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Geplantes neues Recht im Kanton Basel-Landschaft

1 Zusammenfassung

4.12 Geplantes neues Recht im Kanton Basel-Landschaft

Entsprechend der Zielvorgabe zur vorliegenden Gesetzesänderung (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 3) sollen die Bestimmungen des EG ZGB im Kanton Basel-Landschaft dahingehend angepasst werden, dass die ärztliche fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge auch im Kanton Basel-Landschaft möglich und zum Regelfall wird. Damit kann einerseits der organisatori-sche und logistiorganisatori-sche Aufwand der KESB im Kanton reduziert werden. Andererseits können aber auch die betroffenen Personen, beziehungsweise die Einwohnergemeinden als Kostenträger der KESB bei Insolvenz der betroffenen Personen, von unnötigen Verfahrenskosten entlastet werden.

Durchschnittlich kann mit einer Entlastung von rund CHF 500.-- pro Unterbringung gerechnet wer-den.

Entsprechend der Mehrheit der anderen Kantone soll die fürsorgerische Unterbringung im Kanton Basel-Landschaft von allen zur Berufsausübung in der Schweiz zugelassenen Ärztinnen und Ärz-ten für maximal sechs Wochen angeordnet werden können. Dies

- weil eine Beschränkung auf die im Kanton Basel-Landschaft zugelassenen Ärztinnen und Ärzte im Hinblick auf den unübersichtlichen Verlauf der Kantonsgrenzen in der Nordwestschweiz gar nicht praktikabel wäre,

- weil der ausschliessliche Beizug von Ärztinnen und Ärzten der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie schon heute nicht während 24 Stunden und 7 Tagen in der Woche praktiziert werden kann und

- da für die gegebenenfalls anschliessend erforderliche ordentliche Unterbringung ohne Gefahr im Verzuge in der Regel ein medizinisches Gutachten benötigt wird, für dessen Ausarbeitung (oft eine längere stationäre Beobachtung benötigt wird und daher) die maximale Frist von sechs Wochen in der Praxis gerade ausreicht.

Weiter soll die ärztliche fürsorgerische Unterbringung nicht nur bei Volljährigen, sondern im Falle von psychischen Störungen auch bei Minderjährigen möglich sein. Die Einschränkung auf psychi-sche Störungen bei Minderjährigen ist angezeigt, da die Beurteilung der Voraussetzungen einer Unterbringung, die nicht aus psychiatrischen, sondern überwiegend aus pädagogischen oder aus bei den Eltern liegenden Gründen angezeigt ist, von der interdisziplinär zusammengesetzten Kin-desschutzbehörde besser beurteilt werden kann als einzig von der Ärzteschaft.60

Schliesslich sollen die Kostentragungspflichten durch die betroffenen Personen grundsätzlich un-verändert beibehalten, hinsichtlich dem Ablauf aber der geltenden Praxis angepasst werden. An-stelle der Einwohnergemeinden des zuständigen KESB-Kreises sollen die Einwohnergemeinden des Wohnsitzes beziehungsweise die Einwohnergemeinden des Aufenthaltsortes der betroffenen Personen subsidiär kostenpflichtig werden.

60 Vgl. BIDERBOST - Hankommentar Privatrecht, N 3 zu Art. 314b, COTTIER, Erw.Schutz, N 9 zu Art.

314b und COTTIER, Fürsorgerische Unterbringung, S. 8 f.

Damit der Ärzteschaft die Aufwendungen für die Zeit für Fahrten zum Aufenthaltsort der betroffe-nen Persobetroffe-nen, für allfällige Wartezeiten und für ihre administrativen Aufwendungen entschädigt werden können, sollen die nach Tarmed nicht anrechenbaren Kosten und Aufwendungen neu nach der Verordnung über den amtsärztlichen Tarif (Amtsärztetarif) vom 21.2.199561 abgerechnet werden können.

