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1 Struktur und Organisation von Sparkassen

1.4 Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe

Die Sparkassen-Finanzgruppe ist ein komplexes System aus Sparkassen, Regional- und Bundesverbänden, Landesbanken, öffentlichen Versicherungen u.v.m. (ca. 750 Institu-te) und ist damit die größte Finanzgruppe in Europa.35 Die Gruppe ist gekennzeichnet durch eine historisch gewachsene, dezentrale Struktur. Zusätzlich sind neue zentrale In-stitute gegründet worden, bzw. wurden zur effizienteren Wahrnehmung der Aufgaben Fusionen eingegangen. Der innere Kern36 der Sparkassen-Finanzgruppe lässt sich, wie die folgende Abb. zeigt, grob in den Bank- und in den Verbandsbereich unterteilen.

Der Bankbereich beinhaltet auf lokaler Ebene die Sparkassen und auf regionaler Ebene die Landesbanken. Die DGZ·DekaBank fungiert darüber hinaus als Zentralinsti-tut und als Fondsgesellschaft auf nationaler Ebene. Der Verbandsbereich gliedert sich in die regionalen Sparkassen- und Giroverbände, den Verband freier Sparkassen und den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Folgend werden die Bestandteile des Verbunds sowie deren Arbeitsweise vorgestellt.

35 vgl. Haasis, H.; S.1; 16.05.2001

36 Anm.: In der Abb. sind nur die wesentlichen Bestandteile dargestellt. Zu der Sparkassen-Finanzgruppe gehören auch Versicherungsgesellschaften, Landesbausparkassen, Leasinggesellschaf-ten usw.

Abbildung 3: Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe

Quelle: http://www.sparkassenstiftung.de/aktuelles/aktuelles.shtml

1.4.1 Die Sparkassen

Die 563 Sparkassen erwirtschafteten im Jahr 2000 eine aggregierte Bilanzsumme von 930 Milliarden €. Die Sparkasse Hamburg lag mit rund 31 Mrd. € an der Spitze, bi-lanzmäßig das kleinste Institut war 2000 die Sparkasse Speicher mit rund 0,06 Mrd. €37. Zum Vergleich: die Dresdner Bank AG hatte im Jahr 2000 ohne die Tochtergesellschaf-ten eine Bilanzsumme von rund 356 Mrd.38 €.

Als Universalkreditinstitute betreiben die Sparkassen alle üblichen Bankgeschäfte.

Die Sparkassen beschäftigen 280.000 Mitarbeiter und verfügen über ein dichtes Zweig-stellennetz, das sich jedoch von 19.800 Bankstellen (1990) auf rund 17.500 (2000) re-duziert hat. Allerdings hat die starke Präsenz in der Fläche keine lange Tradition; so wa-ren es 1957 nur rund 9.000 Bankstellen.39

1.4.2 Landesbanken

Wie bereits beschrieben agieren die 11 Landesbanken zunächst als Sparkassenzentral-banken und sorgen dafür, dass die Sparkassen alle üblichen Bankleistungen anbieten können. Darüber hinaus fungieren die Landesbanken als Staats- und Kommunalbanken.

Die Landesbanken betreiben jedoch auch als Universalbanken Bankgeschäfte aller Art

37 vgl. Moormann, D.; Schnitzler, R.;S. 300 ff; 06/2001

38 vgl. Dresdner Bank; 2001

39 Deutsche Bundesbank; Monatsbericht September 2000; S. 68 und Juli 2001; S.104 Bereich

519 Sparkassen im Verband 7 freie Sparkassen 12 regionale

Sparkassenverbände

und überall; ein Regionalprinzip gilt für Landesbanken nicht. Sie „beteiligen sich an privaten Unternehmen in beliebigen Wirtschaftssektoren.“40 Bedingt durch das EU-Wettbewerbsverfahren sind viele Landesbanken jedoch gezwungen sich in einen pri-vatwirtschaftlichen und in einen förderorientierten Teil aufzuspalten. In den alten Bun-desländern ist in jedem Bundesland, bis auf Hamburg und Schleswig-Holstein – wo die Landesbanken Anfang 2003 zur HSH Nordbank fusionierten – jeweils ein Regionalin-stitut anzutreffen. In Ostdeutschland errichtete nur Sachsen eine eigene Landesbank.

