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Die Software als Entscheidungshilfe

Im Dokument UFZ-Bericht 01/2012 (Seite 12-15)

2 Ziele und Struktur von Ecopay

2.2 Die Software als Entscheidungshilfe

Das Ziel von Ecopay besteht darin, Entscheidungsträgern Informationen zur besseren Gestal-tung von Agrarumweltprogrammen zur Verfügung zu stellen, und nicht, die Entscheidungen von Politikern, Behörden, Stiftungen oder Landwirtschaftsverbänden zu ersetzen oder vor-wegzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Software als Entscheidungshilfe oder

1 Wir verwenden im Folgenden den Begriff Agrarumweltprogramme als einen Oberbegriff für alle Programme, die die Kompensation von Landwirten für arten- und habitatschützende Maßnahmen vorsehen, also z.B. Ver-tragsnaturschutzprogramme, Kulturlandschaftsprogramme, etc.

2 Den Begriff Lebensraumtyp verwenden wir als Oberbegriff für einzeln definierte, schützenswerte Lebensräu-me. Dies umfasst sowohl die FFH-Lebensraumtypen als auch weitere gefährdete Grünlandtypen.

stützung zu verstehen. Für die Verwendung von Ecopay als Entscheidungshilfe ist es wichtig, sich sowohl die Vorteile der Software als auch ihre Begrenzungen vor Augen zu führen.

Vorteile von Ecopay

Die Gestaltung von kosteneffizienten Agrarumweltprogrammen zum Schutz von über 30 ge-fährdeten Grünlandarten und -lebensraumtypen auf Landesebene ist nicht trivial. Um zu ver-anschaulichen, dass die Auswahl von kosteneffizienten Landnutzungsmaßnahmen nicht un-kompliziert ist, betrachten wir ein einfaches Zahlenbeispiel (Tabelle 2.1). Die erste Spalte enthält drei verschiedene (hypothetische) Landnutzungsmaßnahmen, die zweite Spalte zeigt den Nutzen der Maßnahmen, wenn sie auf einer Fläche von einem ha durchgeführt werden (zur Illustration nehmen wir vereinfachend an, dass der Nutzen gemessen und quantifiziert werden kann) und die dritte Spalte zeigt die Kosten der Maßnahmen pro ha.

Tab. 2-1: Zahlenbeispiel zur Veranschaulichung der Frage nach Kosteneffizienz

Art der Landnutzungsmaßnahme Nutzen pro ha in Nutzeneinheiten

(N) Erhaltungskosten pro ha in €

Maßnahme A 6 N 300 €

Maßnahme B 4 N 150 €

Maßnahme C 2 N 100 €

Mit Hilfe einer Auswahlstrategie, die nur den Nutzen der verschiedenen Maßnahmen beach-tet, würde man Maßnahme A wählen, wohingegen eine Auswahlstrategie, die nur an den Kos-ten interessiert ist, die Wahl von Maßnahme C nahe legen würde. Allerdings berücksichtigt keine dieser Strategien, dass für Agrarumweltmaßnahmen typischerweise ein bestimmtes Budget zur Verfügung steht, und dass es am besten ist, den Nutzen im Rahmen dieser Budget-restriktion zu maximieren, also die kosteneffiziente Lösung zu wählen. Nehmen wir zum Bei-spiel an, dass das Budget 600 € beträgt. Die rein nutzenorientierte Strategie würde dann einen Gesamtnutzen von 12 N erzeugen, die rein kostenorientierte Strategie würde auch zu 12 N führen, während die kosteneffiziente Strategie, die den Nutzen bei festgelegten Kosten maxi-miert, zu 16 N führen würde.

Es ist offensichtlich leicht, die kosteneffiziente Lösung in dem oben genannten numerischen Beispiel zu erkennen. Es wird jedoch deutlich komplizierter, wenn ein kosteneffizientes Ag-rarumweltprogramm für ein Bundesland identifiziert werden soll. Hier ist die potenzielle An-zahl von Landnutzungsmaßnahmen wesentlich höher (Ecopay vergleicht 475 Maßnahmen) und es gibt nicht nur ein einzelnes Schutzziel (Ecopay berücksichtigt 37 Arten und Lebens-raumtypen). Darüber hinaus unterscheiden sich die Kosten für die 475 Maßnahmen sowie deren Auswirkungen auf Arten und Lebensraumtypen auch räumlich, d.h. in Abhängigkeit davon, wo sie durchgeführt werden (Ecopay berücksichtigt räumliche Unterschiede zwischen Flächen mit einer Größe von 6,25 ha (250m x 250m, für Details siehe Kapitel 5). Außerdem müssen kosteneffiziente Agrarumweltprogramme nicht nur für ein einzelnes Budget, sondern für eine Vielzahl von Budgets bestimmt werden.

Offensichtlich ist das menschliche Gehirn zu begrenzt, um all diese Informationen aufzuneh-men und aus ihnen ökologisch wirksame und kosteneffiziente Agrarumweltprogramme zu bestimmen. Zu diesem Zweck ist jedoch eine Optimierungssoftware wie Ecopay geeignet.

