Leistungstypen ambulanter und teilstationärer erzieherischer Hilfen
9 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1 Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII – Merkmale (vgl. Nitsch 2014) 15 Tabelle 2 Soziale Gruppenarbeit § 29 SGB VIII – Merkmale (vgl. Pluto/van Santen 2014) 16 Tabelle 3 Erziehungsbeistand und Betreuungshelfer § 30 SGB VIII – Merkmale (vgl. Kaiser 2014) 16 Tabelle 4 Sozialpädagogische Familienhilfe § 31 SGB VIII – Merkmale (vgl. Fröhlich-Gildhoff 2014) 17 Tabelle 5 Erziehung in einer Tagesgruppe § 32 SGB VIII – Merkmale (vgl. Geißler 2014) 17 Tabelle 6 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung § 35 SGB VIII – Merkmale (vgl. Klawe 2014) 17 Tabelle 7 Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung § 41 SGB VIII – Merkmale (vgl. Nüsken 2014) 18
Tabelle 8 Unterstützung bei der Erziehung (§ 25 B-KJHG) 19
Tabelle 9 Merkmale aufsuchender Familienarbeit nach Schnurr (2012, S. 82f.) 20
Tabelle 10 Übersicht über Ergebnisse der Angebotsrecherche mit Fokus auf den Kantonen Basel-Landschaft
und Basel-Stadt 22
Tabelle 11 Übersicht über Ergebnisse der Angebotsrecherche zur restlichen Deutschschweiz 24 Tabelle 12 Leistungstyp „Entwicklungsbegleitung und Unterstützung von Familien“ – Merkmale in der Übersicht 28 Tabelle 13 Leistungstyp „Entwicklungsbegleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen“ – Merkmale in der
Übersicht 30
Tabelle 14 Leistungstyp „Intensive flexible Entwicklungsbegleitung und Unterstützung für Jugendliche und junge
Heranwachsende“ – Merkmale in der Übersicht 32
Tabelle 15 Leistungstyp „Sozialpädagogische Tagesstrukturen“ – Merkmale in der Übersicht 34 Tabelle 16 Leistungstyp „Übergangsunterstützung und -begleitung für junge Heranwachsende“ – Merkmale in der Übersicht
35 Tabelle 17 Leistungstyp „Begleitete Übergaben und Besuche von Kindern“ – Merkmale in der Übersicht 37
Tabelle 18 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Trägerqualität“ 38
Tabelle 19 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Konzeptqualität“ 40
Tabelle 20 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Leitungsqualität“ 40
Tabelle 21 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Personalqualität“ 41
Tabelle 22 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Einrichtungs- und Raumqualität“ 42 Tabelle 23 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Kosten-Nutzen-Qualität“ 42 Tabelle 24 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Qualitätsmanagement“ 43 Tabelle 25 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Sicherung der Rechte von KlientInnen“ 44 Tabelle 26 Mindeststandards auf der Qualitätsdimension „Beschwerdemanagement“ 44
Abbildung 1 Grundleistungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Schweiz 12
Abbildung 2 Leistungstypen ambulanter und teilstationärer erzieherischer Hilfen 26
10 Anhang
Ergebnis Angebotsrecherche Deutschschweiz
Angebot Typ Beispielträger Zielgruppe
Sozialpädagogische Familien-begleitung
ambulant FamBe Sozialpädagogische Familien-begleitung SpF Bern
Familien mit Bedarf an Unterstützung in der Erziehung ihrer Kinder
Familienstabilisierung und -aktivierung
ambulant Mobile Familienberatung mfb (Zürich) Familien, in denen eine akute Kindeswohlgefährdung vorhanden ist
Abklärung in der Familie ambulant Inspira GmbH (Weinfelden) Familien, in denen ein Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung abgeklärt werden muss
schritt:weise Hausbesuchsprogramm ambulant Rotes Kreuz Baselland Familien mit Kleinkindern (18 bis 36 Monate) mit Bedarf an Unterstützung bei der Erziehung und Förderung ihrer Kinder KOFA – Kompetenzorientierte
Familienarbeit
ambulant KOFA Winterthur Familien, die Unterstützung bei der Sicherstellung von entwick-lungsförderlichen Bedingungen für ihre Kinder benötigen (z. B.