Die anderen neuen Bundesländer betreiben entweder eine gemeinsame Landesbank mit Ländern aus dem Westen oder haben die Wahrnehmung der Aufgaben westdeutschen Landesbanken übertragen.41 Die 11 Banken der Länder verfügten 2002, über eine zu-sammengefasste Bilanzsumme von 1.324 Mrd. €. Sie unterhalten 650 Geschäftsstellen und beschäftigen rund 60.308 Mitarbeiter.42

Rechtlich getragen werden die Landesbanken in der Regel von den regionalen Spar-kassen- und Giroverbänden, die wiederum von den Sparkassen betrieben werden und dem jeweiligen Bundesland sowie in manchen Bundesländern von regionalen Gebiets-körperschaften. Darüber hinaus sind die Landesbanken teilweise untereinander über weitreichende Verflechtungen kapitalmäßig verbunden.

Kooperationen zwischen den Landesbanken werden in letzter Zeit verstärkt disku-tiert. Insgesamt zeichnen sich die Landesbanken allerdings durch Uneinigkeit aus. So schrieb die Süddeutsche Zeitung noch 2001: „Das zeigt die unveränderte Existenz der zwölf Landesbanken, die zum Teil zwar miteinander verflochten sind, aber wegen der Unbeweglichkeit ihrer Landesfürsten nie zu größeren Einheiten fanden.“43 Die Fusion Anfang des Jahres zwischen den Landesbanken in Hamburg und Schleswig-Holstein kann da sicherlich als ein erster Schritt hin zu größeren Einheiten gewertet werden. In einem Positionspapier des Deutschen Sparkassen und Giroverbands (DSGV) vom Sep-tember 2002 wird die Leitlinie verfolgt, „die Landesbanken stärker als früher für die un-ternehmerische Bündelung von Produktentwicklungs- und Abwicklungsaufgaben vor-zusehen.“44 Will sagen: von den Sparkassen sind mehr Aufgaben an die Landesbanken abzugeben um Mengen- und Spezialisierungseffekte nutzen zu können. Ziel des DSGV ist es dabei zu verhindern, dass einzelne Sparkassen gemeinsam Abwicklungsbanken gründen und die Struktur der Landesbanken unterlaufen. Ferner empfiehlt der DSGV,

„wo die kritische Größe in einzelnen Bereichen bei Landesbanken nicht erreicht wird, (...) sind Kooperationen einzelner oder mehrer Landesbanken, Fusionen von Landes-banken, Gründungen von Gemeinschaftsunternehmen durch Landesbanken (...) oder bundesweite Lösungen denkbare Optionen.“45

40 Donges, J. B; Eekhoff, J; Möschel, W.; Neumann, M. J. M.; Sievert, O.; S.10 ; 2001

41 vgl. Schmidt, D.; S. 275; 2000

42 vgl. DSGV; 2003

43 üddeutsche Zeitung; S. 27; 14.08.2001

44 DSGV, Strategie der Sparkassen Finanzgruppe, S. 9, 2002

45 ebenda

1.4.3 Deutscher Sparkassen- und Giroverband und die regionalen Verbände

Die regionalen Sparkassen- und Giroverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Pflichtmitglieder sind die Sparkassen und deren Gewährträger. Ihre Aufgaben liegen im Bereich Beratung und externe Revision der Sparkassen, Unterhaltung der Sparkassenstützungsfonds, Interessenvertretung auf regionaler und nationaler Ebene sowie Aus- und Weiterbildung.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wird von den Regionalverbän-den, dem Verband der freien Sparkassen und den Landesbanken getragen. Er vertritt die Interessen der Sparkassen-Finanzgruppe auf nationaler und internationaler Ebene, ins-besondere gegenüber der EU-Kommission und ist für Beratung, Erfahrungsaustausch, Fort- und Weiterbildung usw. zuständig. Er hat damit einerseits typische Verbandsfunk-tion, andererseits ist er als das zentralistische Element der Sparkassen-Finanzgruppe maßgeblich an der Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Finanzkonglomerates betei-ligt.46

