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Symposium ‘Fachdidaktik Sport / Didactique de l'éducation physique et sportive’

Beitrag / Contribution 1

Lehren und Lernen im Schulsport (LELEPS)

Beim Projekt „Lehren und Lernen im Schulsport‟ (LELEPS) handelt es sich um ein nationales Projekt, welches unter anderem durch projektgebundene Beiträge finanziert wurde und zum Ziel hat, ein sprach- und schulstufenübergreifendes fachdidaktisches Grundlagenwerk für das Fach Bewegung und Sport in der Schweiz zu erarbeiten.

An diesem nationalen Projekt sind insgesamt acht verschiedene pädagogische Hochschulen aus der Deutsch- und Westschweiz beteiligt. Seit Beginn des Projekts im Jahre 2017 wurden die ersten drei Kapitel zu den Themen „Fachverständnis‟, „Lernende und Lernen‟

sowie „Lehrende und Lehren‟ verfasst. Im Folgenden sollen die drei weiteren Kapitel

„Planen‟, „Durchführen‟ sowie „Evaluieren‟ anhand von Praxisbeispielen erarbeitet werden.

Bis spätestens Ende 2020 soll das Projekt fertiggestellt und über den HEP- und LEP-Verlag veröffentlicht werden. Das Endprodukt wird letztendlich in deutscher sowie französischer Sprache in gedruckter als auch in digitaler Form (e-book) vorliegen. Es soll zur

fachdidaktischen Aus- und Weiterbildung von (angehenden) Sportlehrpersonen dienen, kann aber auch in sonstigen theoretischen sportpädagogischen oder -praxisorientierten

Lehrveranstaltungen als Grundlagewerk eingesetzt werden.

Nachfolgend werden die Inhalte der sechs Hauptkapitel des fachdidaktischen Grundlagewerks kurz vorgestellt:

1. Fachverständnis

In diesem Kapitel wird das übergeordnete Orientierungsmodell vorgestellt, welches durch das ganze Werk führt (vgl. Abb. 1). Es werden dabei die Themen aufgegriffen, welche für die am Lehrplan orientierte Kompetenzentwicklung des Individuums aus der Perspektive des Fachs Bewegung und Sport von Bedeutung sind. Dazu gehören einerseits die Gesellschaft mit dem privaten Umfeld sowie der Sport als Phänomen, die Schule als Gesamtinstitution, der Sportunterricht und die beiden Hauptakteure die Lernenden sowie Lehrenden. Die Hauptakteure stehen wiederum über Lehr- und Lernprozesse sowie den fachdidaktischen Inhalten „Planen, Durchführen und Evaluieren‟ miteinander in Interaktion. Es werden Themen wie die gesellschaftliche Entwicklung des Sports und deren Auswirkungen auf den Schulsport, die Bedeutung des Bewegungs- und Sportunterrichts für die

Persönlichkeitsentwicklung und die Gesundheit, die Digitalisierung sowie die nachhaltige Entwicklung mit dem Schulsport in Verbindung gebracht. Ausserdem werden die

verschiedenen institutionellen sowie politischen Strukturen und Programme und deren Einfluss auf den Sportunterricht geschildert.

Abbildung 1: Übergeordnetes Orientierungsmodell

2. Lernende und Lernen

Im Kapitel werden einerseits die Lernenden als Individuum mitsamt ihrer Entwicklung, ihren besonderen Bedürfnissen und ihrem Lebensraum betrachtet. Anderseits wird das Lernen beschrieben und zwar wie Lernen überhaupt funktioniert, wie motorische aber auch überfachliche Kompetenzen gelernt werden und welche Lernmethoden im Sportunterricht angewendet werden können. Zudem wird in diesem Kapitel der Einfluss der Motivation auf das Lernen sowie das Streben der Lernenden nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit thematisiert.

