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Stärkung des freiwilligen, bürgerschaftlichen Engagements

Ausgehend von den Erkenntnissen aus der Interviewstudie und den Erfahrungen in der Werkstattphase zur Entwicklung eines Konzeptes „Sprach- und Kulturmittler/innen“ wurde deutlich, dass in der Stadt und im Kreis Paderborn auf ein umfangreiches bürgerschaftliches Engagement von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aufgebaut werden kann. Deshalb wurde davon abgesehen, einen eigenen Sprach- und Kulturmittler/innendienst aufzubauen.

Vielmehr wird es in Zukunft darum gehen, die vielfältigen Aktivitäten der Menschen dort zu unterstützen und zu stärken, wo es bereits Anknüpfungspunkte gibt. Gleichzeitig soll der gesamte Bereich des bürgerschaftlichen Engagements vernetzt und gestärkt werden.

4.5.1 Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfeinitiativen öffnen sich gezielt für Zugewanderte

Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfeinitiativen aus der Region Paderborn signalisierten im Rahmen des Projektes ihre Bereitschaft, ihre ehrenamtlichen Strukturen für Zugewanderte gezielt zu öffnen. Fehlendes Wissen voneinander aufgrund mangelnder Kontakte zu den Schlüsselpersonen und Vorurteile verhinderten hier in der Vergangenheit ein stärkeres Miteinander. Bezeichnend ist folgendes Zitat aus einem muttersprachlichen Workshop von einer engagierten Frau mit türkischem Hintergrund:

„Bin ich als Kopftuchträgerin und Türkin denn bei der Caritas überhaupt als Ehrenamtliche erwünscht?“

Im Rahmen einer Veranstaltung verfolgten engagierte Migrant/innen mit großem Interesse die Ausführungen der Vertreter/innen der Alzheimer Gesellschaft, des Betreuungs-vereins oder der Wohlfahrtsverbände, die über ihre jeweiligen Aufgabenfelder berichteten und Möglichkeiten des per-sönlichen, ehrenamtlichen Engagements aufzeigten.

Durch die Thematisierung des ehrenamtlichen Engagements wurde deutlich, wie umfangreich die Einsatzfelder im Bereich

der Freiwilligenarbeit der Verbände und Selbsthilfeinitiativen sind. Eine weitere Kontaktpflege wird entscheidend dazu beitragen, dass das Engagement entsprechend der jeweiligen Interessen ausgeweitet und gefördert wird. Die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, die Diakonie und der DPWV werden mit ihren Mitgliedsorganisationen den begonnenen Dialog fortsetzen.

Ein wichtiger Schritt im Rahmen des Prozesses war es, die „Zuständigkeit“ innerhalb der Verbände von den Integrationsagenturen zu den Ehrenamtskoordinatoren zu verschieben.

Diese werden nach einer entsprechend Abstimmung in der Liga der Wohlfahrtsverbände diese Aufgabe gemäß ihrem jeweiligen Verbandsprofil weiter verfolgen und damit das bürgerschaftliche Engagement stärken.

4.5.2 Migrantenselbstorganisationen organisieren Kontakte zu Diensten der Altenhilfe

Engagierte Mitglieder aus Migrantenselbstorganisationen fördern nicht nur innerethnische Gruppen und Treffpunkte, sondern werden in Zukunft noch stärker als Ansprech-partner/innen zum Thema „Leben im Alter“ fungieren (siehe 4.2.3). Sie konnten durch den KOMM-IN Prozess enge Kontakte zu Verantwortlichen aus den Diensten der Altenhilfe aufbauen.

Als sehr hilfreich hat sich die nachfolgende Kurzkonzeption der muttersprachlichen Workshops erwiesen, weil dieses den älteren Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ermöglicht, sich über die unterschiedlichsten Facetten des Älterwerdens in ihrer vertrauten Sprache auszutauschen.

Kurzkonzeption für die muttersprachlichen Workshops A. Ziele, Methoden und Rahmenbedingungen:

1. Ziele des Treffens

a. Sensibilisierung für die Bedeutung einer bewussten Beschäftigung mit dem Thema „Älterwerden“ und den Chancen der Prävention

b. Kennen lernen der offenen Fragen und Sorgen zum Thema „Älterwerden“

c. Vermittlung von Informationen zu den Diensten und Einrichtungen der Altenhilfe d. Kennen lernen der Fragen und Einschätzungen der TN zu den einzelnen

Angeboten der Altenhilfe

e. Hinweise und Anregungen von den TN für eine weitere Beschäftigung mit der Thematik erhalten