5 Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen 5.1 zu § 64: Spruchkörper, Zuständigkeit

In § 64 EG ZGB wird geregelt, in welchen Fällen der Spruchkörper der Kindes- und Erwachsenen-schutzbehörde zuständig ist (Absatz 1) und welche Fälle das Präsidium des Spruchköpers oder das von ihr delegierte Mitglied eines Spruchkörpers entscheiden kann (Absatz 2). In Absatz 2 Buchstabe c wird die fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge und die Aufhebung die-ses Entscheids der Kompetenz des Präsidiums oder des delegierten Mitglieds eines Spruchkör-pers zugeordnet. Die Bestimmung bezieht sich nur auf Fälle, in welchen die Anordnung durch die Erwachsenenschutzbehörde erfolgt. Da neu auch Ärztinnen und Ärzte die fürsorgerische Unter-bringung bei Gefahr im Verzuge anordnen können sollen, muss Absatz 2 Buchstabe c entspre-chend präzisiert werden.

5.2 zu § 78: Zuständigkeit

§ 78 EG ZGB regelt die Zuständigkeit für die Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung. Ab-satz 1 regelt die Zuständigkeit der Erwachsenenschutzbehörde als Kollegium wenn keine Gefahr im Verzuge ist. Absatz 2 regelt die Zuständigkeit für jedes Mitglied eines Spruchkörpers der Er-wachsenenschutzbehörden, wenn Gefahr im Verzuge liegt.

In Absatz 3 wird neu geregelt, dass, wenn Gefahr im Verzuge liegt, auch alle in der Schweiz zur Berufsausübung zugelassenen Ärztinnen und Ärzte zur fürsorgerischen Unterbringung von Volljäh-rigen zuständig sind.

Absatz 4 schliesslich regelt die fürsorgerische Unterbringung von Minderjährigen durch Ärztinnen und Ärzte. Nebst der erforderlichen Gefahr im Verzuge muss bei Minderjährigen auch eine psychi-sche Störung vorliegen. Andernfalls, also wenn beispielsweise ein pädagogipsychi-sches Problem oder ein bei den Eltern liegendes Problem festgestellt wird, darf eine Ärztin oder ein Arzt keine fürsorge-rische Unterbringung anordnen. In diesen Fällen bleibt ausschliesslich die Kindesschutzbehörde zuständig (vgl. dazu auch die Ausführungen oben unter Punkt 4.5 und 4.12).

5.3 zu § 80: Fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge, Verfahren bei Anord-nung durch die Erwachsenenschutzbehörde

In § 80 EG ZGB wurde bisher das ausschliesslich zur Anwendung gelangende Verfahren der für-sorgerischen Unterbringung bei Gefahr im Verzuge durch die Erwachsenenschutzbehörde gere-gelt. Neu wird in § 80a das Verfahren bei ärztlicher Anordnung geregere-gelt. Entsprechend wird die Überschrift von § 80 angepasst und präzisiert betreffend die Unterbringung durch die Erwachse-nenschutzbehörde.

61 SGS 901.11.

5.4 zu § 80a: Fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge, Verfahren bei ärztli-cher Anordnung

In § 80a EG ZGB wird neu das Verfahren der fürsorgerischen Unterbringung durch Ärztinnen und Ärzte bei Gefahr im Verzuge geregelt.

Absatz 1 hält analog zu § 63 Absatz 1 EG ZGB (für die Mitglieder der Spruchkörper der KESB) fest, dass auch Ärztinnen und Ärzte in ihrer Entscheidfindung im Einzelfall an keine Weisungen gebunden sind. Die Weisungsungebundenheit gilt hinsichtlich der Einleitung, der Durchführung und den Abschluss des Verfahrens. Die VGD als zuständige Aufsichtsbehörde gemäss § 4 Absatz 1 GesG kann den Ärztinnen und Ärzten aber allgemeingültige Weisungen erlassen. Geplant ist auch, dass die VGD auf diesem Weg die Verwendung eines Formulars für den Unterbringungsent-scheid vorschreibt, wie dies auch in anderen Kantonen62 üblich ist. Damit wird sichergestellt, dass die formellen Anforderungen an den Unterbringungsentscheid in jedem Fall eingehalten werden.