Die Meinungsbildung verläuft dabei von den lokalen Einzelinstituten über die Re-gionalverbände zum Spitzenverband. In früheren Jahren gab es eine Konsensbasis auf Grund der gemeinsamen Orientierung an der Sparkassenidee. Doch die Selbstverständ-lichkeit der Konsensbildung hat sich teilweise aufgelöst und ist einer individuellen Auf-fassung gewichen. Die schwierigen Abstimmungsprozesse sind ein strukturelles Pro-blem, das grundsätzlich nicht geändert werden kann, ohne die Dezentralität als Basis der Sparkassenidee zu verändern.47 Doch die Notwendigkeit einer einheitlichen Willensbil-dung ist nicht zu unterschätzen, insbesondere um die Interessen gegenüber Politik und Wirtschaft zu vertreten, wie sich bei der nur wenig zurückliegenden Diskussion um die Rechtmäßigkeit der Wettbewerbsvorteile mit der EU gezeigt hat.

1.4.4 Geschäftsmodell und Arbeitsteilung der Sparkassen-Finanzgruppe

Von den privaten Banken und Versicherungen werden kontinuierlich Fusionen und Übernahmen angekündigt, dementiert oder tatsächlich geschlossen. Ziel der größeren Einheiten ist die Realisierung von Synergien durch komplementäre Produkte und Ko-steneinsparung durch Skaleneffekte.48 Auf der einen Seite ist z.B. die Dresdner Bank AG mit einer Bilanzsumme von rund 356 Mrd. € 49 zu klein zum Überleben, auf der an-deren Seite schaffen es die ungefähr 526 eigenständigen Sparkassen – von denen 110 Häuser im Jahr 2000 eine Bilanzsumme von unter einer halben Mrd. € hatten50 – sich am Markt zu behaupten. Wie passt das zusammen?

46 vgl. DSGV; 2001(a);

47 vgl. Kuhr, W.; S. 97 ff; 1991

48 Anm.: Skaleneffekte sind Einsparungseffekte durch eine größere Ausbringungsmenge, dadurch redu-zieren sich die Stückkosten. (Economies of scale). Die dazu notwendige Stückkostendegression ist insbesondere bei standarisierten Massenprodukten vorhanden. (vgl. z.B. Schätzl, L.; S. 223ff; 2001)

49 Dresdner Bank, 2001

50 vgl. Moormann, D.; Schnitzler, R.; S. 301; 2001

Abgesehen davon, dass auch im Sparkassensektor fusioniert wird, liegt die Antwort im Geschäftsmodell der Sparkassen-Finanzgruppe. Die Sparkassenorganisation zeichnet sich durch eine vertikale Arbeitsteilung, Kooperation und Spezialisierung aus.51 Spar-kassen wenden die Strategie des Verbundes an: sie begrenzen ihr Geschäftsgebiet und konzentrieren sich auf die Region (Regionalprinzip), sind damit schnell und flexibel und nutzen das Verbundsystem zur Abwicklung des Mengengeschäftes im Back-Office-Bereich und für das Vorhalten spezialisierter Kompetenzen (z.B. in der Produktentwick-lung). Das Vorstandsmitglied der Sparkasse Erlangen Buchmann bringt es auf den Punkt: „Das Verbundsystem bietet der einzelnen Sparkasse somit alle Vorteile eines Großunternehmens, sichert aber auch die Vorzüge einer regional eingebundenen, flexi-blen Organisationseinheit.“52 Der Verbund ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus dem Subsidiaritäts- und dem Dezentralitätsprinzip. Subsidiarität bedeutet dabei nicht nur Aufgaben abzugeben, die nicht selbst erledigt werden können, sondern auch die Abgabe der Aufgaben, die nur zu unvertretbar hohen Kosten erbracht werden könn-ten. Dieses Prinzip der Subsidiarität soll die Entscheidungsfindung und das regionalspe-zifische Geschäft vor Ort belassen, das Mengengeschäft hingegen zentralisieren.53

Die Landesbanken übernehmen dabei als Sparkassenzentralbanken insbesondere die Aufgaben der Zahlungsverkehrsabwicklung, der EDV-Entwicklung, der Liquiditätspoli-tik sowie des Wertpapier- und Auslandsgeschäftes. Im Rahmen der Allfinanzstrategie wurden die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in den Verbund inte-griert.54 Zwischen den Sparkassen und Landesbanken bestehen weitreichende Finanzbe-ziehungen, insbesondere im Bereich der Umwandlung von kurzfristigen Spareinlagen in langfristige Gelder.

