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2 Sparkassen im Spannungsfeld zwischen

2.2 Das wettbewerbliche Spannungsfeld

Der deutsche Finanzdienstleistungsmarkt hat seit einigen Jahren seine traditionelle Ge-mächlichkeit verloren. Gründe dafür sind der EU-Binnenmarkt, die informationstechno-logischen Möglichkeiten und kritischer gewordene Verbraucherinnen und Verbraucher.

Folgend wird dieses Spannungsfeld bezogen auf die Nachfrageseite und Angebotsseite thematisiert.

2.2.1 Die Nachfrager

Im traditionellen deutschen Bankenmarkt standen das Vertrauen und die absolute Si-cherheit zentral. Auf Grund der relativ geringen Sparvermögen kam es auf einen halben Prozentpunkt in der Verzinsung nicht an. Die Loyalität zu der Bank des Vertrauens war daher groß. Heute hat Geld eine andere Bedeutung. Der DSGV geht davon aus, dass im Jahre 2010 5 % der Haushalte hochvermögend, weitere 33 % vermögend und 62 % un-vermögend sein werden, 6 % davon sogar kaum Einkommen haben werden.84 Für die Gruppe der vermögenden Kunden ist ein halber Prozentpunkt Rendite in der Anlage ausschlaggebend. Und die, die kein Vermögen haben, sind für die Banken ohnedies we-nig interessant. Hinzu kommt, dass die neue Nachfragergeneration einen besseren Bil-dungsstand, eine anderes Kundenselbstverständnis und die Möglichkeit hat, durch die Informationstechnologien einen Überblick über die Anbieter zu bekommen. „Geld hat seinen Mythos verloren – sinkende Bankloyalitäten sind die Folge. [...] Man schätzt, dass schon heute fast 50 % des Anlagepotenzials vagabundieren, d.h. nicht bei der Hausbank, sondern woanders angelegt werden.“85 Wie die Abbildung 8 angibt, zeigt sich das renditeorientierte Anlageverhalten u.a. an dem Verfall der Zinsmarge, die die Differenz zwischen dem zu zahlenden Zinssatz für Geldanlagen und dem Zinsertrag aus Krediten angibt. Es werden Renditen erwartet, die mit den klassischen Spareinlagen nicht zu erzielen sind. Problematisch für die Sparkassen ist, dass sie bei Produkten mit ab-nehmender Marktbedeutung und sinkenden Ergebnisbeiträgen hohe Marktanteile auf-weisen. So haben die Sparkassen – wie zuvor dargestellt – im Bereich der Spareinlagen einen Marktanteil von über 50 %. Im Jahr 1998 lag die relative Bedeutung des Zinsüber-schusses am Betriebsergebnis bei den Sparkassen bei rund 81,9 %; bei den Großban-ken waren es nur 63,9 %. Die Bedeutung der Provisionserträge für das Betriebser-gebnis ist hingegen auf Grund des Aktienbooms bis 2001 generell gestiegen. Bei den Sparkassen lag der Anteil trotzdem nur bei 15,7%; bei den Großbanken war der

Bedeu-83 OECD, 1993; nach Kohlhausen, M.; S. 33; 2000

84 Körner, M.; S. 190; 2001

85 Körner, M; S. 191; 2001

tungsanteil mit 34,1% fast doppelt so hoch.86 Allerdings waren die Sparkassen dadurch auch nicht so stark von den zwischen 2001 und 2003 gesunkenen Aktienkursen betrof-fen.