Das Formular entspricht inhaltlich (und somit auch im Hinblick auf den Umfang der erfassten Da-ten) weitgehend den bisher verwendeten Formularen von Ärzteschaft und KESB (vgl. dazu oben die Ausführungen unter Punkt 4.10).

Absatz 2 entspricht der Bestimmung von Artikel 430 Absatz 1 ZGB wonach die Ärztin oder der Arzt die betroffene Person vor der Unterbringung persönlich zu untersuchen und sie anzuhören hat.

Absatz 3 entspricht dem zweiten Teil von § 80 Absatz 3 EG ZGB (für die Unterbringung durch die Erwachsenenschutzbehörde), dass auch die Ärztinnen und Ärzte die betroffenen Personen münd-lich und schriftmünd-lich darauf hinzuweisen haben, dass sie beim Präsidium des Kantonsgerichts, Abtei-lung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, gegen den Unterbringungsentscheid Beschwerde erhe-ben können.

Absatz 4 bestimmt, dass die Ärztin oder der Arzt der Einrichtung, in welcher die betroffene Person untergebracht werden soll, einen Unterbringungsentscheid im Sinne von Artikel 430 Absatz 2 ZGB auszustellen haben. Dabei handelt es sich faktisch um die Kopie des Unterbringungsentscheids, den die betroffene Person erhält (zu den Minimalanforderungen an den Unterbringungsentscheid vgl. die Ausführungen oben unter Punkt 4.3).

Absatz 5 verlangt, dass auch die Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz der betroffenen Per-son oder, wenn diese keine Wohnsitz im Kanton hat, die Erwachsenenschutzbehörde am Aufent-haltsort, an welchem der Unterbringungsentscheid ausgesprochen wird, unverzüglich eine Kopie des Unterbringungsentscheids erhält. Die Bestimmung dient primär der Orientierung der KESB, welche im Anschluss an die fürsorgerische Unterbringung für die Kostenregelung gemäss § 83 und 83a EG ZGB zuständig sein wird. Mit unverzüglich ist im vorliegenden Zusammenhang am kom-menden Werktag gemeint.

Absatz 6 verlangt weiter, dass wenn die Ärztin oder der Arzt entscheidet, auf eine Unterbringung zu verzichten, der zuständigen Erwachsenenschutzbehörde gemäss Absatz 5 unverzüglich ein entsprechender Bericht zuzustellen ist. Hintergrund dieser Bestimmung ist der Umstand, wonach kein Rechtsmittel gegeben ist und daher auch keine Verfügung ausgestellt wird, wenn eine Ärztin oder ein Arzt die Einweisung in eine Einrichtung gemäss Artikel 429 ZGB verweigert oder die Klinik sich weigert, eine Patientin oder einen Patienten gemäss Artikel 427 ZGB zurückzubehalten. Die

62 Vgl. beispielsweise das Formular des Kantons Bern für die ärztliche fürsorgerische Unterbringung http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/kindes_erwachsenenschutz/erwachsenenschutz/formulare_doKESB -ES-Formular.Fuersorgerische.Unterbringung.Aerztliche.Einweisung-de.pdf