2. Methoden

a. Arbeit in „Murmelgruppen“, damit die TN die Möglichkeit haben, in einer kleinen Gruppe ihre persönlichen Meinungen und Einschätzungen zu äußern. Um die Murmelgruppen ohne Aufwand zu ermöglichen, ist die Einrichtung von Tisch-gruppen (4-er Tische) hilfreich = Caféhaus-Atmosphäre

b. Bild- und Filmmaterial mit typischen Lebenssituationen von älteren Menschen Muttersprachlicher Workshop am 9.2.2010 in der

DITIB-Moschee Paderborn

c. Einsatz von Pflegehilfsmitteln (Hausnotrufgeräte, Rollatoren, Blutdruckmessgeräte etc.) zur Veranschaulichung mit allen Sinneskanälen

d. Schriftliche Kurzinformationen in der jeweiligen Muttersprache

e. Präsentation der Gruppenergebnisse im Plenum in der Muttersprache mit einer Übersetzung ins Deutsche

3. Rahmenbedingungen

a. Einsatz einer Fachkraft mit entsprechender muttersprachlicher Kompetenz bzw.

einer kompetenten Übersetzungshilfe B. Ablaufplan

1. Begrüßung (5 Min.)

2. Vorstellung der verantwortlichen Akteure und der Ziele des Workshops (5 Min.)

3. Murmelgruppen je nach Bedarf in der Muttersprache oder auf Deutsch zur Frage als

„warming up“: „Welche Gedanken verbinden Sie mit dem Thema „Älterwerden (in Deutschland)? (15 Min.)

4. Vorstellung der Ergebnisse aus den Murmelgruppen im Plenum (Muttersprache – Deutsch – Festhalten der Kernaussagen auf Moderationskarten) (20 Min.)

5. Präsentation der Angebote der Dienste und Einrichtungen (Power Point mit vielen Bildern und Erklärungen in der Muttersprache, Einsatz von Pflegehilfsmitteln) (20 Min.)

6. Murmelgruppen mit folgenden Fragen (20 Min.):

a. Wie haben die Informationen auf Sie gewirkt?

b. Was ist Ihnen noch unklar?

c. Was wünschen Sie sich von den Diensten und Einrichtungen noch?

7. Vorstellung der Ergebnisse aus den Murmelgruppen im Plenum (Muttersprache – Deutsch – Festhalten der Kernaussagen auf Moderationskarten) (30 Min.)

8. Schlussfolgerungen und Verabredungen (5 Min.) C. Organisation des Workshops:

 Die Kontaktpartner/innen einer Migrantenselbstorganisation organisieren in Absprache mit den beteiligten Trägern der Altenhilfe den Workshop (Ort, Termin, Raumgestaltung, Medien, muttersprachliche Begleitung, Einladung an die Zielgruppe).

 Eine Vertreter/in der Migrantenselbstorganisation oder des beteiligten Trägers übernimmt die Gesamtmoderation in Verbindung mit der muttersprachlichen Begleitung und organisiert auch das notwendige Moderationsmaterial sowie den Informationskoffer (Rita Berief – AWO Kreisverband Paderborn e.V.).

 Der beteiligte Träger übernimmt die Kurzpräsentation seiner Unterstützungsangebote und bringt die entsprechenden Informationsmaterialien (Flyer, medizinische Geräte, Pflegehilfsmittel) mit.

Begriffsklärung: Das Wort „muttersprachlich“ bezeichnet in diesem Zusammenhang die Sprache, in der jemand erzogen und mit der er in der Kernfamilie vorrangig aufgewachsen ist. „Herkunftssprachlich“ wird als der weitergehende Begriff verwandt. Er bezeichnet die Sprache der Herkunftskultur. Hier ist unwesentlich, ob jemand auch vorrangig diese Sprache spricht. Die so genannten „muttersprachlichen Workshops“ zeichnen sich dadurch aus, dass die Teilnehmenden sich in der Sprache ausdrücken können, in der sie sich am wohlsten fühlen bzw. die ihnen besonders bei persönlichen Themen am vertrautesten ist.

Der AWO-Bundesverband bietet zur Ausleihe an einen

Materialienkoffer der Informationsreihe „Älterwerden in Deutschland“

- für ältere türkische Migrant/innen (Türkischer Koffer)

- für ältere Aussiedler/innen (Russischer Koffer)

Gegen eine Gebühr können die Koffer (Materialien Videos, Fotokarten, Dias, Poster, etc.) für maximal 4 Monate ausgeliehen werden.

Verleiher: Ansprechpartnerin: Dragica Baric-Büdel AWO Bundesverband e.V. E-Mail: bar@awobu.awo.org

Blücherstr. 62/63 Telefon: 030-26 309-166

10961 Berlin Fax: 030-26 309-32166