Abbildung 8: Entwicklung der Zinsmarge in Relation zur Bilanzsumme (in %)

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5

1993 1995 1997 1999 2001

Sparkassen Großbanken Alle Bankengruppen

Quelle: D. Bundesbank; Monatsbericht 9/200; S.69 / 9/2002

Als Vorteil für die Sparkassen erweist sich, dass Großunternehmen mit einem komple-xen Finanzberatungsbedarf, die oftmals zum Kundenportfolio der privaten Großbanken gehören, eine höhere Preissensibilität zeigen und daher die Margen geringer sind. Klei-ne und mittlere Firmenkunden hingegen sind weniger preissensibel. Flexibilität, SchKlei-nel- Schnel-ligkeit und Verständnis für die Marktlage und die Situation des Unternehmens sind hier wichtigere Kundenbindungsmerkmale.87 Bei diesen Kunden sind Genossenschaftsban-ken und Sparkassen auf Grund der Kundennähe im Vorteil.

2.2.2 Die Anbieter

„Die Wettbewerbsintensität auf dem Markt für Finanzdienstleistungen ist in den letzten Jahren spürbar gestiegen – stärker als das Marktvolumen, so dass von einem echten Verdrängungswettbewerb gesprochen werden kann.“88 Dabei stoßen ausländische Ban-ken bzw. Newcomer aus dem Inland auf Grund der Markteintrittsbarrieren nur marginal ins Retail-Geschäft.89 Eine Konkurrenz droht eher von den Direktbanken, den

86 vgl. Schmidt, D.; S. 30; 2000

87 Büschgen, H.; S. 580 ff; 11/ 01.06.2001

88 Körner, M.; S. 192; 2001

89 Erkl: Universalbank im Mengengeschäft mit Präsenz in der Fläche

„Non-/Near-Banks“ und Spezialbanken, die ganz bewusst keine Stellung als umfassen-de Finanzdienstleister anstreben, sonumfassen-dern sich die lukrativen Geschäfte herauspicken.90 Sie verzichten auf den Aufbau eines engmaschigen Filialnetzes und spezialisieren sich auf die Teile der Wertschöpfungskette, die aus ihrer Sicht besonders renditeträchtig sind. In diesen Bereichen sind die Markteintrittsbarrieren niedrig. Die Anfangsinvesti-tionen halten sich in Grenzen, das Know-how ist frei zugänglich und das Finanzdienst-leistungsgeschäft kennt keinen Patentschutz. Die Präsenz der unterschiedlichen Anbie-ter zeigt, dass Bankdienstleistungen zerlegbar sind. Der alte Lehrsatz „wer das Girokon-to hat, hat den Kunden“ gilt heute nicht mehr.

Discounter, Internet- und Direktbanken

Absolute Newcomer drängen auf den Markt und unterbieten die traditionellen Retail-banken im Direktvertrieb über Telefon bzw. Internet. Einige dieser Anbieter sind durch-aus erfolgreich. Dies zeigt z.B. die aktuelle Entwicklung der Norisbank die gute Erträge aufweist. Doch gerade bei den auf den Aktienhandel spezialisierten Internet-Banken ist die Euphorie mittlerweile verblasst. Die Financial Times Deutschland schreibt z.B.:

„Die Aktionäre haben erkannt, was die neuen Online – Banken eigentlich sind: Geld-fresser mit wenigen Kunden.“91 Aber es gibt auch Beispiele für eine erfolgreiche Posi-tionierung im Internet-Banking. Die Diba Allgemeine Direktbank ist in der Gewinnzone angekommen und kann als Erfolgsbeispiel angesehen werden.

Barclays, die viertgrößte britische Bank, hat von Anfang an auf die Kombination al-ter und neuer Wege gesetzt und damit vorgemacht, was Kunden nachfragen.92 Diese Strategie ist nicht nur von den Sparkassen (vgl. Kap. 14.4) und den anderen Retailban-ken übernommen worden, sondern wird nun auch in umgekehrter Richtung von den Internet-Direktbanken übernommen. So bietet die Comdirect über die Geschäftsstellen der Commerzbank mittlerweile Beratungsangebote für die Bankkunden an.

E-Commerce macht Banken obsolet?!

