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Streuexperimente und Simulationen mit Geant4

3 Grundlagen zur Entwicklung eines Hohlraumabsorbers für harte

3.3 Streuexperimente und Simulationen mit Geant4

reduzierten Empfindlichkeit am Rande des Detektors mit einem Durchmesser von etwa 300 µm, im zentralen Bereich keine nennenswerte räumliche Inhomogenität besitzt.

Wird nur der Escape-Anteil der aufgezeichneten Spektren betrachtet und ortsabhängig dargestellt (Abbildung 3.12, unten), ist zu erkennen, dass in den Randbereichen der Escape-Anteil teilweise bis zu 24 % anstelle von sonst etwa 17 % in der Mitte der Detektoroberfläche bei einer Photonenenergie von 35 keV beträgt, da Fluoreszenzphotonen den Detektor auch seitlich verlassen können. Für alle in dieser Arbeit durchgeführten Experimente wurde allerdings ein Kollimator mit einer Blende von 2 mm Durchmesser verwendet. Dadurch wurde sichergestellt, dass weder die Randbereiche des Detektors noch die Fehlstelle mit reduzierter Nachweiswahrscheinlichkeit am rechten Rand bestrahlt wurden.

3.3 Streuexperimente und Simulationen mit Geant4 Streuwinkeln von 10° bis 170° mit einer Schrittweite von 10° Spektren aufgezeichnet.

Abbildung 3.13: Schematische Darstellung der experimentellen Anordnung eines Streuexperimentes an einer Kupferfolie zur Messung der um den Winkel Θ gestreuten Strahlung

Um auch die Polarisationsabhängigkeit der an der Folie wechselwirkenden Röntgenstrahlung zu untersuchen, wurde das Experiment in zwei unterschiedlichen Orientierungen durchgeführt, sowohl horizontal als auch vertikal zum Polarisationsvektor der einfallenden Strahlung, welcher in der horizontalen Ebene, der Orbitalebene, liegt. Für die horizontale Messung wurde der Detektor auf einem Präzisions-Drehtisch befestigt, während er für die vertikale Messung am 2Θ-Arm eines Diffraktometers befestigt wurde, das sich in der Experimentier-hütte des WLS-Strahlrohrs befindet. Die Messungen wurden mit monochromatischer Röntgenstrahlung von 50 keV durchgeführt und somit weit oberhalb der K-Absorptionskante von Kupfer, welche bei 8.98 keV liegt.

Abbildung 3.14 zeigt drei Spektren, die unter verschiedenen Winkeln (10°, 50° und 170°) mit dem CdTe-Detektor aufgenommen wurden. Zum direkten Vergleich sind sie normiert auf die Gesamtanzahl der jeweils mit einer kalibrierten Photodiode registrierten Photonen. Das unter einem Winkel von 10° aufgezeichnete Spektrum (blau), bei dem der Detektor sich um 10°

gegenüber der Strahlrichtung hinter der Kupferfolie befand, besitzt noch große Ähnlichkeit mit einer normalen Ansprechfunktion des CdTe-Detektors (Abbildung 3.5).

Dominierend ist der gestreute Anteil der monochromatischen Röntgenstrahlung von 50 keV, welcher sich aus Rayleigh-gestreuten Photonen (elastische Streuung) und Compton-gestreuten Photonen (inelastische Streuung) zusammensetzt. Die um den Detektionswinkel von 10°

Compton-gestreuten Photonen verlieren eine Energie von lediglich 74 eV, so dass die beiden Linien für Compton- und Rayleigh-Streuung durch den Detektor nicht energetisch aufgelöst werden können. Neben den Escape-Linien von Cd und Te sind außerdem die K-Fluoreszenz-linien von Kupfer bei einer Photonenenergie von 8.0 keV für Kα und 8.9 keV für Kβ zu sehen.

Der relative Anteil der Fluoreszenzstrahlung nimmt für größere Winkel deutlich zu, während der gestreute Anteil geringer wird. Bei einem Streuwinkel von 50° ist der Compton-gestreute Anteil bereits deutlich energetisch auflösbar (rot), da dieser bereits um 1.7 keV zu niedrigeren Energien vorschoben ist. Bei dem Spektrum, das unter einem Winkel von 170° gegenüber der einfallenden Strahlung aufgezeichnet wurde (grün), beträgt die Compton-Verschiebung sogar 8.2 keV und kann als selbständiger Doppler-verbreiterter Streupeak identifiziert werden, der sehr viel dominanter als der Rayleigh-gestreute Anteil ist. Die einzelnen Escape-Linien der Compton-gestreuten Strahlung können hier nicht mehr energetisch aufgelöst werden.

