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1 Struktur und Organisation von Sparkassen

1.2 Rechtliche Grundlagen und kommunale Bindung

Wie im vorherigen Punkt dargelegt, können Sparkassen als kommunale Institute in Deutschland auf eine über 200-jährige Tradition zurückblicken. Seit nunmehr 70 Jahren sind die Sparkassen als Anstalt des öffentlichen Rechts und damit als rechtsfähige juri-stische Personen verselbständigt. Nach allgemeiner Rechtsauffassung gehören die Spar-kassen damit zu den Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge.16

Sparkassen unterliegen dem Bundes-, dem Landes-, dem kommunalen Recht und – wie die aktuelle Diskussion zeigt – auch dem europäischen Recht. Als Kreditinstitute unterliegen sie nach § 1 Kreditwesengesetz (KWG) der Bankenaufsicht und haben als Kaufleute die handelsrechtlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu beachten.17 Die Rechtsnatur der Sparkassen ergibt sich aus den Landesgesetzen. In den Sparkassen-gesetzen der Länder sind Rechtsform, Aufbau, Aufgaben usw. festgelegt. In der

Spar-10 vgl. Wilsberg, K.; S. 4; 26.11.1999 / Anm.: Inwieweit sich die Sparkassen mit dem Nationalsozialis-mus arrangierten kann aus Mangel an Literatur nicht geklärt werden.

11 vgl. Mura, J.; S. 34; 1987

12 vgl.: Völter, A.; S. 30; 2000

13 Mura, J.; S.35; 1987

14 Immenga, U.; S. 10; 1996

15 vgl. www.dsgv.de

16 vgl. Völter, S. 35 ff; 2000

17 vgl. Völter, A.; S. 35; 2000

kassenverordnung sind Geschäftseinschränkungen, wie z.B. das Regionalprinzip (vgl.

Kap. 12.3), festgehalten. Das Recht der Kommunen und Kreise Sparkassen zu errichten, ergibt sich aus den Bestimmungen der Ländergesetze und auf Grund des Artikels 28 GG, der die Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung beinhaltet und den Gemeinden und Kreisen ausdrücklich erlaubt, „alle Angelegenheiten der örtlichen Ge-meinschaft im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln“ (Abs. 2). Die sieben freien Sparkassen (z.B. die Hamburger Sparkasse) unterscheiden sich von den öffent-lich-rechtlichen dergestalt, dass sie aus historischen Gründen eine private Rechtsform besitzen und ihre Träger ein Verein oder eine Stiftung ist.18

Kommunale Bindung

Die meisten Kreditinstitute sind kommunal gebunden. Kommune, Kreis bzw. kommu-naler Zweckverband (Gewährträger) entscheiden über die Errichtung, Vereinigung und Auflösung der Institute. Der Gewährträger ernennt den Verwaltungsrat und ist befugt, die örtliche Sparkassensatzung zu bestimmen.19 Die kommunale Bindung der Kreditin-stitute und damit ihr Prägemerkmal wird insbesondere durch Anstaltslast, Gewährträ-gerhaftung, Regionalprinzip und den viel diskutierten öffentlichen Auftrag deutlich, diese Merkmale werden folgend vorgestellt.

1.2.1 Anstaltslast

Unter der Anstaltslast versteht man die Verpflichtung der Errichtungskörperschaft (Kommune), die wirtschaftliche Basis der Anstalt (Sparkasse) zu sichern und etwaige finanzielle Lücken auszugleichen. Die Gemeinde oder der Zweckverband haftet somit im Innenverhältnis für sein Institut. Gegenüber Dritten ist die Anstaltslast unwirksam, sie wirkt nur zwischen Sparkassen und Träger.20 Durch die Anstaltslast wird ein Kon-kurs der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute praktisch unmöglich. Doch daraus ergibt sich weder die Pflicht noch das Recht, eine unrentable Sparkasse dauerhaft zu subven-tionieren. In fast allen Sparkassengesetzen der Länder ist bei Zweifel an einer wirt-schaftlichen Rentabilität die Fusion von Sparkassen vorgesehen21. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es zwei Fälle bei denen der Gewährträger der Sparkassen in Anspruch genommen werden musste: die Sparkassen Halle und Mannheim, doch bei beiden wur-de zuerst auf wur-den sparkasseninternen Sicherungsfonds zurückgegriffen.

Rechtlich ergibt sich die Anstaltslast aus den Sparkassengesetzen der Länder, die die Anstalt des öffentlichen Rechts als Organisationsform vorschreiben (z.B.: §2 SparkG NRW).

