zum Zeitpunkt der Höher- oder Herabgruppierung zu widerrufen ist. Die Möglichkeit einer Neubewilligung auf der dann jeweils aktuellen Grundlage bleibt unberührt.

die personalführende Dienststelle das Vorliegen einer tariflichen Voraussetzung und das Erfordernis der Zulagenzahlung einschließlich der Höhe und der Dauer vollstän-dig und nachvollziehbar in den Akten zu dokumentieren hat.

Das Ministerium der Finanzen hat des Weiteren empfohlen, die Zulagengewährung zu befristen und/oder abbaubar zu gestalten und einen Widerrufsvorbehalt in die Mitteilung an die Beschäftigte/den Beschäftigten aufzunehmen. Ansonsten ist das Vorliegen der tariflichen Voraussetzung und das Erfordernis einschließlich der Höhe und Dauer der Zu-lage regelmäßig (z. B. vor einem Stufenaufstieg) zu überprüfen und eine Weitergewäh-rung aktenkundig zu begründen.

Die Bezügestelle hat die Personaldienststellen zudem im Zusammenhang mit der Einfüh-rung der Stufe 6 in den allgemeinen Entgeltgruppen 9 bis 15 des TV-L zum 1. Janu-ar 2018 mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 aufgefordert, die Gewährung der Zulage nach § 16 Abs. 5 TV-L zu überprüfen und zum Stichtag 1. Januar 2018 insbesondere die Fälle neu zu entscheiden, die sich zum 31. Dezember 2017 in der Stufe 5 befinden.

Das Ministerium der Finanzen hat in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages vom 26. Juli 2018 mitgeteilt, dass es keine Einwendungen gegen die Darstellungen erhebe.

Der Landesrechnungshof bewertet es positiv, dass das Ministerium der Finanzen die Feststellungen des Landesrechnungshofes aufgegriffen hat. Mit seinen Durch-führungshinweisen zur Zahlung von Zulagen oder der Vorweggewährung von Stu-fen gemäß § 16 Absatz 5 TV-L hat das Ministerium die Voraussetzungen geschaf-fen, eine einheitliche Anwendung der tarifrechtlichen Regelungen zu erzielen. Damit wird den Dienststellen insbesondere auch in Zeiten von Fachkräftemangel aufge-zeigt, welche tariflichen Entgeltanreize zur Gewinnung von qualifizierten Fachkräf-ten gegeben werden können und wo deren Grenzen liegen.

Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.

Einzelplan 04 – Ministerium der Finanzen

Kapitel 04 06 – Finanzämter