3. Lehrende und Lehren

Dieses Kapitel befasst sich mit den Lehrenden, ihren professionellen Kompetenzen, ihrem Professionswissen sowie der Transformation von Wissen zu Performanz, wobei der Professionsanspruch der Lehrberufe kritisch betrachtet wird. Zudem werden die Hauptaufgaben der Sportlehrperson vorgestellt sowie deren pädagogischen Ansätze besprochen. Beim Thema Lehren wird der Doppelauftrag des Sportunterrichts sowie der Kompetenzansatz im Sportunterricht berücksichtigt. Es werden die Beobachtung und Begleitung des Lernprozesses im Sportunterricht unter anderen mit Themen wie Umgang mit Heterogenität, Classroom management, Sicherheitsmanagement, Feedback geben sowie das Unterrichten im digitalen Zeitalter behandelt.

4. Planen

Beim Thema „Planen‟ wird das Arbeiten mit dem Lehrplan 21 und dem PER, die

Kompetenzorientierung sowie die Zielorientierung behandelt. Zudem werden fachspezifische Planungsgrössen eines Unterrichtsvorhabens (Planung einer Unterrichtseinheit) sowie die Planung einer Sequenz (Lektion) vorgestellt.

5. Durchführen

Im Kapitel „Durchführen‟ wird der Übergang vom Planen zum Durchführen aufgenommen und mehrere fachdidaktische Themen behandelt. Unter anderem werden unterschiedliche

Unterrichtsmethoden, verschiedene Lehr- und Lernarrangements sowie vielfältige Kommunikationsformen und der Einsatz von Medien im Sportunterricht diskutiert.

6. Evaluieren

Beim Thema „Evaluieren‟ wird die Besonderheit der Evaluation im Sportunterricht (mit/ohne Noten, promotionsrelevant oder nicht) aufgenommen sowie beschrieben, was für

Kompetenzen (zum Beispiel überfachliche Kompetenzen) im Sportunterricht wie (zum Beispiel formativ oder summativ) evaluiert werden können. Zudem werden Instrumente zur Evaluation sowie die Evaluation zur Bewertung der Qualität des Unterrichts vorgestellt und Grenzen der Beurteilung aufgezeigt.

Parallel zu diesem vorgestellten Entwicklungsprojekt wird zudem ein Forschungsprojekt durchgeführt. In diesem nationalen qualitativen Forschungsprojekt wurden insgesamt 18 Leitfadeninterviews mit Sportdozierenden geführt, welche kriterienbasiert ausgewählt wurden (Ausbildungsort, Zielstufe, Sprachregion, et cetera.). Auf der theoretischen Grundlage des COACTIV-Modells (Baumert & Kunter, 2006; 2011) soll mittels einer strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) das subjektive Fach- sowie das Professionsverständnis von deutsch- sowie französischsprachigen

Sportdozierenden auf unterschiedlichen Zielstufen herauskristallisiert und miteinander verglichen werden. Zudem werden zu diesen Themen im Rahmen des Projekts LELEPS mehrere studentische Abschlussarbeiten verfasst.

Literaturverzeichnis

• Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften.

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), 469-520.

• Baumert, J. & Kunter, M. (2011). Das Kompetenzmodell von COACTIV. In M. Kunter, J.

Baumert, W. Blum, U. Klausmann, S. Krauss & M. Neubrand (Hrsg.), Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV (S. 29-53). Münster: Waxmann.

• Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse (11. Auflage). Weinheim: Beltz.

Autorinnen und Autoren

• Christelle Hayoz, Pädagogische Hochschule Bern, PHBern, christelle.hayoz@phbern.ch

Beitrag / Contribution 2

Disziplinarität und Kooperation: Kompetenzzentrum Fachdidaktik Sport

Die Fachdidaktik wird gerne als „interdisziplinäre Wissenschaft‟ bezeichnet. Mit diesem Label geht jedoch die Gefahr einher, nicht als eigenständige Disziplin wahrgenommen zu werden. Die Fachdidaktik kann dagegen ihre noch junge Disziplinarität dadurch stärken, dass sie sich als Professionswissenschaft weder einer Fachdisziplin noch einer einzigen Methodologie unterordnet. Zur Darstellung dieses Diskurses am Beispiel der Fachdidaktik Sport, orientieren wir uns an den von Terhart (2011) formulierten Bestimmungsansätzen von Professionalität.