bei Kindern mit ADHS, aggressivem Verhalten, Behinderung, Schulverweigerung, Hochbegabung)
Hometreatment ambulant Hometreatment Organisation HTO GmbH (Aargau)
Familien mit mehrfachen Belastungen und Eltern mit einer psychischen Erkrankung (Familien mit therapeutischem und sozialpädagogischem Unterstützungsbedarf)
Multisystemische Therapie (MST) ambulant Psychiatrische Dienste Thurgau (Weinfelden)
Jugendliche (12 bis 17 Jahre) mit Störungen im Sozialverhalten Beistandschaft ambulant Birmann-Stiftung (Liestal) Kinder, bei denen Eltern Unterstützung in der Erziehung
benöti-gen
Jugendcoaching ambulant Sofa Support AG (Baden) Jugendliche und junge Erwachsene, die Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags benötigen
Begleitete „aufsuchende“
Besuchstage
ambulant KOOSA – Kooperative Soziale Arbeit (St. Gallen)
Kinder, deren Eltern Unterstützung bei der Wahrnehmung des Besuchsrechts benötigen
Begleitete Besuche und Übergaben teilstationär Begleitete Besuchstage Basel-Stadt Kinder, deren Eltern Unterstützung bei der Wahrnehmung des Besuchsrechts benötigen
Abklärung in einer Einrichtung teilstationär BEObachtungsstation Sirius (Bern) Normalbegabte Jugendliche (ca. 13 bis 18 Jahre) mit
psychi-schen Auffälligkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten und unkla-ren Zukunftsperspektiven
Intensive Tagesstruktur für die Integration in Bildungsprozesse
teilstationär Stiftung Jugendsozialwerk (Pratteln) Jugendliche (14 bis 18 Jahre), die ein Bildungsangebot abge-brochen haben oder über keine Tagesstruktur verfügen Tagesstruktur mit interner
Berufs-ausbildung oder Berufsintegrations-programm
teilstationär Gfellergut (Zürich) Jugendliche (15 bis 20 Jahre), die ihre Schule oder Ausbildung selbstständig bewältigen können, aber Unterstützung bei der Entwicklung allgemeiner Schlüsselkompetenzen benötigen;
Eltern benötigen Unterstützung bei der Erziehung Tagesschule mit
sozial-pädagogischer Förderung
teilstationär Schulheim St. Johann (Klingnau) Schulpflichtige Kinder, die eine Kleinklasse und Unterstützung bei der Entwicklung von Sozialkompetenzen benötigen sowie zusätzliche therapeutische Angebote in Anspruch nehmen Familienergänzende
sozial-pädagogische Tagesstruktur
teilstationär Rötel (Zürich) Schulpflichtige Kinder, welche die Regelschule besuchen, aber auf eine sozialpädagogisch geführte Tagesstruktur angewiesen sind; Eltern haben Unterstützungsbedarf bei der Erziehung Flexible Angebote flexibel Familien Support Bern West Kinder und Jugendliche ab 2 Jahren bis und mit Übergang in die
Berufsbildung mit einem Bedarf an sozial- und sonderpädagogi-scher Unterstützung
Synthese Qualitätsstandards
Berufsqualifikation
Leitungspersonen: Abschluss auf Master-Stufe in einer sozialwissenschaftlichen Dis-ziplin und spezifische Zusatzqualifikationen (z. B. MAS in systemischer Interaktions-beratung, MAS in Betriebsökonomie; Weiterbildung in Sozialversicherungsrecht, Su-pervision oder Organisationsberatung) sowie langjährige Berufserfahrung
Mitarbeitende: Abschluss in Sozialpädagogik FH oder HFS oder Soziale Arbeit FH oder einer Nachbardisziplin auf Bachelor-Niveau (z. B. Psychologie); teilweise mit Zusatzqualifikationen
Qualitätssicherungsmassnahmen
Super- und Intervision
Fachspezifische Weiterbildungen
Ombudsstelle (Beschwerdemöglichkeit)
Konzept einer lernfähigen Organisation
Inhalte eines Konzepts
Begründung des Bedarfs für das Angebot
Beschreibung des Angebots
Indikationen (wann ist das Angebot angezeigt)
Ziele des Trägers und Ziele von einzelnen Angeboten des Trägers
Zielgruppen pro Angebot
Methodenrepertoire
Ablauf und Dauer einer Intervention
Dokumentation von Fällen und Arbeitsprozessen
Datenschutz
Zuweisende Stellen
Kosten, Finanzierung und Anmeldung
Qualitätssicherung
Vernetzung
Inhalte eines Leitbilds
Angaben über die Vision, Grundsätze und Werte
Mitgliedschaften
Fachverband Sozialpädagogische Familienbegleitung Schweiz
Vereinigung Schweizerischer Amtsvormundinnen und Amtsvormunde
Schweizerische Vereinigung der Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände
Verein Kinderanwaltschaft Schweiz
Qualitätslabels
ISO-Zertifizierung 9001:2008 (Qualitätsmanagement)
Label Fachverband Sozialpädagogische Familienbegleitung (Erhalt nach Aufnahme in den Fachverband)
Orientierung
Berufskodex des Berufsverbands AvenirSocial