betroffenen Personen können in diesen Fällen lediglich an die Erwachsenenschutzbehörde gelan-gen und von dieser eine Unterbringung im Ordentlichen Verfahren beantragelan-gen.63 Auch ohne ge-richtlich überprüfbaren Entscheid ist es aber auch in diesen Fällen erforderlich, dass die Erwach-senenschutzbehörde informiert wird. Denn gemäss § 83 Absatz 2 EG ZGB (bisher § 83 Absatz 1) sind die entstandenen Kosten und Auslagen für den Fall, dass es nicht zu einer Einweisung kommt, vom Gemeinwesen zu tragen (vgl. dazu die Ausführungen unten zu Punkt 5.7). In der Pra-xis führt dies gelegentlich zu Problemen. Heute bezahlen die KESB in der Regel nur in klaren Not-fallsituationen und verlangen gegebenenfalls eine Kopie aus dem Einsatzjournal der Polizei, aus welchem ersichtlich ist, dass die betreffende Ärztin oder der betreffende Arzt polizeilich aufgeboten worden ist. Wurde die Ärztin oder der Arzt von einer Privatperson aufgeboten und kommt es nicht zur Einweisung, stellt sich die Frage, ob die aufbietende Person haftbar gemacht werden kann.

Gelingt dies nicht, muss die Ärztin oder der Arzt seine Kosten und Auslagen bisher selbst tragen.

Dies ist nicht nur im Resultat unbefriedigend, sondern auch rechtlich nicht haltbar, denn der Ge-setzgeber wollte die fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge nicht auf diejenigen Fälle beschränken, in welchen die Polizei beigezogen werden muss. Umgekehrt gibt es auch Fälle, in welchen sich in einer ordentlichen Konsultation bei einer Ärztin oder bei einem Arzt zeigt, dass eine fürsorgerische Unterbringung erwogen werden muss, weil Gefahr im Verzuge sein könnte.

Kommt es dann doch nicht zur Unterbringung, soll aber das Gemeinwesen die Kosten überneh-men, muss die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Einweisung in eine Einrichtung zumindest ernsthaft in Erwägung gezogen haben. Dies soll neu mittels eines kurzen Berichts der Ärztin oder des Arztes dokumentiert werden, für welchen die VGD als Aufsichtsbehörde ebenfalls ein Formular für anwendbar erklärt (vgl. dazu oben die Ausführungen unter Punkt 5.4). Verzichtet die Ärztin oder der Arzt der zuständigen Erwachsenenschutzbehörde einen Bericht zukommen zu lassen, muss sie beziehungsweise er die Kosten und Auslagen gegenüber der Patientin oder dem Patienten beziehungsweise der Krankenpflegeversicherung abrechnen können oder diese gege-benenfalls selbst tragen. Im Hinblick auf die Verfahrenseffizienz ist dieser Bericht ebenfalls unver-züglich, dies bedeutet am kommenden Werktag, zu übermitteln.

5.5 zu § 81: Fürsorgerische Unterbringung bei Gefahr im Verzuge, Dauer

§ 81 EG ZGB bestimmt die maximale Dauer der ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung gemäss Artikel 429 Absatz 1 ZGB für den Kanton Basel-Landschaft auf sechs Wochen. Nach Ablauf der sechs Wochen ist die betroffene Person zu entlassen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein voll-streckbarer (ordentlicher) Unterbringungsentscheid der Erwachsenenschutzbehörde vorliegt. Neu wird die Bestimmung entsprechend ergänzt, damit klar ist, dass sie sowohl für die Unterbringungen durch die Erwachsenenschutzbehörde, als auch für die Unterbringungen durch Ärztinnen und Ärz-te anwendbar ist.

5.6 zu § 82: Entlassung

In § 82 wird die Entlassung der betroffenen Person aus der fürsorgerischen Unterbringung gere-gelt. Differenziert wird zwischen dem Fall eines ordentlichen Verfahrens und dem Vorliegen von Gefahr im Verzuge.

63 Vgl. GEISER/ETZENSBERGER, BSK - ZGB I (5), N 5 und 7 zu Art. 439.

Absatz 1 wird dahingehend präzisiert, dass für die Entlassung bei der fürsorgerischen Unterbrin-gung durch die Erwachsenenschutzbehörde bei Gefahr im Verzuge (unter Vorbehalt von § 63 Ab-satz 4 betreffend die von den Einwohnergemeinden delegierten Mitglieder) jedes Mitglied eines Spruchkörpers zuständig ist. Ohne Gefahr im Verzuge ist der Spruchkörper der zuständigen Er-wachsenenschutzbehörde als Kollegium zuständig.