18 vgl. Immenga, U.; 1996 / Völter, A.; 2000

19 vgl. Stern, K.; S. 3; 2000 / Völter, A.; S. 37; 2000

20 vgl. Immenga, U.; S. 20; 1996

21 vgl. Immenga, U.; S. 22; 1996

1.2.2 Gewährträgerhaftung

Die Gewährträgerhaftung betrifft im Gegensatz zur Anstaltslast das Außenverhältnis und sichert die Einlagen der Anleger. Insofern stellt die Gewährträgerhaftung eine Art Ausfallgarantie oder Ausfallbürgschaft dar.22 Da zuerst die Haftung im Innenverhältnis (Anstaltslast) einsetzt, tritt in der Praxis die Bedeutung der Gewährträgerhaftung hinter die Anstaltslast zurück.23 Seit 1945 ist kein Fall bekannt, indem die Gewährträgerhaf-tung unmittelbar in Anspruch genommen wurde. Die GewährträgerhafGewährträgerhaf-tung ist in den Sparkassengesetzen der Länder ausdrücklich festgelegt.

Die Haftungsgrundlagen gelten genauso für die Landesbanken, für die die Bundes-länder als Gewährträger eintreten. Anstaltslast und Gewährträgerhaftung sind eindeutige Wettbewerbsvorteile und waren daher auch Anlass für die Auseinandersetzung zwi-schen der Gruppe der Sparkassen und Landesbanken, den privaten Banken und der EU-Wettbewerbskommission. Der ausgehandelte Kompromiss sieht vor, dass sie in ihrer jetzigen Form ab 2005 entfallen müssen (vgl. Kap. 23).

1.2.3 Regionalprinzip

Das Regionalprinzip besagt im Grundsatz, dass Sparkassen nur in der Gewährträgerre-gion geschäftlich aktiv sein dürfen. Die reGewährträgerre-gionale Arbeitsteilung zwischen den Sparkas-sen ist ein weSparkas-sentliches Charakteristikum der öffentlich-rechtlichen Institute. Geregelt ist dies in den Mustersatzungen und in diversen Landessparkassengesetzen. In NRW ist es in der Sparkassenverordnung (§ 3) festgelegt.24 „Das Regionalprinzip ist allerdings nicht starr; es kennt namentlich [...] Ausnahmen und ist eben nur ein Grundsatz, der ei-ne flexible Handhabung in der Praxis erlaubt.“25 Am stärksten ist die Bindung des Re-gionalprinzips beim Kreditgeschäft. Das Regionalprinzip gilt als Voraussetzung zur Er-füllung des öffentlichen Auftrages. „Die Mittel der Sparkassen sollen in erster Linie zur Förderung der einheimischen Wirtschaft und Bevölkerung eingesetzt werden. [...] Das Regionalprinzip gilt in dieser strengen Form nicht für das Passivgeschäft (Einlagenge-schäft), denn auch die „von auswärts“ hereingenommenen Gelder erhöhen das Ausleih-potential für den örtlichen Bereich.“26 Dennoch sind im Passivgeschäft die überterrito-rialen Expansionsmöglichkeiten beschränkt; einerseits ist die Errichtung der Zweigstel-len auf das Gewährträgerterritorium beschränkt und andererseits sind die Sparkassen angehalten, nicht aktiv außerhalb des eigenen Geschäftsgebietes zu akquirieren.

Das Regionalprinzip verhindert, dass die Finanzmittel ausschließlich in die Wach-stumsregionen fließen und strukturschwachen Regionen somit die Entwicklungsmög-lichkeit genommen wird.27 Sparkassen unterstützen daher die Verwirklichung der

22 Immenga, U.; S. 25; 1996

23 vgl. Immenga, U; S. 26; 1996

24 vgl. Güde, U.; S. 41;1995

25 Stern, K; S. 5; 2000

26 Güde, U.; S. 42; 1995

27 vgl. Güde, U.; S. 43; 1995

grundgesetzlich geforderten gleichen Lebensbedingungen in allen Regionen und sind damit ein integraler Bestandteil des deutschen Föderalismus.

Das Regionalprinzip hat für die Sparkassen betriebswirtschaftliche Vorteile: „Sie entscheiden vor Ort und können darum Standortfaktoren und spezifische räumliche Be-sonderheiten vortrefflich berücksichtigen.“28 Auf der anderen Seite beschränkt der Re-gionalitätsgrundsatz die Wachstumschancen, da die Sparkassen nur durch die Erhöhung der Marktdurchdringung in der Region ihr Geschäftsvoluminen ausdehnen können. Ein weiteres Problem des Prinzips ist der fehlende überörtliche Risikokreditausgleich. Alle europäischen Länder, ausgenommen Frankreich und Deutschland, haben das Regional-prinzip aufgehoben. Einige deutsche Großsparkassen fordern, ihre Kunden ins Ausland begleiten zu können und damit einhergehend Repräsentanzen außerhalb Deutschlands errichten zu dürfen. Gleichzeitig wollen sie die Expansion ausländischer Sparkassen in ihre Geschäftgebiete erwidern.