UNO-Kinderrechtskonvention
Organisationsform
Angaben zur Organisationsform und Veröffentlichung dafür notwendiger Dokumente (z. B. Statuten eines Vereins)
Zentrale Ergebnisse aus den ExpertInneninterviews
Zur Klassifikation erzieherischer Hilfen
Erzieherische Hilfen lassen sich unterschiedlich klassifizieren. Anhand welcher Parameter sich die Problemkonstellationen und Unterstützungsanlässe jeweils unterscheiden, wann ambulante oder aber teilstationäre Leistungen indiziert sind, dazu kann die befragte Lei-tungsperson aus Deutschland weder auf Basis ihrer Berufserfahrung noch im Rekurs auf einschlägige Forschungsbefunde eindeutige Aussagen treffen. Prinzipiell werde jeweils fallbezogen in einem Stufenverfahren entschieden, welche erzieherische Hilfe sinnvoll sei.
Wenn eine Familie erhebliche Belastungen zu meistern habe, stelle sich zunächst grundle-gend die Frage, ob sich das Kind fördern lasse, solange es in der Familie lebe. Es gehe darum zu prüfen, ob sich die Familie grossenteils von aussen stabilisieren lasse, ob sie für Entwicklungsprozesse bereit sei und ob sich das Kind von aussen fördern lasse. Je nach Problemkonstellation und je nach Bereitschaft der Eltern könne das Unterstützungsangebot eher familienunterstützend oder aber eher kindzentriert sein. Wenn es vor allem darum gehe, das Kind direkt zu unterstützen, stelle sich die Frage nach dem Strukturierungsgrad des Angebots. Zudem sei grundlegend zu entscheiden, ob das Angebot eher gruppen- oder einzelfallbezogen sein solle. Thematisch seien die kindzentrierten Angebote insgesamt ganz unterschiedlich angelegt – manche seien offener und freizeitbezogen auf den ausserschuli-schen Alltag der Kinder ausgerichtet, manche eher auf ihre schulische Förderung. Zum Teil seien Angebote auch so konzipiert, dass zu der regulären Arbeit mit den Minderjährigen zusätzlich auch noch Ressourcen und Kapazitäten für Elternarbeit integriert seien. Im Spekt-rum ambulanter erzieherischer Hilfen, die sich auf Heranwachsende bezögen, seien die intensive Einzelfallhilfe oder die Betreuungshilfen, die sich durch ihren aufsuchenden Cha-rakter auszeichneten, zentral. Ambulante Gruppensettings richteten sich jeweils an Kinder, die aus pädagogischen Regelangeboten (wie z. B. der Kindertagesstätte) eher rausfallen, weil sich die Kombination mit anderen Angeboten erzieherischer Hilfen oder mit nieder-schwelligeren Grundleistungen der Kinder- und Jugendhilfe möglicherweise mit ihren Verhal-tensweisen schwer vereinbaren lassen. Für solche Kinder sei ein kleiner, geschützter Rah-men mit sechs, acht oder zehn anderen Kindern in der gleichen Altersgruppe oder mit einem Altersabstand von zwei bis drei Jahren oftmals positiv. Angebote sozialer Gruppenarbeit seien derzeit wie folgt konzipiert: Das Angebot sei konzeptionell so angelegt, dass es an zwei Nachmittagen pro Woche jeweils zweieinhalb Stunden dauere und dass pädagogische Fachkräfte mit einem Stellenpensum von 250 Stellenprozenten mit den sechs bis acht Her-anwachsenden arbeiten und sich zudem in der Elternarbeit und Kooperation mit anderen Fachdiensten engagieren würden. Was die genaue Gruppenzusammensetzung und auch die thematische Ausrichtung der Gruppenarbeit anbelange, würden ganz unterschiedliche Mo-delle verfolgt – es gebe sowohl geschlechtshomogene als auch geschlechtsheterogene Gruppen und thematisch offenere wie auch stärker fokussierte Gruppen. Der Leistungstyp der Tagesgruppe dagegen sei mit einem intensiveren Betreuungsschlüssel ausgestattet. Als teilstationäres Angebot ziele es darauf ab, den Heranwachsenden regelmässig und über einen längeren Zeitraum und in einem wohnlichen Umfeld eine eigene Alltagsstruktur zu bieten. Die Einführung von Ganztagesschulen (das deutsche Pendant zu Tagesschulen) erfordere entsprechend eine Umgestaltung des Leistungstyps „Tagesgruppen“. Es gehe
dabei um eine Flexibilisierung der erzieherischen Hilfen, die eine Annäherung an Regelan-gebote möglich mache. Derzeit komme es deshalb zu Prozessen der Verflüssigung der Klassifizierung der Leistungstypen und zur Entwicklung neuer Hilfesettings. Dies sei in unterschiedlicher Hinsicht (z. B. finanztechnisch, organisatorisch, räumlich) aufwendig, aber fachlich und im Sinne der fachlichen Maxime der Adressatenorientierung angemessen.