Absatz 2bis bestimmt entsprechend zu Artikel 429 Absatz 3 ZGB, dass bei der ärztlichen fürsorgeri-schen Unterbringung (bei Gefahr im Verzuge) die Einrichtung über die Entlassung zu entscheiden hat.

5.7 zu § 83: Verfahrenskosten

§ 83 EG ZGB regelte bis anhin sowohl die Verfahrenskosten als auch die Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung. Im Grundsatz werden die Kosten der betroffenen Person überbunden. In den Ausnahmefällen, in welchen das Gemeinwesen die Kosten zu übernehmen hat, war bisher vorge-sehen, dass diese von den Einwohnergemeinden des Kindes- und Erwachsenenschutzkreises, deren Erwachsenenschutzbehörde die fürsorgerische Unterbringung angeordnet hat, übernommen werden. Für die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung taugt diese Regelung nicht mehr. Neu sind die Kosten deshalb von der Einwohnergemeinde des Wohnsitzes der betroffenen Person zu übernehmen und, wo diese keinen Wohnsitz im Kanton hat, von der Einwohnergemein-de Einwohnergemein-des Aufenthaltsortes, an welchem die fürsorgerische Unterbringung ausgesprochen worEinwohnergemein-den ist.

Damit die Bestimmung besser fassbar wird, wird sie zudem auf zwei Paragrafen aufgeteilt. § 83 regelt neu die Verfahrenskosten und § 83a die Aufenthaltskosten in der Einrichtung.

In § 83 Absatz 1 wird wie im geltenden Recht geregelt, dass die Verfahrenskosten inklusive Ausla-gen, die im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung anfallen, grundsätzlich von der betroffenen Person zu tragen sind.

Absatz 2 enthält Ausnahmeregelungen für den Fall,

- indem eine Ärztin oder ein Arzt auf eine Unterbringung verzichtet und dies mittels einem Be-richt der Erwachsenenschutzbehörde meldet (vgl. dazu oben die Ausführungen unter Punkt 5.4),

- das Verfahren durch die Erwachsenenschutzbehörde eingestellt wird oder

- ein Gericht feststellt, dass die Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung von Anfang an unrechtmässig war.

In diesen Fällen muss die Einwohnergemeinde am Wohnsitz oder, wenn dieser nicht im Kanton liegt, die Einwohnergemeinde am Aufenthaltsort der betroffenen Person die Kosten tragen.

In Absatz 3 wird neu die bisherige Praxis, wonach die Erwachsenenschutzbehörde die Kosten und Auslagen der fürsorgerischen Unterbringung im Auftrag der Einwohnergemeinden begleicht und abrechnet, im Gesetz geregelt. Zuständig ist die Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz der betroffenen Person oder, wenn diese keinen Wohnsitz im Kanton hat, die Erwachsenenschutzbe-hörde am Aufenthaltsort.

Als Folge der neuen Regelung wird in Absatz 4 bestimmt, dass die Erwachsenenschutzbehörde der betroffenen Person die im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung angefallenen Kosten inklusive Auslagen in Rechnung stellt. Dies hat gestützt auf § 85 EG ZGB und § 7 GebV mit einer beschwerdefähigen Verfügung (Kostenentscheid) zu erfolgen.