1.2.4 Öffentlicher Auftrag

Der Begriff wurde in der Mitte der sechziger Jahre eingeführt und bezeichnet die vom Gesetzgeber bestimmten allgemeinen öffentlichen Aufgaben für das Gemeinwohl, die den Sparkassen obliegen und durch die sie sich von den privaten Banken unterscheiden.

Ohne das Vorhandensein einer öffentlichen Aufgabe ist es dem Staat nicht erlaubt, sich wirtschaftlich zu betätigen. Sparkassen rechtfertigen ihre umstrittenen Wettbewerbsvor-teile und ihre Daseinsberechtigung mit dem öffentlichen Auftrag. Der deutsche Land-kreistag hat dazu angemerkt, „die Zukunftsfähigkeit des deutschen Sparkassenwesens [...] steht und fällt mit der Erfüllung des spezifischen öffentlichen Auftrages der Spar-kassen.“29 Auch der Europarechtsexperte Ossenbühl argumentiert: „Nur wenn dieser öf-fentliche Auftrag dominant bleibt, sind die Sparkassen davor geschützt, ihre Identität zu verlieren und in die kommunalverfassungsrechtliche Illegalität abzugleiten.“30

Der öffentliche Auftrag leitet sich aus den Sparkassengesetzen der Länder und den Satzungen der Sparkassen ab.31 Gesetzlich konkretisiert wird der Begriff – der zweifelsohne einem zeitlichen Wandel unterliegt – allerdings nicht. Gegründet wurden die Institute, um den ärmeren Bevölkerungsgruppen das Sparen zu ermöglichen und kleinere Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende mit zinsgünstigen Kreditmitteln zu versorgen. Heute umfasst der öffentliche Auftrag der Sparkassen im Kern folgende Funktionen:32

x Gewährleistungsfunktion

28 Stern, K.; S. 4; 2000

29 Kirchhof, F.; Hennecke; H.-G.; S. 5; 2000

30 Ossenbühl, F.; S. 19; 1/2001

31 vgl. Völter, A.; S. 40; 2000

32 vgl. Völter, A.; S. 55 ff; 2000

Darunter wird die Versorgung des Geschäftsgebiets mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen verstanden. „Auch in weniger gewinnträchtigen Geschäftssparten und in ländlichen, strukturschwachen Gebieten sollen Sparkassen Bankgeschäfte zu angemes-senen Preisen anbieten.“33 Es besteht die Pflicht, mit jedermann Passivgeschäfte zu betreiben (Kontrahierungszwang). In manchen Bundesländern (z.B. NRW) bezieht sich die Verpflichtung auch darauf, Girokonten auf Guthabenbasis zu führen.

x Wettbewerbsgarantiefunktion

In § 3 Abs. 2 SparkG NRW ist die Wettbewerbsgarantiefunktion im Bankenmarkt durch die Sparkassen festgelegt. Bspw. können sich die privaten Banken auf Grund der Spar-kassenpräsenz in der Fläche nicht gänzlich zurückziehen, um den Sparkassen das Feld nicht konkurrenzlos zu überlassen.

x Strukturpolitik und Stabilisierungsfunktion der Finanzmärkte

Sparkassen tragen durch ihre regionale Ausrichtung und Förderung der örtlichen Wirt-schaft zu einer gleichmäßigen Entwicklung der Regionen bei. Sparkassen haben die Aufgabe, das angesparte Geld in der Region zu investieren. Hochspekulative Geschäft sind ihnen verboten.

x Vermögensbildung, Wirtschaftserziehung und Schuldnerberatung

Im Sparkassengesetz von NRW heißt es: Die Sparkassen „fördern den Sparsinn und die Vermögensbildung der Bevölkerung sowie das eigenverantwortliche Verhalten der Ju-gend in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Sparkassen tragen zur Finanzierung der Schuldnerberatung in Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen bei.“ ( § 3 Abs. 2) Hausbankfunktion und Beratung für die Kommunen

§ 3 Abs. 1 des SpkG NRW stellt ausdrücklich fest, dass die Sparkasse dem Gewährträ-ger zu dienen hat.

Alle diese Aufgaben sind allerdings vor dem Hintergrund der Gewinnorientierung zu erfüllen. Im nordrhein-westfälischen Sparkassengesetz heißt es dazu: „Die Geschäfte der Sparkassen sind unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrages nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen“(§ 3 Abs. 3). Zur Erhöhung ihres Eigenkapitals sind Sparkassen auf die Erwirtschaftung von Gewinnen angewiesen, eine Außenfinanzierung ist nicht vorgesehen.34

33 Nierhaus, M.; S. 12-19; 1985; zit. nach Völter, A.; S. 55; 2000

34 vgl. Gerlach, R.;S. 310 ff; 7/1999