Wichtig in diesem Zusammenhang sei, dass Standards, die bislang bezogen auf einzelne Leistungstypen bestünden, auch weiterhin beibehalten würden und man das Mass an Diffe-renziertheit unterschiedlicher Settings nicht zugunsten einer Inklusionsstrategie reduziere.
Eine vollständige Integration der ambulanten oder teilstationären Erziehungshilfen in andere Regelangebote wie die Ganztagesschule sei aufgrund der derzeitigen Standards und Rah-menbedingungen von Regelangeboten für Kinder mit höherem und spezifischerem Unter-stützungsbedarf nicht möglich.
Eine ähnliche Entwicklung zu stärkerer Ausdifferenzierung von Hilfesettings schildert auch die befragte Leitungsperson aus dem Kanton Bern. Sie berichtet, dass es früher die simple Klassifikation „mit Bett“ oder „ohne Bett“ gegeben habe, also zwischen einer regulären Heimunterbringung und anderen unterstützenden Massnahmen unterschieden worden sei.
Das Spektrum der Unterstützungsangebote habe sich mittlerweile jedoch stark weiterentwi-ckelt und ausdifferenziert. Die Einrichtung, in der die befragte Leitungsperson agiert, enga-giere sich beispielsweise mit einem Spektrum an unterschiedlichen Leistungen im Bereich erzieherischer Hilfen und sei vonseiten des Kantons für die sozialpädagogische Unterstüt-zung von Kindern und Familien in einem festgelegten Versorgungsgebiet beauftragt. Als fachliche Prämisse gelte dabei das Prinzip „ambulant vor stationär“, wobei fallbezogen flexibel und mit einer grossen Durchlässigkeit unterschiedliche Leistungen erbracht würden.
Insofern sei eine Klassifizierung in ambulant, teilstationär und stationär nicht angemessen, um dieses differenzierte Spektrum zu widerspiegeln. Grundlegend stehe über allen Leistun-gen die Prämisse, die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu stärken. Da hierfür jeweils individuel-le Passungen notwendig seien, sei eine strikte Klassifizierung in stationäre oder ambulante Leistungen nicht sinnvoll – eher solle man von Problembeschreibungen ausgehen und darauf bezogene passende Massnahmen entwickeln. Aus fachlicher Sicht sei es wichtig, dass jeweils geklärt sei, ob der Lebensmittelpunkt des Kindes im Heim oder in der Familie liege. Fachlich orientiere man sich in der Einrichtung im Kanton Bern am Konzept der Sozial-raumorientierung nach Wolfgang Hinte. Man strebe an, die Angebote niederschwellig zu-gänglich zu machen. Das hierfür benötigte hohe Mass an Flexibilität sei verwaltungs- und finanztechnisch nur mit einem Globalbudget realisierbar. Die pädagogische Arbeit richte sich am systemischen Arbeitsansatz aus, der interaktionale und mehrperspektivische Sichtweisen mit sich bringe.