Diese Folie dient dazu, die Differenz von unterschiedlichen methodologischen Zugängen in Bezug auf einen gemeinsamen Gegenstand (Sportdidaktik) zu diskutieren. In diesem Zuge werden gleichzeitig die verschiedenen Forschungsprojekte des Kompetenzzentrums vorgestellt.

Kompetenzorientierte Ansätze in der Sportdidaktik

Bromme (1992, S. 9) sieht die Voraussetzung für das Handeln von Lehrpersonen in „eine[r]

Fülle von professionellem Wissen‟. Mit dieser Feststellung wird dem Professionswissen ein quantitativer Wert zugesprochen: Lehrerinnen und Lehrer müssen nicht nur über

spezifisches Wissen verfügen, sondern vielmehr auch über eine bestimmte Menge von Wissen. Diesem kompetenzorientierten Zugang lässt sich die Untersuchung PCK 1.0 zuordnen (vgl. Vogler, Messmer & Allemann, 2017). Die Stichprobe umfasste insgesamt 113 Probanden. Diese mussten 16 Text-Vignetten beantworten, resp. interpretieren. Trotz dieser qualitativen Erhebung, wurden die Daten mehrheitlich mittels quantitativer Verfahren ausgewertet. Der Vergleich der verschiedenen Kohorten (Schulstufe SI und SII) – gemessen zu Beginn und am Ende ihres Studiums – liess keine durchgehende Bestätigung der

„Knowledgeable Teacher Hypothesis‟ zu (Kunter et al., 2013, S. 806). Diese These besagt (gleichsam als Grundhypothese), dass das Durchlaufen von Ausbildungsprogrammen zu einem Zuwachs von Wissen und Können (hier bei den Sportstudierenden) führt.

Strukturtheoretische Ansätze in der Sportdidaktik

Bereits Shulman bezeichnet das PCK als ein „special amalgam of content and pedagogy that is uniquely the province of teachers, their own special form of professional

understanding‟ (Shulman, 1987, S. 8). Zugleich verweist er mit dieser Metapher auf die Notwendigkeit des Kontextbezuges – sowohl des Professionswissens als auch der Forschungszugänge. Die Dissertation von Jolanda Vogler (2019) fokussiert diesen kontextuellen Bezug – wie er aktuell auch von Blömeke et al. (2015) eingefordert wird. In ihrer qualitativen Untersuchung kann sie 5 Entscheidungsmuster ausdifferenzieren, die sich bei konkreten Entscheidungen von Sportlehrpersonen im Unterricht zeigen.

Der Zugang und auch die Erkenntnisse aus dem Projekt PCK 2.0 lassen sich einem

„strukturtheoretischen Bestimmungsansatz‟ zuordnen. Die dargestellten

Entscheidungsmuster zeigen sich in kritischen Situationen oder – in den Worten von Terhart – in Antinomien des Lehrerhandelns. Die in der Methodologie der dokumentarischen Methode identifizierten Entscheidungstypen (oder Muster) lassen sich hierbei gleichsam als

„Mustererkennungsprozesse‟ beschreiben, wie sie von Neuweg (2011, S. 463) bezeichnet werden. Ohne Rückgriff auf explizites Wissen entscheiden oder handeln Lehrpersonen in einem narrativen Denkmodus, der – nicht nur auf biografische – Geschichten zurückgreift (Messmer, 2011).