Ecopay enthält eine Fülle an Daten über räumlich differenzierte Kosten für 475 verschiedene

Landnutzungsmaßnahmen und kann deren Auswirkungen auf eine Vielzahl von Arten und Lebensraumtypen quantitativ abschätzen. Darüber hinaus kann Ecopay diese Daten in einem numerischen Optimierungsverfahren kombinieren, um kosteneffiziente Agrarumweltmaß-nahmen als eine Funktion verschiedener Budgets zu ermitteln.

Grenzen des Einsatzes von Ecopay

Allerdings ist jede Software nur so gut wie die Informationen, die verfügbar sind und die sie enthält. In dieser Hinsicht ist folgendes anzumerken:

• Die kleinste räumliche Einheit ist bei Ecopay eine Fläche von 250m x 250m3 (im Fol-genden als Pixel bezeichnet), die auf der Auflösung der Landnutzungsdaten basiert (vgl.

Kapitel 5). Dies bedeutet, dass mit der Software keine Vorschläge entwickelt werden können, wo innerhalb einer Rasterzelle von 250m x 250m Maßnahmen umgesetzt wer-den sollten. Ecopay schätzt hingegen ab, in welchen Pixeln innerhalb des jeweiligen Bundeslandes Maßnahmen vermutlich durchgeführt werden. Es ist jedoch darauf hin-zuweisen, dass für die Ausgestaltung der Agrarumweltmaßnahmen, die auf Länderebe-ne entwickelt und implementiert werden, detailliertere LandnutzungsinformatioLänderebe-nen in der Regel auch nicht berücksichtigt werden.

• Da keine hof- oder feldspezifischen Kostendaten zur Verfügung stehen, werden regio-nale Durchschnittswerte für die Kosten herangezogen, die auch für die Berechnung der Agrarumweltmaßnahmen in den Bundesländern genutzt werden (vgl. Kapitel 7 für eine ausführliche Erklärung, wie die Kosten bestimmt werden). Aus diesem Grund und weil die Teilnahme an Agrarumweltprogrammen freiwillig ist, kann nicht genau vorherge-sagt werden, welche landwirtschaftlichen Betriebe sich an einer bestimmten Maßnahme beteiligen bzw. in welchem Pixel eine bestimmte Maßnahme durchgeführt wird. Basie-rend auf den Durchschnittswerten kann jedoch für ein Bundesland der Anteil der Pixel, in denen Maßnahmen zur Stärkung der Artenvielfalt umgesetzt werden, und ihre räum-liche Verteilung abgeschätzt werden.

• Die Abschätzung der Auswirkungen von Landnutzungsmaßnahmen auf die Arten ba-siert auf der Abschätzung des Einflusses der Maßnahmen auf die Habitatqualität wäh-rend der Reproduktion der Arten im Grünland. Diese Habitatqualität berücksichtigt die mechanische Zerstörung von Gelegen durch eine Maßnahme, den Einfluss der Grashöhe auf den Reproduktionserfolg und maßnahmenunabhängige Ansprüche der Arten wäh-rend ihrer Reproduktion auf Grünlandflächen. Die Bewertung der Habitatqualität bezo-gen auf die Reproduktion bedeutet nicht, dass andere Artansprüche als irrelevant ange-sehen werden. Die Begründung für die Fokussierung liegt vielmehr darin, dass die meisten Mahd- und Weideprogramme darauf abzielen, die reproduktiven Bedingungen der Arten zu verbessern, da sie während der Reproduktionszeit der Arten stattfinden.

Daher konzentriert sich Ecopay auf das zentrale ökologische Kriterium bei der Ausges-taltung von Agrarumweltprogrammen auf der Ebene eines Bundeslandes für Grünland-maßnahmen.

Weiterhin ist anzumerken, dass neben den Kriterien der ökologischen Wirksamkeit und Kos-teneffizienz auch andere Kriterien für das Design von Agrarumweltprogrammen wichtig sind, die bei der Ausgestaltung entsprechend berücksichtigt werden sollten. Ein Beispiel für ein

3 Da Zahlungen an Landwirte in Hektar angegeben werden, wird die Einheit Hektar auch als Flächeneinheit in Ecopay genutzt (es erfolgt eine interne Umrechnung der Fläche eines Pixels, die 6,25 ha entspricht, auf 1 ha).

solches Kriterium sind die Verwaltungskosten, die bei der Implementation der Programme sowie bei der Prüfung, ob sich die Landnutzer auch an die Programmvorgaben halten, entste-hen.

Die beschriebenen Einschränkungen von Ecopay rechtfertigen jedoch nicht die Ablehnung der Software als Entscheidungshilfe. Die genannten Informationsgrenzen sind nicht spezifisch für Ecopay, sondern sie beschränken genauso andere Methoden oder Überlegungen zur Aus-gestaltung von Agrarumweltprogrammen. Es stellt sich nicht die Frage: „Ist die Software ein unvollkommenes Werkzeug und sollte aus diesem Grund abgelehnt werden?“ Sondern die Frage ist vielmehr: „Ist die Entscheidung über die Gestaltung eines Agrarumweltprogramms auf Bundeslandebene besser mit oder ohne Software?“ Aus Sicht der Entwickler von Ecopay verbessert die Software die Informationsgrundlage für die Ausgestaltung von Agrarumwelt-programmen erheblich, trägt damit zur besseren Entscheidungsfindung bei und ist aus diesem Grund eine wertvolle Entscheidungshilfe.

Im Dokument UFZ-Bericht 01/2012 (Seite 12-15)