Die befragte Leitungsperson aus dem Kanton Basel-Landschaft berichtet vorrangig mit Fokus auf ambulanten erzieherischen Hilfen und konkret auf dem Angebot „Sozialpädagogi-sche Familienbegleitung“ (SFB). Dieses ziele auf die Unterstützung von Eltern oder sonsti-gen Erziehungsberechtigten, die, gegebenenfalls aufgrund anderer Problemlasonsti-gen, Erzie-hungsschwierigkeiten hätten und die vorübergehend bei der Bewältigung ihres Erziehungs-auftrages Hilfe benötigten. Die Problemanlässe könne man wiederum unterscheiden in strukturelle Schwierigkeiten (Probleme bezogen auf kontinuierliche und zuverlässige Versor-gung der Kinder) einerseits und direkte Erziehungsschwierigkeiten, im Sinne von Bezie-hungsschwierigkeiten, andererseits. Zudem würden mit der sozialpädagogischen
Familien-begleitung über einen kurzen Zeitraum auch Familien adressiert, die momentane und vo-rübergehende Probleme hätten, z. B. Krankheit, kurzfristige psychische Probleme. Die sozialpädagogische Familienbegleitung sei beim entsprechenden Anbieter folgendermassen konzipiert: Mindestens einmal, gegebenenfalls aber auch zweimal wöchentlich gehe ein Familienhelfer oder eine Familienhelferin für jeweils eineinhalb Stunden in die Familie und arbeite dort mit Kindern und Eltern.
Aus Sicht des Experten aus dem Kanton Basel-Landschaft unterscheidet sich dieses ambu-lante Hilfesetting in der Schweiz im Vergleich zum Setting sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) in Deutschland: Die Begleitung sei hier in der Regel weniger intensiv, was die Dauer anbelange, kürzer und inhaltlich vor allem auf Beratung ausgerichtet; haushaltsbezogene Arbeiten würden hier in der Schweiz nicht erledigt.
Qualitätsdimensionen und Mindeststandards im Bereich erzieherischer Hilfen
Im Folgenden werden zentrale Punkte genannt, die sich auf unterschiedliche Qualitätsdi-mensionen beziehen und die aus Sicht der Experten zentral für die Erbringung von Leistun-gen im Bereich erzieherischer Hilfen sind.
Es sei zunächst wichtig, dass Anbieter im Bereich erzieherischer Hilfen über ein klares Konzept und über ein eindeutiges Qualitätsmanagement als Voraussetzung für die Betriebs-bewilligung verfügten. Aufseiten des Trägers sei wichtig, dass ein beaufsichtigtes internes und externes Qualitätsmanagement installiert sei und ein Berichtswesen, in dem auch ge-genüber dem Kostenträger Rechenschaft abgelegt werde. Berichte sollten, so die befragte Leitungsperson aus dem Kanton Bern, klar ausgewiesen sein und alle drei Jahre extern überprüft werden. Zudem sei, bezogen auf relevante fallbezogene Entscheidungsprozesse, das Vier-Augen-Prinzip zu respektieren, mit dem gewährleistet werden könne, dass nur jene Leistungen finanziert würden, die fachlich sinnvoll erschienen und Aussicht auf Erfolg hätten.
Aufseiten der Anbieter (der leistungserbringenden Dienste) müsse gesichert sein, dass sie über eine solide finanzielle Basis ebenso verfügten wie über die fachlichen, personellen und finanziellen Ressourcen, um Fachkräfte fachlich begleiten und unterstützen zu können.
Darüber hinaus sei es wichtig, dass alle Anbieter personell so ausgestattet seien, dass die einzelnen Fachkräfte im Team und arbeitsteilig mit Eltern oder Kindern arbeiten könnten.
Auch geschlechtsspezifisches Arbeiten und eine entsprechende geschlechtsbezogene Zusammensetzung des Teams werden in diesem Zusammenhang als wichtige Standards genannt.
Alle drei Experten betonen, es sei eine zentrale Prämisse, dass Anbieter im Bereich erziehe-rischer Hilfen eng mit anderen Fachdiensten kooperierten und in ein lokales Netzwerk an Unterstützungsstrukturen eingebunden seien. Um das Prinzip der flexiblen, individuell pas-senden Gestaltung von Hilfen gewährleisten zu können, sei es neben der Kooperation mit externen Fachdiensten auch wichtig, intern flexible Strukturen zu schaffen und eine enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teams zu pflegen. In der Einrichtung im Kanton Bern habe man hierfür auf organisationaler Ebene das Prinzip flacher Hierarchien eingeführt und die Funktion der Teamleitung abgeschafft.