Narrativ und berufsbiografische Ansätze in der Sportdidaktik

Carolin Bischlager (2019) wählt in ihrer Dissertation einen berufsbiografischen

Bestimmungsansatz. In Anlehnung an die Narrativ Inquiry (Clandinin, 2007) nennen wir diesen Ansatz „narrativ-biografischen Ansatz‟. Die oben genannten Untersuchungen deuten darauf hin, dass – ausgehend von unterschiedlichen Phrasierungen von Fachwissenschaft und Fachdidaktik – von Sportlehrpersonen unterschiedliche Habitus und „beliefs‟

ausgebildet werden.

Ausgehend von den oben skizzierten methodologischen Zugangsweisen und der hier dargestellten Untersuchungen erscheint damit die Unterscheidung von

„kompetenzorientierten‟, „strukturtheoretischen‟ und „berufsbiografischen‟

Bestimmungsansätzen als durchaus zielführend. Allerdings – und das zeigen unsere Ergebnisse – besonders in Erweiterung auf narrative Daten, die nicht ausschliesslich die Biografie von Lehrpersonen, sondern auch ihre „alltäglichen‟ Unterrichtsgeschichten betreffen.

Für die „junge‟ Disziplin, Fachdidaktik Sport, macht es daher Sinn, dass

Forschungszugänge in der hier dargestellten Heterogenität gewählt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass fachdidaktische Erkenntnisse, welche sich explizit einer Profession verpflichtet sehen, nur in einer ungenügenden Reichweite und professionsspezifischen Tiefe entwickelt werden.

Literaturverzeichnis

• Bischlager, C. (2019). Beliefs von Sportlehrpersonen. In F. Borkenhagen, R. Heim, K.

Pöppel, M. Schierz & J. Sohnsmeyer (Hrsg.), Bewegung und Sport im Horizont von Jugend und schulpädagogischer Forschung. 32. Jahrestagung der dvs-Sektion Sportpädagogik (Abstracts) (p. 88). Hamburg: Czwalina.

• Blömeke, S., Gustafsson, J.-E. & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies:

Competence Viewed as a Continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3-13.

doi:10.1027/2151-2604/a000194.

• Bromme, R. (1992). Der Lehrer als Experte: zur Psychologie des professionellen Wissens. Bern: Huber.

• Clandinin, D. J. (2007). Handbook of narrative inquiry: mapping a methodology.

Thousand Oaks, CA: Sage.

• Kunter, M., Klusmann, U., Baumert, J., Richter, D., Voss, T. & Hachfeld, A. (2013).

Professional competence of teachers: Effects on instructional quality and student development. Journal of Educational Psychology, 105(3), 805-820.

doi:10.1037/a0032583.

• Messmer, R. (2011). Ordnungen der Alltagserfahrung – Neue Ansätze zum Theorie-Praxisbezug und zur Fallarbeit in der Lehrerbildung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

• Neuweg, H. G. (2011). Das Wissen der Wissensvermittler. In E. Terhart, H. Bennewitz

& M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 451-477).

Münster: Waxmann.

• Shulman, L. S. (1987). Knowledge and Teaching: Fondation of the New Reform.

Harvard Educational Review: 57 (1/87), 1-22.

• Terhart, E. (2011). Lehrerberuf und Professionalität. Gewandeltes Begriffsverständnis - neue Herausforderungen. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 57, 202-224.

• Vogler, J. (2019). Professionelle Entscheidungen in kritischen Situationen des Sportunterrichts (PCK 2.0) (Dissertation). Basel (eingereicht).

• Vogler, J., Messmer, R. & Allemann, D. (2017). Das fachdidaktische Wissen und Können von Sportlehrpersonen (PCK-Sport). Ger J Exerc Sport Res, 134.

doi:10.1007/s12662-017-0461-4.

Autorinnen und Autoren

• Roland Messmer, Pädagogische Hochschule Fachhochschule Nordwestschweiz, PH FHNW / Universität Basel, UNIBAS, roland.messmer@fhnw.ch

Symposium ‘Berufsfelddidaktik / Didactique de la formation