Kooperation versus Fusion

Doch noch immer werden bei den Sparkassen große Teile der Wertschöpfungskette selbst erbracht. „Nur in den Bereichen, in denen die eigenen Möglichkeiten nicht aus-reichen, werden Verbundpartner hinzugezogen.“55 Die hohe Eigenerstellungsquote im Back-Office-Bereich in Verbindung mit den vielfach immer noch kleinen Betriebsgrö-ßen sorgt für hohe Kosten. Daher werden Fusionen auch bei den Sparkassen aktuell dis-kutiert. Zusammenschlüsse erscheinen insbesondere da sinnvoll, wo damit der Identität einer Wirtschaftsregion Rechnung getragen wird. Es stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, inwieweit Sparkassen ihre Marktposition über Kostensenkungen durch Fusionen ausbauen sollten. Denn durch „den Zusammenschluss von zwei oder mehr Sparkassen lassen sich nicht die Größenordnungen erreichen, die die für eine spürbare und dauer-hafte Kostensenkung notwendigen Skalen- und Synergieeffekte realisieren. Bei Fusio-nen im großen Stil würde aber die Vertrautheit mit den jeweiligen örtlichen Gegeben-heiten und die für die Kunden erlebbare Nähe zu ihrer Sparkasse tendenziell

zurückge-51 vgl. Donges; Eekhoff, J; Möschel, W.; Neumann, M. J. M.; Sievert.; S. 10; 2001

52 Buchmann, P.; S. 578; 10/2001

53 vgl. Gerlach, R.; S. 310 ff; 1999

54 vgl. z.B Schmidt, D.; S. 42; 2000

55 Buchmann, P.; S. 578 ff; 2001

hen – und damit einige der [...] strategischen Vorteile der Sparkassen aufgegeben.“56 Die Ertragsstärke der Sparkassen ist die regionale Präsenz und die Kenntnis der Region.

Doch der Kostendruck bleibt und die Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen hohen Anspruch: kompetente, individuelle und vertrauensvolle Beratung vor Ort, aber im Massengeschäft so kostengünstig wie die Direktbanken. Daher heißt die Strategie, Spezialisierung auf das Kerngeschäft und Outsourcing der Back-Office-Bereiche. Ne-ben der Inanspruchnahme der Landesbanken im Rahmen der vertikalen Arbeitsteilung kommt es verstärkt zu horizontalen Kooperationen zwischen den Sparkassen, indem ei-ne Sparkasse für mehrere Häuser Arbeiten erledigt oder – was in letzter Zeit häufig ge-schieht – durch die Gründung gemeinsamer Tochtergesellschaften. Ziel ist es, durch Massenabfertigung in regionale Kompetenzzentren „im Stil einer Bankfabrik“57 Skalen-effekte und Rationalisierungsgewinne zu realisieren.

Online-Banking im Verbund

Im Online-Banking gibt es eine Mischung aus gemeinsamer Strategie, regionalen Ko-operationen und dezentralen Angeboten. Nachdem es in der Vergangenheit eher zu re-gionalen Lösungen kam, versucht man nun „die aus der realen Welt vertraute [...] Mar-ke Sparkasse“58 systematisch für den Online-Auftritt einzusetzen. Nach Angaben des DSGV werden mittelfristig 60 % der Kunden Leistungen stationär und online bzw. tele-fonisch einfordern. Daher setzt die Sparkassen-Finanzgruppe für das Gros der Kunden auf den Multikanalvertrieb. Der dezentrale Netzauftritt der Sparkassen wird dafür mit zentralen Leistungen und einem Informationsportal (www.sparkassen.de) gekoppelt werden. Darüber hinaus gibt es den reinen Online-Vertrieb für rund 20 % der Kunden, für die allein Preis und Bequemlichkeit ausschlaggebend sind. Um für diese Zielgruppe ein eigenständiges, zentrales Online-Angebot zu errichten, wurde im April 2001 der On-line-Broker „pulsiv.com“ übernommen.59