Alle drei Experten betonen, dass, bezogen auf das Personal, eine einschlägige Grundausbil-dung im Bereich Soziale Arbeit/Sozialpädagogik bzw. alternativ auch eine andere fachnahe Ausbildung wichtig sei. Die befragte Leitungsperson aus Bern betont, dass sie eine ausge-prägte Generalistenkompetenz aufseiten des Personals einer zu engen Spezialisierung vorziehe. Generell wird seitens der Leitungsperson aus Deutschland gefordert, dass alle Fachkräfte im Bereich der erzieherischen Hilfen regelmässig Supervision (zwölf Mal andert-halb Stunden im Jahr) in Anspruch nehmen könnten.
Prinzipiell rät die interviewte Leitungsperson aus Deutschland, Mindeststandards für Leistun-gen der erzieherischen Hilfen auf einem allgemeinen Niveau zu formulieren und konkrete, konzeptbezogene Standards standortbezogen zu operationalisieren und auszuformulieren.
Ähnlich wie in Deutschland wird auch im Kanton Bern dafür plädiert, dass keine standardi-sierten Qualitätskriterien für einzelne Angebote oder Leistungstypen formuliert werden; es gehe vielmehr darum, grundlegende Struktur- und Handlungsprinzipien zu implementieren und deren Umsetzung und Gültigkeit immer wieder zu überprüfen. Um fallbezogen ein be-stimmtes Mass an Prozessqualität aufrechtzuerhalten, müsse alle zwei bis drei Monate geprüft werden, ob die Probleme und die darauf bezogenen Unterstützungssettings fachlich noch passend seien oder ob das Setting modifiziert werden müsse.
Vor allem die befragten Experten aus der Schweiz betonen, dass in diesem Zusammenhang den Leitungspersonen eine zentrale Rolle zukomme: In beiden Schweizer Einrichtungen sind die Leitungen jeweils eingebunden in die fallbezogene Arbeit (Fallsupervision, -coaching und -steuerung). Für das Angebot der sozialpädagogischen Familienbegleitung wird es als wich-tig erachtet, dass der Träger mit den Klienten und Klientinnen regelmässig Standortgesprä-che zur Bewertung des laufenden Unterstützungsprozesses durchführt und deren Verlauf und Ergebnisse dokumentiert.
Optimierungsbedarf im Bereich erzieherischer Hilfen
Optimierungsbedarfe im Bereich erzieherischer Hilfen im Kanton Basel-Landschaft beziehen sich aus Sicht der befragten Leitungsperson der beiden Institutionen aus der Schweiz vor allem auf die Frage der Zulassung von Anbietern und auf finanzierungstechnische Belange.
Als ein spezifisches Problem im Kanton Basel-Landschaft wird benannt, dass derzeit weder eine gesicherte Finanzierung noch eine kantonal einheitliche Finanzierungsregelung existie-re und es keinen Rechtsanspruch für unterstützungsbedürftige Familien gebe, die keine Sozialhilfe beziehen. Es wird kritisch bewertet, dass sich die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen derzeit nicht an fachlichen Kriterien bemessen würden, sondern von der finanzi-ellen Situation in den einzelnen Gemeinden, aber auch von der sozialen und materifinanzi-ellen Lage der Familien abhängig seien.
Als ein weiteres Problem mit Blick auf den Kanton Basel-Landschaft wird das Fehlen von klaren Qualitätsrichtlinien, bezogen auf die leistungserbringenden Institutionen sowie auf die konzeptionelle Ausgestaltung der sozialpädagogischen Familienbegleitung, benannt.
Auf kantonaler Ebene brauche es die Implementierung transparenter Finanzierungsregelun-gen für erzieherische Hilfen und einheitliche Bewilligungskriterien und -verfahren, die Festle-gung von klaren fachlichen Kriterien für die Konzeption und die Ausgestaltung von
Leistun-gen. Zudem wird vonseiten der befragten Experten empfohlen, Mindeststandards für die leistungserbringenden Dienste festzulegen; auch müssten klare Leistungsvereinbarungen zwischen diesen Diensten und einer übergeordneten und verantwortenden Fachstelle getrof-fen werden.
Als Herausforderung im Zusammenhang mit der Prämisse der fallbezogenen Arbeit und der Flexibilisierung von Hilfesettings wird formuliert, durchlässige und flexible IT-Instrumente für die Falldokumentation zu entwickeln.