Abbildung 3.14: Mit dem CdTe-Detektor gemessene Spektren für eine Photonenenergie von 50 keV, die unter verschiedenen Winkeln zur einfallenden Strahlung aufgezeichnet wurden (10°, 50° und 170°).

3.3.2 Simulation der Photonenwechselwirkung an Kupfer

Mit dem Monte-Carlo-Simulationsprogramm Geant4 wurde analog zum Experiment die Photonenwechselwirkung von monochromatischer Röntgenstrahlung an einer Kupferfolie simuliert. Dabei wurden die gleichen Abstände und Winkeleinstellungen für den modellierten CdTe-Detektor gewählt wie im Experiment. Da der Detektor mit einem Kollimator, der einen Blenden-Durchmesser von 2 mm besitzt, nur einen sehr kleinen Raumwinkel abdeckt, dem 0.008 % des vollen 4π-Raumwinkels entsprechen, war in der Simulation die Verwendung von mehreren 109 Primärphotonen pro Spektrum notwendig. Im Experiment wurde mit einer

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kalibrierten Photodiode in Transmission der Photonenfluss der monochromatischen Strahlung gemessen, so dass die experimentellen Spektren auf die gleiche Anzahl einfallender Photonen (Primärphotonen) normiert und mit den Simulationen absolut verglichen werden konnten.

Abbildung 3.15 zeigt den direkten Vergleich von gemessenem (rot) und mit Geant4 simuliertem Spektrum (grün) für monochromatische Röntgenstrahlung, aufgezeichnet unter einem Winkel von 170°. Neben den K-Fluoreszenzlinien von Kupfer bei 8 keV werden auch der Rayleigh- und der Compton-gestreute Anteil der monochromatischen Strahlung sowohl qualitativ als quantitativ durch die Simulation sehr gut wiedergegeben. Für die realistische Wiedergabe der Doppler-Verbreiterung des Compton-Peaks wurde in der Simulation das Zusatzmodul G4LECS von R. M. Kippen verwendet [Kip04]. Auch die Escape-Linien von Cd und Te werden richtig wiedergegeben, sogar inklusive des jeweils Compton-gestreuten Anteils.

Abbildung 3.15: Energiespektrum der an einer Kupferfolie gestreuten Strahlung, gemessen mit dem CdTe-Detektor unter einem Winkel von 170°

gegenüber der einfallenden Strahlung am WLS-Strahlrohr (rot) und Monte-Carlo-Simulation mit Geant4 (grün)

3.3.3 Polarisationsabhängigkeit der Röntgenstreuung

Den verschiedenen Winkeleinstellungen im Experiment entsprechend wurden Simulationen durchgeführt und den Messergebnissen gegenüber gestellt. Dabei wurden die beiden

Messreihen, jeweils horizontal und vertikal zum Polarisationsvektor der einfallenden Strahlung, quantitativ ausgewertet und auch die Simulationen mit entsprechend polarisierter Strahlung unter Verwendung des Geant4-Moduls G4LowEnergyPolarizedCompton [Gea07]

durchgeführt. Auch hier wurden alle Messergebnisse und Simulationen jeweils auf die gleiche Anzahl einfallender Photonen normiert.

Abbildung 3.16: Polarisationsabhängigkeit der an einer Kupferfolie gestreuten Strahlung (oben) und der K-Fluoreszenzstrahlung (unten) in Simulation und Experiment

In Abbildung 3.16 ist separat der Anteil von gestreuter Strahlung und Fluoreszenzstrahlung winkelabhängig dargestellt. Im oberen Teil der Abbildung ist die Polarisationsabhängigkeit der gestreuten Strahlung im Experiment deutlich zu erkennen (blau und rot), was auch durch die Simulation richtig wiedergegeben wird (grün und gelb). Auch die jeweiligen Anteile von Compton- und Rayleigh-gestreuter Strahlung werden richtig dargestellt, was im Experiment für kleine Streuwinkel allerdings nicht energetisch getrennt werden kann. Es ist zu erkennen,

3.3 Streuexperimente und Simulationen mit Geant4

dass bei der vertikalen Anordnung deutlich mehr gestreute Photonen beobachtet werden als bei der horizontalen Anordnung, bei der sich der CdTe-Detektor in der Polarisationsebene der einfallenden Strahlung befindet.