Absatz 5 bestimmt, dass soweit die Erwachsenenschutzbehörde Kosten und Auslagen beglichen hat, bei welchen eine Leistungspflicht von Dritten wie Krankenpflegeversicherungen oder

ähnli-chen Einrichtungen besteht, die entspreähnli-chenden Ansprüche der betroffenen Person auf die Er-wachsenenschutzbehörde übergehen. Rechtlich handelt es sich hierbei um eine gestützt auf Arti-kel 22 Absatz 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 200064 zulässige Legalzession von Leistungen der Krankenversicherung.65 Sie ermöglicht, dass die Erwachsenenschutzbehörde fallweise anstelle der betroffenen Person die Rechnung der Ärztin oder des Arztes vorausbezahlt und diese dann bei der zuständigen Kranken-pflegeversicherung der betroffenen Person direkt zur Rückerstattung an die Erwachsenenschutz-behörde einreicht. Mit diesem Vorgehen kann verhindert werden, dass Betroffene der Versuchung erliegen, die Rückerstattungen der Krankenpflegeversicherung anderweitig zu verwenden. Im Hin-blick darauf, dass ein überdurchschnittlicher Anteil der von einer fürsorgerischen Unterbringung betroffenen Personen in angespannten finanziellen Verhältnissen lebt, ist dieses schon heute pragmatisch praktizierte Vorgehen adäquat und sinnvoll.

In Absatz 6 wird schliesslich festgehalten, dass die Erwachsenenschutzbehörde die Kosten inklu-sive Auslagen erlassen kann, wenn ein finanzieller Härtefall vorliegt. Gestützt auf § 10 GebV muss für einen Gebührenerlass in einem finanziellen Härtefall ein Gesuch gestellt werden, welches auf jeden Fall vor Einleitung der Betreibung bei der KESB eintreffen muss.

5.8 zu § 83a: Aufenthaltskosten in der Einrichtung

Im neuen § 83a EG ZGB werden die Aufenthaltskosten in der Einrichtung geregelt. Inhaltlich erfol-gen keine Änderunerfol-gen zum geltenden Recht mit Ausnahme der Kostenübernahme durch die Ein-wohnergemeinden, welche der neuen Regelung von § 83 EG ZGB folgt.

Absatz 1 bestimmt, dass im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung die Kosten des Aufent-halts in der Einrichtung wie folgt übernommen werden müssen:

- In erster Linie - von der betroffenen Person selbst;

- in zweiter Linie - von allfällig leistungspflichtigen Dritten, wie Krankenpflegeversicherungen usw.;

- in dritter Linie - durch die Einwohnergemeinde unter der Voraussetzung von Absatz 2 oder durch die Einrichtung unter der Voraussetzung von Absatz 3.

Absatz 2 enthält die Ausnahmeregelung, dass, wenn ein Gericht feststellt, dass die Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung von Anfang an unrechtmässig war, die Einwohnergemeinde am Wohnsitz oder, wenn dieser nicht im Kanton liegt, die Einwohnergemeinde am Aufenthaltsort der betroffenen Person, an welchem die fürsorgerische Unterbringung ausgesprochen worden ist, die Kosten tragen muss. Für das Verfahren wird auf § 83 Absatz 3 bis 5 EG ZGB verwiesen (vgl. dazu oben die Ausführungen unter Punkt 5.7).

Absatz 3 regelt schliesslich die Kostenübernahme, wenn ein Gericht feststellt, dass die Zurückbe-haltung durch die ärztliche Leitung einer Einrichtung unrechtmässig war. In diesem Fall müssen die Aufenthaltskosten in der Einrichtung von dieser selbst getragen werden.

64 SR 830.1.

65 Vgl. KIESER, Ueli, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2009, N 30 ff. zu Art. 22, KIESER, Ueli, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Zürich/St. Gallen 2008, S. 222 f., LANDOLT, Hardy, Inwieweit darf die Sozialhilfebehörde am sozialversicherungsrechtlichen Honigtopf naschen? In: AJP/PJA 2012, S. 639 (642 f.) sowie BGE 118 V 88, E. 5.

5.9 zu § 84: Beschwerde bei fürsorgerischer Unterbringung

Nebst redaktionellen Änderungen wird § 84 Absatz 2 EG ZGB durch Verweisungen auf § 80 (Ver-fahren bei Anordnung durch die Erwachsenenschutzbehörde) und § 80a (Ver(Ver-fahren bei ärztlicher Anordnung) erweitert.

