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4 Spanisch als Muttersprache in Berlin

Im Dokument Philipp Krämer Spanisch in Berlin (Seite 32-36)

In einer vielsprachigen und multiethnischen Stadt wie Berlin ist selbstverständlich auch eine‚große‘Sprache wie das Spanische mit einer großen Anzahl von Mutter-sprachler*innen vertreten. Exakt messbar ist die Anzahl der Sprecher*innen dabei nicht, einerseits wegen der inhärenten Unschärfe der BegriffeMutter-oder Erst-sprache, andererseits weil keine repräsentativen Daten zur Sprachnutzung der Be-völkerung in Berlin vorliegen.

Hilfsweise kann zur Annäherung die Bevölkerungsstatistik herangezo-gen werden, in der die Nationalitäten der Einwohner*innen Berlins erfasst wird. Tab. 4.1 gibt einen Überblick aufgeschlüsselt nach Staatsangehörigkeiten.

Tab. 4.1:Staatsangehörige von Ländern, in denen Spanisch offizielle Sprache ist, die zum Stichtag 31. Dezember 2017 in Berlin gemeldet waren. (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg.

2018.)

Land Staatsangehörige in Berlin

Spanien .

Mexiko .

Kolumbien .

Chile .

Peru .

Argentinien .

Kuba .

Venezuela 

Ecuador 

Dominikanische Republik 

Bolivien 

Costa Rica 

Uruguay 

Guatemala 

El Salvador 

Nicaragua 

Open Access. © 2020 Philipp Krämer, publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution 4.0 International Lizenz.

https://doi.org/10.1515/9783110708479-004

Gut die Hälfte der statistisch erfassten Personen hat die spanische Staatsbürger-schaft, was angesichts der geographischen Nähe und der Freizügigkeit in der EU nicht überrascht. Die Gewichtsverhältnisse der spanischen Sprachgemein-schaft in der Welt werden damit also nicht proportional in der Berliner Bevölke-rung abgebildet.

Bei einer solchen Betrachtung bleibt der bedeutende Vorbehalt bestehen, dass die Staatsangehörigkeit einer Person keineswegs unmittelbar Auskunft über ihre Sprachkenntnisse bzw. -verwendung gibt. Die Anzahl von Menschen, die einem Staat mit Spanisch als offizieller Sprache angehören, ist allerhöchstens eine grobe Orientierung. Es sind zahlreiche Szenarien denkbar, in denen jemand eine entsprechende Staatsangehörigkeit besitzt, ohne Spanisch (als Erstsprache oder überhaupt) zu sprechen. Umgekehrt dürfte es noch viel häufiger der Fall sein, dass Menschen mit spanischer Muttersprache die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, aber keine weitere Nationalität eines spanischsprachigen Landes. Auch für einige Berliner*innen mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit kann dies zutreffen, nicht zuletzt für Menschen aus Puerto Rico. Trotz dieser wichtigen Ein-schränkungen ist offenkundig, dass es eine bedeutende spanischsprachige Com-munity in Berlin gibt. Inwiefern diese sich als eine Gemeinschaft innerhalb der Stadt begreift, welche Rolle die Sprache für sie spielt und wie die mehrsprachigen Praktiken oder Einstellungen im Einzelnen aussehen, bleibt der weiteren For-schung zur hispanophonen Diaspora in Berlin vorbehalten.

Zu den permanent in Berlin Lebenden kommt eine noch deutlich höhere Zahl von Besucher*innen mit spanischer Muttersprache. Mehr noch als bei langfristigen Aufenthalten kann es für die Kommunikation im Tourismus von Vorteil sein, die Sprache der Gäste zu erwerben. Entsprechende Zahlen und Überlegungen werden weiter unten im Kapitel zum Gastgewerbe in Berlin dis-kutiert (vgl. hierzu auch Krämer 2019b). Wie Vilar Sánchez (2015) in anderen Regionen Deutschlands zeigt, sind besonders die zumeist hoch qualifizierten

Tab. 4.1(fortgesetzt )

Land Staatsangehörige in Berlin

Honduras 

Paraguay 

Panama 

Äquatorialguinea 

Gesamt .

24 4 Spanisch als Muttersprache in Berlin

Migrant*innen, die im 21. Jahrhundert aus Spanien nach Deutschland kamen, äußerst motiviert, Deutsch zu lernen und auf hohem Niveau zu beherrschen.

Hinzu kommt das Englische, so dass für die Kommunikation mit der Umgebung ein breites Repertoire zur Verfügung steht, aus dem geschöpft werden kann. Auf Spanischkenntnisse der restlichen Bevölkerung ist man damit logischerweise in den seltensten Fällen angewiesen. Über die reine Notwendigkeit hinaus kann die Präsenz von dauerhaft in Deutschland lebenden spanischsprachigen Menschen dennoch eine Wirkung für die Lerngemeinschaft entfalten.

Im Mittelpunkt dieses Buches sollen Lernende stehen–also Menschen, die gerade nicht das Spanische als Erstsprache erworben haben. Auch für sie kann die spanischsprachige Community ein wichtiger Bezugspunkt sein.17Kontakte mit Hispanophonen, sei es im privaten Bereich oder im beruflichen Kontext, können stark zur Lernmotivation beitragen und den Lernprozess unterstützen.

Die Präsenz und Sichtbarkeit des Spanischen kann dazu führen, dass das Inter-esse am Erlernen der Sprache wächst. Mar-Molinero (2010: 165) stellt allerdings zu Recht fest:„The size of the population alone is not enough to determine the influence and global role of a language. It is also necessary to ask who the speakers are [. . .].“Dies gilt im Hinblick auf die L1-Sprecher*innen, genauso aber auch in Bezug auf diejenigen, die eine Sprache als L2 gelernt haben oder dies gerade tun. Es wäre deshalb ein Trugschluss anzunehmen, dass die starke Präsenz von Muttersprachler*innen des Spanischen in Berlin oder deren große weltweite Anzahl eine ausreichende Erklärung für die Attraktivität der Sprache und die Motivation zum Erlernen sind. Dies gilt umso mehr als die Gesamtheit der Spanischsprachigen in Berlin oder Deutschland keineswegs als geschlossene, homogene Gruppe verstanden werden kann: Unterschiedliche Migrationsgeschich-ten in verschiedenen ZeitabschnitMigrationsgeschich-ten, unterschiedliche Qualifikationen, soziale Hintergründe und damit auch diverse Ausprägungen von Spracheinstellungen ma-chen Nuancierungen nötig, die in der Forschung berücksichtigt werden müssen (vgl. beispielsweise Vilar Sánchez 2015: 9–10, Issel-Dombert 2019).

Bevor die Gründe zum Lernen des Spanischen näher beleuchtet werden, ist zunächst noch ein Blick auf die Präsenz des Spanischen als Fremdsprache im Berliner Schulsystem nützlich. Auch damit lässt sich dem Gesamtbild ein weite-res Element hinzufügen, um einschätzen zu können, welchen Stellenwert das Spanische im mehrsprachigen Gefüge Berlins hat.

17Issel-Dombert (2019: 32) und Prifti (2018: 6970) bieten einen guten Überblick zur aktuellen (linguistischen) Forschung über spanische und spanischsprachige Communities an verschie-denen Orten Deutschlands.

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5 Spanisch lernen in Berlin: von der Kita bis zum

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