Die Wechselwirkungsquerschnitte für Compton-Streuung polarisierter Photonen besitzen ihr Maximum für einen Azimutalwinkel von 90° und ihr Minimum bei 0° [Hei54, Dep03], was für die beiden Anordnungen im Experiment bei gleichem Streuwinkel unterschiedliche Ergebnisse liefert und auch durch die Simulation entsprechend wiedergegeben wird. Während bei der vertikalen Anordnung im Experiment der Detektionswinkel dem Azimutalwinkel entspricht, sind bei der horizontalen Anordnung Detektionsebene und Orbitalebene identisch, so dass der Azimutalwinkel für alle Detektionswinkel 0° beträgt.

Die Fluoreszenzstrahlung ist hingegen nahezu isotrop und nicht polarisationsabhängig, wobei die beiden Messungen und beiden Simulationsreihen im Rahmen der Unsicherheiten, welche durch den Verkippungswinkel des Detektors und die Ausrichtung des Kollimators dominiert werden und etwa im Bereich von 10 % bis 20 % liegen, übereinstimmende Ergebnisse liefern.

Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass bei der Simulation mit Geant4 sowohl die Winkelverteilung als auch die Polarisationsabhängigkeit von gestreuter Strahlung und Fluoreszenz richtig beschrieben wird.

3.3.4 Streuexperimente an einer Goldfolie

Am WLS-Strahlrohr wurden darüber hinaus an einer 500 µm dicken Goldfolie Streu-experimente in der horizontalen Ebene für verschiedene Photonenenergien durchgeführt. Die Verwendung von Gold war insofern von besonderem Interesse, als Gold aufgrund seiner größeren Wechselwirkungsquerschnitte für Photoabsorption im Vergleich zu vielen anderen Metallen und seiner guten Verarbeitungsmöglichkeiten als gegebenenfalls besonders geeignetes Material für die Herstellung eines Hohlraumabsorbers für harte Röntgenstrahlung in Frage kommt. Um die Darstellung von Fluoreszenzstrahlung durch Geant4 gezielt zu untersuchen, wurden auch Messungen bei 82 keV oberhalb der K-Absorptionskante von Gold, die bei 80.7 keV liegt, durchgeführt.

Abbildung 3.17 zeigt ein Energiespektrum für monochromatische Röntgenstrahlung von 82 keV, das im Experiment mit dem CdTe-Detektor unter einem Winkel von 160° aufge-zeichnet wurde (gelb) und die entsprechende Simulation mit Geant4 (grün), normiert auf die gleiche Anzahl einfallender Photonen. Da die Anregung mit einer Photonenenergie wenig oberhalb der K-Absorptionskante von Gold erfolgte, treten hier insbesondere die Fluoreszenz-linien sehr deutlich in Erscheinung. Alle dominanten K-FluoreszenzFluoreszenz-linien stimmen in

Simulation und Messung überein, und auch die Überlagerung der verschiedenen Escape-Linien wird in der Simulation richtig und entsprechend energieaufgelöst wiedergegeben sowie die drei L-Fluoreszenzlinien (Lα, Lβ und Lγ) im unteren Energiebereich.

Abbildung 3.17: Ergebnis eines Streuexperiments mit monochromatischer Röntgenstrahlung von 82 keV an einer 500 µm dicken Goldfolie ohne (gelb) und mit (rot) Verwendung der Rise-Time-Discriminator-Funktion des CdTe-Detektors sowie eine Simulation mit Geant4 (grün); die Energiespektren wurden unter einem Winkel von 160° gegenüber der einfallenden Strahlung aufgenommen.

Obwohl die K-Fluoreszenzlinien des Energiespektrums, das im Experiment zur Absolut-messung mit dem CdTe-Detektor ohne Verwendung der Rise Time Discriminator (RTD)-Funktion (Abschnitt 3.2.5) aufgezeichnet wurde, durch den niederenergetischen Ausläufer (Tailing) sehr stark verzerrt erscheinen, stimmen die Integrale über die jeweiligen Peaks in Messung und Simulation gut überein. Durch die Verwendung der RTD-Funktion kann die Form der Linien optimiert und dabei der relative Anteil des Tailings deutlich reduziert werden, was allerdings zur Folge hat, dass ein Anteil der durch hochenergetische Photonen erzeugten Pulse aufgrund der reduzierten Totzeit nicht registriert wird und somit eine Absolutmessung unmöglich wird. Durch Multiplikation des Spektrums mit einer energieabhängigen Korrektur-funktion können diese Verluste korrigiert werden und die gleiche Gesamtanzahl von Pulsen erreicht werden (Abbildung 3.17, rot) wie bei der Messung mit dem CdTe-Detektor ohne RTD-Funktion (gelb).

4.1 Modellierung und Auswahl eines Hohlraumabsorbers