In Absatz 3 wird schliesslich vervollständigt, dass (in der Regel) nicht nur die Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung durch die Erwachsenenschutzbehörde, sondern auch die Be-schwerde gegen die fürsorgerische Unterbringungen durch Ärztinnen und Ärzte keine aufschie-bende Wirkung hat.

5.10 zu § 85: Beschwerde gegen die Kostenentscheide

In § 85 EG ZGB wird nur eine redaktionelle Änderung vorgenommen.

5.11 zu § 93: Verantwortlichkeit

Bei § 93 EG ZGB sind zur Einführung der ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung keine Anpas-sungen notwendig.

Gestützt auf Artikel 454 Absatz 3 ZGB bestimmt § 93 Absatz 1, dass der Kanton für widerrechtli-ches Handeln oder Unterlassen von Organen des Kindes- und Erwachsenenschutzes haftet. Bei der Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung bei Gefahr im Verzuge durch eine Ärztin oder einen Arzt wird diese beziehungsweise dieser zum Organ des Kindes- und Erwachsenenschutzes.

Somit haftet der Kanton grundsätzlich für allfälligen Schaden, welchen Ärztinnen und Ärzte durch eine widerrechtlich angeordnete Unterbringung verursachen.

Gemäss Absatz 2 hat der Kanton im Haftungsfall ein doppeltes Rückgriffsrecht. Einerseits auf die Person, welche die Verletzung absichtlich oder grobfahrlässig verursacht hat und anderseits auf die Einwohnergemeinden des Kindes- und Erwachsenenschutzkreises, deren Organe des Kindes- und Erwachsenenschutzes die Verletzung verursacht haben. Der Kanton hat somit ein Rückgriffs-recht gegenüber Ärztinnen und Ärzten, welche absichtlich oder grobfahrlässig eine widerRückgriffs-rechtliche Unterbringung angeordnet und dadurch einen Schaden verursacht haben. Ein Rückgriffsrecht ge-genüber den Einwohnergemeinden hat der Kanton bei der ärztlichen fürsorgerischen Unterbrin-gung hingegen nicht, denn die Ärztinnen und Ärzte werden durch die Anordnung einer fürsorgeri-schen Unterbringung bei Gefahr im Verzuge nicht zu einem Organ der Einwohnergemeinden. Dies dürfte für die Haftungsfrage aber kaum von praktischer Relevanz sein. Immerhin sind im Kanton Basel-Landschaft seit der Einführung der altrechtlichen fürsorgerischen Freiheitsentziehung im Jahr 1981 nur vereinzelte Entscheide bekannt, in welchen das Kantonsgericht (beziehungsweise das vormalige Obergericht) die Unrechtmässigkeit der Anordnung einer fürsorgerischen Unterbrin-gung beziehungsweise Freiheitsentziehung festgestellt hat.

5.12 zu § 158: Gebühren und Entschädigungen

In § 158 EG ZGB werden die Gebühren und Entschädigungen im Zivilrechtsbereich auf Gesetzes-stufe geregelt.

Absatz 1 enthält den Grundsatz, dass für Verrichtungen und Verfügungen, wie sie im ZGB und im EG ZGB vorgesehen sind, Aufwandgebühren erhoben werden.

Absatz 2 bildet eine Ausnahmeregelung für die Mandatsführung im Bereich des KESR.

In Absatz 2bis wird neu als weitere Ausnahme geregelt, dass im Verfahren der ärztlichen fürsorge-rischen Unterbringung die Ärztinnen und Ärzte für ihren Aufwand nach dem Tarif entschädigt

In Absatz 2bis wird neu als weitere Ausnahme geregelt, dass im Verfahren der ärztlichen fürsorge-rischen Unterbringung die Ärztinnen und Ärzte für ihren Aufwand nach dem Tarif entschädigt