Die Gefahr aus dem Netz ist für die traditionellen Banken und Sparkassen nicht zu un-terschätzen, denn das Internet ist nicht nur ein Kanal, um standardisierte Finanzdienste bequem und kostengünstig abzuwickeln, sondern es ermöglicht auch das Anbieten zu-sätzlicher Dienstleistungen. „Während die Banken versuchen, sich mit ihrer Finanz-dienstleistung immer tiefer in die Geschäftsprozesse ihrer Kunden einzunisten, dringen die Softwarefirmen, Onlinedienste und all die anderen Player im E-Commerce-Geschäft in entgegengesetzter Richtung ins Terrain der traditionellen Finanzwelt ein. [...] So gibt es im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung bereits heute Initiativen, die primär von Softwarefirmen ausgehen.“93

90 vgl. Körner, M.; S.193; 2001

91 Makintosh, J.; 16.06.2001

92 vgl. Makintosh, J.; 2001

93 Rosenthal, D.; 2000

2.2.3 Folgen und Chancen des Wettbewerbsdrucks im Bankenmarkt

Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob in Zukunft Geld und Banken in der heutigen Form überhaupt noch benötigt werden. Bill Gates prognostizierte bspw.: „Banking is essentiell, banks not.“ Banken müssen sich langfristig neu positionieren. „Electronic-Commerce […] wird in Verbindung mit sicheren Transaktionen (sprich Zahlverfahren) zu einem Boom der Bankengeschäfte im Internet führen, die jedoch häufig nicht mehr von Banken selbst angeboten werden.“94 Insbesondere Regionalbanken haben hier je-doch gute Chance, indem sie ihre Kundenähe und regionale Eingebundenheit nutzten.

Denn es zeigt sich zunehmend, dass ein räumlicher Bezug von webbasierten Transakti-onsportalen als Erfolgsfaktor gesehen werden kann.95 Die räumliche Nähe schafft Ver-trauen und kann Logistikprozesse vereinfachen. Sparkassen und Genossenschaftsban-ken können sich in Verbindung mit anderen Akteuren als virtuelle Regionalagentur po-sitionieren und neue Geschäftsfelder besetzten, indem sie etwa neben den geldlichen Transaktionen auch die Warentransaktionen (Logistik) organisieren. Detailliertere Vor-schläge dazu finden sich im Teil IV (Ergebnisse: Potentiale, Chancen und Anforderun-gen – Maßnahmen für die Zukunft der Sparkassen). Das Thema „regionale Marktplätze“

hat der DSGV bereits aufgenommen. Ein Beispiel dafür ist der www.markt-heiligen-haus.de der Sparkasse Heiligenhaus (vgl. Kap. 4.5.1).

Doch diese regionalen virtuellen Marktplätze haben ihre Entsprechung auch in zen-tralen Internet-Marktplätzen, insbesondere deswegen weil webbasierte Transaktionen eben zunächst einmal keine räumlichen Präferenzen aufweisen. Bspw. bietet die Firma Tesco (www.tesco.com) in Großbritannien nicht nur online ein breites Warenangebot an, sondern die gleiche Online-Plattform stellt auch Finanzdienstleistungen bis hin zur Immobilienfinanzierung bereit. Tescos Online-Auftritt versorgt somit die Kundinnen und Kunden umfassend, andere E-Commerce-Anbieter müssen nicht mehr aufgesucht werden.

Die Internetwirtschaft, die ja zunächst einmal dadurch gekennzeichnet ist, dass Kommunikation, Informationsbeschaffung, Marktzugang und Transaktionen von jedem Punkt aus ermöglicht wird, muss allerdings nicht das Aus für regionale Banken bedeu-ten. Im Gegenteil: auch innerhalb einer Region können webbasierte Portale ein Instru-ment der Netzwerkbildung sein und das Transaktionsvolumen erhöhen, wovon Sparkas-sen wieder profitieren können.

94 Borchardt; M.; 2000

95 Gärtner, S.; Grote Westrick, D.; Terstriep, J.; 2003

Abbildung 9: Online-Finanzdienstleistungsangebote einer britischen Supermarktkette